"Denn wo ist Heimat?"

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seberg
schrieb am 07.11.2009, 15:52 Uhr
„…das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat…“:

Heimat scheint also eher mit einem biographischen, als mit einem geographischen Ort zu tun zu haben und zudem eher mit einer Sehnsucht, als mit der Möglichkeit der Erfüllung.
Ist Heimat eher nur auf dem Hintergrund von Heimatlosigkeit erlebbar und nicht als Positivum?
Das passt dann jedenfalls sowohl zum Titel „Denn wo ist Heimat?“, als auch zu ‚Sprache als Heimat’ (oder eben nicht?), als auch zu Blochs „worin noch niemand war“ (interessant übrigens, dass alle drei Aussagen von Angehörigen des jüdischen Volkes stammen, das ja mit Heimatlosigkeit in der Diaspora jahrtausende alte Erfahrung hat).

Sprache aber, denke ich, kann sehr wohl „ein Stück“ Heimat sein, allerdings nicht in dem Sinne, wie HM es wohl meinte und deswegen negierte, nämlich als National- oder Muttersprache einer bestimmten ethnischen Gruppe, in die man hineingeboren wird (deutsch, rumänisch, ungarisch, usw.), sondern Sprache als bis heute weitgehend rätselhaftes, allgemein menschliches, geistig-psychologisches Phänomen und anthropologische Konstante, gleichsam als menschliche „Sprachbegabung“ im weitesten Sinne und im Unterschied zu allen anderen aus unserer Perspektive eher „sprachlosen“ Lebewesen. Sprache und Sprachbegabung geboren aus der Not der „zu frühen“ Geburt und Trennung und Individuation, als Ersartz und Surrogat für die für immer verlorene „Heimat“ im Mutterleib.

So gesehen könnte man E.Bloch entgegenhalten: wir alle waren dennoch einmal in dieser „Heimat“
(„…und alle Sprache ist der Ruf nach Mama…“ )
Lavinia
schrieb am 07.11.2009, 17:00 Uhr (am 07.11.2009, 17:12 Uhr geändert).
@seberg, so gesehen, und ich pflichte dir da in der Essenz bei, ist Heimweh, wie ich schon sagte, eigentlich gleichzusetzen mit Heimat. ;-)
Der Begriff Heimat ist dermaßen überladen, schließt derart viele Aspekte in sich ein, dass es zumindest notwendig erscheint, den Begriff zu entkernen, Ballast abzuwerfen. Wenn also für den einen, Heimat gleichzusetzen ist mit Herkunft oder beim anderen als Vergangenes (Kindheit), beim nächsten als Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft / Ahnenreihe und beim nächsten wieder ein Muster aus Sinneswahrnehmungen bedeutet, so ist dem allem gemeinsam das Sehnen, (darum Heimweh), nach einem Zustande des „Heil-seins“ .Ich glaube, dass es dies Gefühl eines essenziellen Mangels ist, das sozusagen am Bodensatz übrigbleibt.
Ich glaube, dass wir dieses essentielle Weh-gefühl (als Mangelgefühl) mit den „Inhalten“ von „Heim“, oder dessen, was wir unter „Heimat“ verstehen, auffüllen, beladen. Und oft in Heimattümelei landen...;-)
So gesehen ist Heimat ein utopischer Ort , außerhalb des Fließens der Zeit. d.h., das Sehnen ist rückwärtsgewandt , nach unwiederbringbar Verlorenem“ und in diesem Sinne auch wirklichkeitsausklammernd.
sächsin
schrieb am 07.11.2009, 20:21 Uhr
sie selbst haben doch vor einigen tagen hier im forum über
"heimat" doziert, seziert, haben alle möglichen "überladungen" genannt, obschon einige teilnehmer
es so schön auf den punkt brachten, dem auch ich mich nur anschließen möchte:

für mich ist heimat vor allem ein gefühl der geborgenheit und wärme. insofern, da haben sie völlig recht, ist oder kann heimat vieles sein. auch die sprache - oskar pastiors
große und einzige heimat, wie er selbst sagte. auch die musik, sie vor allem, kann heimat sein. oder ein unverhofft geschenkt bekommenes lächeln oder gutes wort empfinde ich als heimat.
getkiss
schrieb am 08.11.2009, 07:43 Uhr
und ich verstehe, für einige hier ist die Definition der Heimat: Kauderwelsch
sächsin
schrieb am 08.11.2009, 12:04 Uhr
?
wie meinst du das?
ich steh gerade auf meiner leitung...?
?
Anchen
schrieb am 08.11.2009, 21:53 Uhr
Kauderwelsch ? Das ist ein Wort mit welschem Ursprung:

Begriffserklärung: Welsche

Interessant hier die Begriffserklärung fürs Slawische. :)

Sprache ist ästhetische Ausdrucksleistung, zum Not wenden haben kleine Kinder auch Gebrüll. Kinder lernen meist dann sprechen, wenn sie anfangen zu laufen , sich aufzurichten. Wir haben ja auch einen wunderbar ausgebildeten Kehlkopf..
Klar kann man Späteres als Wirken des Früheren sehen, fast maschinell, aber Sprache ist eher eine Erscheinung, eine Rosenblüte, nichts deutet in der grünen Pflanze auf die Form und Gestalt der Blüte hin, bis sie eines Tages erblüht. Man kann die Blüte nicht aus der grünen Pflanze ableiten.
Sehnsüchtig ist der Mensch oft, da er die Einheit von Äusserem und Innerem sich durch "Arbeit" herstellen muss und es mit der Herstellung manchmal hapert
getkiss
schrieb am 09.11.2009, 13:36 Uhr
@sächsin:
Hat nichts mit deiner Meinung zu tun;
Kannst ruhig weitergehen...
sächsin
schrieb am 09.11.2009, 18:11 Uhr
@getkiss(chen): ma du, i waß. iwaß a, wos a kauderwelsch is, z.b. dos, wos du grad am lesen bist hier.
aber - gerade deshalb verstehe ich es noch immer nicht: heimat ist doch kein kauderwelsch...
na, macht nix, ich geh jetzt schön weiter, zumindest runter von der leitung.
Georg Schnell
schrieb am 09.11.2009, 18:28 Uhr
Hallo sächsin,
was Du schreibst ist kein Kauderwelsch sondern boarisch oder landlerisch oder in die Richtung.
Als Sächsin musst/kannst Du es auch nicht wissen.
Eine Bayerin hält das sächsische auch für "rumänisch".
Nix für ungut.
sächsin
schrieb am 09.11.2009, 18:36 Uhr
@georg schnell

ich weiß schon. ist o.k. war auch nur ein schmäh.
an alle, die es interessiert:
dass die sächsin eine erzgebirgische und keine siebenbürgische sächsin ist, möchte ich für die hier noch nicht eingeweihten noch bemerken. allerdings kenne ich siebenbürgen und seine menschen recht gut von diversen aufenthalten, habe beide - land und menschen lieben gelernt.
so schaue ich auch immer einmal wieder herein hier, - es ist schon interessant, worüber, wie lange schon und vor allem WIE hier diskutiert wird. genau so wie das land selbst - bunt, facettenreich...
Joachim
schrieb am 09.11.2009, 19:47 Uhr
Ja so etwas wie "die Sächsin" hat gerade noch gefehlt hier.
Willkommen im Club.
Lavinia
schrieb am 09.11.2009, 20:16 Uhr
@Joachim: (engl.)DNFTT !
sächsin
schrieb am 09.11.2009, 22:37 Uhr (am 09.11.2009, 22:39 Uhr geändert).
@joachim
danke, danke, auch wenn ich nicht weiß, aus welchen things dein club besteht. und da ich mich nicht zu den things zähle, trete ich auch nicht in deinen oder euren club ein, -ich bin kein "so etwas", ich bin mensch, eine dame, eine sächsin, wenn auch keine sächsin , eine cornelia. fertig.
und ich stehe auch gern ganz für mich allein hier, brauche keinen club, schon gar nicht einen leblosen und erst recht nicht einen von zynikern. das ist nicht meines.
gute nacht.
getkiss
schrieb am 09.11.2009, 23:08 Uhr
@sächsin:" gerade deshalb verstehe ich es noch immer nicht: heimat ist doch kein kauderwelsch..."
Eben. Und deshalb wirkt mancher Leute Beitrag zu diesem Thema, in seiner ausufernder Art, auf mich wie Kauderwelsch.
Wie etwas undefinierbar unklares. Deiner Definition kann ich aber problemlos beipflichten.
Denn Heimat ist alles, nur nicht etwas diffuses. Auch wenn sie nicht mehr so ist, wie sie mal war...
bankban
schrieb am 12.11.2009, 09:39 Uhr
"Wer aus seiner Heimat ausscheidet, ist sich selten bewußt, was er alles aufgibt. Er merkt es vielleicht erst dann, wenn die Erinnerung daran eine Freude seines späteren Lebens wird". Gustav Freytag, Soll und Haben.

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