Vom Frühling beseelt, jeden Tag aufs Neue

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Kurt Binder
schrieb am 23.06.2020, 22:58 Uhr

Lächeln am Morgen


Fröstelnd
trete ich auf den Balkon,
die Kühle
des Frühlingmorgens
umfängt mich;
das Platin über mir
droht mich zu erdrücken,
die Sonne – erstickt.
Ich blicke auf die Straße,
mürrisch, unausgegoren
nach einer schlaflosen Nacht.

Kinderlachen,
silberhell und unbedarft,
hinter der Hecke zur Straße;
ein Mädchen tippelt vorbei,
warnende Worte
stoppen den sorglosen Lauf.
Die junge Mutter bleibt stehen,
blickt zu mir herauf,
lächelt ... und lächelt ...
Grüßend nicke ich ihr zu,
lächle zurück, sie lächelt weiter,
winkt – und geht.
Irritiert betrete ich das Zimmer
seltsam berührt,
von Erinnerungen
wehmütig aufgewühlt -
doch der Tag ist gerettet!
Kurt Binder
schrieb am 05.07.2020, 12:45 Uhr
Wechselbad

Grau,
Ton in Ton
verwehren dunstige Schleier
die Sicht in das quellende Grün des Gartens,
regenträchtige Wolken
den Blick zum Azur des Himmels,
feucht streift der kalte Morgenwind
meine geschlossenen Lider.
Ich fröstle -
in meiner Seele schwelt
Sehnsucht nach Sonne,
nach Wärme ...

Gold
über den Dächern,
verheißendes Lächeln des Tages,
warmer Wind vertreibt
die grauen Bummler der Lüfte.
Trunken schweifen meine Blicke,
geblendet von der Farbpalette
sonnenhungriger Blumen.
Mittagshitze -
40 Grad im Schatten
wecken den Wunsch
nach Kühlung ...
Kurt Binder
schrieb am 14.07.2020, 08:07 Uhr
Lebensabend

Ein Film -
Dramen, Komödien,
Weinen und Lachen
im Wechsel der Szenen.
Oh, Feuerwerk Freude, verweile,
bitteres Bereuen, enteile,
Frohsinn, kehr ein!
Auch Kummer grollt –
doch der Film rollt,
und rollt ...

Das Ende
bleibt mir verborgen,
das Geheimnis von morgen.
Gebannt sehe ich zu,
mal wütend, erregt,
mal romantisch bewegt,
nicht immer im Glück;
ich lehn mich zurück.
Was soll's - so war eben
mein Leben ...
Tarimona
schrieb am 14.07.2020, 19:29 Uhr
Oh, da ist man ein Weilchen nicht mehr da und stößt dann auf solche Schätze. Maikind und Kurt, wirklich wunderbare Zeilen.
Mein Gedicht hat nicht wirklich mit dem Frühling zu tun, aber Menschen sind ja auch ein wenig wie Jahreszeiten, sie kommen und gehen..

Menschen

Es gibt Menschen,
die gehen vorbei.
Es gibt Menschen,
die sehen dich an.

Es gibt Menschen,
die verstehen.
Es gibt Menschen,
die wieder gehen.

Es gibt Menschen,
die kommen,
die verstehen
und bleiben!

Tarimona
schrieb am 14.07.2020, 19:51 Uhr
Und weil ihr mich so inspiriert habt hier noch ein kleiner Text :-)

Sonnenumneebelte Sinne
Untertitel.. ein beinahe Sonnenstich
Unter-Untertitel.. wer zu lange in der Sonne sitzt



Es ist selten, sehr selten, dass ich lange in der prallen Sonne verweile. Das kann passieren, wenn ich lese und von den Geschehnissen dieser worterfüllten Welt völlig gefangen bin, oder wenn ich einen Fotoapparat in der Hand halte und mein Blick mit meinem Umfeld völlig verschmilzt.

Ich bestreite ja nicht, dass sich hierzu etwas übersteigerte Emotionen gesellen, die ab einem bestimmten Zeitpunkt in einen wunderbar glatten, friedlichen Zustand münden. Wenn ich dann das Buch oder den Fotoapparat kurz auf die Seite lege, kann es durchaus zu einem Feuerwerk der außergewöhnlichsten Wahrnehmungen kommen. Ein sanftes Windchen streift mein erhitztes Gesicht.

Genüsslich lehne ich mich auf meinem Sessel zurück und schaue auf eine einheitliche Wand aus solidem Grün. Wieder ein Windhauch – und vor meinen Augen verwandelt sich diese einheitliche Masse in ein Infinitum aus einzelnen Blättern der unterschiedlichsten Formen und Grüntönen.

Wenn der Blick bei einem Blatt verweilt, nimmt das Ohr dessen spezifischen Blatt-im-Wind-Ton wahr.
Umfasst das Auge wieder diese gewaltige Menge blättriger Individuen, so vernimmt das Ohr genau jene Symphonie, die sich bereits im Ansatz aus Worten zusammengefunden hat.

Dieses ganze fulminante Szenario verdanke ich einer sonnenhitzigen Verlangsamung meiner körperlichen Funktionen.
Die Reizleitungsimpulse des Auges, die unter normalen Umständen in rasanter Geschwindigkeit auf die Hirnrinde treffen, tröpfeln hier nun langsamer ein und so bekommt das Gehirn die Gelegenheit etwas länger bei sonst schnell aussortiert und verworfenen Einzelheiten zu verweilen.

So erklärt sich auch wieso ich trotz starker Kurzsichtigkeit eine winzige Libelle auf der Spitze eines Tannenzweiges sehen kann, der 15 Meter weit entfernt ist.
Wieso ich das Muster auf den Flügeln eines orangen Schmetterlings der nur so an mir vorbeihuscht, bis ins Detail erkennen kann.

Dank der Sonne auf meinem Haupt – verweilt das einmal wahrgenommene Bild etwas länger als üblich auf der Netzhaut und gibt mir so etwas mehr Zeit es zu betrachten.

Ein Mäusebussard der in der Himmelslichtung zwischen den Bäumen kreist, lässt mich das Muster jeder einzelner Feder bestaunen. Und dann gestattet er nicht nur meinem Blick sich mit ihm in die Höhe zu schrauben – für einen Moment werden die sonnenträgen Glieder wieder leicht und ich lasse mich mit dem Bussard in den Lüften treiben.
Dann verlässt er meine Lichtung – ich schwebe noch ein wenig über den Wipfeln im Winde und erlaube mir dann die sichere Rückkehr in meinen Terrassenstuhl.
Jetzt treibt eine Wolke an der Stelle, an der ich kurz zuvor in Gesellschaft des Bussards trieb.

So langsam nähert sich die Wahrnehmung ihrem eigenen Zentrum. An besagtem Punkt des Friedens angekommen schließe ich mit einem erhabenen Gefühl die Augen. Doch noch gibt es etwas zu tun – ich ergreife einen Stift und lasse die Worte des soeben erlebten, wie goldenen Honig langsam aufs Papier tropfen.

Das Buch in dem ich gelesen hatte, liegt geschlossen neben mir. Der Fotoapparat ausgeschaltet auch. Kein einziges Foto habe ich gemacht, doch tausend Bilder habe ich gesehen...
Kurt Binder
schrieb am 19.07.2020, 11:04 Uhr
Der Sündenbock Sonne

Ein origineller Aufriss eines traumhaft schönen Erlebnisses, liebe Tarimona, das einen nicht nur beeindruckt, sondern zutiefst bewegt! Es wirkt auf mich wie ein plastisch gemaltes impressionistisches Seelengemälde, in dem sich Dein Ich zu einem Höhenflug in irreal anmutende Welten aufschwingt.
Dies aber war sicherlich nicht nur der Sonne zu verdanken. Deine Liebe zur Natur und Deine Genussfreudigkeit haben Deine Seele geöffnet und Deine Sinne derart geschärft, dass sich u. a. zwangsläufig ein Punkt zur Libelle und ein fliegender Schatten zum Mäusebussard bekennen mussten!
Die überwältigende, bild- und klanggewaltige Symphonie der Natur nötigt einen förmlich, das Einzelne aus dem Ganzen zu erkennen - und es wieder zurückfließen zu lassen.
Es war ein von Deinen Wahrnehmungen gestarteter und emotional getragener Seelenflug aus der Realität in die Realität, der sicherlich nur ein paar Minuten gedauert, Dir aber Welten eröffnet hat – und Dich die Zeit vergessen ließ!
Ich meine, dass uns solche intensiv gelebten Erlebnisse nur bereichern können, und dass sie nicht nur Momente, sondern Monumente in unsrem sachlich geprägtem Alltag darstellen!
Die Goldenen Honigtropfen, liebe Tarimona, mittels derer Du uns daran teilhaben gelassen hast, waren nahezu eine Pflichtübung, um Deinen Mitmenschen dies ebenso wunderbare, wie denkwürdige Erleben nahezubringen.
Maikind
schrieb am 21.07.2020, 06:15 Uhr
Liebe Tarimona, lieber Kurt
liebe Leser
es ist ein Geschenk an solcher tiefen Gedankenwelt teilnehmen zu dürfen!!
Danke 💚

Ich sehe wie es mich durch den Alltag bewegt und viele andere Räume laden zum Verweilen ein.
Nun jetzt bin ich wieder hier in diesem Raum und werde reich beschenkt!

Ich habe euch was mitgebracht

Vogelgesang

Wie lieb hab ich dich
und wie glückt mich
dein Gesang!

Hier wächst dein Baum
und auch der Blütenhang
siehst du? - Gewiß!

Im Lied schwingt mit der Raum
in jedem Klang
ein Gruß.

Bleibt frühlingshaft kreativ!
Liebe Grüße
Maikind
Lybelle
schrieb am 21.07.2020, 17:09 Uhr
Vögelein
Ich wollt ich wär ein Vögelein
Und käm geflogn zu Dir
Ich setz mich auf Dein Fensterbank
Und sing ein Liedchen Dir

Und wär’s auch nur für einen Tag
Ich wär ganz nah bei Dir
Ich wollt ich wär ein Vögelein
Und käm geflogn zu Dir.
(kling weald Vichelchen)
Tarimona
schrieb am 21.07.2020, 21:22 Uhr (am 21.07.2020, 21:48 Uhr geändert).
Ach Maikind und Lybelle, da habt ihr ja etwas ganz für mich geschrieben. Ich liebe die Piepmätze, liebe ihren Gesang und liebe es sie zu beobachten. Und man lernt auch ganz viel von ihnen :-) Wunderschön habt ihr das geschrieben.

Die Amsel und der Löwenzahn

Als ich so durch den Garten ging, mit gar nicht viel in meinem Sinn,
Da flog heran ein schwarzer Vogel und setzt sich einfach vor mich hin.
Ich fragte ihn, nun sag mir mal, was ist das für ein gelber Wahn,
der ganze Garten voll davon, man sieht ja nur noch Löwenzahn?

Der Vogel schaut, hüpft hin und her und dann erwidert er.
"Der Löwenzahn gefällt dir nicht? Wir holten ihn hierher.
Siehst du die kleinen Käferlein, die Fliegen und die Mücken,
Die sich so fröhlich noch, am Löwenzahn entzücken?

Du meinst es gut, verstreust Hafer, Körner und Rosinen,
Für uns, gar lecker so wie für euch Pralinen.
Doch ab und an, und überhaupt, wir brauchen Proteine
Denn so ein kleines Käferlein, schmiert unsere Flugmaschine.

Drum bitt ich dich, freunde dich an
mit diesem gelben Löwenzahn."

Als ich nun durch den Garten ging, hatte ich viel mehr im Sinn.
Maikind
schrieb am 22.07.2020, 20:11 Uhr (am 22.07.2020, 20:26 Uhr geändert).
Wilkommen in der Runde Lybelle!

Ja, liebe Tarimona
wenn wir die Vögel und die ganzen Ķäferlein nicht hätten, wären wir schön arm dran.

Sie sind Geschenk und Inspiration zugleich!

Danke!
Auch die Texte - wie Geschenke!

Den Lindenduft habe ich fast noch in der Nase
auch so ein Geschenk des Himmels

Unter Lindenblüten

schwingen Schmetterlingen
Frühlingsflügel
wie Himmelskringel
wenn die Linden blühen.

Lybelle
schrieb am 23.07.2020, 20:47 Uhr
Dankeschön für den Willkommensgruß, ich bewundere Euch drei
Ihr schwingt ne flotte Feder wie man so sagt. Ich bin ganz neu auf diesem Gebiet und erfreue mich sehr an Euren Beiträgen. Danke dass ich dabei sein darf. ☺️
Tarimona
schrieb am 23.07.2020, 22:22 Uhr
Lybelle, das ist aber schön. Freut mich sehr. Und deine Verse sind auch nicht von schlechten Eltern. Mein Kopf hat gleich angefangen zu zwitscher, bzw. zu summen "Wenn ich ein Vöglein wär..." :-) Nur weiter so.
Tarimona
schrieb am 23.07.2020, 22:23 Uhr
Liebes Maikind, wenige Worte und doch soviel Inhalt. Danke dir.
Kurt Binder
schrieb am 25.07.2020, 10:51 Uhr
Hallo, Lybelle,
ich sags auf die Schnelle:
Willkommen in der Runde
als Vierter im Bunde,
denn so als Quartett
ists doppelt so nett,
und die – Männerquot’
ist wieder im Lot ;-)) !
Tarimona
schrieb am 27.07.2020, 11:52 Uhr
Sehnsucht nach Leichtigkeit

Jeder Weg den ich beschreite
möge eben und gerade sein
denn er trägt mich in die Weite
und ich fühle mich so klein.

Keine Dornen, keine Steine
denn mein Fuß ist nackt und bloß
und auch die Seele welche keine
Festung ist spürt jeden Stoß

Und der Wind verleiht mir Flügel
trägt den Kummer von mir fort
Und die Sonne hinterm Hügel
verleiht Wärme jedem Ort

Ach wie wird mir leicht ums Herz
und des Tages Last verweht
Licht erleuchtet jeden Schmerz
Und Traurigkeit vollends vergeht.

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