Vom Frühling beseelt, jeden Tag aufs Neue

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Lybelle
schrieb am 27.08.2020, 17:05 Uhr
Wie wahr Kurt wie wahr.........
Kurt Binder
schrieb am 31.08.2020, 22:14 Uhr
Bergweh

Weiße Schäfchenwolken
unter strahlend blauem Himmel,
davor der Watzmann,
umgeben von seiner steinernen Familie.
Sehnsüchtig blicke ich
auf das Ziel unsres Traumes -
die Mittelspitze...

Unzählige Bergspitzen
entzückt von meinen Jodler,
vervielfacht im Echo;
der Gipfelschnaps
belohnte die Leistung alter Glieder
unter dem Gipfelkreuz,
unsre Namen - verewigt im Gipfelbuch.
Klettersteige, Steilhänge,
Felsenbrocken, Geröllhalden.
gesichert und ungesichert -
vergeblich ihr Protest.

Vom Nordkap bis Griechenland,
kreuz und quer durch die Alpen,
mit 70 Jahren auf den Olymp -
und Erika immer voran ...
Und dann endlich - der Watzmann!

Ich schalte den Fernseher ab,
schließe die Augen und träume,
atme in Gedanken herbe Gebirgsluft.
Kurz vor dem Ziel,
verschneite Klettersteige
zwangen uns damals zur Umkehr -
kein zweiter Anlauf!
Maikind
schrieb am 07.09.2020, 16:52 Uhr (am 07.09.2020, 16:56 Uhr geändert).
Dein Bergweh, mit doppelschichtigem Unterton, lieber Kurt,
kann man richtig nachfühlen
und ein Stückchen mitgehen...
danke!
Kurt Binder
schrieb am 11.09.2020, 09:47 Uhr
„Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das sich dagegen sträubt, das zu sein, was es ist.“ (Albert Camus)

Höhenflug


Ich fliege!
Tief unten Milliarden Ameisen,
planlos, ziellos,
von Dämonen besessen
sammeln, raffen, horten,
fressen, kämpfen,
töten -
sinnlos ...

Allem entrückt,
betrachte ich das Chaos,
von Menschlichkeit durchdrungen
mit Entsetzen und Mitleid,
wähne mich erhaben,
allwissend, besonnen,
integer, vernünftig -
vollkommen!

Bruchlandung!
Ich krabble mit,
planlos, ziellos.
vom Egoismus besessen,
sammle, raffe, horte,
fresse, kämpfe,
töte -
auf der Suche nach dem Sinn ...
Maikind
schrieb am 11.09.2020, 23:00 Uhr
Lieber Kurt
wie sich die Worte finden!
aneinandergereiht so aussagekräftig
schön finde ich den Bogen von der ersten zur letzten Strophe und vor allem der kleine Hoffnungsschimmer dass zumindest die Suche nach dem Sinn steht. 👏👏
Kurt Binder
schrieb am 12.09.2020, 09:36 Uhr
Gut erkannt, liebe Ute! Ich wollte tatsächlich darstellen, dass wir in diesem globalen Irrsinn mitinbegriffen sind und mitmachen (müssen?), obwohl wir ihn in seltenen lichten Augenblicken selbst erkennen!
Lybelle
schrieb am 12.09.2020, 20:54 Uhr
Gratuliere Kurt Du lässt mich immer wieder staunen, toll geschrieben. ☺️
Kurt Binder
schrieb am 16.09.2020, 16:56 Uhr
Ich hoffe, dass sich Antoine de Saint-Exupéry wegen dieser Geschichte nicht verzweifelt im Grab herumwälzt!

Die Lösung

Mein turbulentes Leben hat mich schon oft vor schwierige Probleme gestellt, die dann doch irgendwie lösbar waren. Doch diese Aufgabe war nicht zu bewältigen – das stellte ich bereits nach wenigen Anläufen kategorisch fest! Entmutigt lümmelte ich mich auf das Sofa und starrte zur Decke. Durch das weit offene Fenster drang der Duft von Fliederblüten herein.
Auf einmal verwandelte sich die mit Paneelen getäfelte Decke in einen Spiegel, und ich sah mich selbst darin über einen winzigen, bunten Planeten wandern. Es war merkwürdig, dass mich auch auf dieser Wanderung der Gedanke quälte, mein Problem nicht lösen zu können. Da kam ich an einer kleinen, roten Kirche vorbei, vor der ein rotgekleideter Priester kniete.
“Salam aleikum, rotgekleideter Priester!“, grüßte ich. „Kannst du mir sagen, wie ich mein Problem lösen kann?“ Er sah mich lange schweigend an. Dann erhob er beide Arme zum roten Himmel und erklärte mir:
“Nur der Glaube an unsren Schöpfer, Kleiner Prinz, kann dir helfen, alle deine Probleme zu lösen!" Ich dankte ihm für seinen Rat und ging weiter. Bald darauf kam ich zu einem gelben Fitness-Center, in dem mehrere Männer und Frauen sich rastlos bemühten, ihre naturgegebene Körperform mit stählernen Geräten und Spezialdrinks zu malträtieren - und möglichst zu verschandeln. Nachdem ich hinter einem gelben Muskelberg den Besitzer entdeckt hatte, grüßte ich: "Tonikum!", und fragte ihn:
"Gelber Muskelmann, welches ist deines Erachtens das Elixier, mit dessen Hilfe man alle Probleme lösen kann?“ Er nahm eine gelbe 50 Kilo Hantel in die gelbe Hand, warf sie in die Luft, und fing sie, nachdem sie sich neun mal gedreht hatte, wieder auf, als sei es ein Kochlöffel. Dann zwinkerte er mir vielsagend zu. Ich verstand: Die Kraft war in seinen gelben Augen die Lösung aller Probleme. Nachdem ich ihm dankend zugenickt hatte, ging ich zur nächsten Farbe.
Da saß vor einem weißen Gebäude ein kleiner, glatzköpfiger Mann mit weißer Weste und zählte weiße Geldscheine mit einer Geschwindigkeit, dass es mir weiß vor den Augen wurde. Ich sagte zu ihm:
“Ehre sei Mammon, glatzköpfiger Mann mit weißer Weste, ich brauche deinen Rat!“
“In Ewigkeit, Amen!“, erwiderte er ohne aufzuschauen, indem er die weißen Scheine weiter durch die Luft wirbelte. „Wieviel willst du anlegen, Kleiner Prinz?" Ich erklärte ihm, dass ich kein Geld anlegen, sondern nur seinen Rat hören wollte, welches Mittel er zur Lösung aller Probleme für das beste hielte.
"Also, hör zu und notiere: Aktien bringen die meisten Rendite, und wenn du in Immobilien und in Pfandleihe machst, bist du in 75 Jahren möglicherweise garantiert Millionär!“ Starr vor Glück auf diese großartigen Aussichten, dankte ich dem glatzköpfigen Mann mit weißer Weste, und setzte meinen Weg fort.
Da hörte ich in nächster Nähe Musik, und als ich um die Ecke bog, erblickte ich ein blaues Gebäude. Ich trat ein, und stand im nächsten Augenblick zwischen lauter blauen Glücksspiel-Automaten, Roulette- und Würfeltischen, Pokerspielern und anderen völlig blauen Glücksrittern. Es rasselte, jubelte und fluchte um die Wette. In einer Ecke saßen mehrere in Gold gekleidete Kleine Prinzen, löffelten Beluga-Kaviar und süffelten roten Krimsekt.
“Das sind die, die alles gewonnen haben!“, flüsterte mir ein spindeldürrer Mann.in blauen Unterhosen ins Ohr. Ich deutete auf eine Reihe Galgen hinter dem Haus, an dem mehrere Gestalten baumelten. „Und diese da?“
„Das sind die, die alles verloren haben;", hauchte der arme Mann kaum hörbar. „Da geh ich jetzt auch hin!", und wankte durch die Hintertür hinaus. Tja, dachte ich, da muss ich wohl niemanden um Rat fragen, und trat hinaus.
Hoffnungslos trottete ich weiter, und kam auf eine grüne Wiese. Vor einer grünen Wand, die mutterseelenallein da stand, spielten ein paar kleine Jungen grüne-Knöpfe-an-die-Wand.
“Gut Knopf, ihr grünen Knöpfe!“, sagte ich witzig sein wollend zu ihnen. Die Jungen antworteten nicht, aber die Knöpfe antworteten:
“Guter Witz, Kleiner Prinz – spiel doch mit!“ Ich lehnte ab, weil ich sowieso immer nur verlöre.
“Du musst einfach nur Selbstvertrauen haben, Kleiner Prinz!“, verriet mir da ein kleiner, grüner Junge. „Das hilft dir sicher, alle deine Probleme zu lösen!“. Und er lächelte mich geheimnisvoll an. Da raffte ich mein ganzes Selbstvertrauen zusammen, spielte probehalber ein paar Rundern mit – und gewann!
Der Spiegel über mir verschwamm vor meinen Augen. Ich lümmelte dösend auf dem Sofa, starrte zur Decke, und ich dachte an meinen Tripp zum kleinen, bunten Planeten. Dann aber sprang ich auf, sagte meinem schwierigen Problem den Kampf an - und löste es.
Lybelle
schrieb am 16.09.2020, 19:25 Uhr
Das hast du sehr schön geschrieben Kurt. Mit einem starken Selbstvertrauen geht man sorgloser und leichter an Probleme heran, und ist auch offener für verschiedene Lösungen. Tja, nur fehlt manchmal die richtige Portion davon. 🤔😊😊Aber man darf sich auch selbst mal auf die Schulter klopfen und sich sagen dass hast du gut gemacht. 😄😄😄👍
Kurt Binder
schrieb am 24.09.2020, 16:58 Uhr
In memoriam
Eine Liebeserklärung

Als Du zu mir kamst,
begann der Frühling meines Lebens!
Du hast mir neues, junges Leben geschenkt,
mir die Augen für eine Welt geöffnet,
die ich ohne Dich nie beschritten hätte!

Mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl
hast Du mich durch fremde Weiten geleitet,
wir haben freundliche Menschen kennengelernt,
sind auf Gut und Böse gestoßen.
Mit Wollust atmeten wir das Salz der Südsee,
bewunderten ebenholzschwarze Schönheiten
beim Samba oder Kriegstanz,
und betrachteten mit Ekel den verdreckten Ganges -
Kloake und Trinkwasser zugleich.

Die Fahrt auf dem Traumschiff
war wahrlich ein Traum,
das Inselhüpfen in Griechenland -
eine geraffte Kulturschau,
die Begrüßung Zeus’ auf dem Olymp – die Erfüllung!
Wir erlebten live eine Debatte im Bunderstag,
die Wortgewalt und Geschmeidigkeit
unsrer Politiker bewundernd ...

Und wir waren immer beieinander,
Du und ich, glücklich und erfüllt
von den gemeinsamen Erlebnissen.
Ich fühlte die Wärme Deiner Nähe,
bei jedem Schritt, den wir zusammen taten,
und wenn Du zu mir sprachst,
gab mir das Timbre Deiner Stimme
Halt für den ganzen Tag!

Als Du von mir gingst,
deinem Alter Tribut zollend,
erstarrte ich in der Eiseskälte des Winters.
Ich werde Dich nie vergessen -
mein geliebter Heiliger Computius!

Kurt Binder
schrieb am 05.10.2020, 16:15 Uhr
Erinnerung

Es war einmal,
da winkten uns ferne Berge,
kamen näher, wurden größer -
von der Spitze jodelten wir ins Tal;
tief unter uns rauschten glitzernde Flüsse
schweigend im steinernen Bett.

Es war einmal,
da glitten wir schwingend
die sonnigen Pisten streichelnd,
vom Fahrtenwind gepeitscht ins Tal hinab,
weg von dem lärmenden Hüttentrubel
bunt gekleideter, fröhlicher Menschen.

Es war einmal,
da schwammen wir beide,
Du und ich ins bewegte Meer hinaus,
dem Horizont entgegen,
bis die Entfernung zur Umkehr mahnte,
und der Sand unsre Füße beruhigend koste.

Es war einmal
unser im Glück gelebtes Märchen,
und wir waren immer zusammen;
ich atmete Deine Nähe,
Dein bloßes Dasein erfreute mich -
bis Du für immer von mir gegangen bist.

Es war einmal, aber - es war!

Lybelle
schrieb am 05.10.2020, 18:19 Uhr
Das sind sehr schöne Erinnerungen Kurt. Gut dass wenigstens sie uns erhalten bleiben, an geliebte Menschen. Sei es daß sie uns verlassen haben oder einfach nur die Wege sich entzweiten. Ja, es war einmal..........
Maikind
schrieb am 10.10.2020, 07:56 Uhr (am 10.10.2020, 07:58 Uhr geändert).
Kurt Künstler!!
Danke

Gerade gestern ist mir an einem Baum aufgefallen wie sehr der Herbst schon eingezogen ist...

Der Baum färbt rot

beim Auszug in die Stille
das Festkleid
seines Lebensjahres

und weiß - der Tod
ist Wandel nur und Wille
des Lichts, ein
klarer und ein wahrer.

Liebe Frühlingsgrüße an alle!
Lybelle
schrieb am 13.10.2020, 12:41 Uhr
Herbst

Es färbt der Wald sein grünes Kleid
Zu einer bunten Pracht ihr Leut ,
Und viele Blätter falln hernieder
Denn es ist Herbst alle Jahr wieder.
Es pfeift der Wind ein hurtig Lied
Fürn letzten Tanz, und Alles sieht
Die Blätter fröhlich und im Kreise
Sie falln zu Boden und zwar leise.
Zu einem bunten Teppich nun
Decken sie den Boden, um zu ruhn
Nur ab und an sie Rascheln wieder
Wenn Schritte ihn betreten bieder
Oder ein Tierlein zart und scheu
Nach Futter suchet oder Heu.
Dann wird es Stille dunkle Nacht
Natur und Menschen wohlbedacht
Besinnen sich zur Ruh, wer häts gedacht
Und auch der Wind verstummt im Lied
Schaun Alle rauf zum Mondenschein
Und stimmen sich auf den Winter ein.
Kurt Binder
schrieb am 14.10.2020, 08:18 Uhr
Bunt, ruhig, gefasst - ein schönes Herbstgemälde, Sepp, das Du da malst. Man hat den Eindruck, mitten drin zu sein - was wir ja eigentlich schon sind! Da kommen Emotionen auf ...

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