Quo vadis Europa ?

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sibihans
schrieb am 28.10.2011, 15:57 Uhr
Nebenbei bemerkt, Italien ist ein reiches Land,

Italienische Banken akzeptieren Parmesan als Sicherheit für Kredit

wamba
schrieb am 28.10.2011, 16:44 Uhr (am 28.10.2011, 16:45 Uhr geändert).
Lieber Johann,
Du schriebst:

Nur im Wohnzimmer ist alles wohlig und geordnet, aber auch Couch-Potatos müssen ab und zu raus.
Im Leben gibt es nun mal Gegenwind und eine Menge Gegenverkehr und zwar auf allen Wegen (Schiene, Straße, Luft etc.).


Finde es Klasse wie Du mir hier die Augen öffnest, in meinem jugendlichen Leichtsinn hätte ich gar nicht an so etwas gedacht, danke!



Merkel hat das deutsche Modell einer unabhängigen Zentralbank in höchster Not gerettet, dadurch dass sie durchgesetzt hat, dass die EZB die einzige unabhängige Bank bleibt, die nicht die Gelddruckpresse an werfen darf (amerikanische, britische, japanische, chinesische Notenbanken dürfen genau das).

Leider verstehe ich als Laie nicht wie das mit der Gelddruckpresse funktioniert. Könntest Du mir bitte das etwas näher erklären?


Johann
schrieb am 28.10.2011, 17:09 Uhr
@ wamba

Freut mich zu hören, dass du nicht vor jedem entgegenkommenden Fahrzeug (Zug oder Auto)Panik bekommst

Die amerikanische Notenbank Fed kauft ständig neue Staatsanleihen, mit Geld, dass sie selber generiert, quasi "druckt". Notenbanken können das, den Preis zahlen aber alle, insbesondere durch Inflation.

Die EZB darf dies laut Vertrag nicht, hat dies aber im Vergleich zu Amerika und Großbritannien in kleineren Umfang getan. Auf dem Gipfel wurde diese Praxis nicht gutgeheißen.

Frankreich und viele andere Staaten wollten, dass die EZB auch Staatsanleihen und Bankhilfen quasi unbegrenzt kaufen bzw. unterstützen kann. Dies geht aber rechtlich in der Euro-Zone nur, wenn der EFSF eine Banklizenz bekommt und an die EZB angegliedert wird.
Genau diese Lösung wurde von Deutschland verhindert.
Der Fond hat eine Obergrenze plus eine Versicherungslösung, damit kann man zwar helfen, aber ein unkontrolliertes weiter so, geht nicht mehr.

Da das Bundesverfassungsgericht heute auch eine Entscheidung getroffen hat, ist es in Zukunft absolut notwendig, dass der gesamte Bundestag über weitere Hilfen entscheidet. Damit stellt sich die Eurozone erstmals wirkungsvoll einem unkontrollierten Kasino-Kapitalismus in den Weg. Hoffen wir, auf einen guten Ausgang. Die Kräfte derer, die dies mit Macht verhindern wollen, sind nicht gerade klein.

wamba
schrieb am 28.10.2011, 20:10 Uhr (am 28.10.2011, 20:12 Uhr geändert).
Johann,
in Deinen Ausführungen steckt viel Leidenschaft, jedoch muss klargestellt werden dass nicht die Banken die Schuldenkrise verursacht haben, sondern die Schuldenstaaten.

Ich verstehe nicht wie Du gleichzeitig den EFSF und die Einstweilige Verfügung des BVG, die ja nun keine endgültige Entscheidung ist und den EFSF vorerst in seiner Handlungsfreiheit einschränkt, loben kannst.

Aber bleiben wir bei der Gelddruckpresse, die EZB hält angeblich Griechenlandanleihen für 75 Mrd und hat damit Vertragsbruch begangen. Wer garantiert uns das nicht so weiter gemacht wird? Signore Draghi hat sich schon in die Richtung geäußert.

Der EFSF als Kreditausfallversicherer ist nun gerade das was Du Kasino-Kapitalismus nennst, hochspekulativ für einen Investor und hoch riskant für die Einzahler in den Fond.
Johann
schrieb am 29.10.2011, 10:34 Uhr (am 29.10.2011, 10:43 Uhr geändert).
wamba schrieb:
"jedoch muss klargestellt werden dass nicht die Banken die Schuldenkrise verursacht haben, sondern die Schuldenstaaten."

Soll das nun ein Witz sein????

Dies trifft höchstens für die italienischen Banken zu. Diese haben sich an dem Kasino-Kapitalismus kaum beteiligt, weil sie wussten, dass auf Ihren Staat kein Verlass ist. Dasselbe gilt auch für italienische Privatleute und Unternehmer. Der gesamte Privatsektor Italiens ist wesentlich weniger verschuldet als der deutsche!!

Alle Staaten des Euroraums standen vor der Finanzkrise wesentlich besser da wie vor der Einführung des Euros, diese Aussage gilt auch für Griechenland und Italien!

Der irische Staat, der die meisten Gelder aus dem Rettungsfond kassiert hat (glaube 75 Milliarden), hatte eine der niedrigsten Verschuldungsraten weltweit, erst die Banken haben den Staat in die Insolvenz getrieben. Mit Milliarden mussten Banken in allen Ländern unterstützt werden (Ausnahmen z.B. Italien).

Zweitens seitdem die Kasino-Banker kein Geld mehr mit Derivaten auf Schrott Papieren amerikanischer Immobilien verdienen können, tun sie dies, indem sie ganze Staaten aktiv in den Ruin treiben. Die Eurozone steht doch, war Verschuldung betrifft, wesentlich besser da wie Japan, Großbritannien und USA. Da die meisten Zocker in den letztgenannten Ländern sitzen, müssen wir Europäer bluten.

Fazit: Die Banken tragen die Hauptschuld für die Krise, hinzukommen natürlich auch andere Probleme. Selten kann man in der Politik kausale Zusammenhänge so eindeutig ausmachen, weil generell immer mehrere Faktoren eine Rolle spielen und man zwischen Ursache (unabhängige Variable) und Wirkung (abhängige Variable) nicht unterscheiden kann (Henne-Ei-Problem, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Henne-Ei-Problem).






Mynona
schrieb am 29.10.2011, 11:32 Uhr
Interessanter Artikel dazu:"Zerschlagt die Banken! Und schon sind alle Übel beseitigt. Ach, wenn die Welt nur so einfach wäre"

"Es ist ja immer gut – oder sagen wir besser: immer sehr einfach, wenn man ein passendes Feindbild zur Hand hat, auf das man alles Unbehagen, alle Kritik und alle Wut konzentrieren kann, so dass man eigentlich nur diesen Feind beseitigen oder zertrümmern muss. Und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Gegenwärtig erfüllen „die Banken“ diese Funktion der Weltvereinfachung – oder neuhochdeutsch gesprochen: der Komplexitätsreduktion. Zerschlagt die Banken! Und schon sind alle Übel beseitigt. Ach, wenn die Welt nur so einfach wäre. Wenn man dieser törichten und populistischen Parole widerspricht, heißt dies noch lange nicht, dass man umgekehrt „die Banken“ und schon gar nicht alle Banken außer Kritik stellen möchte."

http://www.tagesspiegel.de/staaten-tragen-mehr-schuld-als-die-banken
seberg
schrieb am 29.10.2011, 11:47 Uhr (am 29.10.2011, 11:49 Uhr geändert).
Richtig Mynona, und ein genau so blöder Gegenvorschlag wäre: Zerschlagt die EU und den Euro - und schon sind alle Probleme beseitigt!

Johann schrieb über die italienischen Banken:
"Diese haben sich an dem Kasino-Kapitalismus kaum beteiligt, weil sie wussten, dass auf Ihren Staat kein Verlass ist. Dasselbe gilt auch für italienische Privatleute und Unternehmer. Der gesamte Privatsektor Italiens ist wesentlich weniger verschuldet als der deutsche!!“
Wer eine Zeitlang in Italien gelebt und mit den dortigen Behörden zu tun gehabt hat weiß, dass das stimmt: Verlass ist einigermaßen ( ) nur auf die eigene Person, dagegen ab er zu fast 100% auf das Geld .

Und es stimmt vermutlich auch, dass „die Italiener“ – wie wohl auch "die Griechen" – weniger unter einem Schuld(en)-Problem leiden...

Europa braucht halt Zeit, bis es auch betreffs des Umgangs mit Schuld/en etwas einheitlicher umgeht...
Mynona
schrieb am 29.10.2011, 11:59 Uhr
Na ja,wir werden sehn ob und wie lange die EURO-Kreatur das alles überlebt.Eins ist richtig:Einer allein ist nie an allem Schuld!
sibihans
schrieb am 29.10.2011, 20:44 Uhr
Experten sorgen sich um "Bella Italia"

Nach dem Euro-Krisengipfel wächst die Skepsis: Bekommt Italien seine Schulden in den Griff? Premier Berlusconi ist gefordert, denn "Bella Italia" droht laut Top-Ökonomen zu kollabieren.

Link
Koi
schrieb am 31.10.2011, 22:23 Uhr (am 31.10.2011, 22:24 Uhr geändert).
Nach der Euphorie beim Euro- Rettungsgipfel kommt die Ernüchterung.

Plötzlich war die böse Tante Angst wieder da.
getkiss
schrieb am 01.11.2011, 09:40 Uhr
Das Ursprungsland der Demokratie schockt die "moderne Demokratien:

Auch die Financial Times Deutschland sieht die überraschende Entscheidung von Giorgos Papandreou als „enormes Risiko“ an. „Sollte das Rettungspaket im Referendum abgelehnt werden, hätte das unabsehbare Folgen für den Euro und die Staaten der Euro-Zone“,

www.handelsblatt.com/panorama/presseschau/griechenlands-referendum-schockt-europa/5784066.html

Da stellt sich ein linguistisches Problem.
Soll man "modern" mit Akzent auf das e (modérn), oder mit Akzent auf das o (módern) aussprechen?

Der Begriff Demokratie ist schon so verbraucht und pervertiert, dass er mit recht als moodern bezeichnet werden kann.
Nunn hat Papandreou sich auf alte Tugende besonnen. Sein Volk soll entscheiden ob es die bedingungsvolle "Hilfe" annimt.

Wie wär´s, wenn Frau Merkel auf diese moderne Demokratieform aufspringt und das deutsche Volk entscheiden lässt, was es mit "seinem" Geld machen will?
bankban
schrieb am 01.11.2011, 09:46 Uhr
"Wie wär´s, wenn Frau Merkel auf diese moderne Demokratieform aufspringt und das deutsche Volk entscheiden lässt, was es mit "seinem" Geld machen will?"

Einfach wär's: Populismus á la "Bild" würde siegen.
getkiss
schrieb am 01.11.2011, 10:39 Uhr (am 01.11.2011, 10:42 Uhr geändert).
bankban, Sie haben eine merkwürdige Vorstellung von Demokratie. Die hat nichts mit "Bild" zu tun. Und auch nichts mit dem ursprünglichen Begriff "Demokratie": Herrschaft des Volkes. Ausgesprochen durch das explizite Votum des Volkes, direkt und nicht durch seine "gewählten Vertreter". Die vor der Wahl etwas sagen, was sie nach der Wahl vergessen.
Die gewählt werden um das Volk zu vertreten. Und nach ein paar Jahren einen begrenzten Konzernvorstand, z. Bsp. den Stuhl aus dem Kanzleramt mit dem Vorstandstuhl aus Leningrad tauschen, oder nachher dort "Fischen" wo sie was "bekämpften". Der Grund ist einfach:
Das Salär....
Ich gebe ja zu "das Volk" hat solche Interessen auch. Und auch solche Wandlungsfähigkeit in seinen Entscheidungen.
bankban
schrieb am 01.11.2011, 10:46 Uhr
Ich halte es schon für richtig, da das Volk leicht emotionalisierbar und beeinflussbar und manipulierbar ist. Gerade wir Deutschen hatten damit unsere Erfahrungen, weshalb die Väter und Mütter des Grundgesetzes dem Volk 1949 diese Möglichkeit nicht einräumen wollten.
lucky_271065
schrieb am 01.11.2011, 16:44 Uhr
Manche finden auch Positives an der Entscheidung für "Basisdemokratie" von Papandreou:

Volksabstimmung über Euro

Bravo, Herr Papandreou!


Ein Kommentar von Sven Böll

Europa zeigt sich fassungslos: Der griechische Premier will sein Volk über den Euro-Rettungsplan für sein Land abstimmen lassen. Papandreou setzt alles auf eine Karte - doch seine Entscheidung ist richtig.

Hamburg - Man muss das gleich zu Beginn sagen: Die Griechen sollen zur Abwechslung mal wieder selbst entscheiden, wie es mit ihrem Land weitergeht - und mit ihnen.

Sie hatten schon länger keine echte Gelegenheit mehr dazu. Seit anderthalb Jahren steht das einst stolze Land unter fremder Verwaltung, es ist de facto kein souveräner Staat mehr. Wichtigste Aufgabe der Regierung ist es, die Sparprogramme und Strukturreformen durchs Parlament zu bringen und umzusetzen. Diktiert werden sie von der stets strengen Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Sonst gibt es kein neues Geld, und das Land wäre von jetzt auf gleich bankrott.


Nicht mehr Herr über seine Finanzen zu sein, um Geld betteln und dafür fast alles tun zu müssen, das ist für mittellose Staaten genauso würdelos wie für arme Menschen. Es kränkt die Seele, macht wütend und lässt einen verzweifeln. Wenn man weiß, dass die eigene Lage auch noch weitgehend selbstverschuldet ist, macht es das nicht besser, sondern nur noch schlimmer.


www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,795189,00.html

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