Verkauf von Gemeinschaftseigentum in Siebenbürgen

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.

Richard Vogel
schrieb am 11.12.2007, 09:55 Uhr
Richtiger wäre das Friedhöfe teilweise nicht zur Kirche gehören.
Weilau
schrieb am 11.12.2007, 10:16 Uhr
Eine interessante Idee! Immerhin bekämen diese "Traditionspflegeorganisationen" damit "greifbare" Aufgaben. Möglicherweise kann aus diesen "greifbaren" Aktivitäten mehr erwachsen als aus den imateriellen Angelegenheiten, die niemand wahrzunehmen gedenkt. Den Versuch wär es allemal wert. Mehr als verfallen können die alten Dinger sowieso nicht. Ob sie wegen der Daheimgebliebenen oder wegen der Weggezogenen verfallen, kommt exakt auf das gleiche Ergebnis heraus ...
Prikulitsch
schrieb am 11.12.2007, 10:36 Uhr (am 11.12.2007, 11:18 Uhr geändert).
Sehr geehrter Herr Lauer,

ich anerkenne, dass Sie bemüht sind, das Ziel - den Erhalt des sächsischen Kulturerbes - engagiert zu verfolgen, allerdings müssen zuerst grundlegende Überlegungen vorangestellt werden.
Sie schlagen vor, dass die HOGs in den Besitz der Kirche, Gebäude etc. kommen sollen.
Ich möchte Ihnen aufzeigen, dass dieser Vorschlag auch einige Nachteile hat:
nächsten Punkten.
Wenn die HOGs als Besitz übernehmen sollen, dann stellt sich die Frage: Wer übernimmt was? In Hermannstadt kostet die Renovierung des Dachstuhls ca. 700000 Euro. Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine HOG hier die Hauptverantwortung übernehmen kann, und wenn die HOG nur einen kleinen Teil beitragen kann, dann besteht

1. Nicht jede HOG verfügt über die nötigen finanziellen Mittel, um eine Renovierung vorzunehmen, geschweige denn, die Gebäude langfristig zu erhalten. Wenn Sie, Herr Lauer, von Eigentum der HOGs sprechen, dann müssten die Gebäude zuerst auch gekauft werden. Dabei kann es wohl nicht um den realen Preis gehen, sondern um einen Symbolpreis, denn die Kirchenburgen z.B. sind eigentlich unbezahlbar. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach den beweglichen Gütern. Sollen die mit übernommen werden? M.E. ein unmögliches Unterfangen, weil unbezahlbar. Mit dem Besitz übernimmt man nämlich auch andere Verantwortungen, z.B. der Sicherung vor Verfall und Diebstahl etc. Es ist doch schon sehr schwierig in Deutschland eine einzige Bibliothek zu erhalten.
In Hermannstadt z.B. kostet die Renovierung des Kirchenstuhls ca. 700000 Euro. Ich bin mir sicher, dass die HOG mithelfen wird, diese Aufgabe zu bewältigen; sie wird aber kaum die Hauptlast tragen und somit sehe ich zumindest keinen Grund darin, warum die HOG die ganze Kirche besitzen sollte.
Ein Nachteil würde sich sicherlich auch für kleinere Gemeinden ergeben. Wenn die HOG eines solchen Ortes keine finanzstarken Mitglieder hat, werden trotz der geänderten Besitzverhältnisse die Kirchen verfallen. Allenfalls läuft es etwas besser, aber wer garantiert, dass die Unterstützung langfristig erfolgen kann?
2. Die HOGs wären als Besitzer langfristig verantwortlich für Gebäude etc. Wer kann aber den Fortbestand der HOGs wirklich garantieren? Ungewiss ist die Entwicklung der Mitgliederzahl, obwohl ich ihnen gerne eine Vermehrung wünsche. Was geschieht langfristig in den HOGs? Auch die Zukunft der Kirche ist zwar ungewiss, aber das ist noch kein Argument für die HOGs.
3. In den HOGs müsste es nach Ihrer Ansicht, Herr Lauer, jedenfall ein wenig bessere 'Verwalter' geben, als es jetzt in Siebenbürgen der Fall ist. Wenn die HOGs nicht zentral und zusammen agieren, werden sie sich in ihrer Arbeit zerfransen und eher weniger erreichen. Zentral koordinieren bedeutet aber wiederum, Verlust von Selbständigkeit, diesmal auf Seiten der HOGs.
4. Viele der Kulturgüter in Siebenbürgen stehen unter Denkmalschutz. D.H. es gibt Auflagen für Renovierungen und Erhalt und der rum. Staat hat ein Wörtchen mitzureden. Ich denke nicht, dass sich der Staat auf 50 oder mehr einzelne HOGs als Vertrags- und Kooperationspartner einlässt. Und auch der Verband als Ganzes wird wohl erst gegenseitiges Vertrauen schaffen müssen. Das muss die Kirche nicht mehr.
Zur Evang. Kirche bestehen schon mehr oder weniger gute Verbindungen und der Staat anerkennt die Kirche als einen gültigen Partner.
5. Wenn Sie, Herr Lauer, von Besitz sprechen, dann muss er gekauft oder restituiert werden. Sie werden wohl nicht davon ausgehen, dass die Kirche gerne Gast in ihren momentan genutzten Kirchengebäuden ist. Ich kann mir im Hinblick auf die Zukunft nicht vorstellen, dass die Kirche fleißig ihre Gebäude verkauft, besonders die nicht, die noch genutzt werden und wo es noch Gemeindeleben und auch Mitbestimmung gibt.
Außerhalb der privaten Anträge hat vor allem die Kirche in den letzten Jahren Restitutionsanträge für enteigneten kirchen- aber auch früheren Gemeinschaftsbesitz gestellt. Auch für die Kirche sind die gerichtlichen Verhandlungen ein langer und schwieriger Prozess, da je einzeln entschieden wird. Da die Güter größtenteils in staatlichem oder kommunalem Besitz waren (Schulen z.B.), wird jede Rückerstattung argwöhnisch beäugt, selbst, wenn es der Kirche erstattet wird. Ich denke nicht, dass es zu einer guten Zusammenarbeit mit Staat und Kommunen kommen wird, wenn die Kirche die rückerstatteten Gebäude nun - auch wenn sie dadurch renoviert und erhalten bleiben - an die HOGs oder wen auch immer verkauft. Ich kann mir einen Aufschrei vorstellen, dass die Kirche ja nur Handlanger der ausgewanderten Sachsen sei und andere Interessen hegt, als es ihrem gemeinnützigen Auftrag entspricht. Auch wenn der Vorwurf hinkt, wäre die Stimmung nicht förderlich.
6. Ich kenne mich in rechtlichen Belangen nicht aus, aber ich vermute, dass die HOGs auch in Rumänien als Verein eingetragen werden müssten. Vielleicht läuft es nach EU-Recht aber auch anders. Diesen Punkt überlasse ich gerne einem Experten. Ich meine nur, dass es mit dem 'Besitzerwerb durcheinen Verein' wohl nicht im Handumdrehen und einfach vonstatten geht.

Diese Argumentation ist nun auch einseitig auf den Beitrag von Herrn Lauer gemünzt. Positive Vorschläge bleibe ich heute schuldig. Ich sehe das Modell 'HOGs' - in der vorgeschlagenen Form - nicht als zukunftsweisend an. Tut mir leid, Herr Lauer.
Prikulitsch
schrieb am 11.12.2007, 10:52 Uhr (am 11.12.2007, 10:54 Uhr geändert).
@ an Gogesch u. Richard Vogel:
Haben Sie, gogesch, handfeste Informationen über die Friedhöfe, oder haben Sie das einfach so gehört? Leider weiß ich es auch (noch) nicht. Als Eigentümer und Verwalter kann ich mir eigentlich nur die Kirche oder eine kommunale Einrichtung vorstellen, da damit gesetzliche Auflagen verbunden sind. Man muss, denke ich, hier eventuell zwischen Besitz und Verwaltung noch einmal unterscheiden.
Meinen Sie, dass jeder sein eigenes Grab besitzen sollte, oder in welche Richtung kann ich Ihre Beiträge verstehen?
Richard Vogel
schrieb am 11.12.2007, 11:24 Uhr
Ich weiß es nur von der Kirchgemeinde Heltau die im Besitz des evangelischen Friedhofes ist (Die Kirchgemeinde dort ist es ja die die Friedhofsordnung herausgibt und die Taxen kassiert). In Deutschland sind natürlich schon einige Friedhöfe in den Händen der Kommunen bzw kirchenferner Einrichtungen. Aber eben nicht alle.
gogesch
schrieb am 11.12.2007, 12:27 Uhr (am 11.12.2007, 12:27 Uhr geändert).
Nicht alle HOGs sind eingetragene Vereine. Damit wären wir schon auf Glatteis.

Wer in irgendwelchen Papieren der Besitzer der Friedhöfe ist, kann ich nicht belegen.

Was ich sicher weiss, ist, dass in meinem Heimatort Meschen der Friedhof zu 100% von der HOG in Deutschland erhalten wird. Ohne die gezielte Finanzierung der nötigen Arbeiten würde die Natur sich ihren Anteil holen, wie sie es in anderen Orten schon getan hat.

Mit einer langfristigen Brille auf der Nase stellt sich für mich eh die Frage: sollen wir nicht lieber heute als morgen die Friedhöfe aufgeben und unsere Energie in die Erhaltung der Kirchenburgen, als Spuren unserer Siebenbürger-Zeit, investieren?
Richard Vogel
schrieb am 11.12.2007, 12:36 Uhr
Wenn es um die Erhaltung der Kirchen(burgen) geht könnte man vielleicht auch eine "Brigade" bzw Verein gründen die durch fleißiges anpacken und mit Fachkundiger Hilfe durch die Handwerker unter uns z.B. Dächer decken und Dachstühle stellen könnte. Ich würde auf jeden Fall sofort ohne wenn und aber mitmachen. Wenn sich da was zusammen findet.
Weilau
schrieb am 11.12.2007, 13:53 Uhr
Richard Vogel schrieb: Wenn es um die Erhaltung der Kirchen(burgen) geht könnte man vielleicht auch eine "Brigade" bzw Verein gründen die durch fleißiges anpacken und mit Fachkundiger Hilfe durch die Handwerker unter uns z.B. Dächer decken und Dachstühle stellen könnte. Ich würde auf jeden Fall sofort ohne wenn und aber mitmachen. Wenn sich da was zusammen findet.

Das ist sicher eine ausgezeichnete Idee! Ein paar Leute machen das sowieso schon seit einiger Zeit. Ob da Neue hinzustoßen werden ist schwer abzuschätzen. Vor einiger Zeit wurde dieses Thema bereits im Forum ziemlich intensiv behandelt. Man könnte ja die sich damals dort geäußert Habenden befragen was sie in der Zwischenzeit für das gemeinsame Projekt geleistet haben.
Johann
schrieb am 11.12.2007, 21:01 Uhr (am 11.12.2007, 21:02 Uhr geändert).
gogesch schrieb:
Mit einer langfristigen Brille auf der Nase stellt sich für mich eh die Frage: sollen wir nicht lieber heute als morgen die Friedhöfe aufgeben und unsere Energie in die Erhaltung der Kirchenburgen, als Spuren unserer Siebenbürger-Zeit, investieren?


Eine langfristige Spurensicherung ist schon gemacht worden:
Erstens wurden in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine umfassende Bestandsaufnahme unter der Federführung des Kulturrates vorgenommen.
Zweitens zählen mehrere Burgen (Birthälm, Tartlau etc.) aber auch andere Bauwerke mittlerweile zum Weltkulturerbe. Diese Anträge liefen auch über den Kulturrat.

Es geht also nicht um eine Minimallösung, sondern über das, was darüber hinaus möglich ist. Daher finde ich deinen Vorschlag, die Friedhöfe so schnell wie möglich aufzugeben, nicht nur für herzlos, sondern geradezu kontraproduktiv. Die meisten Spenden werden noch immer für den Erhalt der Friedhöfe eingesammelt.

@ Prikulitsch:
In Foren spricht man sich mit dem Nick an. Wir müssen uns deswegen nicht dutzen.

Zur Sache:
Ich habe nicht ein ausgefeiltes Konzept vorgestellt, dass zudem gleich alle Probleme beseitigt, sondern auf die Auffassung geantwortet, dass nur die Evang. Kirche A.B. bei allem der Allein-Eigentümer sein sollte, wie Michael_SB und viele Verantwortliche in der Kirche meinen.

Weiterhin habe ich nicht gesagt, man solle gleich alle Gemeinschaftseinrichtungen den HOGs übertragen und alles ist in Butter. Die HOGs habe ich in erster Linie genannt, weil sie vor Ort verwachsen sind und sicherlich diesbezüglich die meisten Menschen mobilisierne könnten.

Es gibt aber noch viele andere siebenbürgisch-sächsische gemeinützige Institutionen, weiterhin ist auch nichts gegen andere gemeinnützige Vereine oder Stiftungen einzuwenden, wie die von Prinz Charles.
Für die dafür notwendige Koordination hat sich seit Jahrzehnten der Kulturrat etabliert, in dem die meisten siebenbürgisch-sächsischen Vereine Miglied sind.
Der Kulturrat hat diesbezüglichen im Laufe von Jahrzehnte sicherlich weitaus mehr Erfahrungen gesammelt mit öffentlichen Fördergeldern etc. als die Kirche in Siebenbürgen.

Denkbar ist, dass z.B. Kirche und HOG beide als Eigentümer eingetragen werden.
Mir ist wichtig daruaf hinzuweisen, dass ungeklärte Eigentumsverhältnisse sehr vieles behindern oder lahmlegen.


gogesch
schrieb am 12.12.2007, 10:02 Uhr
Herzlos oder nicht ist hier nicht die Frage.
Sicher werden heute noch die meisten Spenden für den Friedhof eingesammelt. Aber die Generation deren Eltern in siebenbürgischem Boden begraben sind stirbt langsam aber sicher weg. Das ist nun mal der lauf der Zeit.

Ich hab in den letzten Jahren immer im Abstand von 2 Jahren 3 Friedhöfe gesehen. (Meschen, Stolzenburg, Haschagen)
Im Juli dieses Jahres musste ich in Haschagen feststellen, dass die Natur das Thema auf ihre Art löst, wenn nichts getan wird. Die Frage die ich stelle ist einfach die: investieren wir langfristig um die Natur zu bändigen oder versuchen wir langfristig die Mauern unserer Kirchenburgen zu erhalten?
Ich bin nicht herzlos, ich kann nur nicht glauben, dass wir beides schaffen können.
Johann
schrieb am 12.12.2007, 23:15 Uhr
Mein wesentlicher kritikpunkt war doch nicht herzlos, sondern kurzsichtig.

Es geht nicht darum, dass Kirchenburgen gerettet werden, dies ist in guten Händen der UNESCO, zumindest ein paar davon.
Nebenbei bezweifle ich, dass Kirchenburgen das einzige sind von unserem Kulturerbe, das erhaltenswert ist.

Es geht meiner Meinung darum darüber hinaus einiges zu retten. Da ist Konzentration auf einen Punkt eher kontraproduktiv.
Es kommt darauf an, möglichst viel zu retten.

Die meisten Touristen, die jetzt nach Siebenbürgen fahren, sind "Auslandsachsen". Wenn man in siebenbürgen ist, dann gehört nicht nur der Besuch der Burg, sondern auch ein Gottesdienst in der eigenen Kirche, ein Besuch des Friedhofs, Feier im Pfarrhaus oder im Gemeindesaal etc. dazu.
Je mehr ein Dorf zu bieten hat, je größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Besucherzahlen nicht nur konstant bleiben, sondern auch steigen.
Tourismus ist auf Dauer nur durch Vielfalt zu sichern, Burgen allein reichen nicht aus. Ohne Besucher dürfte aber kaum etwas laufen, mehr noch die Daheimgebliebenen sind darauf angewiesen, dass möglichst jedes Jahr viele Besucher kommen.
Prikulitsch
schrieb am 12.12.2007, 23:35 Uhr
Stimme Johanns letztem Beitrag zu. Verbindungen und Verknüpfungen müssten auf verschiedenen Ebenen neu entstehen oder vertieft werden.
getkiss
schrieb am 13.12.2007, 07:20 Uhr
Diese Diskussion hier ist ja nicht unbedeutend.
Aber Angesichts des Aufrufs von Doris Hutter zur Rettung der Bibliothek und des Archivs in Gundelsheim illusorisch - siehe meinen entsprechenden Kommentar dazu...
getkiss
gogesch
schrieb am 13.12.2007, 08:15 Uhr
Wie die UNESCO arbeitet, weiß ich nicht genau. Meines Wissens nach, bedeutet der Status "Weltkulturerbe der UNESCO" nicht automatisch ein "das Geld der UNESCO erhält diese Baudenkmäler".
Die Attraktivität für den Tourismus steigt, mehr aber auch nicht. So kann es trotzdem noch passieren, dass man vor einer UNESCO-Kirchenburg (Tartlau) im Hochsommer am Sonntag vor verschlossenen Türen steht.
Es wäre schön, wenn mein Kenntnisstand nicht stimmt.

Ich glaube ich hab in meinem letzten Beitrag, klar zum Ausdruck gebracht, dass ich nicht gegen Vielfalt bin, sondern mir einfach der Glauben fehlt, dass HOGs Spenden aufbringen, die für die Vielfalt reicht.

Johann, wenn es bei Euch in Reussen anders sein sollte, dann kann ich die Verantwortlichen nur beglückwünschen.
lori
schrieb am 16.12.2007, 16:43 Uhr
Richard Vogel schrieb: Wenn die Zahlen auf der Website von der Ev. Kirche immer noch die alten sind 24.

Hallo Allerseits,

Das hiesse, dass die Nichtunterzeichner in der Mehrheit sind. Obwohl der Bischof sozusagen der primus inter paris ist, könnte man von einer (fast) demokratisch legitimierten Entscheidung sprechen. Wie gesagt, mich interessiert eher die Tragweite (von der technischen Seite, Abstimmung) der Entscheidung, denn seit 1936/37 gab es so etwas meines Wissens nie!

Gruss
Lori

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.