Herta Müller . Ehrung

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schrieb am 21.08.2009, 17:12 Uhr
Tja, was soll man dazu sagen, den Administratoren blieb ja gar nichts anders übrig als jetzt einzuschreiten und Gibson aus dem Forum zu werfen, verwarnt wurde er ja bereits, doch statt sich zu mäßigen, hat er immer obskurere und immer weiter hergeholte Unterstellungen platziert, die einzig und allein auf seinen Vermutungen basierten...

Herta Müllers Buch scheint sich jedenfalls wie geschnitten Brot zu verkaufen, bei Amazon sind die ganzen Bestände schon verkauft, das Buch ist erst in 5 bis 6 Tagen wieder versandfertig :(

Übrigens ist das Buch bereits auf Amazon-Verkaufsrang 437. Wenn das wieder sofort lieferbar ist, wird es wohl nochmal einen kräftigen Sprung nach oben machen...
Lavinia
schrieb am 21.08.2009, 17:24 Uhr (am 21.08.2009, 17:41 Uhr geändert).
@Bankban: „…bezog mich an einer anderen Stelle des Beitrags explizit auf den Ostblock der 70-er und 80er Jahre.“

Wenn deine These lediglich auf einen Zeitraum von zwei Dekaden anwendbar sein soll…
Du wirst verzeihen, dass ich den Eindruck habe, dass du mir etwas ausweichst…

bankban: „Minderheitenkultur in ihren jeglichen Facetten als Akt des Widerstandes gegenüber einer Mehrheit - ist das nicht subversiv? Wenn jedes Gedicht, jeder Popsong etc. absichtlich in der eigenen Sprache stattfindet, um der offiziellen Sprache auszuweichen - hat das dann keine unterminierende Funktion/Intention? „

Nein, nicht notwendigerweise. Zum Verhältnis Widerstand und der Intention folgendes:
Wenn ich Richard Wagner richtig zugehört habe, dann vertrat die Aktionsgruppe Banat die Auffassung, dass man mittels Literatur die Gesellschaft verändern kann. Es war also eine Intention vorhanden. Ein bewußter (Gegen)Akt.
Dass Minderheitenkultur per se als Akt des Widerstandes begriffen werden soll ist für mein Verständnis eher eine Manifestation des Nationalismus mit verkehrtem Vorzeichen.
Ich glaube vielmehr, dass es zwischen den beiden Kulturen (Mehrheit/Minderheit) keine großen Unterschiede gibt. Die „Eigenarten“ der Minderheitenkultur sehe ich hauptsächlich in zwei Punkten:
1: Kulturelle Produkte einer Minderheit lassen sich viel schneller, bereitwilliger (nach innen) und selbstverständlicher politisch instrumentalisieren, weil der kulturelle Akt viel weniger als ein Ausdruck individueller Befindlichkeit gesehen und empfunden wird, sondern eher als Ausdruck kollektiven (Miss)Empfindens, welches sich durch/ in einem Individuum (z.B.Autor) manifestiert. Deswegen die Erwartung ( innerhalb des eigenen Kulturkreises), dass z.B. Literatur entweder der Stärkung des Selbstbewusstseins der Gemeinschaft „dienen“ soll, in einer Art Dedoublement (gibt es das Wort nicht?) der Werte, Tabus, Vorurteile, Abgrenzungen… Wenn das kulturelle Produkt jedoch diese Grenzen sprengt/ignoriert/ sich auch intentional darüber hinwegsetzt, dann wird das als ein Akt des Ungehorsams, als Anti… wahrgenommen, weil eben jede kulturelle Manifestation schnell ins Politische kippt.
Die Sicht aus der Binnenperspektive zielt auf „Kultur-Erhaltungs-Produkte“ und diese Sicht legt vergleichsweise wenig Wert auf ästhetische Ansprüche, Authentizität, Welterkenntnis, Modernität der Texte… Kriterien, die wiederum für die Rezeption der Minderheitenkultur von außen eine große Rolle spielen.
2: Auch in dem Punkt der Themenwahl sehe ich noch eine ‚Abweichung‘, da oft Geschichte thematisiert wird und damit auch ein grundlegendes Bedürfnis einer Minderheit gestillt wird: die Selbstzvergewisserung einer kollektiven Identität.

@getkiss:du liegst weit daneben! Erstens war 'Idol' ironisch gemeint, zweitens hat der Begriff mit Politik nichts zu tun, sondern mit der Verehrung von Stars oder besonderen Menschen und drittens hattest genau DU diese Assoziation herausgefordert und ins Spiel gebracht, indem du von Ehrerbietung (oder so ähnlich) sprachst...

Noch eine Frage: du wolltest dich doch - als Banater Schwabe - von 'nun an' nur noch auf dem banatblog tummeln.
Hierher rüber zu hüpfen um zu meckern...war dein Urlaub nicht erholsam? Das täte mir aber dann doch leid...Bitte nicht falsch verstehen! Natürlich und selbstverständlich kannst du...ist ja öffentlich. Aber auf den Grund bin ich ja dann doch gespannt, ne?
Schiwwer
schrieb am 21.08.2009, 19:53 Uhr (am 21.08.2009, 20:39 Uhr geändert).
@ Getkiss: "Das ist halt mein Unterschied zu den Beiträgen hier:
Ich habe Autoren die ich gerne lese, aber keine Idole.
Idolatrisierung erinnert an:
"Partidul e-n toate..."

finde ich unfair, denn es ist klar, das Thema heißt, wie es heißt, aber die Beiträge sind doch wohl weit von unseriöser Lobhudelei entfernt.
Natürlich sind sie positiv gehalten, weil die meisten hier ein Interesse an Herta Müller haben.
In diesem Falle könnte ich sogar 3 Gründe anführen, warum ich mich hierher begebe:
- mir gefällt, wie Herta Müller schreibt (fast alles, nicht alles)
- mir gefallen Oskar Pastiors Gedichte (auch nicht alle!)
- mich interessiert, sozusagen als russlandgeschädigtes Kind Geschichte UND Literatur über dieses Thema.

Wenn ich das Buch fertig gelesen habe, habe ich einen 4. Grund, mich in diesen Thread zu begeben. Und zwischendurch nehme ich zur Kenntnis, was sich noch für Diskussionen ergeben. Es macht Spaß.
Macht's Ihnen nicht Spaß, warum quälen Sie sich?
Georg Schnell
schrieb am 21.08.2009, 20:21 Uhr
Hallo allerseits,
habe diesen Thread aufmerksam gelesen und wenn man den Kritikern (positiv wie negativ) glaubt, zeichnet sich folgendes Bild ab:
"Als Schriftstellerin ist sie tierisch,
als Mensch eher Schwein"

Gute Nacht
Schiwwer
schrieb am 21.08.2009, 20:38 Uhr (am 21.08.2009, 20:40 Uhr geändert).
Welchen thread haben Sie?
Aufmerksam?
Gelesen?
Herr Georg, auf die Schnelle?
Joii!
seberg
schrieb am 22.08.2009, 00:46 Uhr
@bankban: ich wusste bisher gar nicht, dass ich „kulturellen Widerstand“ geleistet habe, nur weil in der „Neuen Literatur“ vor Jahrzehnten ein paar völlig introvertierte, „bürgerlich-individualistische“ Gedichte von mir erschienen sind. Heißt das jetzt, dass ich mit der Metapher oponiert habe?

Spaß beiseite: etwas stimm ja vielleicht daran: Nicht nur alles was mit Wut und Aggression, sondern auch alles was mit Liebe gemacht wird, bekommt für Diktatoren schon einen verdächtigen touch, es entzieht sich der Kontrolle und verunsichert sie: es könnte im Stillen und Geheimen ja etwas Neues, Unbekanntes entstehen oder eben verhindert werden – ein Horror für diktatorische Machthaber.

Lyrik hat keine Breitenwirkung, das stimmt schon Schiwwer, obwohl die „Kulturschaffenden“ als Multiplikatoren wohl doch nicht so ganz bedeutungslos sind/waren.
Im Prinzip aber kann man es sogar noch viel allgemeiner und radikaler sagen: die Welt mit Kultur, mit Kunst, mit Literatur verändern zu wollen ist natürlich ein ziemlich aussichtloses Unterfangen, mit der Metapher die Gesellschaft zu verändern – sollte das tatsächlich jemandes Absicht gewesen sein – es war zwar sicher eine gut gemeinte aber naive Vorstellung. Und wenn ich es richtig sehe, haben die Betreffenden das längst eingesehen.

Und doch … eine letzte leise Hoffnung darf man vielleicht nicht aufgeben (auch aus dem Buch Atemschaukel wird vermutlich jeder Leser irgend etwas Nachwirkendes und Veränderndes mitnehmen), ist es doch wohl der einzige derartige Versuch, der möglichst ohne Machtausübung und ohne Gewalt oder gar Mord und Totschlag auskommt. Und ohne Helden, was ja gut ist – den Spruch von Brecht kennst du sicher…
Lavinia
schrieb am 22.08.2009, 08:35 Uhr (am 22.08.2009, 08:56 Uhr geändert).
Ich finde die Relation der SBS mit dem 'tausendjährigen Reich' sehr treffend beschrieben:
"Meine Mutter und besonders mein Vater glaubten, wie alle Deutschen in der Kleinstadt, an die Schönheit blonder Zöpfe, weißer Kniestrümpfe. An das schwarze Viereck von Hitlers Schnurrbart und an uns Siebenbürger Sachsen als arische Rasse."
Zu dem "Kalauer" (leider ist es für mich einer), über die adäquate Verfahrensweise dem Wunsch Hitlers nachzukommen, ihm als deutsche Frau ein Kind zu schenken, leckt die Mutter Leos ein Lorbeerblatt (!), denn es gab sauren Hasen (Hasoweh!)und..."Ihren Glitzeraugen sieht man an, dass sie sich das mehr als ein bisschen wünschen."

Selbst im Lager, bei der heimlichen Paarung im Zeppelin, genießen die deutschen Gefangenen bei den deutschen Frauen einen Sonderstatus: "Für unsere Frauen waren sie Helden, etwas Besseres als die Abendliebe mit einem Zwangsarbeiter im Barackenbett hinter der Decke."
Und zu der Beziehung zu den Juden:
Herr Fränkl, der Jude, der fast wie ein Hase aussah und der von Leos Vater die Hasenfelle abholte, die dieser vorher an die Schuppenwand genagelt hatte, nachdem er sie ausgeweidet hatte, kam dann nicht mehr. "Mehr wollte man nicht wissen." und: "Es war leicht, nichts zu wissen."

Und über die Deportation selber wird gesagt: "Wir waren alle in keinem Krieg, aber für die Russen waren wir als Deutsche schuld an Hitlers Verbrechen." und mit dem Folgesatz "Auch der Zither-Lommer.", der eigentlich Jude war, wird die Willkürlichkeit nochmal verdoppelt.

Schiwwer
schrieb am 22.08.2009, 08:52 Uhr (am 22.08.2009, 10:55 Uhr geändert).
Seberg:"Lyrik hat keine Breitenwirkung, das stimmt schon Schiwwer, obwohl die „Kulturschaffenden“ als Multiplikatoren wohl doch nicht so ganz bedeutungslos sind/waren."

Diese "Kulturschaffende" (ich meine den Begriff positiv, diese Leute haben sehr viel für das gemacht, was man Gemeinschaft nannte, nach bestem Wissen und Gewissen und die hatten was zu sagen in diesen Gemeinschaften) in den meisten Orten - Lehrer, Pfarrer, etc. hatten in ihrer Bibliothek die ganze bürgerliche Vorkriegsliteratur stehen, aber auch Blut-und-Boden-Literatur und ihre Hinwendung zur neuen und "Neuen Literatur" fand in der Regel zögerlich statt. Deshalb gab es auch prozentuell wenige, die damit was anfangen konnten.
Bei uns im Haus hieß es, "das ist kommunistisch". Punkt. Hineingesehen hat, außer mir (13-18 Jahre) damals niemand, obwohl man in den letzten Jahren viele Gratisexemplare bekam.
En masse gelesen, vor allem Romane: "Der Arzt von Stalingrad"! und Simmel, samt pikanten Szenen, die man von siebenbürgischen Schriftstellern um Gotteswillen ja nicht lesen wollte, wir sind anständige Leute! Bis heute. (Urteil zu Schlattners harmlosen Liebesszenen: pornografisch)
bankban
schrieb am 22.08.2009, 15:14 Uhr
@ Lavinia

"Zum Verhältnis Widerstand und der Intention folgendes:
Wenn ich Richard Wagner richtig zugehört habe, dann vertrat die Aktionsgruppe Banat die Auffassung, dass man mittels Literatur die Gesellschaft verändern kann. Es war also eine Intention vorhanden. Ein bewußter (Gegen)Akt."
Ist ein Gegenakt, der sich gegenüber einem ideologischen Druck richtet, etwa kein Widerstand?
"Dass Minderheitenkultur per se als Akt des Widerstandes begriffen werden soll ist für mein Verständnis eher eine Manifestation des Nationalismus mit verkehrtem Vorzeichen."
Hierzu: a) Die Schwulenszene zB. als Minderheitenkultur ist durch das Ausleben der eigenen Vorstellungen und Vorlieben auch Widerstand - ohne Nationalismus b) Wenn es um ethnische Minderheitenkultur geht: ja, sie ist nationalistisch, sie muss es auch sein, denn ansonsten geht sie unter. Es kommt aber auf die Balance an. Die Sachsen waren etwa sehr wohl ihrer Identität bewusst und auch dessen, dass sie aber in Siebenbürgen lebten. Sie wussten um die Balance, die ob des Überlebens willen notwendig war. Erst seit Ende des 19. Jh./Anfang des 20. Jhs. ging diese Balance unter und der völkische Nationalismus gepaart mit dem vermeintlichen Bewusstsein einer kulturellen Überlegenheit nahm Oberhand. Aber sobald zB das Nationalbewusstsein, welches mit dem Nationalismus Hand in Hand geht, nicht bewusst durch die Minderheitenkultur gepflegt wird, ist die jeweilige ethnische Gruppe in ihrem Bestand als ethnische Gruppe gefährdet. Beispiel: die Ungarndeutschen, die bis 1989 ihr Deutschtum nicht pflegen durften und mittlerweile zu einer folkloristischen Besonderheit verkommen sind. M.M.n.

"Ich glaube vielmehr, dass es zwischen den beiden Kulturen (Mehrheit/Minderheit) keine großen Unterschiede gibt."
Bis auf die Ethnizität (wenn es um den Unterschied zwischen ethnischen Gruppen geht)
"Die „Eigenarten“ der Minderheitenkultur sehe ich hauptsächlich in zwei Punkten:
1: Kulturelle Produkte einer Minderheit lassen sich viel schneller, bereitwilliger (nach innen) und selbstverständlicher politisch instrumentalisieren, weil der kulturelle Akt viel weniger als ein Ausdruck individueller Befindlichkeit gesehen und empfunden wird, sondern eher als Ausdruck kollektiven (Miss)Empfindens, welches sich durch/ in einem Individuum (z.B.Autor) manifestiert. Deswegen die Erwartung ( innerhalb des eigenen Kulturkreises), dass z.B. Literatur entweder der Stärkung des Selbstbewusstseins der Gemeinschaft „dienen“ soll, in einer Art Dedoublement (gibt es das Wort nicht?) der Werte, Tabus, Vorurteile, Abgrenzungen… Wenn das kulturelle Produkt jedoch diese Grenzen sprengt/ignoriert/ sich auch intentional darüber hinwegsetzt, dann wird das als ein Akt des Ungehorsams, als Anti… wahrgenommen, weil eben jede kulturelle Manifestation schnell ins Politische kippt." Stimme allem zu.
"Die Sicht aus der Binnenperspektive zielt auf „Kultur-Erhaltungs-Produkte“ und diese Sicht legt vergleichsweise wenig Wert auf ästhetische Ansprüche, Authentizität, Welterkenntnis, Modernität der Texte… Kriterien, die wiederum für die Rezeption der Minderheitenkultur von außen eine große Rolle spielen." Stimme allem zu.
2: "Auch in dem Punkt der Themenwahl sehe ich noch eine ‚Abweichung‘, da oft Geschichte thematisiert wird und damit auch ein grundlegendes Bedürfnis einer Minderheit gestillt wird: die Selbstzvergewisserung einer kollektiven Identität." Stimme allem zu. Beide Punkte werfen aber die Frage auf: dienen die dabei angesprochenen Aspekte nicht doch jeweils dem Ziel, die eigene ethnische Gruppenidentität zu stärken, also dem alles niederwalzenden Druck und der Anziehungskraft der Mehrheitskultur etwas entgegenzusetzen, also Widerstand zu leisten? Hast du damit nicht selbst bestätigt, dass Minderheitenkultur Widerstandkultur ist?
bankban
schrieb am 22.08.2009, 15:21 Uhr
@ seberg: gratuliere zu deinem Widerstand! auch wenn er wohl keine Breitenwirkung erzielt hat - er war aber dennoch ein Ziegelstein im Haus des Widerstandes. Denn jedes Haus besteht aus vielen Ziegelsteinen/Zementplatten etc. und wenn jeder/vielen einen Stein etc. dazu beiträgt, dann kommt der Widerstand schon ins Rollen.Außerdem weisst du ja, dass literarische Werke Eigenleben entwickeln und du dann nicht mehr wissen kannst, wer was aus deinen Gedichten rausgezogen hat...wem sie im kommunistischen Alltag Kraft und Ausdauer gegeben haben.
bankban
schrieb am 22.08.2009, 15:37 Uhr
Eine weitere (teilweise kritische) Rezension des Romans "Atemschaukel": http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=ku&dig=2009/08/22/a0042&cHash=5e0b9d9982
seberg
schrieb am 22.08.2009, 15:41 Uhr (am 22.08.2009, 16:22 Uhr geändert).
Danke bankban, aber Lob gilt mehr dem Dieter Schlesak, der damals bei der Veröffentlichung und bei noch ganz anderen Sachen Mut bewiesen hat!
getkiss
schrieb am 22.08.2009, 19:16 Uhr (am 22.08.2009, 19:17 Uhr geändert).
@Lavinia:"Hierher rüber zu hüpfen um zu meckern...war dein Urlaub nicht erholsam? Das täte mir aber dann doch leid...Bitte nicht falsch verstehen!"

Klaro, muss doch etwas diese Lobhudelei dämpfen - ich glaube nicht an Idole...
Und was den erholsamen Urlaub betrifft, der war SUPER;
Die Räder mit dem Zug bis Bozen, dann nach Eppan hochgeradelt, runter bis Trient.
Da wieder hoch in die Val Sugana, die Brenta runter bis Bassano, das nicht umsonst "del Grappa" heisst (möchtest ein Schluck?).
Von da nach Montebelluna, Treviso, Quatro d` Altino, in Venedig die Radl eingemottet und 4 wunderschöne Tage in dieser Traumstadt verbracht...

Da würde man ja regelrecht sauer, anstatt dieser schönen Zeit das Hungerbuch von Herta Müller lesen zu müssen, nur um G´scheid zu kommentieren, lach...

Lavinia
schrieb am 23.08.2009, 11:56 Uhr (am 23.08.2009, 12:00 Uhr geändert).
Bankban: „Ist ein Gegenakt, der sich gegenüber einem ideologischen Druck richtet, etwa kein Widerstand?“

Doch. Aber ich unterscheide zwischen einem bewußt intendierten Gegenakt und einem Akt, der als Gegenakt 'interpretiert' wird.
Okay, in dem Punkt mit Richard Wagner hast du mich definitiv missverstanden: mir lag daran zu vermitteln, dass es sich in diesem Fall um oppositionelle Literatur handelt, (mit den Einschränkungen, die auch seberg vorbringt), weil hier zumindest eine der Voraussetzungen vorhanden war (die Intention eines Widerstandes), die Literatur (in diesem Fall) zu einem Akt des Widerstandes machte. Fehlt diese, kann ich, als Gemeinschaft, die Literatur immer noch als Akt des Widerstandes ge-oder missbrauchen. Also funktionalisieren. (Merkst du den Perspektivenwechsel?) Dies führt dazu, dass ich (immer noch als Ethnie, Nation, Gemeinschaft - auf die Unterscheidung kommt es mit im Moment nicht so an), jede deutschsprachige Manifestation als Widerstand deute/verstehe, unabhängig von der Intention des Autors oder der Rezeption außerhalb der Ethnie, anderer Kriterien für die Beurteilung von Literatur…. Ich vereinnahme. Die „Krake“ Gemeinschaft vereinnahmt alles, was ihren Zielen dient. Dieselbe Logik steckt aber auch hinter der Aburteilung eines literarischen Werkes als „Nestbeschmutzung“. Was nicht ihren Interessen/ Stärkung dient, wird als ungenießbar ausgespiehen, in den Giftschrank gesperrt. Die Gemeinschaft legt nicht allzu viel mehr als die „Brauchbarkeit“ eines Werkes als Kriterium zur Beurteilung an…
(Okay, natürlich ist dies alles sehr schematisch und etwas übertrieben von mir dargestellt...)

Lavinia:"Dass Minderheitenkultur per se als Akt des Widerstandes begriffen werden soll ist für mein Verständnis eher eine Manifestation des Nationalismus mit verkehrtem Vorzeichen."
Bankban: „Hierzu: a) Die Schwulenszene zB. als Minderheitenkultur ist durch das Ausleben der eigenen Vorstellungen und Vorlieben auch Widerstand - ohne Nationalismus“
Hast Recht - unsauber formuliert; ich dachte natürlich an ethnisch begründeten Widerstand . (Die Schwulenszene ist mittlerweile dermaßen kalter Kaffee…voll integriert…normal lebend...von ‚Widerstand‘ sehe ich keine Spur. Sorry.)
Bleiben wir aber einen Augenblick auf der gleichen Argumentationsebene:
Ich will es wirklich nicht ins Lächerliche ziehen, aber deine radikale These läßt mir nicht viel Spielraum...Wenn sächsisch kochen (weil man nichts anderes konnte), in der Familie Sächsisch sprechen, die Leute mit denen man Umgang pflegte, die Musik, die man hörte, also das ganze Private, Persönliche, alltägliche Leben, was zweifelsohne auch Ausübung von Minderheitenkultur war/ist - wenn das alles Widerstand war, dann gab es ja unter den Sachsen nur Widerständler…;-). Noch einmal: Voraussetzung für Widerstand ist zumindest Intention als bewußter Akt und natürlich ein Assimilationsdruck von der Seite der Mehrheitsbevölkerung.
Auf den Part mit dem 'notwendigen Nationalismus'gehe ich noch ein.
Lavinia
schrieb am 23.08.2009, 13:29 Uhr (am 23.08.2009, 15:19 Uhr geändert).
Keine Bange...ich liege in einer Hängematte und ein paar kühle Getränke habe ich auch dabei...;-)

Bankban: „ Wenn es um ethnische Minderheitenkultur geht: ja, sie ist nationalistisch, sie muss es auch sein, denn ansonsten geht sie unter. Es kommt aber auf die Balance an. Die Sachsen waren etwa sehr wohl ihrer Identität bewusst und auch dessen, dass sie aber in Siebenbürgen lebten. Sie wussten um die Balance, die ob des Überlebens willen notwendig war. Erst seit Ende des 19. Jh./Anfang des 20. Jhs. ging diese Balance unter und der völkische Nationalismus gepaart mit dem vermeintlichen Bewusstsein einer kulturellen Überlegenheit nahm Oberhand. Aber sobald zB das Nationalbewusstsein, welches mit dem Nationalismus Hand in Hand geht, nicht bewusst durch die Minderheitenkultur gepflegt wird, ist die jeweilige ethnische Gruppe in ihrem Bestand als ethnische Gruppe gefährdet.„

Das ist jetzt etwas different von deiner Ausgangsthese, dass „ Minderheitenkultur in ihren jeglichen Facetten als Akt des Widerstandes gegenüber einer Mehrheit“ zu verstehen ist.
Hier postulierst du, dass Nationalismus die unabdingbare Form des Widerstandes ist, die, über die Jahrhunderte hinweg die kollektive Identität erfolgreich geschützt hat. Dann relativierst du die Aussage, mit der Balance. Ich verstehe, dass es jetzt nicht mehr um kruden Nationalismus geht, sondern dass es um eine Art „deal“ geht. Um das Tarieren des Masses der Abhängigkeit: Abgrenzung und Integration, Isolation und Vereinnahmung… Dafür geistern Begriffe wie: Multi-,Inter-, Transkulturalität, crosscultural, multiple Identität, (während die ‚Nation‘ als ‚immagined community“ als ein ‚fluid concept‘ angesehen wird…! Aber davon vielleicht ein anderes Mal) herum und die basteln alle so ein bisschen an der Ausformung dieses deals, an dessen Ende (in etwa) herauskommen soll, der Respekt vor Anderskulturellen, die Wahrnehmung des Anderskulturellen als eine der Möglichkeiten (unter vielen anderen Möglichkeiten) der Kulturentwicklung.
(Das ist natürlich eher eine Vision als Realität, denn Minoritäten „mauern“ eher, Mehrheiten interessieren die Bedürfnisse der Minderheit nicht und haben die Tendenz ihnen ihre Werte überzustülpen. Außerdem eignen sich kulturelle Unterschiede prima für die Instrumentalisierung für politische, geopolitische oder wirtschaftliche Interessen. Jede Macht bedient sich! Aber diese Vision ist vielleicht als "Baustelle" zu werten ;-))
Du sagst, dass der jahrhundertealte deal/Balance der Sachsen durch den „ völkische Nationalismus, gepaart mit dem vermeintlichen Bewusstsein einer kulturellen Überlegenheit“ destabilisiert wurde!?
Was ist, wenn dieses Überlegenheitsgefühl Teil des Nationalbewusstseins war? Wenn dieser deal auf der (Akzeptanz) kultureller Überlegenheit basierte?! (Denn beim Kulturkontakt wird verglichen und gewertet, eher weniger nach Gemeinsamkeiten gesucht, denn Ethnien definieren sich eher durch Abgrenzung von dem Anderen als durch Assimilation. Und eine ausgewogene Balance gibt es nicht (siehe oben: Vision); immer nur den Versuch der Annäherung.) Frage: Was ist, nur mal so, theoretisch, wenn diese Balance aus dem Ruder geriet, nicht weil nicht genug Nationalbewusstsein, Nationalismus gelebt wurde, sondern weil die Wertschätzung der Anderskulturellen proportional dazu abnahm? (Perspektivwechsel!)Dann müsste ich die Gründe und die Strategie des "kulturellen Überlebenskampfes" evtl. neu überdenken!?
Und dann sagst du, dass es zwar etwas blöd ist, aber ohne den Nationalismus und die bewußter Pflege des Nationalbewusstseins geht die Nation den Bach runter.
Ich verstehe, dass du unter ‚bewußter Pflege‘ gerade die ‚Vereinnahmung‘ jeder kulturellen Manifestation zum Zweck der Konservierungsinteressen der Gemeinschaft meinst....Aber eigentlich ging es doch um diese...Balance...

Bankban: "Beide Punkte werfen aber die Frage auf: dienen die dabei angesprochenen Aspekte nicht doch jeweils dem Ziel, die eigene ethnische Gruppenidentität zu stärken, also dem alles niederwalzenden Druck und der Anziehungskraft der Mehrheitskultur etwas entgegenzusetzen, also Widerstand zu leisten? Hast du damit nicht selbst bestätigt, dass Minderheitenkultur Widerstandkultur ist?“

Nein. Ich habe deiner These widersprochen, indem ich meinte, dass ich erstmal keinen gravierenden Unterschied sehe, außer vielleicht , dass sich die Kulturprodukte der Minderheit selbstverständlicher für die Gemeinschaftsinteressen „funktionalisieren“ lassen und ihre Themenwahl...
Wenn ich jede kulturelle Manifestation nur als Instrument des Widerstandes begreife, habe ich Kultur funktionalisiert. Diese Haltung gibt zwar ziemlich genau die Sicht der Gemeinschaft ‚en détresse‘ wieder, das wird ihr aber nicht gerecht und reduziert kulturelle Äußerungen auf einen Handlanger der Politik.
Deine Sicht auf Minderheitenkultur ist ausschließlich einen „Binnenansicht“, jene ihrer Rezeption innerhalb der Gemeinschaft. Ihre Brauchbarkeit, ihre mögliche Wirkung, ihr Einsatz etc. für die Interessen der Gemeinschaft. Auf dieser Ebene geschieht die Instrumentalisierung zu politischen Zwecken, werden wichtige Aspekte, die beispielsweise Literatur ausmachen (Authentizität, Ästhetik…) vernachlässigt bzw. geopfert…in dieser Perspektive eingeschlossen ist ein Kulturprodukt ein Dokument der Festigung und Konservierung der eigenen Kultur und „dient“ (kultur)politischen Zwecken.
(Was hat die kommunistische Partei Rumäniens anderes von den „Kulturschaffenden“ gefordert? Nur so eine Zwischenfrage…)
Aber ‚Minderheitenkultur‘ ist auch ein ganz individuelles Ergebnis der Kreativität eines Autors (Perspektivwechsel!) und zumindest nicht ohne Einwilligung des Verfassers der ‚weiteren Verwertung‘ und zur Durchsetzung oder Erhaltung kollektiver Interessen einer Gruppe freigegeben. (Intentionsbekundung, subversives Handeln).
Bedeutet aber gleichzeitig auch, dass nicht jeder kulturelle Akt ein Akt des Widerstandes sein kann, allein schon deshalb, weil, durch den Perspektivwechsel (Minderheitengemeinschaft - Autor) deutlich wird, dass Missbrauch/Funktionalisierung möglich ist. Und der Zweck sollte niemals die Mittel heiligen – darin sind wir uns doch einig.
Ich hoffe, ich habe meine Sicht etwas verdeutlichen können.
Entschuldige die Redundanz...bei dem Wetter...

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