Rehabilitation und Restitution - Gerechtigkeit und Recht

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Walter_Panofsky
schrieb am 17.08.2009, 13:10 Uhr (am 17.08.2009, 14:36 Uhr geändert).
In Plautus' „Eselskomödie“ weigert sich ein Herr, seinem Sklaven Geld zu leihen, mit der Begründung: „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, wenn er nicht weiß, welcher Art sein Gegenüber ist“.

Später hat der englische Philosoph und Staatstheoretiker Thomas Hobbes den Satz „homo homine lupus est“ einer persönlichen Widmung seines Werkes „De Cive“ (Über den Bürger) vorangesetzt, nicht ohne auch den Aspekt „der Mensch ist ein Gott für den Menschen“ daneben zu setzen.

„Der Mensch ist des Menschen Wolf“ gelte für die Menschen untereinander.

„Der Mensch ist des Menschen Gott“ gelte für die diplomatische Haltung der Staaten zueinander.

Auf die Geschichte der Siebenbürger Sachsen umgemünzt, bedeutet dieses:

Solange die Deutschen in Rumänien lebten, empfanden sie ihre nationalkommunistischen rumänischen Peiniger als Wölfe.

Nun, da die meisten Siebenbürger Sachsen in Deutschland leben, und die Vorstände ihrer Verbände ins Staatsmännische aufgestiegen sind, begegnen sie ihren ebenbürtigen rumänischen Politikpartnern mit der Haltung „der Mensch ist des Menschen Gott“, über welchen es sich bekanntlich nicht ziemt, Abfälliges zu äußern.

Wie aber sieht es mit jenen Siebenbürger Sachsen aus, welche nach Rumänien zurückkehren wollen, oder ihre konfiszierten Häuser und Grundstücke zurückerhalten möchten? Von wem werden sie vertreten? Sie erleben die rumänischen Behörden freilich als gut organisierte Wolfsrudel, denen sie bestenfalls als allein gelassene Schafsherde, meistens jedoch als von der Herde abgetrennte einzelne Schafe, gegenüber stehen.
Lavinia
schrieb am 18.08.2009, 23:53 Uhr (am 19.08.2009, 00:04 Uhr geändert).
@Teja schrieb: "Was aber spricht gegen eine massive Forderung von Restitutionen an die Adresse Rumäniens?
• ...(bitte ergänzen Sie selbst weiter)"

- vielleicht die Einsicht, dass Heimat kein mobiles Gut ist.
- weil man schlicht keine Verwendung dafür hat
- weil man durch Restitutionsforderungen weder die Schattenwirtschaft in Ro. noch die in-und ausländischen Geschäftemacher verhindern kann.
- weil Restitution nur einen Teil des Erbes ausmacht, der uns mit Rumänien verbindet - oder trennt (?)
Teja
schrieb am 19.08.2009, 01:01 Uhr
@ Lavinia:

Danke für die Komplettierung, die freilich überdacht zu werden verdient:

[-] „Heimat = kein mobiles Gut.“ Falls damit gemeint ist, sie sei ein nicht mobiles Gut, dann brauchte man dennoch nicht darauf zu verzichten. Es gibt Leute, die in NY leben und in Texas ein Haus haben & sich da wie dort zu Hause fühlen.

[-] Wenn ich etwas so Wertvolles, wie die Lebensleistung vieler vorangegangenen Generationen nicht weiter wertzuschätzen vermag, sollte ich auch die folgende Generation nach ihrem Einverständnis fragen, auf diesen „Plunder“ zu verzichten.

[-] Verhindern wird man die rumänische Schattenwirtschaft & andere diebische Profiteure nicht. Aber man könnte durchaus einen Großteil des Sumpfes trockenlegen, wenn die vielen gestohlenen Häuser und Grundstücke in Rumänien wieder ihren rechtmäßigen Eigentümern übergeben würden.

[-] Gewiss machen die uns durch den rumänischen Staat gestohlenen Güter nur einen Teil unseres Erbes aus. Das lässt sich wohl bei den meisten Diebstählen sagen, ohne dass es für die Betroffenen ein großer Trost wäre. In diesem Falle aber ist das Diebesgut doch ein recht wesentlicher Teil des Erbes.
Lavinia
schrieb am 19.08.2009, 08:50 Uhr (am 19.08.2009, 09:24 Uhr geändert).
Ach, Teja, natürlich kann man alles auch ganz anders sehen. Ihre Ansicht haben Sie in den statements mehrfach kundgetan und ich habe sie sehr wohl zur Kenntnis genommen. Frage ist, ob Sie es auch akzeptieren können...das Anderssehen.
- auf das immobile Gut "Heimat" braucht man nicht verzichten, kann man aber. Denn man hat ja schon einmal darauf verzichtet (müssen) als man Rumänien mit einem Pass verließ. Aus der Distanz einer Generation, einer Gesellschaft, die auf materielle Werte setzt und mit der Unterstützung der EU im Hintergrund ist es natürlich verständlich, dass der Verzicht von damals neu überdacht wird, vielleicht werden muss. Aber die Situation hat sich darüber hinaus und insgesamt verändert, so dass die Neuevaluierung sich nicht notwendigerweise auf die Restitutionsforderungen konzentrieren muss.

Die Wertschätzung der Leistung vieler vorangegangener Generationen wäre für mich vielleicht der einzige Grund für Restitutionsforderungen. Dabei spielt für mich die mir folgende Generation keine große Rolle, da ich wiederum respektieren kann, dass Eltern auf Restitution verzichten. Für die 'folgende Generation' sind mir gute Beziehungen weitaus wichtiger und ich weiß nicht, ob diese in dem Masse gegeben wären, wenn Siebenbürgen das Miami der SbS würde. Mit den nicht ausbleibenden Folgen...
(Ich denke aber auch, und hoffe, dass ich Sie damit nicht völlig überfordere, dass Verzicht/verzichten können an sich auch ein 'Wert' ist.)
Wie gesagt, ob die materiellen Güter tatsächlich den wesentlichen Teil des Verlustes ausmachen, liegt im Auge des Betrachters.




Teja
schrieb am 19.08.2009, 11:00 Uhr (am 19.08.2009, 11:02 Uhr geändert).
@ Lavinia
Ich finde es recht freundlich von Ihnen, Ihre eigene Position zur Restitution, bzw. zum Verzicht auf eine solche, hier darzulegen.

Aber, wie Sie wissen, schleichen sich in den Widerstreit von These und Antithese durchaus Denkfehler, die auf reiner Unterstellung basieren. Diese zu berichtigen, ist nachgerade die Pflicht jedes Gesprächspartners, der einem nicht bloß zum Munde reden will.

Die materiellen Güter, auf welche Sie zu sprechen kommen, sind in der Hauptsache materielle Hypotheken. Der Kommunismus & das was danach kam haben ihre Spuren an den Häusern unserer Vorfahren hinterlassen.

Wer sich hier wieder engagiert, wird anpacken müssen. Es geht also keineswegs um einen Lottogewinn, der nur noch ausgezahlt zu werden braucht. Siebenbürgen läuft auch nicht gefahr, das Florida der Siebenbürger Sachsen zu werden (dann schon eher das Cuba ;-)

Nein, ernsthaft: Die Frage stellt sich mir ganz konkret: Wie schnell ist Rumänien demokratisch zivilisierbar, sodass meine Kinder in diesem Lande unbeschwert aufwachsen können und noch die rumänische Sprache erlernen, sodass eine Kontinuität überhaupt noch möglich wäre. - Außerdem sträube ich mich dagegen, dass es den rumänischen Nationalkommunisten so einfach gelungen sein soll, ein Volk mit einer fast 900-jährigen Geschichte aus dessen angestammter Heimat zu vertreiben.
Schreiber
schrieb am 19.08.2009, 19:14 Uhr (am 19.08.2009, 19:31 Uhr geändert).
Hallo Herr Panofsky,

Ihre Gedanken sind mir sympatisch, aber leider auf den hiesigen Sachverhalt nicht wirklich übertragbar.

Zum Staatsmännischen fehlt unseren Verbänden und deren Vorsitzenden der Staat und das Staatsvolk.

Wir haben auf der einen Seite die Regierung des unabhängigen Staates Rumänien, mit einem eigenen Parlament, einem Verfassungsgerichtshof und einer mehr schlecht als rechten politischen Klasse (die trotz dem staatsmännisch agieren kann), und auf der anderen Seite haben wir Verbände in Deutschland, die nur dann überhaupt wahr genommen werden, wenn dahinter eine geschlossene "Kohorte" steht. Davon sind unsere Verbände leider weit entfernt und das liegt an den "Kohorten".

Unsere Verbände erinnern mich eher an Hundeschlitten, die unbedingt ein Ziel erreichen müssen und wollen. Es gibt auch die Front- oder Leithunde und einige fleissigen Zughunde, so dass der Schlitten sich wahrnehmbar bewegt.

Es gibt aber auch "Störhunde", die anstatt mit zu ziehen lieber von hinten die Leithunde und die Zughunde leichtsinnig verspielt oder ernst gemeint in die Beine beissen und mal links und mal rechts aus der Spur ziehen, weil ihnen Orientierung, Sachverständnis und eben Teamgeist absolut fehlen.

Diese meinen, dass mal ein Zwicker aus dem Hinterhalt oder ein aus der Spur schlagen der eigenen Profilierung und dem Schautanz besser diene und wichtiger sei als das Vorankommen des Schlittens.

Solches erfreut und belustigt zwar die Zuschauer, dient aber nicht dem Gewinnen des Teams.

In Grönland entfernt man solche Störhunde aus dem Rudel, damit der Schlitten wieder Fahrt machen kann und spart sich unnütz vergeudetes Futter an Nichtsnutze, denen eigene Flausen wichtiger sind als Ergebnisse.

Herzl. Grüße
Anchen
schrieb am 20.08.2009, 08:36 Uhr
@ schreiber Wo ist das Ziel des Schlittens ?
Joachim
schrieb am 20.08.2009, 10:16 Uhr
Ja und die Hunde die aus der Spur laufen, die lässt man einfach verhungern, oder knüppelt sie nieder, oder vergast sie. Hatten wir alles schon einmal. Danke für die Tolleranz !
Joachim
Schreiber
schrieb am 20.08.2009, 13:11 Uhr (am 20.08.2009, 13:15 Uhr geändert).
@ Anchen: bei diesem Thema z.B. bei der möglichst effektiven Durchsetzung von angemessenen Restitutionsbedingungen.

@ Joachim: wie kommst Du nur auf so einen dummen Quatsch?

In Grönland: unnütze Hunde werden aus dem Zugrudel entfernt und leben ihr Leben munter weiter - z.B. verschenkt an Omas, die einfach einen netten - aber eben sonst nicht hilfreichen - Gesellschaftshund haben wollen. Oder sie werden nach Deutschland exportiert, wo es ausreicht, wenn sie einen mit blauen Augen treu anlächeln und exotisch daherkommen. Auch völlig OK, sie stören nur den Schlitten nicht unnötig weiter.

Übertrag das mal auf diese Debatte und denke nach, bevor Du Aussagen hinein interpretierst, die keiner gemacht hat.

Grüße

Lavinia
schrieb am 20.08.2009, 21:41 Uhr (am 20.08.2009, 21:42 Uhr geändert).
@Joachim:Der Schreiber meint folgendes: Solche Hunde, also "Störhunde aus dem Rudel", die "mal links und mal rechts aus der Spur ziehen",die "nicht dem Gewinnen des Teams" dienen, denen "eigene Flausen wichtiger sind als Ergebnisse", denen es an "Orientierung, Sachverständnis und eben Teamgeist" fehlt, die man entfernen muß, "damit der Schlitten wieder Fahrt machen kann" und man "sich unnütz vergeudetes Futter" spart,also diese "Nichtsnutze" (Oh, Gott, Hilfe!) ...sind ....PROBLEMBÄREN!!!!

Schreiber
schrieb am 20.08.2009, 22:28 Uhr
Ha Ha Ha. Mersi Lavinia, selten so gut gelacht (ehrlich).

Hast mich kalt erwischt, bin nämlich ein erklärter Bruno-Fan und habe damals den finnischen Jägern im wahrsten Sinne des Wortes "Hals- und Beinbruch" - jedenfalls möglichst Misserfolg und Heimreise unverrichteter Dinge gewünscht...

Brüno find ich übrigens genau so gut wie Bruno

Schade aber, dass kaum jemand den Inhalt der unterschiedlichen Postings hier wirklich mal hinterfragt, sogar jeder seine eigenen nicht. Eigene Positionen mal zu hinterfragen und sich für eine auf den ersten Blick konträre Meinung argumentativ stark zu machen, ist eine sehr erfrischende Angelegenheit.

Das wäre doch mal ein Gewinn für weiterbringende Debatten.

Grüße
Lavinia
schrieb am 20.08.2009, 23:23 Uhr (am 20.08.2009, 23:31 Uhr geändert).
@Schreiber: "In Grönland: unnütze Hunde werden aus dem Zugrudel entfernt und leben ihr Leben munter weiter - z.B. verschenkt an Omas, die einfach einen netten - aber eben sonst nicht hilfreichen - Gesellschaftshund haben wollen. Oder sie werden nach Deutschland exportiert, wo es ausreicht, wenn sie einen mit blauen Augen treu anlächeln und exotisch daherkommen. Auch völlig OK, sie stören nur den Schlitten nicht unnötig weiter.
Übertrag das mal auf diese Debatte und denke nach, bevor Du Aussagen hinein interpretierst, die keiner gemacht hat."

Okay, Schreiber - ich habe nachgedacht und habe nun verstanden, was du meinst: Du bist der Leithund,der die karre aus dem Dreck zieht, der teamfähig ist, leistungsstark, der in der Spur bleibt und generell tierisch nützlich ist.
Ich bin der unnütze Hund, der aus dem Rudel entfernt werden muß, damit er nicht weiter stört. Wider aller Erwarten, soll ich gar nicht an die Wand gestellt werden, nicht vergiftet, nicht zu pharmazeutischen Forschungszwecken mißbraucht werden, nicht mal sanft einschläfern will man mich!!!Boah ey, hab ich aber Schwein! Ich komme zu 'ner Oma
als Sohnersatz (äh - der zieht halt am Schlitten!)oder generell in ein Schlaraffenland, wo ich bloß süß sein muß (das kann ich... aus der Zeit der Schlittenhunde...) Dort lebe ich glücklich von dem Futter, welches der Sohnemann beim Schlittenziehen verdient ('meine' Oma tut auch nichts anderes als süß sein, bei ihrer Demenz...).
Ha ha ha - merci für das gute Leben, Schlittenhund und weiterhin immer schön auf der Spur bleiben!!!
By the way - diese...recht eingebildeten Forumsteilnehmer 'von grenzenloser Selbstgefälligkeit' und auch diese "Autoren"...- hast du die mal so richtig korrekt den Schlitten ziehen sehen...????
Es kommt noch mehr auf dich zu, lieber Front-und Leithund... ;-)!

Ach ja, ich teile Ihre Art von Humor keineswegs: 'Brüno' ist nicht witzig, sondern vulgär. Ali G. fand ich schon um einiges besser.
Anchen
schrieb am 21.08.2009, 11:33 Uhr
@ schreiber ....und was sind "angemessene Restitutionsbedingungen" ?
Joachim
schrieb am 21.08.2009, 12:05 Uhr
Ja dann lebt man als Schoßhündchen im goldenen Käfig und ist trotzdem nicht glücklich, weil man sich von falschen Werten hat blenden lassen. Von Falschgold !
Dann komm lieber zu mir, ich bin zwar nur ein Straßenköter, aber wie können frei durch die Wälder ziehen.
Und wenn uns einer zu nahe kommt, beißen wir ihm in die Waden !
Anchen
schrieb am 26.08.2009, 00:42 Uhr
@ lavinia ...glaube nicht, dass schreiber dich als "Störhund" meint, aber wenn du gerne einer sein willst ?
Und zur Heimat: Seit wir das Pardies verwirkt haben, sind wir doch alle im Exil.
Mit der Position des Betrachters stellt sich bei dir gar keine Wahl über zu Restituierendes, oder ?

Für micht gibt es eigentlich nur ein paar Gründe nicht zu restituieren:
Keine rechtliche Grundlage mehr = sinnlos zu restituieren
Keine Lust und keine Nerven mehr = Restitution kostet Gesundheit und Wohlbefinden
Wobei Zweiteres in viele Gründe aufgeteilt werden kann, die in der Summe dann "Keine Lust und keine Nerven" ergeben.

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