Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur

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pavel_chinezul
schrieb am 15.12.2009, 15:09 Uhr (am 15.12.2009, 15:10 Uhr geändert).
Frau Decker,

meine Äußerung bzgl. des Missverständnisses bezog sich allein auf ihren Ausdruck "Prosperieren" der rumänischen Gesellschaft. Ich meinte immer nur "Veränderung" der rumänischen Gesellschaft (und deswegen mein Zusatzkommentar), denn ob Veränderungen auch ein Prosperieren mit sich bringen, weis ich nicht (nachdem die, die gearbeitet haben nun Größtenteils weg sind).
Ich habe aber eine Frage. Wenn der rumänische Staat so träge ist bezüglich Restitution, wie sieht es denn mit europäischen Institutionen aus? Das Privateigentum und dessen Schutz sind in der EU sehr hoch angesiedelt und meines Wissens gibt es die Möglichkeit einen Staat auf Wiedergutmachung zu verklagen? Oder habe ich falsche Informationen?
rhe-al
schrieb am 15.12.2009, 15:42 Uhr (am 15.12.2009, 16:12 Uhr geändert).
@Karin Decker,

vielleicht hat Sie die Adverbialbestimmung aus meinem Satz

Und einmal in den Besitz dieser Früchte gelangt, egal auf welchen Wegen, setzten sie alles daran diese zu behalten.

etwas irritiert. Ich stelle fest, dass ich da nicht präzise formuliert habe. Mit "egal, auf welchen Wegen" hatte ich Enteignung im Sinn, welche ja vielfältige Formen annehmen kann, z.B. Enteignung wie sie kurz nach dem II. Weltkrieg in manchen Staaten des Ostblocks vorgenommen wurde, oder aber "Enteignung" wie sie ~ab den 70-er Jahren stattfand, z.B. Haus gegen Ausreisegenehmigung.
Nicht Ihr berechtigtes Anliegen, Ihren Anspruch auf Ihr Erbe und die Verteidigung dieses war mein Zielobjekt.

Daher:

Karin Decker:
So Anständiges oder Unanständiges wie private Häuser und Grundstücke stehen doch am allerwenigsten jenen zu, die sie ganz offensichtlich gestohlen haben und darauf ihre Macht gründen, um korrupt und ausbeuterisch weiterzuwirken.

Zustimmung

Karin Decker:
Wer das nicht zu akzeptieren bereit ist, der gönnt jenen nicht ihr Hab und Gut, die beraubt wurden, hat aber im Gegenzug kein Problem damit, dass die Räuber ihr Verbrecherkartell ausbauen.

Zustimmung, denn das offenbart doch die Charaktereigenschaften der Nutznießer dieser Ideologie

An dieser Stelle will ich auch mal erwähnen, dass ich über Jahre Abonnent des Hermannstädter Deutschen Staatstheaters war, und ich bin jedes mal mit "Gewinn" aus diesen Vorstellungen nach Hause gegangen. Sie wissen, was und wen ich meine. Danke dafür!
Karin Decker
schrieb am 15.12.2009, 16:02 Uhr (am 15.12.2009, 17:33 Uhr geändert).
Sehr geehrter Herr Fabritius,

die gegenwärtigen Entwicklungen bringen den Verband der Siebenbürger Sachsen in eine energetische und nervliche Belastungsprobe, aus welcher er gestärkt und selbstbewusst hervorgehen muss.

Ein Scherbenhaufen ist niemandem nütze.

Was vor einigen Monaten hier noch ein absolutes Tabu war, und wider alle Vernunft von einem unbedachten Nutzer geäußert wurde, ist nach der Selbstenthüllung Werner Söllners kein Tabu mehr, sondern eine Realität, die konfrontiert zu werden verdient.

Aus Gründen der Menschlichkeit – und weil wir andernfalls dieselben Psychomechanismen anwendeten, wie sie unsere Verfolger in Rumänien anwandten – müssen wir die Öffnung der Pandorabüchse mit größtmöglicher Sorgfalt vornehmen. Am besten so, dass welche Überraschungen auch immer uns „ins Haus stehen“, wir bereits im Vorfeld geneigt sein sollten, zu vergeben.

Die Verletzungen, welche infolge der zumeist erzwungenen Mitarbeit einzelner Menschen aus unserer Volksgruppe anderen Menschen zugefügt wurden, sind kaum wiedergutzumachen. Darum sollte ihre Bekanntgabe möglichst nicht zu neuen Verletzungen führen.

Was wir aber mit Hilfe von Aufklärungsveranstaltungen und Publikationen (etwa in der Siebenbürgischen Zeitung) erwirken könnten, wäre die prinzipielle Absage an alle Kooperationen mit Organisationen oder Parteien Rumäniens, die sich nicht selbst gegen den ehemaligen Nationalkommunismus, die bestehende Korruption in Rumänien und den noch immer aktiven Geheimdienst ausgesprochen haben und auch entsprechend reformorientiert handeln.

Wo das nicht der Fall ist und aus poltischen Gründen dennoch ein Dialog gepflegt werden muss, darf es zumindest nicht ohne die dauernde Kritik an solchen – im Grunde unerwünschten – Partnern geschehen.

Alle Kompromisse zugunsten einer besseren Verständigung mit rumänischen Partnerorganisationen ohne die erwähnten Prämissen, kämen einer Verhöhnung der Opfer des rumänischen Nationalkommunismus gleich und bergen die Gefahr weiterer Instrumentalisierungen von Personen aus unserer Gemeinschaft gegen einzelne Kritiker, wie etwa im Falle der auch in Deutschland noch verfolgten Herta Müller.

Wenn die Klugheit es auch gebietet, die Pandorabüchse geschlossen zu halten, so fordert dennoch die Realität der inzwischen zugänglichen Securitate-Akten, sie behutsam zu öffnen, damit unsere Gemeinschaft unbeschadet aus den bestimmt sehr schmerzlichen Erkenntnissen hervorgehen kann.

Freundliche Grüße,

Karin Decker
Karin Decker
schrieb am 15.12.2009, 16:58 Uhr (am 15.12.2009, 16:59 Uhr geändert).
Lieber rhe-al:

So irritierend kann Internet-Kommunikation sein! Ihren meine Argumente unterstützenden Beitrag habe ich durchaus richtig aufgefasst. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es auch in Ordnung ist, diametral anderer Meinung zu sein, wie etwa „Joachim“. Vielleicht kommen wir aufgrund zutreffender Argumente ja zu ganz neuen Einsichten.

Letztlich steht doch alles zur Disposition. Die richtigen Entscheidungen treffen und verantwortlich handeln können wir allerdings nur, wenn wir zuerst ideologisch unbesetzt denken; und da gehört die Materialismuskritik, wie sie der Sache nach von „Joachim“ geäußert wurde, durchaus dazu. (Dieses ganz allgemein gesagt, nicht zur Belehrung.)

Danke für das freundliche Echo auf die Hermannstädter Bühnenauftritte in frühen Jahren!

Freundliche Grüße,
Karin Decker
Karin Decker
schrieb am 15.12.2009, 17:10 Uhr (am 15.12.2009, 17:10 Uhr geändert).
@ pavel_chinezul:

Danke für Ihre Aufklärung des Missverständnisses. „Prosperieren“ war von mir zu salopp ausgedrückt. Ich meinte ein Gesunden, wie Sie es als Hoffnung nach 2-3 Generatinoen in Aussicht stellten.

Zu Ihrer Frage: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der als Gerichtsinstanz in Frage käme (obwohl es sich dabei nicht um ein Revisionsgericht handelt), sieht meines Wissens keine Sammelklagen vor. Voraussetzung für eine Klage ist ein verbindliches irreversibles Urteil der höchsten Instanz eines Landes, welches beim EGM geklagt werden soll. Privatpersonen können beim EGM nicht geklagt werden.

Rumänien hat seine Restitutionsgesetze in den letzten Jahren und vom Beginn einer diesbezüglichen Gesetzgebung an, so „gebaut“, dass für Konfiskationsopfer keine Aussicht auf Restitution besteht, weil Termine gesetzt wurden, die von niemandem einzuhalten waren. (Ich kenne laut deren Bekunden eine Ausnahme hier in diesem Forum; sie bildet jene, welche die Regel zu bestätigen hat.)

Ein Land kann vom EGM im Grunde nur aufgrund von Verstößen gegen die eigenen Gesetze verurteilt werden. Die im Falle Rumäniens übertretenen Gesetze sind weniger die von Rumänien selbst verabschiedeten, obwohl auch diese widersprüchlich sind und oft falsch angewandt werden, sondern die der Menschenrechte (allen voran das „Recht auf ein faires Verfahren“) welche einzuhalten Rumänien sich der EU gegenüber verpflichtet hat.
rhe-al
schrieb am 15.12.2009, 17:15 Uhr (am 15.12.2009, 17:19 Uhr geändert).
@Karin Decker,

gegen Materialismuskritiker habe ich nichts einzuwenden. Wo kämen wir denn hin, wenn alle in gleichen Schablonen denken würden?
Zeigen Sie mir aber einen dieser Kritiker, a la Joachim, welche aufgrund dieser Einstellung ihr Hab und Gut auf die Strasse warfen um Einsiedler zu werden (um es mal auf die Palme zu treiben) und morgen werde ich das auch.
Karin Decker
schrieb am 15.12.2009, 17:22 Uhr (am 15.12.2009, 17:56 Uhr geändert).
@ rheal:

Nun ja: Das ist der Unterschied zwischen St. Martin und einem Vulgärkommunisten. Der Heilige Martin teilte seinen Mantel mit dem Bettler, der Vulgärkommunist teilt gemeinhin die Mäntel der anderen und sucht sich selbst den schönsten heraus.

Was aber meinen Sie mit „und morgen werde ich das auch“?
bankban
schrieb am 15.12.2009, 17:40 Uhr (am 15.12.2009, 17:41 Uhr geändert).
"Zeigen Sie mir aber einen dieser Kritikera la Joachim, welche aufgrund dieser Einstellung ihr Hab und Gut auf die Strasse warfen..."
- Ludwig Wittgenstein, Franz v. Assisi ... usw.
rhe-al
schrieb am 15.12.2009, 17:42 Uhr
@Karin Decker,
das war nicht der Hl. Georg, sondern der Hl. Martin
rhe-al
schrieb am 15.12.2009, 17:46 Uhr
@bankban,
du hast da etwas überlesen, nämlich: "...a la Joachim..."
Ich kann bei bestem Willen Ludwig Wittgenstein, Franz von Assisi nicht mit Joachim vergleichen.
Joachim
schrieb am 15.12.2009, 17:46 Uhr
Tja der Eine will geben und die Andere nur haben....
Joachim
schrieb am 15.12.2009, 17:47 Uhr
Sie kriegen den Hals nicht voll......
Karin Decker
schrieb am 15.12.2009, 17:53 Uhr (am 15.12.2009, 17:58 Uhr geändert).
@ bankban:
Jesus Christus, Buddha, Franziskus u.a. fallen wohl in die Kathegorie „St. Martin“. Ob unser „Joachim“ auch so edelmütig ist, kann man nicht wissen. (Seine Einsträusel oben zeigen mir, dass er das Problem aber erkannt hat.)

Was aber bitteschön hat Ludwig Wittgenstein in diesem Zusammenhang verloren?

Interessant wären natürlich auch Samariter aus der heutigen rumänischen Oligarchie.
bankban
schrieb am 15.12.2009, 17:57 Uhr
LW hat 1914 einen Großteil seines Erbes verschenkt u.a. an Rilke und Trakl; nach dem I. WK verzichtete er sogar meines Wissens auf den restlichen Teil. Vgl. jetzt das neu erschienene Buch "Das Haus Wittgenstein: Geschichte einer ungewöhnlichen Familie" von Alexander Waugh (sehr empfehlenswert!)
http://www.amazon.de/Das-Haus-Wittgenstein-Geschichte-ungew%C3%B6hnlichen/dp/3100922204/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1260896198&sr=8-1
rhe-al
schrieb am 15.12.2009, 17:59 Uhr
Karin Decker:
Interessant wären natürlich auch Samariter aus der heutigen rumänischen Oligarchie.

Gigi Becali? :))

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