Die Juden - Geschichte eines Volkes

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bankban
schrieb am 03.01.2014, 07:23 Uhr (am 03.01.2014, 07:28 Uhr geändert).
@ Johann

Dass du mich als Gegner und nicht als Pappkameraden ansiehst, ehrt mich natürlich ungemein, bist du schließlich der einzige Intellektuelle in diesem Forum, soweit ich dies überblicken kann, und nebst zwei anderen Usern mit der gebildetste. Weshalb es auch Spaß macht, deine Beiträge zu lesen, selbst wenn ich deren Vehemenz und Absolutheitsansprüche so nicht teilen mag.

Ich sehe den Unterschied zwischen unseren Auffassungen in dem jeweiligen Blickwinkel und der Herangehensweise, weniger aber in der Substanz. (Dass uns in der Substanz wenig trennt, dürften wohl Außenstehende, die uns in dieselbe politisch-ideologische Schublade stecken, am ehesten bestätigen.)

Natürlich finde ich es schade, wenn dich meine Lesart jener Passage nicht überzeugt hat, aber nicht betrüblich. Während Texte (wie etwa diese Rezension) für mich Ausgangsmaterial(ien) für Diskussionen darstellen und ich sie als Beispiele für Denkrichtungen betrachte (im vollen Bewusstsein dessen, dass auch andere Richtungen möglich sind), nimmst du sie von einer absolut scheinenden (und für dich womöglich tatsächlich absolut gültigen) Metaebene wahr, die ich oftmals als formalistisch und nicht wirklichkeitsnah empfinde.

Daher habe ich dich auch gefragt, ob du das Buch gelesen hast oder nicht, dass/weil du so sicher in deinem Urteil(en) warst. Darauf verwiesest du darauf, dass du alleine schon auf Grund methodischer Merkmale einen Verriss erkennen könntest - womit du natürlich Recht hattest. Auf Grund von formalen Aspekten, von methodischen und stilistischen Eigenheiten kann man einen Text in der Tat gut äußerlich beurteilen. Freilich wird man nicht wissen können, wie es sich mit dem Inhalt(lichen) verhält. Dazu muss man das Buch gelesen haben - dann erst wird man sehen, ob etwa ein Verriss, den man formal als solchen identifiziert hat, eine Grundlage besitzt oder nicht. Es soll ja auch gerechtfertigte Verrisse geben... Wer dann das Buch liest, wird auch wissen, wie sich Frau Hirsch gerade mit jenem Absatz blamiert hat, indem sie sich darüber aufregt, Sand hätte die Ergebnisse der neuesten Genforschungen nicht rezipiert. Schließlich geht Sand in einem Extrakapitel (S. 397-408) auf diese ein und verweist darauf, wie unsicher und ideologisch behaftet die Schlussfolgerungen sind, die von Biologen aus dem Vorkommen von Allelen etc. in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen schließen. Dass Frau Hirsch Sand etwas vorwirft, was nahelegt, sie habe das Buch nicht in Gänze gelesen, empfinde ich beinahe als gravierender als den Grund deiner Empörung.

Warum schreibe ich nun dies? Warum scheine ich mich nun gegen Frau Hirsch zu wenden? Ich bin nicht bereit, Texte absolut zu nehmen und sie außer/jenseits eines Diskurses zu setzen. Es mag eine Schwäche sein, aber bevor ich einen Text vorschnell und fett sowie in Gänze verurteile, schaue ich ihn mir lieber mehrfach an. Und so bin ich immer noch der Ansicht, dass die Rezension viele zutreffende und fachlich richtige Passagen enthält, darunter auch jenen Abschnitt, über den wir bislang diskutiert haben und dessen Einordnung in den Gesamtzusammenhang des Buches durch mich du offenbar nicht nachvollzogen hast. Davon abgesehen hat die Rezension freilich ihre schwächeren Stellen - wie wohl jede Rezension.

Das liegt zum einen in der Gattung selbst, die offen ist für viele unterschiedliche Zugänge (es gibt kein Gesetz zum Schreiben einer Rezension, nur unverbindliche Richtlinien). Zum anderen liegt es eben auch darin, dass auch diese Rezension (wie jeder Text) Ausdruck und Phänomen einer politisch-ideologischen (Aus)Richtung ist und dementsprechend eingeordnet werden muss. Hat man dies erkannt, relativiert sich einiges automatisch.

P.s. Was du mit deinem zweiten Zitat bezwecken wolltest, erschließt sich mir nicht. Es sei denn die Frage am Ende zu beantworten, was du aber nicht getan hast...

P.s. 2. "Muss den eine Fachfrau nicht auch den Kontext und die einschlägigen fachlichen Auseinandersetzungen kennen, bevor sie ein Werk und dessen Aussagen einordnen kann?"

Den Kontext -Nationalismusforschung, die vermeintliche Vertreibung der Juden aus Palästina, Chasaren, das Jiddische usw.- scheint sie zu kennen. Das geht aus der Rezension hervor.

"Hat man unter Historikern nichts gehört von der Cambridge School (Skinner,Pocock)?"
Nein.
seberg
schrieb am 03.01.2014, 10:02 Uhr (am 03.01.2014, 10:23 Uhr geändert).
@bankban zu Johann:
Dass du mich als Gegner und nicht als Pappkameraden ansiehst, ehrt mich natürlich ungemein, bist
du schließlich der einzige Intellektuelle in diesem Forum, soweit ich dies überblicken kann, und nebst zwei anderen Usern mit der gebildetste. Weshalb es auch Spaß macht, deine Beiträge zu lesen, selbst wenn ich deren Vehemenz und Absolutheitsansprüche so nicht teilen mag.

Vor mehreren Jahren, ich war gerade neu in diesem Forum, wies mich Johann darauf hin - damals wirklich noch in aller Freundschaft wie ich fand - dass man mit Ironie in solchen Forumsdiskussionen vorsichtig umgehen soll, da sie leicht zu Missverständnissen führen könne.

Beim Lesen dieses ersten Abschnitts Deines Beitrags, bankban, meine ich zumimdest auch Ironie zu erkennen. Vielleicht täusche ich mich. Wenn aber nicht, wie ist dann der übrige Beitrag im Ganzen oder in Teilen zu verstehen?



Wirklich interessant finde ich übrigens auch die Frage von @grumpes zur Judenverfolgung:

Komme noch einmal zu der Kernfrage dieses Threads.
Warum war das so, warum ist geschehen, was geschehen ist, über Jahrhunderte hinweg.

Interessant deswegen, weil eine entsprechende tatsächliche Umfrage in der Bevölkerung sehr vermutlich gleichzeitig und ungewollt, quasi ungeplant, eine Untersuchung über judenkritische bis -feindliche und antisemitische Einstellungen darstellen würde: ich bin ziemlich sicher, dass das Nachdenken über die Gründe der jahrhundertealten Judenverfolgung, -feindlichkeit und Antisemitismus bei den Meisten, zumindest in Deutschland, eher ein kritisches Nachdenken über die Opfer, also über die Juden selbst anregen würde, als ein kritisches Nachdenken über die Täter, also die Judenfeinde und Antisemiten. So, also würden "die Juden" nach wie vor als Sündenbock gebraucht (Maxim Biller: der gebraucht Jude?).
Hoffentlich täusche ich mich.

PS. Und werden die Zigeuner nicht ähnlich "gebraucht"? Als outgroup?
bankban
schrieb am 03.01.2014, 10:38 Uhr
@ Seberg: gerne hätte ich, dass du deinen Beitrag präzisierst.
seberg
schrieb am 03.01.2014, 12:24 Uhr (am 03.01.2014, 12:27 Uhr geändert).
@bankban: mit Enttäuschungen habe ich gelernt umzugehen, ohne selbst emotionslos zu werden oder "korrekte" Emotionslosigkeit zu mimen. Lieber schon stehe ich dann zu einem gewissen Kaspar-Hauser-Schicksal.

Mein obiger Post besteht aus zwei unterschiedlichen Beiträgen, welchen meinst Du?

Vor langer Zeit wurde ich in gewissen Verhören immer wieder "gefragt": können Sie das präzisieren...?

Tut mir leid, das konntest Du natürlich nicht wissen.
Shimon
schrieb am 03.01.2014, 12:34 Uhr (am 03.01.2014, 12:42 Uhr geändert).
Safety, economic fears driving new wave of French immigrants to Israel

The French-Jewish community numbers some 500,000 people and a recent study shows up to 50% could be considering emigration to Israel.
French Jews immigrating to Israel isn’t exactly news. Over the last four years, between 1,000 and 2,000 have arrived every year. But over the past few months, people active in the field say they’ve seen signs of the onset of a new, much larger wave of immigration that could have a substantial impact on both Israeli society and the French-Jewish community.
gerri
schrieb am 03.01.2014, 13:49 Uhr
@ Geht es auch auf deutsch,wir leben doch in Deutschland.
bankban
schrieb am 03.01.2014, 14:05 Uhr (am 03.01.2014, 14:09 Uhr geändert).
Früher hieß es "Vorbiţi româneşte, că mâncaţi pîine română" - hast du das da auch befolgt?
Friedrich K
schrieb am 03.01.2014, 14:07 Uhr
@ Geht es auch auf deutsch,wir leben doch in Deutschland.
Spiegel
bankban
schrieb am 03.01.2014, 14:08 Uhr
@ Seberg: ich meinte natürlich den Beitrag, der sich auf mich bezog. Und dort insbesondere den Teil, in dem du davon sprichst, dass du den zweiten Teil meines ersten heutigen Beitrages nicht verstehst, wenn der von dir zitierte Teil keine Ironie gewesen sei.
Shimon
schrieb am 03.01.2014, 14:13 Uhr (am 03.01.2014, 14:13 Uhr geändert).
@gerri - Wir leben und arbeiten in der EU...

In der Europäischen Union werden aktuell 24 Sprachen als Amts- und Arbeitssprachen anerkannt.
coco23
schrieb am 03.01.2014, 16:24 Uhr
Das schon shimon dann kannst Du ja in Zukunft auch auf lettisch posten. Ziemlich frech was Du da behauptest
gerri
schrieb am 03.01.2014, 16:56 Uhr
@ Coco23,das sind die Kosmopolitischen und dann wundern sie sich seit Jahrhunderten.
seberg
schrieb am 03.01.2014, 17:39 Uhr (am 03.01.2014, 17:49 Uhr geändert).
@bankban
@ Seberg: ich meinte natürlich den Beitrag, der sich auf mich bezog. Und dort insbesondere den Teil, in dem du davon sprichst, dass du den zweiten Teil meines ersten heutigen Beitrages nicht verstehst, wenn der von dir zitierte Teil keine Ironie gewesen sei.
@ bankban, lies doch noch einmal genau, was ich geschrieben habe, dann wirst du sehen, dass Du genau das Gegenteil von dem verstanden hast, was ich wirklich geschrieben und gemeint habe:

Ich habe geschrieben:
Beim Lesen dieses ersten Abschnitts Deines Beitrags, bankban, meine ich zumimdest auch Ironie zu erkennen. Vielleicht täusche ich mich. Wenn aber nicht, wie ist dann der übrige Beitrag im Ganzen oder in Teilen zu verstehen?
Das heißt: wenn ich mich nicht täusche, wenn also in dem von mir zitierten Teil Deines Beitrags sehr wohl Ironie drin steckt, dann verstehe ich den zweiten Teil nicht.

Und zwar deswegen, weil dann unklar ist, wann und wo Du Ironie verwendest und wann und wo nicht, sondern es durchaus ernst meinst.

Diese Unsicherheit beginnt eigentlich schon innerhalb des von mir zitierten ersten Abschnitts Deines Beitrags zwischen dem ersten Satz („Dass du mich als Gegner...) , der doch offensichtlich ironisch verstanden werden kann, und dem daran anschließenden Satz („Weshalb es auch Spaß macht...), der doch offensichtlich durchaus als ernst gemeint ist, bzw. so verstanden werden kann.

o.k., Haarspalterei...Wortklauberei, vielleicht...besonders angesichts, des doch sicher viel wichtigeren zweiten Beitrags meines Posts von heute Vormittag.
_grumpes
schrieb am 03.01.2014, 23:32 Uhr (am 03.01.2014, 23:52 Uhr geändert).
@seberg schrieb:
Wirklich interessant finde ich übrigens auch die Frage von @grumpes zur Judenverfolgung:

"Komme noch einmal zu der Kernfrage dieses Threads.
Warum war das so, warum ist geschehen, was geschehen ist, über Jahrhunderte hinweg."

Interessant deswegen, weil eine entsprechende tatsächliche Umfrage in der Bevölkerung sehr vermutlich gleichzeitig und ungewollt, quasi ungeplant, eine Untersuchung über judenkritische bis -feindliche und antisemitische Einstellungen darstellen würde: ich bin ziemlich sicher, dass das Nachdenken über die Gründe der jahrhundertealten Judenverfolgung, -feindlichkeit und Antisemitismus bei den Meisten, zumindest in Deutschland, eher ein kritisches Nachdenken über die Opfer, also über die Juden selbst anregen würde, als ein kritisches Nachdenken über die Täter, also die Judenfeinde und Antisemiten. So, also würden "die Juden" nach wie vor als Sündenbock gebraucht (Maxim Biller: der gebraucht Jude?).
Hoffentlich täusche ich mich.


Ein Versuch die "Wurzeln" des Konfliktes zu erkunden.

Antisemitische Bibelzitate :

(Röm 2,9): "Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die Böses tun, zuerst der Juden und ebenso der Griechen."

(1. Thess 2,14-16): "Die (Juden) haben den Herrn Jesus getötet und die Propheten und haben uns verfolgt und gefallen Gott nicht und sind allen Menschen feind. Und um das Maß ihrer Sünden allewege voll zu machen, wehren sie uns, den Heiden zu predigen zu ihrem Heil. Aber der Zorn Gottes ist schon in vollem Maß über sie gekommen."

(Titus 1,10-11): "Denn es gibt viele Freche, unnütze Schwätzer und Verführer, besonders die aus den Juden, denen man das Maul stopfen muss, weil sie ganze Häuser verwirren und lehren."

(2. Kor 3,14): "Aber ihre (der Israeliten) Sinne wurden verstockt. Denn bis auf den heutigen Tag bleibt diese Decke unaufgedeckt über dem Alten Testament, wenn sie es lesen, weil sie nur in Christus abgetan wird."

(Röm 2,17-29) "Du (Jude) predigst, man solle nicht stehlen, und du stiehlst?", lästerte er. "Du rühmst dich des Gesetzes, und schändest Gott."

(Joh 8, 44-45): "Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures Vaters Gelüste wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit."

(Joh 10,31): "Da hoben die Juden abermals Steine auf, um ihn (Jesus) zu steinigen."

(1. Thess 2,15): "Die haben den Herrn Jesus getötet und die Propheten und haben uns verfolgt und gefallen Gott nicht und sind allen Menschen feind."

(Röm 2,21-22) "Du (Jude) lehrst nun andere, und lehrst dich selber nicht? Du predigst, man solle nicht stehlen, und du stiehlst? Du sprichst, man solle nicht ehebrechen, und du brichst die Ehe? Du verabscheust die Götzen, und beraubst ihre Tempel?"

(Apg 3,15): "Den Fürsten des Lebens (Jesus) habt ihr (Juden) getötet."

(Apg 5,30): "Der Gott unsrer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr (Juden) an das Holz gehängt und getötet habt."


Zitate aus dem Talmud:

"Wenn jemand wünscht, daß seine Gelübde des ganzen Jahres nichtig seien, so spreche er am Beginn des Jahres: jedes Gelübde das ich tun werde, ist nichtig; nur muß er beim Geloben daran denken."
Nedarim 23b

"Die Güter der Nichtjuden gleichen der Wüste, sie sind ein herrenloses Gut und jeder, der zuerst von ihnen Besitz nimmt, erwirbt sie."
Bababathra 54b

"Dem Juden ist es erlaubt zum Nichtjuden zu gehen, diesen zu täuschen und mit ihm Handel zu treiben, ihn zu hintergehen und sein Geld zu nehmen. Denn das Vermögen des Nichtjuden ist als Gemeineigentum anzusehen und es gehört dem ersten [Juden], der es sich sichern kann."
Baba kamma 113a

"Wenn sich ein Nichtjude mit der Thora befaßt, so verdient er den Tod."
Synhedrin 59a

"Den besten der Gojim [Nichtjuden -HB] sollst du töten."
Kiduschin 40b

"Weshalb sind die Nichtjuden schmutzig? Weil sie am Berge Sinaj nicht gestanden haben. Als nämlich die Schlange der Chava beiwohnte, impfte sie ihr einen Schmutz ein; bei den Jisraeliten, die am Berge Sinaj gestanden haben, verlor sich der Schmutz, bei den Nichtjuden aber verlor er sich nicht."
Aboda zara 22b

"Sobald der Messias kommt, sind alle [Nichtjuden] Sklaven der Jisraeliten."
Erubin 43b

"Wer die Scharen der Gojim [Nichtjuden -HB] sieht, spreche: Beschämt ist eure Mutter, zu Schande die euch geboren hat."
Berakhoth 58a

"Eher gib einem Jisraeliten umsonst als einem Nichtjuden auf Wucher."
Baba mezia 71a

"Ihr aber seid meine Schafe, die Schafe meiner Weide, Menschen seid ihr, ihr heißt Menschen, nicht aber heißen die weltlichen Völker Menschen, sondern Vieh."
Baba mezia 114b

"Der Samen der Nichtjuden ist Viehsamen."
Jabmuth 94b

"Ein Mädchen von drei Jahren und einem Tag ist zum Beischlaf geeignet."
Jabmuth 57b, Jabmuth 60a, Aboda zara 37a

"Der Prophet sprach zu den Israeliten: Rafft eure Beute zusammen. Sie fragten ihn: Plündern oder verteilen? Er erwiderte ihnen: Wie die Heuschrecken raffen; wie bei den Heuschrecken jede für sich besonders rafft, ebenso rafft auch ihr jeder für sich besonders."
Synhedrin XI 94b

P.S. Die korrekte Wiedergabe dieser Zitate aus dem Netz, wurde von mir nicht überprüft.

War das der Stein des Anstoßes, über Jahrhunderte hinweg ?

Oder liegen die Wurzeln des Antisemitismus im Mittelalter ?
_grumpes
schrieb am 04.01.2014, 00:31 Uhr (am 04.01.2014, 00:54 Uhr geändert).
DIE JUDEN IN DER
MITTELALTERLICHEN STADT


(Universität Salzburg SS1999-Institut für Geschichte)
Begründung der Wahl des Themas :

Jüdische Geschichte beginnt für viele erst im 19.Jahrhundert oder gar erst mit dem Nationalsozialismus. Um das Aufkommen des modernen Antisemitismus jedoch verstehen zu können, ist es wichtig, auch über die Rolle der Juden in der Gesellschaft der Jahrhunderte davor Bescheid zu wissen. Deshalb erscheint mir die genauere Betrachtung jüdischen Lebens im Mittelalter als ein sehr relevantes Thema für den Unterricht. Dabei sollten die jüdische Bevölkerung jedoch nicht gleich als Opfer dargestellt, sondern auch die Begünstigungen und Vorteile gegenüber der christlichen Bevölkerung aufgezeigt werden, welche später u.a. zur Judenfeindlichkeit beitrugen.

Die kirchliche Doktrin, aber auch das Unwissen über die fremde Kultur, waren wahrscheinlich die Hauptursachen der Feindseligkeiten in der christlichen Umwelt.
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich eine starke, wirtschaftlich tätige Bürger- sowie Handwerkerschicht, die in den Juden eine ernst zu nehmende ökonomische Konkurrenz sahen.
Das Ansehen der Juden in der städtischen Gesellschaft war zunächst hoch. Das wurde vor allem vom Aufkommen eines verstärkten Lokal- und Fernhandels positiv unterstützt. Die jüdische Bevölkerung war schon seit Jahrhunderten in diesemErwerbszweig tätig und so konnte die deutsche Bevölkerung von deren vielseitigen Erfahrungen profitieren und lernen.
Der jüdischen Bevölkerung war zunächst der Besitz ihres liegenden sowie beweglichen Eigentums zugesichert. Außerdem war ihnen der Grundbesitz innerhalb und außerhalb der Stadtmauern gestattet. Sie konnten ihren Besitz vererben, tauschen oder verkaufen, ohne dabei irgendwelchen rechtlichen Beschränkungen zu unterliegen.
Die Wohnbezirke der Juden lagen meist in einer vornehmen Gegend der Stadt, in der Nähe der Burg, der Bischofskirche oder des Rathauses.
Trotz der allgemeinen Akzeptanz in der christlichen Umwelt waren immer antijüdische Tendenzen vorhanden.
Neben der Funktion als Geldverleiher und Geldwechsler übte die jüdische Stadtbevölkerung noch eine Vielzahl anderer Tätigkeiten aus. Sie arbeiteten als Handwerker, Klein- und Großhändler und führten auch Handelstransaktionen im großen Sinne durch. Weiters waren sie als Hausierer und im ambulanten Handel tätig.
Erwerbsformen wie Geldverleihen und Handel verhalfen vielen Juden zu Wohlstand, welcher der christlichen Oberschicht nahe kam.

Im 14.Jahrhundert kam es jedoch zu einer deutlichen Einschränkung bezüglich der Tätigkeitsbereiche. Der Grund für diese Veränderung lag im Entstehen eines organisierten Kaufmanns- und Handwerkerstandes,- den Zünften und Gilden-, zu denen die jüdische Bevölkerung keinen Zutritt hatte. Somit beschränkte sich die Produktion jüdischer Handwerker auf den Eigenbedarf.

Das städtische Bürgertum übernahm nach und nach den Warenhandel und es lag in ihrem Interesse, die jüdische Konkurrenz weitgehend auszuschalten.

Durch die Vertreibung aus vielen Berufsbranchen beschränkte sich die ökonomische Tätigkeit der Juden fast ausschließlich auf Kreditgeschäfte.

Mit dem Aufkommen des Kreuzzugsgedanken verschlechterte sich die Situation der Juden. Nicht selten kam es zu Zwangstaufen, gewalttätigen Übergriffen, Vertreibungen und Mord.
Schon kurz nach dem Aufbruch des Kreuzfahrerheers kam es in Nordfrankreich zu gewaltsamen Übergriffen auf die dort ansässige jüdische Bevölkerung. Bald wurde auch Deutschland von der Gewaltwelle ergriffen. Am schlimmsten wurden die rheinischen Judengemeinden in Mitleidenschaft gezogen.
Auch im zweiten Kreuzzug 1147 kam es wieder zu Ausschreitungen. Als Grund für das gewaltsame Vorgehen gegen die Juden wurde der Geldverleih gegen exorbitante Zinssätze genannt. Die Opferzahl erreichte allerdings nicht die Ausmaße des ersten Kreuzzugs.
Die Situation der Juden hatte sich schon im 13.Jahrhundert deutlich verschlechtert, als die Handwerker der Städte an Einfluß gewannen. Viele Stadtbewohner der unteren Schichten sahen in den Juden Verbündete der herrschenden Schichten.
Die jüdische Bevölkerung unterlag zu dieser Zeit bereits massiver sozialer Diskriminierung. Schon beim 4.Laterankonzil 1215 wurde eine besondere Kleidervorschrift für die Juden eingeführt, der allerdings nicht überall Folge geleistet wurde. Weiters unterlagen sie Beschränkungen bezüglich des Häuserbaus und des Grundstückserwerbs in den Städten. Nun mußten sie ihr Wohnviertel mit einer Mauer umgeben, die nicht mehr, wie in früheren Zeiten, ein Privileg des Stadtherren darstellte, sondern zur Abgrenzung von der christlichen Bevölkerung diente. In manchen Städten wurden die Juden von der vornehmen Wohnlage in schlechtere Viertel umgesiedelt.
In einem eigenen Judenbuch wurden die jüdischen Geschäfte gesondert von den christlichen verzeichnet.

Nicht selten wurden aus Geldnot seitens der Herrscher Judengemeinden ganzer Regionen gefangengenommen, um ihren gesamten Besitz einzuziehen.

Der Vorwurf, mit den Hussiten zu kollaborieren, Hostien zu schänden und Christenkinder zu töten, führte zur Ermordung ganzer Judenkommunen.

In der Folge wurden im ausgehenden 15.Jahrhundert die Juden aus weiten Gebieten des Deutschen Reiches ausgewiesen.

Die meisten Vertriebenen wanderten in Richtung Osten, wo die Wirtschaft noch nicht so entwickelt war.

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