Herta Müller . Ehrung

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Lavinia
schrieb am 08.10.2009, 21:14 Uhr (am 08.10.2009, 22:00 Uhr geändert).
@liebe Schiwwer, schön von dir zu hören!Ja, eine große Freude ist das! Eine tolle Autorin wurde ausgezeichnet und ich freue mich sehr für sie!

Die Frage, ob die hohe Auszeichnung nun ihr Leben verändern werde, verneinte Müller: "Ich bin die Person, die ich bin. Ich bin jetzt nichts Besseres, ich bin auch nichts Schlechteres. Es ist o. k., es ist schön, aber es wird sich an mir nichts verändern. Meine innere Sache ist das Schreiben. Daran kann ich mich festhalten."

BijouBrigitte
schrieb am 08.10.2009, 23:01 Uhr
Auch wenn spät, aber nicht zu spät: herzlichen Glückwunsch zum Preis, Frau Müller!
Günther (Administrator)
schrieb am 08.10.2009, 23:14 Uhr
- Mittlerweile ist "Atemschaukel" auf Platz 1 der Amazon-Bücher-Bestsellerliste

- Um 0:30 Uhr sendet die ARD ein 15-minütiges Interview mit ihr, das vor einem Monat aufgezeichnet wurde

- Die ARD hat auch eine sehr schöne Spezialseite über Herta Müller erstellt: http://www.ard.de/-/id=1265496/17nf4uq/index.html
Joachim
schrieb am 08.10.2009, 23:16 Uhr
Und ich feiere und genieße immer noch....
meine selbstgemachten Häppchen.....
Misch 39
schrieb am 08.10.2009, 23:23 Uhr (am 08.10.2009, 23:33 Uhr geändert).
Hallo,

Sehen Sie die Pressekonferenz von Herta Müller jetzt bald auf Phoenix um 23,55 Uhr
seberg
schrieb am 09.10.2009, 00:04 Uhr (am 09.10.2009, 00:08 Uhr geändert).
Bemerkenswert der Satz Herta Müllers auf dieser Pressekonferenz (singemäß): Das bin ja nicht ich, die diesen Preis bekommen hat, das sind die Bücher, die ich geschrieben habe...
(Das ins Stammbuch jener geschrieben, die ständig an der PERSON Herta Müller herummäkelten und -kritisierten, meist ohne auch nur eine Zeile von ihr gelesen zu haben)
Lavinia
schrieb am 09.10.2009, 00:21 Uhr
In einem Interview sagt Herta Müller auch, und reklamiert hiermit auch das Recht auf (weiter)Entwicklung: " Mit zwanzig war ich im kopf völlig anders, als ich es mit Mitte vierzig bin. Das Biologische de Körpers ist im Schreiben auch genauso drin, wie es in allen anderen Dingen drin ist. Man hat ja soviel Leben dazu gekriegt, und anderes ist weggerückt. Man denkt ja über sich immer wieder nach (...) Man kann sich nicht mehr bruchlos identifizieren mit der Person, die man war."
Meta
schrieb am 09.10.2009, 07:51 Uhr (am 09.10.2009, 07:58 Uhr geändert).
@ Lavinia: genau so ist es.
Herta Müller, wir sind glücklich über Ihren Erfolg und sehr stolz auf Sie!

Meta & Familie

bankban
schrieb am 09.10.2009, 08:19 Uhr (am 09.10.2009, 08:42 Uhr geändert).
Auch auf die Gefahr hin, heftigst kritisiert zu werden, möchte ich ein paar Fragen stellen. Ihr Zweck besteht darin, in diese Diskussion wieder ein Sachthema einzuführen. Wir wie ja alle wissen, stammt Müller aus dem Banat. Das wird auch in allen Würdigungen erwähnt. Meine Fragen sind:
I. in welchem Verhältnis steht eurer Meinung nach das spezifisch Ethnische in ihrem Werk zum Allgemeinen? Inwiefern gilt ihre Literatur den besonderen Erfahrungen einer ethnischen Minderheit in einer Diktatur (deren Ideologie die ethnischen Unterschiede/Problematiken überwinden wollte)? Oder sind ihre Werke vorrangig als Ausdruck allgemein-menschlichen Leidens unter diktatorischen Verhältnissen zu lesen (ohne jeden ethnischen Bezug)?
II. Selbst wenn wir den ethnischen Bezug in ihrem Werk für unwichtig halten: Fakt ist, dass zumindest Niederungen 1982 erschien. Damals war es ja in Rumänien den dortigen Minderheiten die Pflege ihrer besonderen Kultur nachweislich kaum gestattet (Radio/Fernsehsendungen immer weniger; Bücher kaum gedruckt, muttersprachlicher Unterricht wo es ging, immer weniger). Hatte, so lautet meine Frage, dieses Werk von Müller (und evtl. andere) nun/nur jene angeblich negativen Folgen (angeblich Nestbeschmutzung etc.) oder hat es doch auch/eher/vor allem etwas Positives bewirkt? Wenn ja, welcher Art? Wenn ja, wie sind diese Positiva vor dem Hintergrund des allgemeinen kulturellen Niederganges und der staatlicherseits bezweckten kulturellen Homogenisierung zu bewerten?
III. Gestern las ich irgendwo (Spiegel?), Herta Müllers Literatur sein "Heimatliteratur". Der das aussprach, meinte das positiv. Ich bin aber nicht überzeugt, wie das zu bewerten ist. Was meint ihr zum Begriff?
Dolfi11
schrieb am 09.10.2009, 09:01 Uhr
Tja, schön das wir jetzt auch einen Vertreter auf dem "Literaturolymp" haben. Ich denke das sie mit diesem Preis nicht nur Weltruhm erreicht hat, sondern wir, die in Rumänien geborenen, werden - zumindest bei den Menschen die ihre Bücher lesen - sehr davon Profitieren, in der Form, das man unsere Geschichte wahrnimmt,dadurch werden wir noch besser integriert...
siegen1990
schrieb am 09.10.2009, 09:35 Uhr
Hallo an Alle,

ich freue mich auch über die Ehrung von Frau Müller. Die Kommentare die ich immer wieder in diesem Forum lesen musste, nicht nur zum Thema Frau Müller, haben mich dazu bewogen mich hier anzumelden und meine bisherigen Erfahrungen mal kundzutun, falls es Einen interessiert. Die Meinung, dass die Deutschen aus dem jetzigen Rumänien jetzt endlich auch als Deutsche wahrgenommen werden, egal ob Siebenbürger Sachsen, Landler, Banater Schwaben, Sathmarer Schwaben, Zipser oder Banater Berglanddeutsche (habe ich sonst Jemanden vergessen?), sowie deren Schicksal nach dem II Weltkrieg, teile ich nicht. Die abstrusesten Bezeichnungen wie "Deutschstämmige, Deutschrumänen u.s.w." werden weiterhin durch die bundesdeutsche gedruckte sowie gesprochene Presse munter weitergeistern. Ich finde es auch befremdend, dass über Herrn Lafontaine und seinen Äußerungen über die Auslandsdeutschen zu Recht geschimpft wird, aber keiner mal auf den Gedanken käme Herrn Peter Makkay (besser bekannt als Herr Peter Maffay) mal anzusprechen, um seinen guten Freund mal über die wahren Verhältnisse zu informieren. Ich denke Herr Maffay könnte einiges Mehr für seine Landsleute in Punkto Öffentlichkeitsarbeit tun.
Ich habe es noch während meiner Schulzeit gelernt, dass die Literatur der Deutschen aus Rumänien in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, zusammen mit der Literatur aus BRD, DDR, Österreich und Schweiz zu den 5 deutschsprachigen Literaturen gezählt wurde. Ich finde es war auch richtig so, da ich sonst aus keinem anderen Land der restlichen Welt, Literatur in deutscher Sprache kenne.
Zum Thema, dass Frau Müller in ihrem preisgekrönten Werk anspricht, kann ich sagen (das habe ich selber erfahren müssen), dass es die allerwenigsten Bundesdeutschen interessieren wird. Es freut sie vielleicht, mal ketzerisch gesagt der Ausdruck "Wir sind Nobelpreisträger", ansonsten ist das Schicksal dieser Menschen egal. Als ich 1990 mein Studium an einer Uni in Deutschland weiterführte, wurde ich von jungen Kommilitonen öfters gefragt wo ich herkäme und als ich meinen Geburtsort nannte, kamen oft die Nachfragen woher ich meine guten Deutschkenntnisse hätte. Auf meine Antwort, meine Eltern wären Deutsche aus Rumänien, kam sehr oft die Aussage, dass die vor hunderten von Jahren ausgewanderten Deutschen (ein bisschen falsch, da zu der Zeit noch kein Deutschland gab, sondern Sachsen, Schwaben, Franken, Pfälzer, Friesen u.s.w.), doch nicht mehr als Solche angesehen werden könnten. Auf meine Antwort, dass sollten sie doch bitte mal meinen Großeltern erzählen, die aufgrund der Tatsache, dass sie Deutsche waren, nach Sibirien zu Zwangsarbeit verdonnert wurden, kam meistens die lapidare Antwort: " Was vor 45 Jahren passiert ist, interessiert uns doch nicht". Ich empfinde heute die Versuche meiner Rechtfertigung, weshalb ich mich in Deutschland befinde, als typischen Defekt einer irgendwo auf dieser Welt lebenden Minderheit. In Rumänien hat man viel zu oft den Eindruck bekommen, man muss sich immer wieder als Anderssprachiger für sein Dasein erklären und rechtfertigen. Ich habe inzwischen diese Unart abgelegt, Gott sei Dank.
Ich hatte zu diesem Thema noch eine Erfahrung gesammelt, die meine Meinung zur Wahrnehmung der Deutschen aus Rumänien in Deutschland, stark untermauert. Als Dipl.-Ing. hatte ich mit dem Gedanken gespielt, über einen Seiteneinstieg, als Lehrer an einer Berufsschule zu arbeiten (es wird doch soviel über Fachlehrermangel gejammert). Obwohl ich mein Abi an einem deutschen Gymnasium, zwar in Rumänien, erworben hatte und ich mein Studium an einer Universität in Deutschland, ohne irgendwelchen Sprachnachweis, beendet habe, kam vom Kultusministerium die Aufforderung ein Sprachtestat in Deutsch abzulegen, da ich mein Abi außerhalb des deutschsprachigen Raumes erworben habe und meine sofortige Einbürgerung sowie bedingungslose Aufnahme an einer deutschen Hochschule und der Wille des Schulleiters nach einem eingehenden Gespräch mich unbedingt einstellen zu wollen, kein Beweis für meine deutschen Sprachkenntnisse wären. Das lustige dabei ist, dass ich heute überall lesen muss: "Frau Müller wurde im deutschsprachigen Banat in Rumänien geboren". Welche Ironie, dass wir in Deutschland solche Ignoranten (auch mit meinen Steuergeldern) als Beamte beschäftigen. Ich hoffe ich habe Keinen mit diesen Worten beleidigt.
siegen1990
schrieb am 09.10.2009, 10:01 Uhr (am 09.10.2009, 10:06 Uhr geändert).
Ich habe auf www.n-tv.de folgendes entdeckt:

Jubel und Verblüffung
Nobelpreis für Herta Müller

.....
Freude auch in Rumänien

Der rumänische Philosoph und Kunsthistoriker Andrei Plesu meinte, die Rumänen seien seit Jahren traurig, dass es keinen rumänischen Nobelpreisträger gibt. "Jetzt können sie sich beruhigen. Herta Müller ist zwar eine deutsche Schriftstellerin, aber sie stammt aus Rumänien, und ihre Werke enthalten ein Stück rumänische und osteuropäische Geschichte."


Ich kann mir nicht erklären, warum Herr Plesu sich gerade über diesen Nobelpreis freut, da es einer Tatsache zu verdanken ist, welches Rumänien und seine jüngere Geschichte, z.B. Verrat an seinen Verbündeten und der Versuch sich nachher ohne eigene Konsequenzen aus der Affäre zu stehlen, nicht gerade in einem besonders hellen Lichte darstellt. Es haben rumänische Historiker selber behauptet, dass es seitens der Sowjetunion keine klare Order gab, dass die Deutschen zum Wiederaufbau geschickt werden sollen, sondern Rumänien, als ehemaliger Verbündeter der Nazis, Wiedergutmachung leisten muss. Es war die Anweisung der rumänischen Behörden, dass dies die deutschen Bewohner Rumäniens (ob z.B. die ungarische Minderheit auch davon betroffen war, habe ich nicht gehört) leisten sollen.
Dolfi11
schrieb am 09.10.2009, 10:02 Uhr (am 09.10.2009, 10:04 Uhr geändert).
@siegen 1990 9h35min

Es ist alles Richtig was du geschrieben hast, aber das ist nun mal ein menschliches Problem,und kein spezifisch Deutsches, wer, wenn nicht wir ( die als Minderheit in einem anderen Land gelebt haben )sollten das besser wissen, die all das durchgemacht haben ( Ausgrenzung / Diskriminierung )?

Wir haben aber auch gelernt ( viele die ich kenne ), genau hinzugucken, wer spricht da, und welchen Hintergrund ( Wissen ) hat derjenige.

Ich selber wäge dann ab, ob es sich für mich lohnt ein Gespräch zu führen oder nicht...

Es ist nun mal so, und wir werden das - fürchte ich - auch nicht ändern können. Es bringt also nichts jetzt darauf hinzuweisen "...ah, jetzt wo etwas tolles passiert ist, ist es also eine Deutsche..." Wir freuen uns ja auch, wenn "unsere" Nationalmannschaft mal gewinnt.

Also, lasst uns einfach froh sein...
Dolfi11
schrieb am 09.10.2009, 10:07 Uhr (am 09.10.2009, 12:18 Uhr geändert).
Siegen 1990 schrieb:

Der rumänische Philosoph und Kunsthistoriker Andrei Plesu meinte, die Rumänen seien seit Jahren traurig, dass es keinen rumänischen Nobelpreisträger gibt. "Jetzt können sie sich beruhigen. Herta Müller ist zwar eine deutsche Schriftstellerin, aber sie stammt aus Rumänien, und ihre Werke enthalten ein Stück rumänische und osteuropäische Geschichte."
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Es stimmt ja auch...
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Siegen 1990 schrieb weiter

Ich kann mir nicht erklären, warum Herr Plesu sich gerade über diesen Nobelpreis freut, da es einer Tatsache zu verdanken ist, welches Rumänien und seine jüngere Geschichte, z.B. Verrat an seinen Verbündeten und der Versuch sich nachher ohne eigene Konsequenzen aus der Affäre zu stehlen, nicht gerade in einem besonders hellen Lichte darstellt. Es haben rumänische Historiker selber behauptet, dass es seitens der Sowjetunion keine klare Order gab, dass die Deutschen zum Wiederaufbau geschickt werden sollen, sondern Rumänien, als ehemaliger Verbündeter der Nazis, Wiedergutmachung leisten muss. Es war die Anweisung der rumänischen Behörden, dass dies die deutschen Bewohner Rumäniens (ob z.B. die ungarische Minderheit auch davon betroffen war, habe ich nicht gehört) leisten sollen.
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Für diese Deportationsbeschlüsse war das damalige Regim verantwortlich, und weniger das rumänische Volk, da sollte man schon genau unterscheiden, da im Umkehrschluss jeder behaupten kann "...ihr Deutsche seid ALLE Nazis..."!

Im übrigen schließe ich mich "the History of Igor" an...
The history of Igor
schrieb am 09.10.2009, 10:12 Uhr
Siegen:

Nun, ich denke Muellers Literatur sollte in der Tat auch Teil des rumaenischen Verstaendnisses sein. Wenn Sie von 'Rumaenien' als Ganzes sprechen, so vergessen Sie, dass es sich eben nicht um Rumeanien als Ganzes gegen die deutschen Minderheiten als Ganzes handelt, sondern eben dass auch innerhalb 'Rumaeniens' Leute gelitten haben etc...

Muellers traegt, so denke ich, zu einer transnationalen Verstaendigung und Erklaerung, und es sollte deshalb nicht als 'deutsch' 'banat schwaebisch' o.ae. abgekapselt werden.

Ich find's wirklich grossartig, dass sie gewonnen hat, und ich finde es sollten Leute daran teilhaben, die nicht nur aus ihrem Milieu kommen...so wuerde es wohl auch Herta Mueller zu schaetzen wissen.

@Lavinia: In der Tat. Ein wichtiger, grosser Moment.

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