Ein schönes Gedicht

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S.Roth
schrieb am 19.12.2013, 22:04 Uhr
Wenn wir im Traume eines ewigen Traumes
alle unfeindlich sind – einmal im Jahr! -
Uns alle Kinder fühlen eines Baumes.
Wie es sein soll, wie’s allen einmal war.
(J. Ringelnatz)
Mynona
schrieb am 20.12.2013, 20:55 Uhr (am 20.12.2013, 20:57 Uhr geändert).
Die Nacht,
In der
Das Fürchten
Wohnt
Hat auch
Die Sterne
Und den
Mond.

Mascha Kaléko


Die Zeit steht still.

Die Zeit steht still. Wir sind es,die vergehen.
Und doch, wenn wir im Zug vorüberwehen,
Scheint Haus und Feld und Herden, die da grasen,
Wie ein Phantom an uns vorbeizurasen.
Da winkt uns wer und schwindet wie im Traum,
Mit Haus und Feld,Laternenpfahl und Baum.

So weht wohl auch die Landschaft unseres Lebens
An uns vorbei zu einem andern Stern
Und ist im Nahekommen uns schon fern.
Sie anzuhalten versuchen wir vergebens
Und wissen wohl, dies alles ist nur Trug.

Die Landschaft bleibt,indessen unser Zug
Zurücklegt die ihm zugemeßnen Meilen.

Die Zeit steht still. Wir sind es,die enteilen.

Mascha Kaleko
seberg
schrieb am 20.12.2013, 21:52 Uhr
Es ist der Wind um Mitternacht,
Der leise an mein Fenster klopft.
Es ist der Regenschauer sacht,
Der leis an meiner Kammer tropft.

Es ist der Traum von meinem Glück,
Der durch mein Herz streift wie der Wind.
Es ist der Hauch von deinem Blick,
Der durch mein Herz schweift regenlind.

(F.Nietzsche)
lucky_271065
schrieb am 21.12.2013, 09:49 Uhr (am 21.12.2013, 10:01 Uhr geändert).
Abschied

Wie hab ich das gefühlt was Abschied heißt.
Wie weiß ichs noch: ein dunkles unverwundnes
grausames Etwas, das ein Schönverbundnes
noch einmal zeigt und hinhält und zerreißt.

Wie war ich ohne Wehr, dem zuzuschauen,
das, da es mich, mich rufend, gehen ließ,
zurückblieb, so als wärens alle Frauen
und dennoch klein und weiß und nichts als dies:

Ein Winken, schon nicht mehr auf mich bezogen,
ein leise Weiterwinkendes-, schon kaum
erklärbar mehr: vielleicht ein Pflaumenbaum,
von dem ein Kuckuck hastig abgeflogen.


Bei dir ist es traut...

Bei dir ist es traut:
Zage Uhren schlagen
wie aus weiten Tagen.
Komm mir ein Liebes sagen-
aber nur nicht zu laut.

Ein Tor geht irgendwo
draußen im Blütentreiben.
Der Abend horcht an die Scheiben.
Lass uns leise bleiben:
Keiner weiß uns so.

Rainer Maria Rilke
Haiduc
schrieb am 21.12.2013, 11:52 Uhr
O lieb', solang du lieben kannst!

O lieb', solang du lieben kannst!
O lieb', solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Wo du an Gräbern stehst und klagst!

Und sorge, daß dein Herze glüht
Und Liebe hegt und Liebe trägt,
Solang ihm noch ein ander Herz
In Liebe warm entgegenschlägt!

Und wer dir seine Brust erschließt,
O tu ihm, was du kannst, zulieb'!
Und mach' ihm jede Stunde froh,
Und mach ihm keine Stunde trüb!

Und hüte deine Zunge wohl,
Bald ist ein böses Wort gesagt!
O Gott, es war nicht bös gemeint, -
Der andre aber geht und klagt.

O lieb', solang du lieben kannst!
O lieb', solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Wo du an Gräbern stehst und klagst!

Dann kniest du nieder an der Gruft
Und birgst die Augen, trüb und naß,
- Sie sehn den andern nimmermehr -
Ins lange, feuchte Kirchhofsgras.

Und sprichst: O schau' auf mich herab,
Der hier an deinem Grabe weint!
Vergib, daß ich gekränkt dich hab'!
O Gott, es war nicht bös gemeint!

Er aber sieht und hört dich nicht,
Kommt nicht, daß du ihn froh umfängst;
Der Mund, der oft dich küßte, spricht
Nie wieder: Ich vergab dir längst!

Er tat's, vergab dir lange schon,
Doch manche heiße Träne fiel
Um dich und um dein herbes Wort -
Doch still - er ruht, er ist am Ziel!

O lieb', solang du lieben kannst!
O lieb', solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Wo du an Gräbern stehst und klagst!

Ferdinand Freiligrath (1810-1876)
getkiss
schrieb am 21.12.2013, 16:57 Uhr (am 21.12.2013, 16:59 Uhr geändert).
Mer Schwowe

Mer hann all e Zaiche

em Gsicht, of der Stier, in de Aue!

Mer kennt ons von weidm.

Mer senn gebrennt,

un gephännt

un verschennt.

Mer Schwowe!

Gebrennt vom Kriech,
vom Lager, Flucht und Not.

Gebrennt von Braun on Rot,

von Scham on Tod!

Mer senn gephännt:

Et Feld es verlor,

et Vich ausm Tor:

on tot senn die Pheer,

de Tenn es leer.

Noh allm hann se gegriff,

gement, das macht reich.

Nor net nohm Fleiß -

de macht äm so mied - on so heiß!

Noh allem hann se gschrie

„im Namen des Volkes" -

on senn arm, wie noch nie!


Mer senn verschennt,

mer Schwowe:

von Rechts on von Lenks.

Weil mer en khä Schublad net passe!

Dem Rechtse zu lenks,

dem Lenkse zu rechts!

En der Freiheit

Solle mer net senn,

was mer senn!

Rechts war de Tod

on lenks war die Not!

Macht eich khä Sorche om ons!

Meer fenne de Weech!

On senn, was mer senn!

Hinner ons die Frem;

En Deitschland derhem!


Wir Schwowe
haben Alle ein Zeichen
im Gesicht, auf der Stirn, in den Augen!
Man kennt uns von weitem.
Wir sind gebrannt,
und gepfändet
und beschimpft.

Wir Schwowe!
Gebrannt vom Krieg,
vom Lager, von Flucht und von Not.
Gebrannt von Braun und Rot,
von Scham und Tod!
Wir sind gepfändet:
Das Feld ist verloren,
das Viech aus dem Tor;
tot sind die Pferde,
und die Tenne ist leer.

Nach allem wurde gegriffen,
meinend, das macht reich.
Nur nicht nach dem Fleiß -
der macht doch einen
so müd´ und so heiß!
Sie schrien nach Allem
„im Namen des Volkes" -
und wurden so arm, wie noch nie!

Wir wurden beschimpft,
wir Schwowe:
von Rechts und von Links,
weil wir in keine ihrer
Schubladen passen!
Dem Rechten zu links,
dem Linken zu rechts!

In der Freiheit,
sollten wir nicht sein
was wir sind!(?)
Rechts war der Tod
und Links war die Not!

Macht euch keine Sorgen um uns!
Wir finden den Weg!
Und sind, was wir sind!
Hinter uns die Fremde:
In Deutschland zuhause!


Original von Hans Kehrer, ("Vetter Matz aus Hopsenitz")

übersetzt in Billeder Mundart von Johann Steiner, vorgetragen bei dem Billeder Heimattreffen 2013,

in´s Deutsche rückübersetzt, leicht verfremdet, von mir.
_grumpes
schrieb am 22.12.2013, 14:21 Uhr
In Weihnachtszeiten

Hermann Hesse
In Weihnachtszeiten reis' ich gern
Und bin dem Kinderjubel fern
Und geh' in Wald und Schnee allein.
Und manchmal, doch nicht jedes Jahr,
Trifft meine gute Stunde ein,
Daß ich von allem, was da war,
Auf einen Augenblick gesunde
Und irgendwo im Wald für eine Stunde
Der Kindheit Duft erfühle tief im Sinn
Und wieder Knabe bin...
Mynona
schrieb am 22.12.2013, 22:26 Uhr
Das etwas andere Weihnachtsgedicht
When the snow falls wunderbar
And the children happy are
When the Glatteis on the street
And we all a Glühwein need
Then you know es ist soweit
She is here the Weihnachtszeit

Every Parkhaus is besetzt
Weil die people fahren jetzt
All to Kaufhof Mediamarkt
Kriegen nearly Herzinfarkt
Shopping hirnverbrannte things
And the Christmasglocke rings

Merry Christmas merry Christmas
Hear the music see the lights
Frohe Weihnacht Frohe Weihnacht
Merry Christmas allerseits.....

Mother in the kitchen bakes
Schoko-Nuss-and Mandelkeks
Daddy in the Nebenraum
Schmücks a Riesen-Weihnachtsbaum
He is hanging auf the balls
Then he from the Leiter falls.........

Finally the Kinderlein
To the Zimmer kommen rein
And the sings the family
Schauerlich: "Oh Christmastree!"
And the jeder in the house
Is packing die Geschenke aus


Merry Christmas merry Christmas
Hear the music see the lights
Frohe Weihnacht Frohe Weihnacht
Merry Christmas allerseits.....

Mama finds under the Tanne
Eine brandnew Teflon-Pfanne
Papa gets a Schlips and Socken
Everybody does frohlocken
President speaks in TV
All around is Harmonie

Bis mother in the kitchen runs:
Im Ofen burns the Weihnachtsgans


And so comes die Feuerwehr
With Tatü tata daher
And they bring a long long Schlauch
And a long long Leiter auch
And they schrei-"Wasser marsch!"
Christmas is-now im-Eimer..............


Merry Christmas merry Christmas
Hear the music see the lights
Frohe Weihnacht Frohe Weihnacht
Merry Christmas allerseits.....
Slash
schrieb am 23.12.2013, 11:17 Uhr
Weihnachten
Theodor Fontane

Noch einmal ein Weihnachtsfest,
immer kleiner wird der Rest,
aber nehm` ich so die Summe,
alles Grade, alles Krumme,
alles Falsche, alles Rechte,
alles Gute, alles Schlechte -
rechnet sich aus all dem Braus
doch ein richtig Leben raus.
Und dies können ist das Beste
wohl bei diesem Weihnachtsfeste.

Fahren Sie mit der Maus über die Box um die Vorschau anzuzeigen.
...
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Haiduc
schrieb am 23.12.2013, 23:37 Uhr
Weihnachtsglocken

O Winterwaldnacht, stumm und hehr,
mit deinen eisumglänzten Zweigen,
lautlos und pfadlos, schneelastschwer, -
wie ist das groß, dein stolzes Schweigen!

Es blinkt der Vollmond klar und kalt;
in tausend funkelharten Ketten
sind fest geschmiedet Berg und Wald,
nichts kann von diesem Bann erretten.

Der Vogel fällt, das Wild bricht ein,
der Quell erstarrt, die Fichten beben;
so ringt den großen Kampf ums Sein
ein tausendfaches banges Leben.

Doch in den Dörfern traut und sacht,
da läuten heut’ zur Welt hinieden
die Weihnachtsglocken durch die Nacht
ihr Wunderlied - vom ew’gen Frieden.

(Karl Stieler)
sibihans
schrieb am 24.12.2013, 10:41 Uhr

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lucky_271065
schrieb am 26.12.2013, 08:46 Uhr
Hiemet

Thomas Städter

Et gitt ierest af deser Wealt
en Platz, die mir sihr geat gefällt:
Do än dem Tual äm den Zabeng
luat Hammerschderf, de Hiemet meng.

De Schül, de Kirch än der Gemien,
do fauhlde mir es äng derhiem,
af Feeldern, Wisen uch dertäos,
net färr vun äosem Äldernhäos.

Erännerunge sen eas bliwen
u Kängdhiet än de gange Gohren,
un Ürter, wo mir hu gespillt
uch mät de Frängde gläcklich woren.

De Jugendzegt än der Gemien
um allerheschte wor derhiem:
Do hu mer vill geat Gohr verbroocht –
u Fremd uch net emol gedoocht, –

wo‘m äos geduuft uch konfirmiert,
wo Fruad wor, Zehre se‘ gefloßen,
de Kirch, wo uch det Buund der Ih
mät Ärnst fürt Leawe word geschloßen.

Und host äm Leawen tea hegt Gläck,
dink un de Hiemet uch zeräck!
Denn dot, wat sao dir hot gegeen,
kun nehmend ois dem Herzen der nehn.

Zeräck se‘ mer na wedder kunn
hiër än det Luund vun äosen Ahnen,
wo mir mät dunkborem Herzen nao
en nua Hiemet nooch iest hu fangden.

Fauhlst tea dich awer oft ellien,
dink, wao et daumols wor derhiem.
De Kängdhiet, Jugend uch dot Gläck,
dä ku jo näckest mih zeräck.
S.Roth
schrieb am 27.12.2013, 00:52 Uhr
Knarren eines geknickten Astes...

Geknickter Ast, an Splittersträngen
Noch schaukelnd, ohne Laub und Rinde,
Ich seh ihn Jahr um Jahr so hängen,
Sein Knarren klagt bei jedem Winde.

So knarrt und klagt es in den Knochen
Von Menschen, die zu lang gelebt,
Man ist geknickt, noch nicht gebrochen,
Man knarrt, sobald ein Windhauch bebt.

Ich lausche deinem Liede lange,
Dem fasrig trocknen, alter Ast,
Verdrossen klingts und etwas bange,
Was du gleich mir zu knarren hast.
(Hermann Hesse)

lucky_271065
schrieb am 15.01.2014, 11:17 Uhr
Gute Nacht

Tagesmüde Vögel fliegen
Schläfrig ihren Nestern zu,
Die versteckt im Laube liegen -
Gute Ruh!

Nur die Quellen seufzen bange,
Schweigend steht der dunkle Hain,
Auch der Garten schläft schon lange -
Schlummre ein!

Schwäne ziehen durch die Wellen,
Wo ihr Bett im Rohr gemacht -
Englein sich zu dir gesellen,
Gute Nacht!

Stolzer Mond aus Himmelsräumen
Strahlt auf's Zauberbild hienieden,
Einklang überall und Träumen -
Schlaf' in Frieden!

Mihai Eminescu (15. Januar 1850 - 15. Juni 1989)

übersetzt von Mite Kremnitz (1852-1916)

http://www.deutsche-liebeslyrik.de/europaische_liebeslyrik/eminescu.htm

Hier auch im Original:

Somnoroase păsărele...

Somnoroase păsărele
Pe la cuiburi se adună,
Se ascund în rămurele -
Noapte bună!

Doar izvoarele suspină,
Pe când codrul negru tace;
Dorm şi florile-n grădină -
Dormi în pace!

Trece lebăda pe ape
Între trestii să se culce -
Fie-ţi îngerii aproape,
Somnul dulce!

Peste-a nopţii feerie
Se ridică mândra lună,
Totu-i vis şi armonie -
Noapte bună!

Und hier gesungen vom Madrigal-Chor

Somnoroase Pasarele - Madrigal
Haiduc
schrieb am 16.01.2014, 21:52 Uhr
Einem Freunde

»Lege das Ohr an die Erde
und höre! ...
und du wirst Hufgestampf hören,
in weiter Ferne nur, aber näher
und näher kommend!«

Es liegt etwas in der Luft, mein Freund,
es liegt etwas in der Luft!
Hörtest du den Wettersturm zur Nacht,
wie’s in den alten Eichen gekracht?
wie es die Fensterläden schlug
und heulend im Kamin sich fing?
Sahst du den Himmel heute früh,
wie Blut so rot, brandfackelglüh?!
Es liegt etwas in der Luft, mein Freund,
es liegt etwas in der Luft!

Es ist eine seltsame Zeit, mein Freund,
es ist eine seltsame Zeit!
ein immer toller Gehaste von Jahr zu Jahr!
nichts soll mehr bleiben, wie es war!
nichts soll im alten Gleis mehr gehn
und ruhig, fest und sicher stehn!
Ein jeder redet und redet drein,
und jeder will der Klügere sein!
Der eine hofft dies, der andere das,
und keiner aber weiß recht: was?!
Es ist eine seltsame Zeit, mein Freund,
es ist eine seltsame Zeit!

Und wie es gestalten sich wird, mein Freund,
und wie es gestalten sich wird?
in welcher Richtung? in welchem Sinn?
ob zu Verderben? ob zu Gewinn?
Die Jungen haben es in der Hand ...
die Jungen mit ihrem Jugendmut,
mit ihrem Glauben, mit ihrer Glut!
und wenn sie furchtlos festen Blicks
hinaussehn über ihr kleines Heut
und über Parteigezänk und Neid ...
dann, glaub ich, gestaltet sich’s gut, mein Freund,
dann, glaub ich, gestaltet sich’s gut!

Cäsar Otto Hugo Flaischlen

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