Institution Kirche

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.

Mynona
schrieb am 25.02.2011, 09:07 Uhr
"Geistliche, Nonnen und Mönche werden aufgefordert, sich der Verbreitung politischer Botschaften zu enthalten."

Leider klappt das nie so gut da gerade die orthodoxe Kirche immer auch gerne in Staatsdingen mitmischt.Will sie in Rum.vll auch wieder verstärkt..
Popescu
schrieb am 25.02.2011, 12:56 Uhr
Chauvinismus, egal von wo kommend, lehne ich entschieden ab.
Überall gab es, gibt es und wird es geistig verwirrte geben. Manchenorts wird einem solchen Spuk, wenn es sein muss durch Mord (siehe Codreanu 1938), ein Ende gesetzt. Anderenorts kommt so etwas, auf demokratischem Wege, an die Macht. Interessant ist, dass derartige Individuen es schaffen in entsprechenden Kreisen als Märtyrer zu gelten. Sicher ist die faschistische Bewegung im heutigen Rumänien eine „maßgebliche“ Macht, während in Deutschland es so gut wie unmöglich ist, irgendetwas über derartige Menschen zu erfahren. Gott sei Dank wird auch in unserem Treffpunkt, von allen Seiten, so massiv es jeder eben vermag, jede chauvinistische Idee verdammt.
Es ist mir unklar, ob die Nazis sich beim Horst-Wessel-Lied bei den Legionari inspiriert haben oder umgekehrt, neige aber dazu zu glauben, dass im Schlechten immer die Rumänen die Vorbilder der Deutschen waren.
„Das Herzstück dieses Ständchens war die düstere Hymne der "Heiligen Legionärsjugend", ein dem Horst-Wessel-Lied vergleichbares Kampflied rumänischer Nazis“
und.
„Der Gründer der Legion Codreanu wurde 1938 ermordet und gilt seither in den Reihen seiner neolegionären Anhängerschaft als Märtyrer, als Heiliger, als vorbildlicher Antikommunist und makelloser nationaler Held.“

Beim:
„Die antisemitischen und rassistischen Fundamente der Legionärsideologie werden von ihren heutigen Anhängern verharmlost. Die Attentate, an denen auch einige Gründerväter der klerikalfaschistischen Legionärsbewegung aktiv beteiligt waren, werden heruntergespielt oder als legitime Verteidigungsaktionen im Kampf gegen den jüdischen Bolschewismus und die korrupte Zwischenkriegsdemokratie dargestellt.“
ist es natürlich so, dass so etwas nur in Rumänien der Fall ist, in Deutschland, Ungarn oder Holland, um nur 3 Beispiele zu nennen, ist es ganz anders (zumindest kann da nicht von Legionari geredet werden).

@Pavel-chinezul:
„Ja, leider ging es dort von einer Diktatur in die andere über. Nur die Bennenung und die Akteure hatten sich geändert, aber das Thema blieb das Gleiche!“
Welch ein Unterschied zur DDR!
Das Problem ist aber auch, dass die Akteure sich nicht insgesamt geändert hatten. Übrigens beim Wechsel Diktatur zur Demokratie (siehe BRD) auch nicht.
Und noch einmal: In Rumänien hat es zu keinem Zeitpunkt eine Diktatur der Legionari gegeben, nur eine zu bedauernde und nicht lang anhaltende Beteiligung an der Macht. Deutschland hatte auch da die Hand im Spiel (dies nur um die Geschichte ein wenig in meinem Sinne wieder einmal zu verfälschen. Hoffentlich widerspricht man nicht und lässt diese Geschichtsfälschung großzügig durch).

@Mynona,
mischt die katholische Kirche in politischen Dingen nicht mit? Ich will nur zwei positive Beispiele bringen: Beim Zusammenbruch des Kommunismus, beginnend mit der Solidarnosc, hat die Kirche keine Rolle gespielt? Und in der DDR, hat sich die Kirche vollkommen herausgehalten? Es ist gerade Aufgabe der Kirche mitzumischen. Die Frage ist nur wie und was sie tut. Wieso sage ich es Ihnen eigentlich, sie wissen es mit Sicherheit auch selbst, ist Ihnen nur kurz entfallen.

pavel_chinezul
schrieb am 25.02.2011, 13:21 Uhr (am 25.02.2011, 13:21 Uhr geändert).
@Popescu,

Wenn Sie schon mir nicht glauben, dann vielleicht den Herrschaften:

http://www.siebenbuerger.de/zeitung/artikel/alteartikel/1287-die-diktaturen-rumaeniens.html

Mit Rumänien befassen sich zwei Beiträge: Hans-Christian Maner untersucht die Voraussetzungen der autoritären Monarchie, Florin Müller die autoritären Regime in den Jahren 1938 bis 1944.
Und was kam kurz darauf? Die kommunistische Diktatur! Also was ist falsch an meiner Aussage „von einer Diktatur in die nächste“? Wieso meinen Sie ständig die Legionäre, wenn Sie mir zu widersprechen versuchen? Wahrscheinlich, weil Sie bei mir irgendwelche rechte Hintergedanken vermuten (und die schlagen Sie sich mal gefälligst aus dem Kopf)! Ich meine Diktaturen allgemein! Die Karls II, die Antonescus und dann die der Kommunisten!
Popescu
schrieb am 25.02.2011, 14:15 Uhr
@Pavel-Chinezul
Sie wollen selbst da, wo zwischen uns keine Meinungsunterschiede bestehen, welche hineininterpretieren. Ich habe nirgends und niemals behauptet in Rumänien hätte es die Diktatur des Karl II oder des Antonescu nicht gegeben. Und darüber, dass danach, also so schön langsam, die kommunistische Diktatur kam und immer schlimmer wurde sind wir uns (hoffentlich) auch einig. Ich unterstelle Ihnen keine rechten Hintergrundgedanken, höchstens, dass Sie annehmen, dass das rumänische Volk all das gewollt hat und zu spät erkannte, dass es doch das Falsche war. Dem rumänischen Volk kann nicht nachgewiesen werden, dass es Karl I wollte, hatte aber ein großes Glück gerade ihn als König erhalten zu haben. In seiner Nachfolge kam Ferdinand (na ja, ob er irgend etwas Entscheidendes getan hat, dass es zu Großrumänien kam?) und dann Karl II. Die Rumänen wurden nicht viel gefragt. Es stimmt, dass die BEWEGUNG von zu vielen getragen wurde, aber Karl II hat kurzen Prozess gemacht (ob seine Freundin Lupescu ein Wörtchen mitgeredet hat?), den mit einem Codreanu statt eines Sima hätte es Antonescu möglicherweise schwerer gehabt. Und den Kommunismus den Rumänen vorzuwerfen ist sicher noch grotesker als es wäre, wenn man ihn den DDR-lern vorwerfen würde. Er ist das Ergebnis einer Installation des Lenin in Russland und des 30.10.1933 – beides deutsche Angelegenheiten. Das deutsche Volk hat den Hitler gewollt und ich gehe davon aus, dass sehr viele es bedauern, dass der zweite Weltkrieg nicht erfolgreich beendet wurde, auch wenn sie keineswegs Nazis sind.
Sie können sich gerne zu dem worin wir uns m.E. nicht einig sind äußern, werden es aber ziemlich sicher nicht tun.
pavel_chinezul
schrieb am 25.02.2011, 15:24 Uhr (am 25.02.2011, 15:25 Uhr geändert).
Herr Popescu,

Ich bin mit ihnen in vielen Angelegenheiten schon einer Meinung. Ich finde es nur schade, dass Sie dem deutschen Volke die Schuld an allem geben, was folgende 2 Punkte betrifft.

1. Lenin und damit die unsägliche Ideologie die er verbreitet hat, wurde nicht von „den Deutschen“ (das deutsche Volk) nach Russland gebracht, sondern von der obersten deutschen Heeresleitung, wohl mit Genehmigung des deutschen Kaisers und die waren nicht vom deutschen Volke gewählt worden!
2. Die Machtübernahme Hitlers, ging doch nicht direkt aus demokratischen Wahlen hervor. Es waren wohl demokratische Wahlen, demokratisch wie sie zu der Zeit wohl sein konnten, ja, aber es hört sich bei ihnen so an, als hätten ihn die Wähler (das deutsche Volk) zum Reichskanzler gewählt. Er ist aber selber, nicht durch Wahlen an die Macht gekommen! Seine Partei hatte noch nicht einmal die nötige Mehrheit! Er wurde dem Volk von anderen vorgesetzt!

An diesem Tag im Jahre 1933 wurde Adolf Hitler von Hindenburg als Reichskanzler einer Koalitionsregierung des Nationalen Zusammenschlusses vereidigt, in der die Nationalsozialisten in der Minderzahl waren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Machtergreifung

Übrigens, auch heute wird der/die Bundeskanzler/in nicht direkt vom Volke gewählt!

Ob die Diktatur der Kommunisten in Rumänien nur schön langsam kam und immer schlimmer wurde, habe ich so meine Zweifel. Ich denke eher, dass sie kraftvoll ankam und danach sehr lange davon zehrte. Genauso wie überall im Ostblock und jetzt auch in den arabischen Ländern, fragt man sich, wieso alles wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Es lag/liegt auch wohl daran, dass neben der Tatsache, dass die Sowjets nicht mehr unterstützten/unterstützen, das Renommee der Diktaturen und die Angst davor in der Bevölkerung im Endeffekt größer waren/sind, als es in Wirklichkeit war/ist. Wären sich die Menschen ihrer Kraft bei Geschlossenheit bewusst gewesen, wären Diktaturen schnell untergegangen. Meine Meinung.
grumpes
schrieb am 25.02.2011, 16:29 Uhr
@pavel_chinezul,
zu erwähnen wäre auch die vorbildliche Arbeit des Deutschen Volkes bei der Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit, wie hier :
Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen



Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums
Kuratoren: Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer, Dr. Simone Erpel, Klaus-Jürgen Sembach



Auch 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bleiben Hitler und der Nationalsozialismus brisante Themen. Jede Generation stellt sich ähnliche Fragen:
Wie war Hitler möglich? Wie konnten Hitler und der Nationalsozialismus, die für Krieg, Verbrechen und Völkermord verantwortlich waren, bis zum Schluss auf eine breite Akzeptanz in Deutschland bauen? Warum waren viele Deutsche bereit, ihr Handeln auf den »Führer« auszurichten und somit die NS-Diktatur aktiv zu unterstützen?
Die Ausstellung sucht Antworten, indem sie nicht nur Hitler, sondern auch die deutsche Gesellschaft und deren Bedeutung für die Herrschaft des Nationalsozialismus in den Blick nimmt.
Der junge Hitler war eine unscheinbare Figur. Nichts schien ihn für eine politische Karriere zu prädestinieren. Dennoch fand er eine gläubige Gefolgschaft und stieg rasch zum mächtigsten Mann Europas auf. Seine Macht lässt sich darum nicht allein mit seinen persönlichen Eigenschaften erklären. Wichtiger sind die politisch-gesellschaftlichen Bedingungen seiner Zeit und die mentalen Befindlichkeiten der Deutschen. Er mobilisierte ihre sozialen Ängste und Hoffnungen und setzte sie für seine parteipolitischen Zwecke ein. Die Herrschaft stützte sich auf Massenbegeisterung und Zustimmung sowie auf Gewalt, Mord und physische Vernichtung.



Die Ausstellung zeigt die Verschränkung von Hitlers persönlicher Macht mit den Hoffnungen und Interessen von großen Teilen der deutschen Gesellschaft. Erst durch die breite Zustimmung der Bevölkerung zu Hitlers Rolle als »Führer« festigte sich seine Diktatur. Dabei verstrickte sich die Gesellschaft mehr und mehr in die Politik des »Führerstaats«. Dieser versprach Arbeit, Aufstieg, Wohlstand und die Wiederherstellung voriger nationaler Größe. Die nationalsozialistische Politik bündelte diese Anreize in der Rhetorik der »Volksgemeinschaft«. Ihre soziale Praxis umfasste die scheinbare Integration der »Volksgenossen« sowie den Ausschluss der »Gemeinschaftsfremden«. Die NS-Politik führte zur Aushöhlung staatlicher Strukturen und moralischer Werte. Sie mündete in Zerstörung und Vernichtung.


Die Vergangenheitsaufarbeitung in Rumänien steckt noch in den Kinderschuhen.
Auch melden sich immer mehr Rumänische Nationalisten zu Wort, und behindern die Erstellung einer vernünftigen Bilanz.

Gruß
grumpes
Merlen
schrieb am 25.02.2011, 17:26 Uhr
@grumpes,
...."zu erwähnen wäre auch die vorbildliche Arbeit des Deutschen Volkes bei der Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit, ....."

jetzt nachdem die letzten Nazis die die BRD geprägt haben im Nirvana verschwinden (man verzeihe mir diese Respektlosigkeit) wird es leichter diese Vergangenheit aufzuarbeiten. Keiner hat noch etwas zu befürchten. Die letzten Jahrzehnte wurde eine tiefgreifende Aufarbeitung durch die Nachfolgestrukturen der "Wendehälse" erfolgreich verhindert. Verbrecher aus Politik, Justiz und Wirtschaft liefen mit guten Gehältern, dann Pensionen bis jetzt (aussterbend) in Deutschland unbehelligt herum und hatten Einfluss.
getkiss
schrieb am 25.02.2011, 18:01 Uhr
@Merlen:"Verbrecher aus Politik, Justiz und Wirtschaft liefen mit guten Gehältern, dann Pensionen bis jetzt (aussterbend) in Deutschland unbehelligt herum"

das gilt auch für viele kommunisten-schergen aus ganz osteuropa...und diese sind bei weitem noch nicht aussterbend
Popescu
schrieb am 25.02.2011, 18:02 Uhr
@pavel
wollen wir eine Diskussion darüber, was als "demokratische Wahlen" zu bezeichnen ist? Dann werden nie fertig. Das Volk wählt in freien Wahlen (demokratisch?) seine Vertreter in ein Parlament und dieses wählt den Kanzler. Bei Hitler hat der Präsident ihn ernannt, wie seine Vorgänger auch. Das war damals „demokratisch“. Undemokratisch wäre es gewesen, wenn der Putsch 1921 die Änderung gebracht hätte. Unfreie Wahlen (DDR, Rumänien, usw.) kann man nicht als demokratisch bezeichnen. Natürlich hat nicht das deutsche Volk den Kaiser gewählt, das russische aber erst Recht nicht. Verehrt haben die Deutschen aber ihren Kaiser schon und tun es immer noch. Ich nehme an, dass in jeder größeren deutschen Stadt ein Kaiserplatz / Kaiserstrasse existiert. Hitler hatte nicht die notwendige eigen Mehrheit, richtig. Welcher Kanzler nach 1945 hatte eine solche Mehrheit? Und das Schlimmste ist noch nicht einmal die Machtergreifung, sondern eher die Ermächtigungsgesetze, denen die Mehrzahl der gewählten Volksvertreter, also das Volk, zugestimmt haben.
Mit „so langsam“ habe ich bezüglich Kommunismus in Rumänien gemeint, dass dieser nicht am 24.08.1944 da war, sondern über mehrere (unfreie) Wahlen erst nach einigen Monaten/Jahren richtig im Sattel saß. Endgültig verloren hat meine Familie ihr Vermögen erst 1949.
Auch bezüglich des Kartenhauses gebe ich Ihnen Recht. Ich habe auch schon geäußert, dass andere Völker, etwa die Polen oder Ungarn, mehr gegen den Kommunismus getan haben als die Rumänen, habe aber auch darauf hingewiesen, dass diese eine katholische Kirche hatten, ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Die Verhältnisse in Rumänien bedauere ich möglicherweise mehr als Sie, nur halte ich nichts davon, die Schuld dem Volke zu geben. Helfen wir lieber, soweit wir es können, diesem Volk, dass es z.B. eine Institution bekommt die man JUSTIZ nennen darf. Alles andere würde sich m. E. ergeben.

@grumpes,
nach 1945 hat es eine vorbildliche Arbeit in Deutschland, wobei ich nicht weiß ob Sie auch die DDR meinen, gegeben. Richtig! Aber auch hier ist zu bedenken: in Deutschland hatten die Alliierten das Sagen, in Rumänien und im Osten die Sowjets. Und nach 1989? Wer kam da an die Macht - ein Iliescu mit den Mineriaden, während die DDR von der BRD „übernommen“ wurde. Es ist doch jedem klar, einem Rumänen in Rumänien oder sonst wo, erst Recht, wie schlecht alles verläuft. Die Rumänen brauchen aber nicht unbedingt eine vernünftige Bilanz, sondern eine vernünftige, schnell arbeitende, Justiz. Ich sagte schon, dass ich mit 90% zufrieden wäre.
Merlen
schrieb am 25.02.2011, 18:45 Uhr
@getkiss,
stimmt!
Merlen
schrieb am 25.02.2011, 18:51 Uhr (am 25.02.2011, 18:58 Uhr geändert).
@Popescu
"nach 1945 hat es eine vorbildliche Arbeit in Deutschland, wobei ich nicht weiß ob Sie auch die DDR meinen, gegeben. Richtig!"

Nein, falsch!
In dem Moment als die Alliirten dies den Deutchen selbst überließen haben deren Wendehalsjustiz (in der viele Scharfrichter der Nazis sassen) nur noch maximal milde Urteile und noch mehr Freisprüche ("was damals Recht war kann heute ja kein Unrecht sein", z.B. Filbinger) gesprochen. Erst in den 90ern gab es wieder Richter welche auf dem rechten Auge nicht mehr ganz blind waren.
grumpes
schrieb am 25.02.2011, 19:11 Uhr (am 25.02.2011, 19:31 Uhr geändert).
@Merlen:
jetzt nachdem die letzten Nazis die die BRD geprägt haben im Nirvana verschwinden (man verzeihe mir diese Respektlosigkeit) wird es leichter diese Vergangenheit aufzuarbeiten.

@Merlen,
zum Glück bin ich nach meiner Ankunft in D, sehr früh mit diesem Thema konfrontiert worden.
Eine Arbeitskollegin hatte immer einen Judenstern an der Jacke angeheftet.
Den packte sie bei Arbeitsbeginn immer in Ihre Tasche und heftete ihn wieder an die Jacke nach Feierabend.
Irgendwann habe ich sie gefragt warum diese "Rituale" von Ihr vollzogen werden.
Die Antwort war verblüffend einfach :"Damit versuche ich täglich meinen Vater an seine Verbrechen als Offizier in der SS zu erinnern.
OK, das war "Hardcore", hat mich aber zum nachdenken gebracht.
Der "Rechtsradikalismus" den wir in den neuen Bundesländern erleben, resultiert aus der Nachlässigkeit des DDR Regimes diese Vergangenheit aufzuarbeiten.
Auch die SBS haben keine Gelegenheit gehabt diese Vergangenheit richtig aufzuarbeiten, da lag es doch nahe ein Nazi - Deutsches Regime, dem Ceauşescu Kommunismus vorzuziehen, nach dem 2-ten Weltkrieg hatte man doch keine anderen Vergleichsmöglichkeiten.
Gruß
grumpes
Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen,dass A falsch war.
Bertold Brecht


Auch sehr zu empfehlen :
Wolfgang Borchert war ein deutscher Schriftsteller. Er ist einer der bekanntesten Autoren der Trümmerliteratur, jener kurzlebigen Literaturepoche nach dem Zweiten Weltkrieg, die vom Zusammenbruch der Städte, von Familienstrukturen und den Traumata des Krieges geprägt ist.
gerri
schrieb am 25.02.2011, 19:43 Uhr (am 25.02.2011, 19:49 Uhr geändert).
Hallo grumpes,hat die Kollegin noch bei ihren Eltern gewohnt? Da hat der Rechte Vater viel Freude mit seiner Linken Tochter gehabt,oder haben sie irgendwann die goldene Mitte gefunden?

Gruß, Geri
grumpes
schrieb am 25.02.2011, 19:53 Uhr
Gerri:
Hallo grumpes,hat die Kollegin noch bei ihren Eltern gewohnt?
Ja, Gerri, ich sagte doch schon: Das war "hardcore", eine extreme Situation.
Gruß
grumpes
grumpes
schrieb am 25.02.2011, 20:05 Uhr
Das hohle Fenster in der vereinsamten Mauer gähnte blaurot voll früher Abendsonne. Staubgewölke flimmerten zwischen den steilgereckten Schornsteinresten. Die Schuttwüste döste.

Er hatte die Augen zu. Mit einmal wurde es noch dunkler. Er merkte, dass jemand gekommen war und nun vor ihm stand, dunkel, leise. „Jetzt haben sie mich!“, dachte er. Aber als er ein bisschen blinzelte, sah er nur zwei etwas ärmlich behoste Beine. Die standen ziemlich krumm vor ihm, dass er zwischen ihnen hindurchsehen konnte. Er riskierte ein kleines Geblinzel an den Hosenbeinen hoch und erkannte einen älteren Mann. Der hatte ein Messer und einen Korb in der Hand. Und etwas Erde an den Fingerspitzen.

„Du schläfst hier wohl, was?“, fragte der Mann und sah von oben auf das Haargestrüpp herunter. Jürgen blinzelte zwischen den Beinen des Mannes hindurch in die Sonne und sagte: „Nein, ich schlafe nicht. Ich muss hier aufpassen.“ Der Mann nickte: „So, dafür hast du wohl den großen Stock da?“

„Ja“, antwortete Jürgen mutig und hielt den Stock fest.

„Worauf passt du denn auf?“

„Das kann ich nicht sagen.“ Er hielt die Hände fest um den Stock.

„Wohl auf Geld, was?“ Der Mann setzte den Korb ab und wischte das Messer an seinen Hosenbeinen hin und her.

„Nein, auf Geld überhaupt nicht“, sagte Jürgen verächtlich. „Auf ganz etwas anderes.“ „Na, was denn?“

„Ich kann es nicht sagen. Was anderes eben.“

„Na, denn nicht. Dann sage ich dir natürlich auch nicht, was ich hier im Korb habe.“ Der Mann stieß mit dem Fuß an den Korb und klappte das Messer zu.

„Pah, kann mir denken, was in dem Korb ist“, meinte Jürgen geringschätzig, „Kaninchenfutter.“

„Donnerwetter, ja!“, sagte der Mann verwundert, “bist ja ein fixer Kerl. Wie alt bist du denn?“
v „Neun.“ „Oha, denk mal an, neun also. Dann weißt du ja auch, wie viel drei mal neun sind, wie?“

„Klar“, sagte Jürgen, und um Zeit zu gewinnen, sagte er noch: „Das ist ja ganz leicht.“ Und er sah durch die Beine des Mannes hindurch. „Dreimal neun, nicht?“, fragte er noch einmal, „siebenundzwanzig. Das wusste ich gleich.“

„Stimmt“, sagte der Mann, „und genau soviel Kaninchen habe ich.“ Jürgen machte einen runden Mund: „Siebenundzwanzig?“

„Du kannst sie sehen. Viele sind noch ganz jung. Willst du?“

„Ich kann doch nicht. Ich muss doch aufpassen“, sagte Jürgen unsicher. “Immerzu?“, fragte der Mann, „nachts auch?“

„Nachts auch. Immerzu. Immer.“ Jürgen sah an den krummen Beinen hoch. „Seit Sonnabend schon“, flüsterte er.

„Aber gehst du denn gar nicht nach Hause? Du musst doch essen.“

Jürgen hob einen Stein hoch. Da lagen ein halbes Brot und eine Blechschachtel. „Du rauchst?“, fragte der Mann, „hast du denn eine Pfeife?“

Jürgen fasste seinen Stock fest an und sagte zaghaft: „Ich drehe. Pfeife mag ich nicht.“

„Schade“, der Mann bückte sich zu seinem Korb, „die Kaninchen hättest du ruhig mal ansehen können. Vor allem die Jungen. Vielleicht hättest du dir eines ausgesucht. Aber du kannst hier ja nicht weg.“

„Nein“, sagte Jürgen traurig, „nein, nein.“

Der Mann nahm den Korb hoch und richtete sich auf. „Na ja, wenn du hierbleiben musst - schade.“ Und er drehte sich um.

„Wenn du mich nicht verrätst“, sagte Jürgen da schnell, „es ist wegen den Ratten.“ Die krummen Beine kamen einen Schritt zurück: „Wegen den Ratten?“

„Ja, die essen doch von Toten. Von Menschen. Da leben sie doch von.“

„Wer sagt das?“

„Unser Lehrer.“

„Und du passt nun auf die Ratten auf?“ fragte der Mann.

„Auf die doch nicht!“ Und dann sagte er ganz leise: „Mein Bruder, der liegt nämlich da unten. Da.“ Jürgen zeigte mit dem Stock auf die zusammengesackten Mauern. „Unser Haus kriegte eine Bombe. Mit einmal war das Licht weg im Keller. Und er auch. Wir haben noch gerufen. Er war viel kleiner als ich. Erst vier. Er muss hier ja noch sein. Er ist doch viel kleiner als ich.“

Der Mann sah von oben auf das Haargestrüpp. Aber dann sagte er plötzlich: „Ja, hat euer Lehrer euch denn nicht gesagt, dass die Ratten nachts schlafen?“

„Nein“, flüsterte Jürgen und sah mit einmal ganz müde aus, „das hat er nicht gesagt.“ „Na“, sagte der Mann, „das ist aber ein Lehrer, wenn er das nicht mal weiß. Nachts schlafen die Ratten doch. Nachts kannst du ruhig nach Hause gehen. Nachts schlafen sie immer. Wenn es dunkel wird, schon.“

Jürgen machte mit seinem Stock kleine Kuhlen in den Schutt. „Lauter kleine Betten sind das“, dachte er, „alles kleine Betten.“

Da sagte der Mann (und seine krummen Beine waren ganz unruhig dabei): „Weißt du was? Jetzt füttere ich schnell meine Kaninchen und wenn es dunkel wird, hole ich dich ab. Vielleicht kann ich eins mitbringen. Ein kleines oder, was meinst du?“ Jürgen machte kleine Kuhlen in den Schutt. „Lauter kleine Kaninchen. Weiße, graue, weißgraue.“ „Ich weiß nicht“, sagte er leise und sah auf die krummen Beine, „wenn sie wirklich nachts schlafen.“

Der Mann stieg über die Mauerreste weg auf die Straße. „Natürlich“, sagte er von da, „euer Lehrer soll einpacken, wenn er das nicht mal weiß.“

Da stand Jürgen auf und fragte: „Wenn ich eins kriegen kann? Ein weißes vielleicht?“

„Ich will mal versuchen“, rief der Mann schon im Weggehen, „aber du musst hier solange warten. Ich gehe dann mit dir nach Hause, weißt du? Ich muss deinem Vater doch sagen, wie so ein Kaninchenstall gebaut wird. Denn das müsst ihr ja wissen.“ „Ja“, rief Jürgen, „ich warte. Ich muss ja noch aufpassen, bis es dunkel wird. Ich warte bestimmt.“ Und er rief: „Wir haben auch noch Bretter zu Hause. Kistenbretter“, rief er.

Aber das hörte der Mann schon nicht mehr. Er lief mit seinen krummen Beinen auf die Sonne zu. Die war schon rot vom Abend, und Jürgen konnte sehen, wie sie durch die Beine hindurch schien, so krumm waren sie. Und der Korb schwenkte aufgeregt hin und her. Kaninchenfutter war da drin. Grünes Kaninchenfutter, das war etwas grau vom Schutt.
Wolfgang Borchert

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.