Herta Müller . Ehrung

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bankban
schrieb am 27.09.2009, 13:41 Uhr
Ist doch klar: die Piratenpartei!
Joachim
schrieb am 27.09.2009, 17:19 Uhr
Ich war gerade wählen.
Meine Freundin macht Wahlhelferin und muss noch auszählen.
Dann geht es mit Vollgas nach Mainz in die Landesparteigeschäftsstelle, Rochusstr., dort wird dann gefeiert.
Ich bin erst mal froh, das alles rum ist.
Aber bitte geht alle wählen.
Gruß
Joachim
getkiss
schrieb am 27.09.2009, 23:05 Uhr (am 27.09.2009, 23:09 Uhr geändert).
Angesichts der letzten Beiträgen hier, schließe ich mich der Meinung an:
"Es wäre schön, wenn der thread wieder seiner Bestimmung zurückgeführt würde."
Und für die Wahl-Diskussion gibt es doch einen entsprechenden Thread?
Johann
schrieb am 29.09.2009, 22:00 Uhr
@getkiss (etwas spät)

Die "kulturelle Widerstandstheorie" macht nicht nur uns beide, sondern alle Mitglieder von Minderheiten zu Widerstandskämpfern.
Damit glaube ich, verfolgen einige ein Ziel: Da man nicht alle als Widerstandskämpfer ehren kann, muss man eine Auswahl treffen. Es sollen nur die Gerissenen geehrt werden z.B. diejenigen die in die kommunistische Partei oder Securitate eintraten, damit sie das Sachsen- bzw. Schwabentum vor dem Untergang retten konnten.


Die Doppelmoral der anonymen Müller-Apologeten bzw. Müller-Hagiographen und Gibson-Hasser ist schon überwältigend. Auf der einen Seite werden Müller und Wagner völlig unkritisch und euphemistisch verehrt, auf der anderen Seite Gibson verdammt und ausgeschlossen.

1. Da wirst du kritisiert, weil du das letzte Buch von Müller nicht lesen willst und zwar von Leuten, die vor ein paar Monaten ellenlang hier begründeten, warum sie das Buch von Gibson nicht lesen wollten.

2. Gibson hat nie behauptet Müller/Wagner hätten mit der Securitate mitgearbeitet, er hat nur Fragen zu ihrer Biographie gestellt. Bei dem Lebenslauf sind diese berechtigt. Dafür wurde er von den Anonymen auf das übelste angegangen, weil er keine Beweise hätte.

Müller hat mehrere Personen der Securitate-Mitarbeit bezichtigt. Nun heißt es plötzlich, es ist nicht so schlimm, wenn sie keine Beweise hat, es reicht, wenn die Anschuldigungen plausibel sind. Aufgrund einer Secu-Akte, die nach Angaben von Müller gefälscht ist und nur ein Bruchteil der Einträge enthält.

Ist eine Secu-Mitarbeit von im Westen lebenden Personen plausibler als etwa von einem langjährigen Kommunisten wie Wagner, der mit Preisen in Rumänien geehrt wurde und Westreisen während des Kommunismus machen konnte?
Wer ist den glaubwürdiger, ein Gibson, der im Knast saß wegen seiner Opposition oder Müler/Wagner, die Publizieren konnten und Preise in Rumänien entgegengenommen haben?

3. Müller-Ehrung: Ich finde Müller ist eine gute Schriftstellerin und sie hat die Banater nicht verunglipft. Die literarischen Preise sind OK.
Dissidentin oder Widerstandskämpferin war sie meiner Meinung nach nie, nicht einmal Zivilcourage kann ich feststellen.
Hätte sie den Roman "Atemschaukel" in Rumänien veröffentlicht, dann wäre ich anderer Meinung!
Mit den Niederungen hat sie inhaltlich das geschrieben, was die Kommunisten hören wollten.
Auch die Ceausescu-Kritik kam erst 1987 nach der Ausreise, da hatte Ceuasescu schon jeden Kredit im Westen verspielt, ganz anders als Gibson im Westen gegen ihn protestierte (1979).
Seit Grass über den Untergang der Wilhelm Gustloff geschrieben hat, sind eine Flut von literarischen und wissenschaftlichen Büchern über das Leid der deutschen Bevölkerung während und nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen. Auch hier reitet sie wieder auf einer Welle bzw. trampelt auf sicheren Pfaden, Zivilcourage sieht anders aus.

4. Dass diejenigen, die in diesem Thread sich ständig nach kritischen Stimmen zu Müller rufen, die Apologeten sind, die jede Äußerung, die nicht ins hagiographische Schema passt, ablehnen, möchte ich nur kurz erwähnen.
Wer will schon wie Gibson öffentlich demontiert werden?

@admins
Ich kann nicht nachvollziehen, dass Gibson hier ausgeschlossen wurde, während die anderen, die sich hier schlimmer wie er aufgeführt haben, weitermachen können.

@bankban
Es gibt genügend theologisch orientierte Menschen, die im Philosophenmantel ewige Wahrheiten verbreiten, solche Bücher lese ich nicht. Ausnahmen bestätigen die Regel, etwa Spaemann, der sich getraut hat, einen rationalen Gottesbeweis zu formulieren. Nach Anselm von Canterbury und Thomas von Aquin der interessanteste Gottesbeweis, auch wenn er mich nicht überzeugt hat.

Auch analytische Sätze sind keine ewigen Wahrheiten. Seit Quine wissen wir, dass der Unterschied zwischen analytischen und empirischen Sätze eben ein Dogma ist.
Ähnlich sieht es aus, mit einem anderen Dogma (de gustibus ..), dass Sie ständig zitieren. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren und es wird in einer Zeit, in der ästhetische Fragen dominieren, auch getan.
Mehr noch, ein Kollege Quine´s hat wichtige Gründe angeführt, warum es zwischen Kunst und Wissenschaft keinen prinzipiellen Unterschied gibt bzw. warum beide "Werkzeuge der Welterzeugung" sind.
Zwölf-Elf
schrieb am 30.09.2009, 02:25 Uhr
Auch analytische Sätze sind keine ewigen Wahrheiten.

Ist obiger Satz nun eine ewige Wahrheit? Dann wäre seine Aussage ja falsch und somit doch keine ewige Wahrheit?

Oder ist er auch keine ewige Wahrheit, d.h. es kann analytische Sätze geben, die ewige Wahrheiten sind?

Bin ich als Zwölf-Elf am Ende gar nicht Dreiundzwanzig? Hm ... da komm ich langsam ins quinieren ...
bankban
schrieb am 30.09.2009, 13:18 Uhr
@ Johann

"Mojde ani

Mojde ani lefonecho
Got, nit zorn
Se'e wos fun dajn kind
Is in der fremd geworn
Schwere jorn, lender file
Ich gedenk nit mer di tfile
Kum antkegn, ch'bin awek
dich suchn ojf fardrejter wegn
Ch'bin noch jung, umderfarn
S'kenen fremde mentschen mich farnarn

Mojde ani lefonecho meleh chaj wekajam
Schehechesarto bi nischmosi bechemlo
Rabo emunosecho"
Anchen
schrieb am 30.09.2009, 13:50 Uhr
Hie die Uebersetzung:

Ich gestehe

Ich gestehe vor deinem Angesicht
Zürne nicht, o Gott
Sieh, was aus deinem Kind
In der Fremde geworden ist
Schwere Jahre, viele Länder
Ich entsinne mich des Gebets nicht mehr
Komm mir entgegen
Ich such dich auf Umwegen
Ich bin noch jung und unerfahren
Fremde Menschen können mich narren
Ich danke Dir vor Deinem Angesicht, o lebendiger, ewiger Gott
Der Du mir meine Seele mit Erbarmen zurückgegeben hast
Groß ist Dein Glaube
bankban
schrieb am 30.09.2009, 13:53 Uhr
Danke Anchen,
ich wusste, dass ich wieder auf Dich setzen kann...:-))
old nick
schrieb am 30.09.2009, 13:54 Uhr
Johann schreibt: "Mit den Niederungen hat sie (Herta Müller) inhaltlich das geschrieben was die Kommunisten hören wollten." Wie oft in dieser Diskussion frage ich mich, ob die Leute eigentlich das gelesen haben worüber sie schreiben. Etwa die Geschichte "Die Meinung" in den Niederungen, die das Meinungsdiktat der Partei angreift, oder "Inge", eine Geschichte, die die Bürokratie der Partei verhohnepiepelt. Und man fragt sich schon, warum diese Geschichten ausgerechnet in der rumänischen Ausgabe zu finden sind und in der in Deutschland erschienen weggelassen wurden.
old nick
schrieb am 30.09.2009, 14:01 Uhr
getkiss
schrieb am 30.09.2009, 16:05 Uhr
@old nick:
"Und man fragt sich schon, warum diese Geschichten ausgerechnet in der rumänischen Ausgabe zu finden sind und in der in Deutschland erschienen weggelassen wurden."

Vielleicht um nicht auf hiesige Verhältnisse gemeint zu sein? Ich kann es nicht behaupten, darum das Fragezeichen.

Vielleicht eine Spezialistenantwort fällig?
seberg
schrieb am 30.09.2009, 16:21 Uhr (am 30.09.2009, 16:22 Uhr geändert).
Schönes mojde ani Lied, bankban! Mir schein, es geht darüber, dass das in der Fremde vergessene „Gebet“ der Kindheit dann letzlich doch zum sich selbst Wiederfinden („Rückgabe derSeele“) in der widrigen Fremde (auch hier in Deutschland) führen kann. Bei entsprechender Einstellung!! Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es dieses „Gebet“ in der Kindheit überhaupt gegeben hat, was ja keineswegs immer sicher ist (als gottloser Seelenklempner sehe ich das natürlich profan als guten „ödipalen“ und sonstigen „Sozialisations“-Ausgang )
bankban
schrieb am 30.09.2009, 16:35 Uhr
Danke fürs Kompliment, seberg.
Das Gedicht ist aber (leider) nicht von mir. Aber ein schönes Lied. Und du hast eine (!) schöne Interpretation gegeben.
Johann
schrieb am 30.09.2009, 21:52 Uhr
@ Zwölf-Elf

Danke, habe mich schlampig ausgedrückt. Richtig musste es heißen:
Sie verwechseln anscheinend analytische Sätze mit ewigen Wahrheiten.
Über "ewige Wahrehiten" kann man schlechterdings nichts rationales sagen. Das kann man mit dem berühmten Lügenparadoxon (oben in ungewandelter Form) gut zeigen.

Unser Theologe hier will ja beides hier auf Erden, wo zur Zeit leider nicht mehr wie im Mittelalter theologische, sondern säkulare Argumente gerade in Mode sind, als Philosoph bzw. wenigstens im Philosophenmantel auftreten. Auf der anderen Seite sich aber für´s Jenseits absichern, falls es doch einen Gott und ein Leben nach dem Tode gibt.

Anscheinend kommt auch daher seine unkritische Begeisterung für Müller.
Die hat auch so "klar" formuliert in ihren Niederungen, dass sie im Kommunismus als fortschrittlich prämiert wurde und danach auch im Westen als Widerstandskämpferin.

Klare Sätze zu formulieren, war und ist gefährlich.
Romane zu schreiben, ohne was zu sagen, ist das Geheimnis aller erfolgreichen Opportunisten.
seberg
schrieb am 01.10.2009, 00:05 Uhr (am 01.10.2009, 00:14 Uhr geändert).
@Johann: „Klare Sätze zu formulieren, war und ist gefährlich“.

So wie obiger klarer Satz pauschalisierend und generalisierend formuliert ist, stimmt seine Aussage: er ist gefährlich, weil oft falsch. Und so wie deine Sätze sehr oft klar formuliert sind (wie z.B. der obige) finde ich sie tatsächlich oft gefährlich: Tranşant, tranchand, ich fühle sie regelrecht schneiden.

(Und natürlich gibt es klar formulierte Sätze, die völlig ungefährlich und ein-eindeutig sind, z.B. in der
Mathematik)

Aber sind, im Umkehrschluss, unklare Sätze weniger gefährlich?

Deine unklar (z.B. „schlampig“, s.oben) formulierten Sätze, finde ich, sind mindestens so gefährlich, wie deine oft klar formulierten.


@Johann: „Romane zu schreiben, ohne was zu sagen, ist das Geheimnis aller erfolgreichen Opportunisten“.

Gehe ich richtig in der Annahme, dass du damit Herta Müller meinst? Du sagst es diesmal aber nicht KLAR, du sagst es ohne ihren Namen zu nennen. Also ungefährlich? Oder gefährlich polemisch?

Andererseits sagst du: „Müller… hat auch so „klar“ formuliert in ihren Niederungen, dass sie im Kommunismus…“ usw.
Du meinst mit dem in Gänsefüßchen gesetzten Wort "klar" also, ironisierend, sie habe UNKLAR formuliert? Aus Oportunismus? Ohne dass du es KLAR sagst, sondern indirekt-ironisch? Also ungefährlich? Oder gefährlich diffamierend?

Die Romane von Herta Müller sagen dir nichts, also ist sie eine Oportunistin?

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