Altes Haus - Brücken in die Vergangenheit

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Kurt Binder
schrieb am 07.02.2021, 10:25 Uhr
Von Micky haben wir’s gelernt (1)

Erinnerungen sind gedankliche Zeitreisen, die in uns Erlebtes wie ein Deja vu wieder aufleben lassen. Es war im Jahre 1948. Wir hatten das Glück, nach langem Umherirren, zuletzt in den Pesthäusern im Lazarett endlich im Knabengymnasium auf dem Hundsrücken die Quarta beenden zu dürfen. In dem großen Hof gegenüber lag die Turnhalle, in der wir mit dem Turnlehrer Michael Binder, „Miklosch", oder in der Kurzform „Micky" genannt, unsre Turnstunden abhielten. Micky war von mittelgroßer Statur, sehr kräftig gebaut. und ein richtiger Kumpeltyp. Außer den üblichen sportlichen Tätigkeiten wie Ballspielen, an den Seilen hochklettern, Übungen an den verschiedenen Geräten, versuchte er auch, uns Handgriffe aus der Karate-Verteidigungskunst beizubringen. Unter anderem erklärte er, dass die Handkante eine gefährliche Waffe sein kann, wenn sie genügend hart sei. Und das könne man erreichen, wenn man mit ihr täglich mehrere Minuten lang auf einen harten Gegenstand schlagen würde.
Das klang wie Engelsgesang in den Ohren von 41 Quartanern. Fast jeder sah sich in Gedanken bereits als Super-Karatekämpfer, und wenn es nur darum ging, dafür täglich bloß ein paar lächerliche Minuten zu opfern, warum noch warten? So kam es, dass in den nächsten Tagen die Vorträge unserer Professoren von einem mysteriösen, monotonen Hämmern und Rattern begleitet wurde, wenn wir unsere Handkanten im Sichtschutz der Schreibpulte an den harten Sitzbrettern wund schlugen. Und tatsächlich stellten sich bald darauf schon deutlich sichtbare Erfolge ein!
In einer unsrer Karate-Übungsstunden erkundigte sich Micky mit leicht spöttischem Unterton, ob einer von uns schon so weit sei, mit ihm einen kameradschaftlichen Schlagabtausch zu wagen. Sein bulliger Körperbau wirkte hinsichtlich einer Keilerei auf uns zwar Bedenken erregend, weil er trotz seiner Masse ungewöhnlich flink und wendig sein konnte. Des ungeachtet trat aus unseren Reihen Rudolf hervor, der zwar etwas kleiner und schlanker als Micky war, dafür aber einen besonders athletischen Körper hatte. Micky betrachtete ihn sichtlich amüsiert, atellte sich vor ihn und forderte ihn ohne Umschweife auf:
„Los, schlag zu!“ Rudi wurde rot und wusste vor Verlegenheit nicht so recht, was er tun solle. Doch Micky wiederholte:
„Na, komm schon - hau mich, so fest du kannst!“ Und nahm eine abwartende Haltung ein. Rudi zögerte weiter, doch Micky rief ein drittes Mal, diesmal provozierend:
„Was ist - hast du etwa Schiss vor mir? Komm, hau mir in die Fresse!“
Da holte Rudi kurz aus, und ließ seine Handkante blitzartig und mit voller Wucht auf Mickys ungeschützte rechte Wange knallen. Der taumelte zurück und sah maßlos verdutzt in die Gegend. Was war geschehen? Micky war eigentlich auf den Schlag nach allen Regeln der Karatekunst gut vorbereitet. Doch hatte er ihn - von rechts erwartet, und der schlagkräftige Rudolf war - Pech für Micky - leider Linkshänder!

Unsere geliebte Turnhalle wurde bald darauf im Zuge der sozialistischen Erneuerungen auf allen Ebenen leider in das Victoria-Kino umfunktioniert. Eine „victoria“ war diese für uns unverständliche Zweckentfremdung jedenfalls nicht! Im Zeichensaal darüber wurde kurz danach von Frau Hedwig Szaunig ein Puppentheater ins Leben gerufen. So wurde zumindest hier ein Stückchen unsrer Kultur weitergeführt.
Kurt Binder
schrieb am 15.02.2021, 08:26 Uhr
Es geschah vor vor 76 Jahren ...

Das Ei

Ein Schüleraufsatz

Die Eier kommen aus dem Popo der Henne heraus. Sie sind im allgemeinen eiförmig. Eckige Eier gibt es nicht, weil sie der Henne Weh tun. Die Eier gleichen sich wie ein Ei dem andern. Wenn sich eins unter den andern verlaufen hat, findet man es nicht mehr.
Es gibt Hühnereier und Fischeier. Diese sind klein, heißen Kaviar und schmecken sehr gut, weil sie sehr teuer sind. Manchmal gibt es auch Weicheier, aber die sehn wie Menschen aus.
Die Eier sind draußen weiß und drinnen gelb. Das nennt man das Gelbe vom Ei. Nur der Osterhase legt bunte Eier in grüne Nester und versteckt sie überall. Die Kinder müssen sie dann suchen. Das nennt man Ostern. Manche sagen, dass dann jemand aus dem Grab aufgestanden und weggeflogen ist, aber ich bin nicht abergläubig..
Aus Eiern kann man Eierspeis, Spiegeleier und 3-Minuten Eier machen; dies sind die schnellsten Eier. Man kann auch Eierlikör machen, Den trinkt meine Mama sehr gerne. Im Bett schläft sie dann immer gleich ein, und dann ist mein Papa sauer, denn er wollte ihr ja vorher eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen.
Mit Eiern kann man auch schimpfen. Mama sagt jeden Tag zu mir: "Ei ei, Kurti!", weil ich mir die Hände nach dem Pipimachen nicht gewaschen hab. Wenn die Eier faul sind, werden sie klotschitich und stinken. Wenn ich faul bin, bekomm ich Hausarrest.
Wenn ich wieder groß bin, weiß ich bestimmt mehr vom Ei.


Mit diesem Beitrag verabschiede ich mich von euch für ein kleines Weilchen ;-((

Kurt Binder
schrieb am 24.02.2021, 10:37 Uhr
"kleines Weilchen" vorbei - weiter gehts:

Alles was Flügel hat, fliegt ...

Es war an einem Samstag Abend. Wir saßen bequem in unsren Klappsesseln und schauten nachdenklich schweigend auf das von einem lauen Südwind leicht bewegte Meer hinaus, in das die blutrote Sonne enervant langsam versank. Eigentlich wollten wir dieses grandiose Schauspiel bis zu Ende bewundern, und dann erst Abendbrot essen, doch war ich nach einem Tag voller Schwimmen, Strandläufen und Bräunen derart hungrig, dass mir dieser allabendlich vorgetäuschte Selbstmord unserer Lebensspenderin schon langweilig war. Auch die ewig kreischenden Möwen, die während des Sonnenuntergangs reiche Beute aus dem Wasser holten, hatten sich endlich verzogen, und es herrschte eine wahrhaft himmlische Ruhe über dem Golf von Korinth.
Nur eine einzige Möwe schaukelte noch, etwa 150 m vom Strand entfernt auf den Wellen herum. Es kam mir merkwürdig vor, dass sie immer auf derselben Stelle schwamm. Zwar drehte sie sich langsam im Kreis, bewegte sich ein kleines bisschen mal hin oder her, verharrte aber immer im geometrischen Mittelpunkt ihrer Bewegungen.
„Sieh mal“, sagte meine Frau Erika und deutete aufs Meer hinaus, „diese Möwe scheint noch hungrig zu sein!“
„Aber Schatz, das ist doch keine Möwe!“, behauptete ich. „Das ist ein Benzinkanister!“
„Wieso ein Kanister?“, wollte sie wissen. „Ja, siehst du denn den schwarzen Kopf und die grauweißen Federn nicht? Außerdem wäre ein Kanister schon längst davongeschwommen!“ Natürlich sah ich diese untrügerischen Merkmale der hier oft jagenden Schwarzkopfmöwen. Aber wieso schwamm diese seit fast einer halben Stunde regungslos auf ein und derselben Stelle?
„Vielleicht sind dort besonders viele Fische!“, vermutete Erika. Wäre möglich, bloß tauchte unsere mutmaßliche Möwe nicht, sondern bewegte sich nur langsam im Kreis um ihre eigene Achse.
„Vielleicht holt sie auch nur ihr Bad am Samstag Abend nach?“, frotzelte ich. Erika sah mich schräg von der Seite an und meinte:
„Humoristen können wohl nie ernst sein, wie?“
„Tschuldigung - kleiner Scherz. Trotzdem bleibe ich dabei, dass es ein Kanister ist!“, sagte ich fest. „Eine Möwe ist doch viel schlanker! Schau mal dort drüben!“
Etwa je eine viertel Seemeile voneinander entfernt dümpelten noch mehrere dieser Kanister. Allerdings drehten die sich nicht um die eigene Achse, sondern boten uns immer den gleichen Anblick: oben schwarzer Deckel, unten heller Korpus. Sie waren jedoch offensichtlich verankert, und markierten den hiesigen Fischern sicher irgendeine Orientierungslinie.
„Und es ist doch eine Möwe!“, beharrte Erika. „Vielleicht ist sie depressiv, oder sie hat einen gebrochenen Flügel.“ Na so was - ein depressiver Vogel! Das fand ich wirklich komisch, und ich lachte:
„Dann wartet sie gewiss auf den Psychiater, nicht wahr? Also ich behaupte, dass es ein Kanister ist - basta!“
Völlig ungerührt von unsrem Disput über seine wahre Identität drehte sich der mutmaßliche Wasservogel alias Kanister wie ein Ringelspiel lustig weiter. Nach weiteren zehn Minuten wurde mir das Hinstarren zu blöd. Ich ging in das Wohnmobil und goss mir einen griechischen Anisschnaps, einen Ouzo ein. Bald kam auch Erika herein.
„Na, hatte ich Recht?“, fragte ich. „Ist es vielleicht nicht doch ein Kanister?“ Erika nickte ergeben.
„Ja, natürlich hattest du wie immer Recht - bloß ist der Kanister soeben davongeflogen!“
Kurt Binder
schrieb am 05.03.2021, 17:54 Uhr (am 05.03.2021, 17:56 Uhr geändert).

Urlaub, wie der Mentsch


Spät kam sie, aber nicht zu spät: die Erkenntnis, dass wir zeitlebens nie richtig Urlaub gemacht haben – bitter, aber wahr!
Während andere wie der Mentsch vernünftige, von der gesellschaftlichen Norm gebotene Urlaube auf Mallorca, am Balatonsee oder auf Sylt verbrachten, haben wir uns von Gesundheitsfanatikern, Fitnessaposteln und andern Klugschreibern überzeugen lassen, dass nach einem Jahr voller Maloche die – aktive Erholung die einzig wirkungsvolle sei! Mit dem Risiko des totalen Imageverlustes gestehe ich schamvoll errötend, dass wir jahrzehntelang auf die engmaschigen Tricks dieser raffinierten Überzeugungskünstler hereingefallen sind!
Wenn also andere von ihren erholsamen, feuchten Erlebnissen vom Ballermann 6 berichten konnten, erzählten wir, wie wir nach einem schweißtreibenden 7-stündigen Aufstieg die Zugspitze bestiegen hatten. Unsre Fernwanderung durch Deutschland von knapp 2000 km war nichts gegen einen aufregenden zweiwöchigen Aufenenthalt in einem 7-Sterne-Wellness-Hotel, wo man sich wie der Mentsch in seligem Nichtstun mit sämtlichen Schikanen wie Whirlpool, Mani-, Pedi- und anderen Küren verwöhnen, und von zärtlichen Händchen den Buckel kratzen lassen konnte. Und dann das Essen – Heiliger Bimbam, diese lukullischen Speisen ... schluck!
Ach ja – da konnte man noch in den sonnigen Süden fahren und zwei Wochen wie der Mentsch am Strand lümmeln - unter dem Sonnenschirm natürlich, weil man sich sonst einen Sonnenbrand einheimsen konnte. Auch dem hatten wir mit unsrer Klettertour auf den knapp dreitausend Meter hohen Peitlerkofel in den Dolomiten nichts entgegenzusetzen. Dafür sind wir immer wieder dem betörenden Lockruf der Werbungssirenen gefolgt, stets noch bessere Rucksäcke und teure Marken-Wanderschuhe zu kaufen, ja sogar teleskopische Wanderstöcke, als sein wir Vierbeiner.
Und im Winter, anstatt im Urlaub wie der Mentsch nach Florida zu fliegen, sind wir in den kalten, verschneiten Alpen den Berg tagelang hinaufgefahren und wieder heruntergerutscht, immer wieder, wie nicht gescheit. Dabei bildeten wir uns tatsächlich ein, als Freidenker bahnbrechende Pioniere zur ultimativen, den Körper ertüchtigenden Freizeitgestaltung zu sein, indem wir unsre ganze Energie in verschiedenen Formen an den Berg schmierten, und so überall mit unsren Duftspuren und -marken die Natur irritierten und die verdutzten Wildtiere vergraulten.
Zwar waren wir überzeugt, mit unsren ketzerischen Urlauben als Freibeuter die Ketten der gängigen Konventionen gesprengt zu haben, doch entlockten alle unsre Wanderungen unsren Freunden und Bekannten bloß ein gelangweiltes „Ach neee ...“, oder im besten Fall ein staunendes "Na sowas ...“!
Aber jetzt ist endgültig Schluss mit diesen sogenannten Erholungen, die uns nur wundgelaufene Füße und Wadenkrämpfe eingebracht haben! Als junger Witwer und relativ rüstiger Rentner will ich mir endlich einen langjährigen Traum erfüllen:
Eine Reise mit dem Traumschiff! Ich marschierte also in das Traumschiff-Büro, wo ich erstmal den von seinen berufsbedingten Träumen eingelullten Traumschiff-Billet-Verkäufer aufwecken musste. Dann kaufte ich ein Billet, natürlich erster Klasse - da ließ ich mich nicht lumpen. Dazu hatte ich auch ein Gedicht verfasst:

Ich will mondän aufs Traumschiff gehn,
mit Sascha Hehn als Kapitän
die Welt zu sehn - ach, wär das scheen!

Als ich das dem Traimschiff-Billet-Verkäufer vorlegte, war der zu Tränen gerührt. Er ließ es sofort in das Jahrbuch der kompetentesten Wertschätzungsexperten eintragen, und gab mir noch eine Freikarte für die kostenlose Benutzung der Kapitänstoilette drauf. Sodann noch gegen einen unbedeutenden Aufpreis ein Mittagessen an der rechten Seite des Kapitäns. Dafür sei allerdings ein bestimmter Anzug erforderlich.
Kein Problem! Ich marschierte also weiter zu Karl Magerheld und bestellte einen weißen Maßanzug von der Stange. Der entstangte diesen sofort persönlich, als er von meiner privilegierten, traumhaften Zukunft erfuhr. Um sich auch eine Scheibe von meinem Ruhm abzuschneiden, gab er mir gleich zwei Anzüge - zum Preis von einem. Das kannte ich bereits von Schokoriegeln her; man musste nur den Preis des ersten verdoppeln!
Ja, liebe Freunde, also vorbereitet ersehne ich den Augenblick, in dem ich bibbernd vor erwartungsgespickten Emotionen die heiligen Planken dieses alle Träume wahr werden lassenden usw. schwimmenden Wunders betreten betreten werde!
Für diesen Urlaub habe ich sogar eine Reise zum Mars abgesagt, und auch einen in einem Überraschungsei gewonnenen zweiwöchigen Aufenthalt in einem Pariser Etablissement mit dem mysteriösen Namen Toujour-Amour!
Für meine künftigen Urlaube verspreche ich, in Zukunft alle vielverheißenden, buntschillernden und wohlschmeckenden Reiseprospekte ernsthaft in Erwägung zu ziehn!
Michael5
schrieb am 09.03.2021, 11:03 Uhr
Danke, Kurt, für diesen zeitgemäßen aber durchaus von feiner Ironie geprägten Bericht ! Obwohl ich dich nicht persönlich kenne, weiß ich, dass ein Kurt Binder den letzten Satz wohl nie Wahrheit werden lässt. Warum ? Weil ich mich am besten kenne und auch ähnlich gestrickt bin wie du. Notgedrungen wird man den Arbeitskollegen oder sonstigen Mitmenschen auch mal vom eigenen Urlaub erzählen. Und auch ich habe meistens nur ein müdes Lächeln oder ein "ach nee, wie langweilig" geerntet, wenn ich von den Touren in den Alpen oder früher auch in den Karpaten erzählen wollte. Solche Diskussionen konnte ich später vermeiden, indem ich auf die Frage: wie war`s im Urlaub ?
nur eine kurze Antwort bereithielt: wir waren nur in Österreich (oder Schweiz/Allgäu usw.)Meistens kamen dann keine weiteren Fragen, die Urlaubsdiskussion war beendet.

Berufsbedingt wurde ich vor Jahren zu einer Kreuzfahrt eingeladen, als sogenannter VIP, mit allem Schnickschnack, Gourmet-Restaurant usw. Es war zwar interessant, aber nichts für meinen privaten Urlaub. Als mich meine Frau danach fragte, ob wir nun meinen runden Geburtstag auf dem Meere feiern werden, erwiderte ich: wir fahren nach Österreich. Sofern es dort Meere gibt, gerne.
Sie seufzte nur und flüsterte: Gott sei Dank !
Kurt Binder
schrieb am 13.03.2021, 12:28 Uhr
Hallo, Michael,

wie ich lese, habe ich einen wesensverwandten Menschen kennengelernt, oder, wie Du sagst, jemanden, der ‚ähnlich gestrickt’ ist - und dazu noch a VIP ;-)) ! Aus den Zeiten, in denen Du ins Forum schreibst, schließe ich, dass Du auch schon die Rente genießt.
Nun, wir haben in der BRD bald gelernt, wahre Werte von Scheinwerten, und Blendwerk von real Existierendem zu unterscheiden. Meiner Frau Erika wurde der Hang zur sportlichen Betätigung in die Wiege gelegt – ihr Vater war Sportlehrer. Und da auch ich schon in der Kindheit von manchen Entbehrungen geprägt wurde, war das Jandern ‚ins Grüne’ mit einem Speckbrot im Jepp das Schöste, was uns das karge Leben bieten konnte. Es war bestimmend für alle folgenden Freizeiten, und ich bin dankbar dafür.
Ja, dieser meiner, von Dir angesprochenen Schreibweise bin ich restlos verfallen, und ich geniesse es, etwas nach unglaubwürdigen Übertreibungen ad absurdum zu führen. Kommt sicher nicht bei allen Lesern gut an, aber – ascha esta eu. Ironie, Zynismus und Sarkasmus sind den Menschen wahrscheinlich nur zum Teil angeboren. Ich vermute, dass sie sich bei meiner Generation vorzugsweise während des Krieges und unmittelbar danach einstellt haben. Wir trieben ja in einer frisch vom Stapel gelassenen sozialistischen Piratenschaluppe ziellos durch die haushohen Wellen des Unvermögens und der Ratlosigkeit. Dazu mussten wir jahrzehntelang unsre Armut als Wohlstand preisen, selbst dann, als wir die Hühnersuppe nur aus gelben Hühnerfüßen kochen konnten. Durch diese Missstände wurde höchstwahrscheinlich, ergänzt durch die ethnischen Konflikte der Nährboden für diese allem zugrunde liegenden spirituellen Komponenten unsrer Überlebensstrategie geschaffen!
Ich freue mich auf weitere Beiträge!

Geben wir dem Forum, was des Forums ist,
(ein jeglicher nach seiner Art) ;-)) !


Michael5
schrieb am 14.03.2021, 09:23 Uhr
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Oder doch ?

Es trafen sich laut dem Bericht
sich diese zwei bei düsterm Licht.
Der Heribert und Kunigunde
zu einer stillen Schäferstunde.

Als diese Stunde dann vergangen,
ging es daran, den Urlaub planen.
Und Kuni seufzte voller Wehmut:
"10 freie Tage täten gut."

Die Holde sprach zu Heribert:
"Ich bleib nicht länger hier am Herd.
Komm, lass uns aufbrechen zum Wandern
von diesem Ort zu einem andern!

Wir können, wenn die Blumen sprießen,
mal richtig die Natur genießen.
Und, da wir sportlich sind gesegnet,
macht's uns nichts aus, wenn es mal regnet."

Der frühe Aufbruch ist ein Muss.
Bergauf, bergab, welch ein Genuss!
So trieben sie gesunden Sport
und wanderten von Ort zu Ort.

Erklommen Gipfel, wunderbar!
Der Wald so dicht, der See so klar!
Und immer wieder schöne Sicht.
Dem Heribert gefiel das nicht.

Er stampfte mit dem Fuß galant:
"Ich fliege in ein anderes Land,
denn jeder Sport hat seine Grenzen.
Ich möchte lieber nur faulenzen.

Deine Idee fand ich nicht toll,
bevorzuge inclusive oll.
Denn es war weder hott noch hui.
Ich buche nächstes Jahr bei TUI."


Michael5
schrieb am 14.03.2021, 09:54 Uhr
Und die Moral von der Geschicht':
Ein jeder hat so seine Sicht.
Der eine braucht dafür nicht viel
und setzt sich ein bescheid'nes Ziel.
Für andere ist das einerlei
ob Spanien, Hellas, die Türkei.
Es ist nicht wichtig, wo du bist.
Sondern nur, was du säufst und frisst.
Kurt Binder
schrieb am 14.03.2021, 16:03 Uhr
Grandios, Michael, eine wahre Ballade der divergierenden Interessen – ich ziehe den Hut (auch wenn ich keinen trage)!
Da wäre für Heribert in der Vorbereitung zum Gipfelsturm auch etwas Sachverstand nötig gewesen:


Kein Wunder dies, wenn Heribert
hinaufgelatscht mit Schild und Schwert,
im Kettenhemd und voller Rüstung,
bis zu des Gipfels sich'rer Brüstung.

Da kommt der stärkste Mann ins Schnaufen
und meckert auf das doofe Laufen,
zumal die Sonne diesen Armen
im Eisen garte, ohn’ Erbarmen.

Doch Kunigunde hat indes
mit Weiberschläue, also kess
gezeigt, dass sie trotz runder Masse,
der Schwerkraft keine Chance lasse.

Und somit hat die schlaue Biene
mit ihrer weiten Krinoline
intuitiv und sehr gewitzt -
die Thermik aufwärts ausgenützt.
Michael5
schrieb am 15.03.2021, 13:08 Uhr
Wieder einmal findet Kurt sofort eine Antwort ! Und was für eine !

Das mit der Thermik ist verständlich.
Vor meinen Augen flattert bildlich
empor mit ihrer Krinoline
die Jungfer Kuni, gleich der Biene.

Doch einen Fehler hat das Ganze:
wie kommt die holde Pomeranze
dann wieder runter in das Tal ?
Kannst du mir das verraten mal ?

Wenn du `ne Antwort hast dafür,
dann ist für dich bestimmt die Kür.
Und lass dich feiern als Erfinder.
Auf die Idee kommt nur Kurt Binder.
Kurt Binder
schrieb am 15.03.2021, 15:16 Uhr
Was hältst Du von dieser Lösung?

Ohje – die Frage, Michael 5,
die zieht mir aus die Seidenstrümpf,
denn Aufgaben von diesen Arten,
gibts im – Erfinderkindergarten :-)) !

Denn schneidet oben sie ein Loch
in ihren Rock, so müsst sie doch,
statt weiter hoch sich zu erheben -
wie’n Fallschirm auf die Erde schweben!
Michael5
schrieb am 16.03.2021, 09:31 Uhr
In dem besagten Garten der Erfinder
da weilte einst auch Kurti Binder.
Er lernte fleißig nebst Musik
auch die Gesetze der Physik.

Und hier hat es ihm irgendwann
auch diese Thermik angetan.
Er schwebte nieder, schwebte hoch,
erfand auch in dem Rock das Loch.

Womit dann sprang ganz frisch und munter
die Kuni von dem Berg herunter.
Auch sonst war Kurti sehr bestrebt:
es schwirrt der Mensch, solang er schwebt.

Hingegen ich, als Kind, nungut,
hatt` mit der Thermik nichts am Hut.
Den Kindergarten hab` ich nicht besucht.
Die Eltern waren nicht betucht.

Geschrieben haben wir nun viel
und weichen langsam ab vom Ziel.
Das letzte Thema war, ich glaub`,
doch irgendetwas mit "Urlaub".

Zu diesem ursprünglichen Thema fällt mir nun ganz spontan
ein Gedicht von Heinz Erhardt ein. Das will ich euch nicht
vorenthalten:

Ich geh im Urwald für mich hin-
Wie schön, dass ich im Urwald bin.
Man kann hier noch so lange wandern,
ein Urbaum steht neben dem andern.
Und an den Bäumen, Blatt für Blatt,
hängt Urlaub. Schön, dass man ihn hat.
Kurt Binder
schrieb am 22.03.2021, 16:40 Uhr
Was ich noch zum Urlaub sagen wollte

Der Urlaub als Freizeitgestaltung
verlief stets gut - in Selbstverwaltung,
wenn man in jenem oder diesem
nicht stets auf andre angewiesen!

Doch kommst du mal in die Versuchung
und wagst eine 5-Sterne-Buchung,
dann ist es mit der Freiheit aus,
und bald denkst du: „Wär ich zu Haus ...!“

Du bist an ein Programm gefesselt,
in stetes „Jetzt-folgt-das“ gekesselt,
und tust, was so ein Stück Papier
auf Schritt und Tritt verlangt von dir.

Ein Horror auch, wenn du dich plagst
zu essen das, was du nicht magst,
und das stets zur bestimmten Stunde,
und das stets in ‚gepflegter' Runde.

Und so weiter, und so fort ...


Tja, die diesbezügliche Meinung unsres Wanderfreundes P. kann ich leider nicht in Verse gießen. Durch ihren Rhythmus und den Reim-dich-Zwang würden sie unsren urigen Siebenbürgischen Slang, den ein Rezensent einmal liebevoll „eine Poesie für sich“ genannt hat, leider verfälschen.
Hier die Originalversion der Meinung von P zum zwangsläufigen Etepetete in Urlauben mit Programm-Bindung:

„ ... da huck ich mich ja lieber in Schanz, nimm die Konserve aus dem Rucksack – und friss wie der Mentsch!"
Kurt Binder
schrieb am 03.04.2021, 12:49 Uhr (am 03.04.2021, 12:55 Uhr geändert).

Eierleichen


In Hermannstadt gehörte es zum Ehrenkodex eines jeden Jugendlichen, Mitglied einer Gaschke zu sein. Der Normenkatalog der Verhaltensweisen in diesen heterogenen Gruppierungen von Halbstarken war im Großen und Ganzen gleich:
In den Wochentagen ging man individuellen Beschäftigungen nach, hoffierte sich oder ging ins Kino. Näherte sich aber das Wochenende, dann keimte in uns das Bedürfnis nach gesellschaftlichen Tun und Lassen. Das Tun bestand aus auf den Hermannstädter Hausberg, den Brădet zu gehen, was dann so klang: „Eh, komm wir gehn am Berg!“. Oder man machte eine Tanzunterhaltung, einen Chef (lies: Keff), wobei die Mädel für die belegten Brötchen, und die Jungs für den Wein zuständig waren. An ein Lassen erinnere ich mich nicht!
Zu Ostern wurde dem Tun eine besondre Aufmerksamkeit gezollt, und am Ostermontag gingen die Jungen und Männer „bespritzen“. Da ging man, meist nur zu bekannten Mädeln oder Frauen und fragte höflich, ob man die Rose bespritzen dürfe - damit sie nicht welke. Und da jeder Junge mit einem anderem Patschuli über die dem Brauchtum hörigen, willig gebeugten Mädchenköpfe schwutzte, war der geballte Duft dieser Mischungen eher zum Welken der Rosen geeignet, als wenn man ganz darauf verzichtet hätte! In der Regel bekamen die Jungen dann trotzdem ein Rotes Osterei, die Männer einen Pali.
Dieser wunderbare Brauch war ein Höhepunkt in unsren gesellschaftlichen Begegnungen. Und er wurde um ein vielfaches höher, als wir etwas entdeckt hatten, was sich für Körper und Geist als ebenso beflügelnd erwies, wie heute ein Red Bull. Unsre Mutter hatte zu einem Osterfest einen Eierlikör selbst gebraut. Das war einfach und ging denkbar schnell. Man brauchte dazu nur ein paar Eidotter, Zucker, etwas Milch und Monopol - wie der reine, hochprozentige Ethyl-Alkohol genannt wurde.
Ich hatte mir diese Rezeptur gemerkt, und suggerierte der Gaschke die Idee, ein paar Liter dieses göttlichen Gesöffs zuzubereiten, und es in einer Korbflasche, dem Demijohn, auf unsre Rote-Eier-Spritzour mitzunehmen! Die Begeisterungsausbrüche entsprachen voll und ganz der Brillanz dieses Novums. Jedenfalls versammelten sich die Jungs bei mir, um dem Werdegang dieses Elixiers beizuwohnen, und um in jeder Phase seiner Genese die Qualität kritisch zu überwachen.
Nun, hier kürze ich die Beschreibung des technologischen Prozesses zur Konstruktion des Eierlikörs geflissentlich ab. Es muss ja nicht ruchbar werden, wie sich ungeübte, 18jährige Bubenfinger bemühten, die Eidotter aus dem Eiweis herauszupulen. Oder wie oft dieselben Finger nach der Zugabe von Milch und Zucker, sowie eines Liters Monopol in den Sud hineinfuhren, um dessen Güte zu begutachten, und gegebenenfalls geschmacklich abzurunden. Jedenfalls gelang es uns, nach ständigem Kosten 5 Liter eines Etwas zu komponieren, das gelb war, süß schmeckte und ziemlich geistreich war.

Und dann war es so weit. Am Ostermontag in aller Herrgottsfrüh marschierten sechs stramme, nüchterne Jungs los, entschlossen, dem Brauchtum Genüge zu tun - ein wahrhaft hochlöbliches Vorhaben. Das Dumme daran war nur, dass der Weg zum ersten Opfer durch den Harteneck-Park führte, und dass darin überall Bänke standen. Und da sich die Freunde im Tragen des schweren Demijohns abwechselten, wobei der jeweilige Träger rein zufällig stets hinten ging, mussten wir uns immer öfters hinsetzen und etwas ausruhen. Dass während unsres Marsches die Korbflasche immer leichter wurde, fiel uns gar nicht auf. Doch als wir uns wenig später auf jeder Bank ausruhen mussten, und anfingen zu kosten, ob der Eierlikör immer noch gut sei, verzögerte sich der Gang zu unsren Liebsten mehr und mehr. Die Finger reichten in der Flasche zwar nicht bis zum oberen Niveau des Likörs hinab, was aber auch nicht nötig war. Zum Zwecke der Qualitätsüberwachung wanderte der Demijohn nämlich von dürstendem Mund zu noch dürstenderendem Mund mit entsprechender Zusatzbefeuchtung weiter.

Kurz gesagt: Das Unternehmen "Eierlikör" endete auf der letzten Bank im Harteneck-Park. Sechs Gestalten lümmelten mit vergrätschten Gliedern und seeligen Blicken kreuz und quer auf, neben und unter der Bank, wobei ihre synchron schnaufenden Atemstöße eindeutig auf dieselbe Motivation zu ihrem aktuellen Status quo hinwiesen. Nur der Demijohn pendelte an Getzos ausgetrecktem kleinen Finger lustlos hin und her ...

Maikind
schrieb am 05.04.2021, 06:57 Uhr
Ihr Lieben
noch einen wundervolles Osterfest wünsche ich euch!

Ich erinnere mich gerne an die Zeit des Osterwünschens, als wir Kinder zu den Paten und Verwandten im Dorf meiner Großeltern getingelt sind um Geschenke abzuholen.
Von den traditionellen Sprüchen die ich nicht wirklich mochte
(vielleicht weil sie nicht kindgerecht konzipiert waren?) sind mir einige geblieben
wie dieses zB.

Osterhäschen dort im Grase
Wackelschwänzchen, Schnupperhase
mit den langen braunen Ohren
hast ein Osterei verloren
zwischen Blumen sah ichs liegen
Osterhäschen
kann ichs kriegen?

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