Vom Frühling beseelt, jeden Tag aufs Neue

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.

Lybelle
schrieb am 14.10.2020, 09:39 Uhr
Danke Kurt, ich hatte so plötzlich das Gefühl, dass musst du unbedingt aufschreiben. 🤔☺️
Kurt Binder
schrieb am 24.10.2020, 17:48 Uhr (am 24.10.2020, 17:50 Uhr geändert).
Frühling

Saftiges Grün auf den Auen,
der Regenbogen glüht, blendet,
pinselt tausend Farben auf die Wiesen,
auf erwachende Wälder und Fluren ...
Lebenslust, in Liebe bebt die Natur
im Rausch unsäglicher Freuden.

Verhärmt sitze ich im Paradies,
höre, aber vernehme nichts;
sehe, aber nehme nichts wahr -
einsam, verschlossen;
vom Schicksal geschlagen
lecke ich meine Wunden.

Doch weiter fordert mich das Leben!
Den Pflichten verbunden
richte ich mich mühsam auf,
werde meiner wieder bewusst,
stelle mich, kämpfe ...
langsam vernarben die Wunden.

Mein Frühling -
er kam im Herbst.

Kurt Binder
schrieb am 04.11.2020, 09:00 Uhr
Ewiger Frühling

Meine Augen streicheln ein Bild -
impressionistisch blenden grelle Farben,
in Öl verstärkt
und durch die flammende Seele
des Malers gesehen -
im Rausch seiner Wahrnehmung
der knospenden Natur.

Für mich – eine Allegorie des Erwachens,
der Wiedergeburt, des Neubeginns -
täglich, stündlich ...
Jeder Morgen -
ein neuer Aufbruch in den Tag,
jeder Morgen -
ein neuer Frühling deines Lebens!
Kurt Binder
schrieb am 14.11.2020, 09:19 Uhr (am 14.11.2020, 09:20 Uhr geändert).
Apropos "Nodinken" - über eine Jahreszeit in uns:

Frühling ist ...

deine Sehnsucht nach Liebe,
aus Zweifeln geboren,
von Wünschen getragen -
dennoch ...

deine Hoffnung, zu gewinnen,
Hürden zu überwinden,
die Probleme zu lösen -
um jeden Preis ...

deine Zuversicht im Handeln,
das kein Zurück erlaubt;
Ziele locken in der Zukunft -
erreiche sie ...

das Vertrauen in dich selbst,
ein Vorhaben durchführen zu können,
allein, ohne Hilfe -
weil du stark bist ...

dein fester Glaube ans Gelingen,
trotz mancher Unbill,
trotz Schwierigkeiten -
pack es an ...

Frühling ist die Triebkraft für
deinen täglichen Aufbruch ins Morgen -

Frühling grünt in allem, was vor dir liegt -
nimm ihn wahr!


Lybelle
schrieb am 14.11.2020, 10:25 Uhr
Danke Kurt für diese Verse. Es ist genau daß, was ich jetzt brauche. Irgendwie kommt Alles zur rechten Zeit, man muss nur versuchen es wahrzunehmen. Toll geschrieben 👍
Maikind
schrieb am 21.11.2020, 06:10 Uhr
lieber Kurt
wenn der Frühling nicht wäre...
immer wieder aufs Neue!
und wir ihn dann auch bewusst bei uns erkennen können egal zu welcher Jahreszeit oder Jahrgang ist das eine Energiequelle ohne Gleichen!

Danke für deine schönen Texte!
Maikind
schrieb am 21.11.2020, 06:13 Uhr (am 21.11.2020, 06:17 Uhr geändert).
Wind Wunderkind

Wind, Wind Wunderkind
welch ein Widerwalten
grüßt die Welt mit frischem Hauch
küsst die Blumen streichelnd, auch
lieblich meine Wangen

Schleppst die schweren Wolken an
peitschst mit kaltem Regen
zauberst Regenbogenbahn
unterm Sonnensegen.
Bist der Vögel Reisefreund
blätterst Jahreszeiten
jeder kennt in jedem Land
dich und deine Weiten.

und nochmal der Wind...
im Herbst haben wir reichlich davon

Wind Wanderknabe

Wind, Wind Wanderknabe
du scheuchst vom Feld die frechen Raben
die bleichen Blätter läßt du tanzen
und zwirbelst wüst die dürren Pflanzen
du fegst das Land bei Herbsteslaune
und schüttelst wild die alten Bäume
du rüttelst unser Dach bei Nacht
wer hat dir das bloß beigebracht?
Kurt Binder
schrieb am 22.11.2020, 16:16 Uhr (am 22.11.2020, 16:19 Uhr geändert).
Ebenfalls in windiger Herbsteslaune geschrieben ;-)) :

Kopf hoch - es herbstet


Es ist ein Hauch, sanft und kühl,
der zahllose Wünsche beendet,
jedoch neue Träume gebiert.
Sonne, Wellen, blaue Berge,
der Regenbogen über den Wiesen -
alles verblasst, muss weichen;
Gold und Bronze senkt sich
zögernd, doch stetig herab,
und schmiegt sich schmeichelnd um die Pflanzen,
die im Sterben noch
den welkenden Garten Gottes verbrämen.

Kälte beschleicht mich,
doch ich friere nicht;
mein Lächeln ist die Akzeptanz
des Unvermeidlichen,
Immerwiederkehrenden.
Innere Wärme richtet mich auf,
und achselzuckend verfolge ich
Celsius’ Talfahrt ins Bodenlose.
Gefühlte Ahnungen werden zur Gewissheit:
Gebrochen ist die Kraft des Sommers,
das Dauersprießen sonnenhungriger Blumen,
in kalten Nächten noch hoffend -
chancenlos.

Glitzernd schweben Marienfäden
im schrägen Sonnenlicht,
wie diaphane Schlussstriche
der alle Sehnsüchte erfüllenden Jahreszeit,
die nun weichen muss -
wie eine edle Verliererin.

Ist es ein Zweikampf, oder ein Abschied?
Oder wurde der Stafettenstab
im ewigen Kreislauf unsres Lebens
bloß weitergereicht?

Ich lernte, diese junge, kühle Schönheit zu lieben,
bis auch sie den Stab erneut weitergeben muss ...
Kurt Binder
schrieb am 28.11.2020, 09:02 Uhr
Zaungäste im Mai

Im Frühjahr dieses Jahres ist im Haus neben uns eine junge Familie eingezogen. Sie hießen Schuster und stammten aus Deutsch-Kreuz in Siebenbürgen. Wir kamen schnell ins Gespräch, wie das ja bei unsrer legendären Kontaktfreudigkeit fast ohne Tabus heute noch üblich ist.
Schusters hatten einen dreijährigen Sohn mit Namen Klaus, der, wie erwartet von den Eltern ‚Klausi' gerufen wurde. Es war ein zartes, blondes Bübchen, anscheinend von einer besondren Lebendigkeit geprägt, denn ich sah ihn durch den Maschenzaun im Garten niemals gehen, immer nur herumlaufen. Als ich wieder einmal im Garten an meinem Miniaturgebirge arbeitete, kam er an den Zaun und fragte:
“Wie heißt du?"
"Ich bin der Onkel Kurt!" Er betrachtete mich kritisch, dann meinte er:
“Ich geh jetzt wieder spielen!“. Ich wünschte ihm viel Spaß dazu, und dachte mir nichts dabei. Bis zum nächsten Tag hatte ich den kleinen Steinberg im Garten fertig gestaltet, und brachte die vier neuen Gartenzwerge heraus, um sie auf dem Berg zu verteilen. Es waren Bergsteiger, mit Rucksack, Pickel und Seil, deren Anblick uns täglich an unsre früheren Gebirgswanderungen erinnerte.
Klausi hatte mir interessiert zugesehen. Spontan griff ich mir einen der Zwerge, ging zum Zaun und fragte:
"Gefällt er dir, Klausi?“ Er nickte schüchtern.
"Möchtest du ihn haben?" Diesmal rief er begeistert hüpfend „Ja!“ und lachte mich an. Ich reichte ihm den kleinen, buntbemalten Zipfel-Burschen hinüber, dazu noch ein paar Steine, damit er ihm auch einen kleinen Berg bauen könne.
“Jetzt musst du ihm auch einen Namen geben!“, rief ich ihm nach, als er fröhlich davonsprang. Einige Tage später pflanzte ich Zwiebeln, als Klausi wieder zum Zaun kam.
“Mein Freundin ist zum Spielen gekommen!", teilte er mir mit, drehte sich um und rief:
"Antje, kommst du mal her!" Ein kleines, pummeliges Mädchen hüpfte herbei und guckte mich neugierig an. Und dann folgte etwas Unglaubliches. Klausi sagte zu mir:
“Dies ist meine Freundin Antje, weiß du!" Dann wandte er sich an das Mädchen und erklärte ihr:
“Dies ist mein Nachbar Onkel Kurt, der mir den Zwerg geschenkt hat!“
Ich war völlig hingerissen. Da zelebrierte ein dreijähriger Knirps eine Bekanntmachung, einwandfrei in Form und gemäß der Rangordnung, wie man das heute selbst bei Erwachsenen kaum noch erwarten kann! Um dies reizende Erlebnis nicht verblassen zu lassen, versuchte ich gar nicht erst, es gewohnheitsgemäß sachlich zu zerdenken.
Es war einfach nur herzig ...
Kurt Binder
schrieb am 04.12.2020, 09:06 Uhr
Diesmal: Vom Winter beseelt ...

Spuren im Schnee


Stapfen – kaum noch erkennbar,
verweht im tiefen Schnee;
sie kommen von da,
und gehen nach dort -
oder umgekehrt?
Doch stets mit einem Ziel,
aber - wohin? Und warum?
Wer weiß das schon ...

War es ein Marder? Eine Katze?
Ein herrenloser Hund,
wahllos streunend,
Nahrung suchend?
Vielleicht etwas Wärme,
Geborgenheit, Schutz?
Oder bloß - ein wenig Beachtung?
Wer weiß das schon ...

Der einsame alte Mann
starrt durch eisverblümte Scheiben
auf die schwindenden Stapfen.
Es könnten die seinen sein –
Symbole seines bewegten Lebens,
des Wirkens in beide Richtungen:
Erfolge, Enttäuschungen?
Wer weiß das schon ...
Tarimona
schrieb am 04.12.2020, 17:34 Uhr
Kurt, das ist wieder mal eine Stern am Himmel der Lyrik.
Man riecht und fühlt den Schnee und die Fragen die er aufwirft. Danke dir für diese Zeilen.
Kurt Binder
schrieb am 09.12.2020, 15:45 Uhr
Abschied?

Als Du gingst, umfing mich Leere;
die Welt ward hohl, unwirklich -
schemenhaft, hinter Schleiern zitternd
lehnte sie mich ab -
düster drohte der Horizont,
dahinter dämonisch grinsendes Nichts -
ich stürzte ...

Doch meine Welt brauchte mich!
Ich warf sie ab, die Ketten der Verzweifelung,
wehrte der Ohnmacht, zerriss die Schleier -
und ich sah Dich, denn Du warst da,
in allem, was wir gemeinsam errichtet haben!
Die Wände atmeten Dich,
ich spürte die Wärme Deiner Hände
an allem, was ich berührte,
was auch Du berührt hast!
Deine fragenden Augen gaben mir neuen Mut:

"Lebe, wirke weiter -
ich bin bei dir!"
Michael5
schrieb am 10.12.2020, 11:33 Uhr
Ein sehr trauriges Gedicht, lieber Kurt ! Der Verlust deiner lieben Ehefrau geht auch am neutralen Leser nicht spurlos vorbei. Ich und auch andere Leser versuchen mit dir zu fühlen, kaum einer kann jedoch deine Gefühlswelt wirklich ergründen.

Am Ende gibt es dann doch noch einen Hoffnungsschimmer, das Leben geht weiter. Und wir erfreuen uns weiterhin an deinen unglaublichen literarischen Kreationen. Du bist nicht gestürzt, du hast dein Leben in den Griff bekommen.
Mach weiter so, Kurt ! Auch wenn es schwerfällt, die Erinnerungen an einen lieben Menschen zu verdrängen. Es wird nicht gelingen. Aber es gibt Hoffnung.
Kurt Binder
schrieb am 11.12.2020, 12:03 Uhr
Für Deine schönen Worte, lieber Michael, kann ich Dir nur herzlich danken! Es tut gut zu wissen, dass Menschen heute noch Verständnis für die Schicksalsschläge anderer aufbringen, obwohl sicher viele nicht einmal ihre eigenen verarbeiten können. Es stimmt: Solche Erinnerungen kann man nicht verdrängen, höchstend vorübergehend zu Gunsten aktueller Pflichten zwischenlagern. Wie Du aus meinem letzten Gedicht richtig erkannt hast, habe ich mein Leben im Griff; das bin ich schon meinen 5 Kindern schuldig!
Meine Stimmungen heute schwanken zwar nicht zwischen "Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt". Dafür aber hat sich ein Gefühlspegel eingependelt, der mir erlaubt, mich ohne pietätsgeladene Selbstvorwürfe zwischen allen nur möglichen literarischen Ausdrucksformen zu bewegen! Daher dieses bunte Sammelsurium niedergeschriebener Ideen, für die es in unsrem Forum ja mehrere thematisch unterschiedliche Plattformen gibt.
So möge uns alle die Freude am kreativen Schaffen, und die Hoffnung weitertragen!
Kurt Binder
schrieb am 16.12.2020, 10:01 Uhr
Spuren im Schnee (2)

Unsre letzte Abfahrt
über den Gletscher hinab,
immer wachsam begutachtet
von dem eisigen Mont Blanc,
auf körnigem Firn schwingend,
endlos gleitend wie im Traum,
oft mit geschlossenen Augen
den kühlen Abendwind genießend -
oder den Abschied beweinend?
Emotionen finden keine Worte,
wenn einem das Alter gnadenlos
seine Grenzen andeutet.

Tief atmend, doch dankbaren Herzens
schweifen unsre Blicke hinauf.
Hoch oben, die Bergstation,
winzig klein, von letzten Sonnenstahlen
zärtlich gestreichelt;
nur unsre Spuren verbinden uns -
zum allerletzten Mal!

Adieu, La Plagne,
viele Jahre lang,
wunderbare Tage im Frühling -
wir werden dich vermissen!
Die schönste Freizeit-Episode
in unsrem Leben geht heute zu Ende -
welches wird die nächste sein?

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.