Die Finanzkrise. Eine Betrachtung am Rande!

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Elsi
schrieb am 28.10.2008, 20:50 Uhr
Islamische Geldhäuser verzeichnen einen enormen Boom in der USa, weil sie, nach islamischem Recht, keine "(Wucher)zinsen" nehmen dürfen.
Was beispielsweise die Immobilienfinanzierung betrifft, haben islamische Bankhäuser andere Modelle entwickelt. Zum Beispiel kauft die Bank das Haus selbst und "verkauft" es dann dem Eigentümer zu einer festen monatlichen Rate. Es gibt auch die Möglichkeit die Immobilie zu "leasen", d.h. es wird eine Art monatliche Miete gezahlt, bis der "Kaufpreis" erreicht wird und dann wird es dem Eigentümer übereignet. Eine andere Alternative ist die Gründung einer Art GmbH in der die Bank und der Häuslekäufer Anteile halten. Die Anteilsgewichte verschieben sich im Laufe der Zeit, bis die Immobilie ganz dem Kunden gehört.
Wilhelm
schrieb am 28.10.2008, 21:32 Uhr (am 28.10.2008, 21:36 Uhr geändert).
Elsi,
bei den Israeliten war nach 5 Mose/Deuteronomium Kap.23,20 folgendes Recht:
-du darfst deinem Bruder(Volksgenosse) keine Zinsen nehmen: weder Zinsen für Geld noch....
-Von einem Ausländer darfst du Zinsen nehmen.
Elsi, deine Beschreibung über Islamisches Leihen ist sehr interessant.
spiridus
schrieb am 28.10.2008, 21:38 Uhr
Wilhelm schrieb: Elsi,
bei den Israeliten war nach 5 Mose/Deuteronomium Kap.23,20



Nix Mose, Spiegel vom 13.05.2008 - da werden sie geholfen!
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,553007,00.html
Elsi
schrieb am 28.10.2008, 21:50 Uhr
Wie schon gesagt, das islamische Recht verbietet Wucherzinsen. Was darunter fällt ist meist ein höherer Zinssatz als der marktübliche. Bedeutet,auch wenn es sich versteckt doch um eine Art 'Zinsen' handelt, so sind diese marktüblich...(Das islamische Recht kennt keine simplen, einfachen..."Zinsen" - nur "Wucherzinsen"...)
spiridus
schrieb am 29.10.2008, 10:04 Uhr
lori schrieb:
Nehmen wir mal das Beispiel Ungarn: ich bin der Meinung, dass die Ungarn über ihre Verhältnisse leben


Ungarn holt sich Milliarden-Kredit zum Überleben

Grüße
Spiridus - es kann nur einen geben!;-)
getkiss
schrieb am 29.10.2008, 10:59 Uhr
spiridus schrieb: ....


Ungarn holt sich Milliarden-Kredit zum Überleben

Grüße
Spiridus - es kann nur einen geben!;-)


Inzwischen hat der Forint sich von 280 auf 260 erholt...
Elsi
schrieb am 02.11.2008, 18:17 Uhr (am 02.11.2008, 18:37 Uhr geändert).
Lori fragte: „Was ist ein Staatsbankrott? Ich weiss es nicht, ich kenne keinen bankrotten Staat, oder wenn wir die Bücher(Bilanzen) streng führten, wären wir alle pleite! Argentinien hat sich vor etwa 4-5 Jahren die Dreistigkeit erlaubt, seine Staatsanleihen nicht zu bedienen. Soweit ich weiss existiert Argentinien noch, es wurde nicht übernommen. Den Menschen geht es nicht besser oder schlechter, als anderen in der Region.“

Nun lori, das Wort „Dreistigkeit“ sehe ich im Zusammenhang mit einem Staat, der seine Schulden nicht bezahlt… an der falschen Stelle platziert… Dreist ist was anderes.
Es gibt kein Konkursverfahren für zahlungsunfähige Staaten im internationalen Recht. In der Praxis wird jedoch ein bankrotter Staat genauso behandelt wie ein Unternehmen oder eine Privatperson.
Kein einziges verschuldetes Land der Dritten Welt kann sich diesen Schritt erlauben, wenn er nicht völlig autark existieren kann…

Als vor etlichen Jahren die peruanische Regierung beschloss, dass die Rückzahlung der aufgenommenen Auslandsschuld nicht mehr in vollen Umfang zu tilgen sei und nur 30% der Gesamtverschuldung berücksichtigen wollte, wurde das erste Schiff unter peruanischer Flagge von einem Konsortium deutscher Gläubigerbanken von der deutschen Justiz beschlagnahmt. Die peruanischen Flugzeuge, die in den Folgetagen in New York, Madrid und London landeten wurden auf Antrag der Gläubiger beschlagnahmt…
Die argentinische Krise wurde auch auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen. Der Peso wurde drastisch devalorisiert, die Gelder eingefroren, so dass die Menschen nur noch eine bestimmte Summe Geldes pro Monat abheben konnten. In der Folge kam es zu Unruhen und Toten.
Der Erhalt eines Kredits soll dem Nehmerland erlauben zu investieren und seine eigenen Produktivkräfte zu finanzieren. Dank dieser Entwicklung wird es seine Schuld zurückzahlen.
Die Auslandsschuld (es werden natürlich horrende Zinsen vom Norden verlangt…) verschlingt zw. 30 und 40% des Gesamthaushaltes von Kamerun, Elfenbeinküste, Kenia, Sambia, Niger…Parallel dazu fehlt das Geld für Sozialleistungen…
Ein Schuldenerlass der Länder der Dritten Welt , der auf die Wirtschaft der Industrieländer und auf den Wohlstand ihrer Einwohner praktisch keinen Einfluss hätte, wird nicht in Erwägung gezogen, weil der Schuldendienst eine Garantie dafür ist, dass z.B. Konzessionen für Ländereien im Amazonas zu lächerlichen Konditionen bekommen werden können, dass die Privatisierung profitabler öffentlicher Unternehmen zu lächerlichen Preisen vorangetrieben wird…
joyflight
schrieb am 03.11.2008, 22:42 Uhr
schöner bogen von religion zu staatspleite.
wer jedoch hofft, von staatspleiten zu schuldenauflösung und durch religionsfreiheit zu zinserlass zu gelangen, der soll nochmal ob des berühmten zitats sinnieren:

so gib dem kaiser, was des kaiser's ist, und gott was gottes ist.

es gibt keine rache an bösen managern und auch keine umverteilung zwischen den wahren schurkenstaaten, von denen wir taugenichtse profitieren könnten.
wir können davon träumen, aber unser los ist es, weiterzuarbeiten.
lori
schrieb am 10.11.2008, 15:01 Uhr
Hallo joyflight,

Ich beziehe mich auf Deine Frage aus dem Thread "Dax..."weil ich meine, die Antwort passt hierher besser! Warum verteidige ich die Spekulanten?
Zuerst mal eine grobe Einteilung auch nach Kostolany, denn gescheiteres über Übertreibungen an den Aktienmärkten habe ich von keinem anderen(wenigen) gehört. Einteilung der Akteure an der Börse:
1)Spieler, heute nennt man sie idR. Daytrader, die ein Papier(Effecten,Optionen usw.)wenige Minuten halten, seltener Tage und Wochen.
2) Spekulanten, die ein Papier mehrere Wochen, Monate gar Jahre halten!
3)Anleger, die ihre Papiere über 3-5 Jahre, gar Jahrzehnte in ihren Depots halten.

Zur Kategorie 3 gehören wir (fast) alle, zur Kategorie 2 bedingt!Ohne die Spekulation, die Spekulanten, die Wagniskapital zur Verfügung stellen, hätten wir das eine oder andere Produkt/Dienstleistung weniger. Von der technischen Seite her muss gesagt werden, dass die Spekulanten für Liquidität an der Börse sorgen. Es gibt in der Volkswirtschaft kein besser funktionierender Markt als die Börse, in den man Werte(Firmenanteile zB.) sofort in liquide Mittel(Geld) umwandeln kann!
Warum muss man jetzt auf die Spekulanten schimpfen frage ich mich?
In unserere protestantischen Art die geradezu masochistisch nach Schuldigen sucht, will ich ein Beispiel vorführen und möchte gerne erfahren wer eurer Meinung nach schuld ist?! Vor einigen Monaten, damals sprach man noch nicht von der Finanzkrise, hat es einige Spekulanten der WestLB erwischt. Welche geniale Idee, zwischen der VW Vorzugsaktie und der Stammaktie gab es unabhängig von der Marktlage(Dax hoch oder tief)einen konstanten Preisabstand, eine wahre Gelddruckmaschine, die die Spekulanten der WestLB durch verschiedene Instrumente ausnützen konnten. Bis, ja bis, Porsche massiv VW Stammaktien aufkaufte. Da brach die ganze Spekulation zusammen und die Spekulanten verloren ihren Job. Frage: wer ist schuldig?

Gruss
Lori
seberg
schrieb am 10.11.2008, 15:12 Uhr
Wer dich ernst nimmt!
joyflight
schrieb am 10.11.2008, 20:07 Uhr
hi lori,
in dem anderen thread habe ich bewusst ironisch dargestellt.
was ich hier genau vor dir aber ernsthaft sagen wollte: es gibt weder "einen schuldigen" noch einen grund sich rächen zu wollen, oder ausgleichende gerechtigkeit zu verlangen.
es ist wohl in der natur der sache, dass eine große blase irgendwann platzt.
und zu den vw spekulanten kann man nur sagen - naja, es haben viele viel verdient, viele viel verloren ... und es ist immer noch viel heisse luft drin. ich würde sagen, sowas wie eine multiple blase, die immer wieder vor sich hinblubbert.
und jeder den es juckt, oder "der dem vorgang aufmerksamkeit schenkt" ist eigentlich schon teil vom system.

wenn jemand bei einem solchen spiel schuldige sucht, der hätte genauso unter ceausescu die bösen suchen können. es sind alle teil des systems, eigentlich sogar die passiven. die vielleicht sogar am allermeisten.
getkiss
schrieb am 10.11.2008, 22:16 Uhr (am 10.11.2008, 22:17 Uhr geändert).
joyflight schrieb: ...wenn jemand bei einem solchen spiel schuldige sucht, der hätte genauso unter ceausescu die bösen suchen können. es sind alle teil des systems, eigentlich sogar die passiven. die vielleicht sogar am allermeisten.
Und Du, Filio Brutus, wo gehörst Du hin,lach?
NfU,
getkiss
Elsi
schrieb am 10.11.2008, 22:37 Uhr
lori schrieb: "Was würde Kostolany über die USA sagen? Ungefähr: Uncle Sam gleicht im Moment einem angezählten Boxer in den ersten Runden. In den folgenden Runden wird er jedoch topfit zurückkehren, als sei nichts geschehen und gewinnt beim Schlussgong den Kampf."

Es ist schon merkwürdig, wie hartnäckig an der Realität vorbei-geleugnet wird und wie beflissen ein Eigentümer von ein paar Aktien sich das Räsonnement eines Großaktionärs oder Spekulanten zueigen macht.
Immer noch wird hartnäckig auf die zyklisch auftretenden Konjunkturkrisen des Kapitalismus verwiesen, obwohl eigentlich jedem klar sein sollte, dass diese Krise tiefer und weiter reicht und es eine Dauerkrise ist. Sie ist weltweit und sie steht im Zusammenhang zu der konzerngetriebenen neoliberalen Globalisierung.Eine ökonomische Krise, die jedoch auch eine ökologische, soziale, politische, ethische und psychologische Dimension hat.
Das Dogma des permanenten Wachstums in Frage zu stellen traut man sich jedoch nur zögerlich. Der „grüne Kapitalismus“, der auf umweltfreundliche Technologien setzt, sollte Wachstum und Arbeitsplätze bringen. Was bei rumkam, ist vor allem die Beibehaltung ausbeuterischer Verhältnisse und die hemmungslose Betrachtung der Natur als Ware. Etc…
Es wird hartnäckig auf Globalisierung, Deregulierung und Privatisierung gesetzt, weil das die Lösung für Armut und Krisen sei. Dabei entziehen genau diese Maßnahmen den armen Ländern die Souveränität und die Möglichkeit, eine eigene Wirtschaftspolitik zu formulieren. Die Aufhebung der staatlichen Kapitalverkehrskontrollen führten zu Finanzkrisen und der ungehinderte Zugriff der Konzerne auf die ganze Welt, auf alle Ressourcen, die zu Ware gemacht werden, führen letztendlich zur Polarisierung zw. arm und reich, nicht nur im ‚Süden’, sondern immer mehr auch im ‚Norden’ und letztendlich zur Verschärfung dieser Dauerkrise. Von den asiatischen ‚Wachstumsstaaten’ werden Wachstumsimpulse für eine neue Runde der Kapitalakkumulation erwartet. Sie sollen die reiche Welt aus der Rezession herausholen, es soll eine Schicht (!) Konsumenten für moderne Konsumgüter entstehen. Dabei wird in Kauf genommen, dass es parallel dazu auch zu einer „Dritteweltisierung“ der ‚ersten Welt’ kommt. (Verlagerung ganzer Industriezweige in Billiglohnländer, Arbeitslosigkeit, Senkung der Reallöhne…) Denn die fortgesetzte Kapitalakkumulation ist nur möglich, solange es ‚Ausgebeutete’ gibt, interne und externe. Das Modell zerstört nicht nur die Natur, sondern auch die Grundlage der Demokratie: Selbstbestimmung, Freiheit, Gleichheit, Solidarität. Und wir träumen weiter– diesmal mit Obama als Messias, der mit seinem Omnipotenz suggerierenden Wahlslogan, das Ruder herumreißen können soll...!
Es geht leider rückwärts in die Zukunft. Meine Meinung.

Elsi
schrieb am 11.11.2008, 00:28 Uhr (am 11.11.2008, 08:55 Uhr geändert).
joyflight sagte: "wenn jemand bei einem solchen spiel schuldige sucht,... es sind alle teil des systems, eigentlich sogar die passiven. die vielleicht sogar am allermeisten."

Wie wahr, wie wahr!
Die Passiven, also jene, die sich abgefunden haben, weil...was kann man schon als Einzelner tun? Jene, welche die Gesetze des Marktes als unumgehbar, unwandelbar und Gottgegeben betrachten... All jene, die ihr bisschen Wohlstand mit dem bisschen Hoffnung verteidigen, nicht teilen zu müssen und einigermaßen ungeschoren davonzukommen...Jene, die hoffen, bloß nicht der Nächste zu sein, der seinen Arbeitsplatz verliert und nicht merken, dass sie trotzdem der Nächste sind, wenn ihr Kumpel seine Arbeit verliert, jene, die immer noch glauben, sie könnten auf einer Insel des Glücks in einem Meer voller Leid leben...
Meinst du...uns?
josef.s
schrieb am 11.11.2008, 09:55 Uhr
Ja Elsi, bin genau deiner Meinung. Aber du weißt ja: Die Hoffnung stirbt zuletzt und die menschliche Dummheit ist unendlich!
Gruß!

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