23. November 2000

Wahlkrimi auch in Rumänien?

Ein ähnlicher Wahlkrimi wie in den Vereinigten Staaten zeichnet sich möglicherweise auch beim Urnengang am kommenden Sonntag, dem 26. November, in Rumänien ab. Auf der Zielgeraden des Rennens wechseln sich Parteien und Präsidentschaftskandidaten in der Gunst der Wähler ab. Selbst beim Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien ist noch unklar, welcher Kandidat das Rennen für das Bukarester "Unterhaus" macht.
Die Partei der Sozialen Demokratie (PDSR) von Ion Iliescu gilt allerdings als sicherer Sieger. Fraglich bliebt lediglich, ob die Altkommunisten mit der absolute Mehrheit ins Parlament einziehen und ob sie den künftigen Präsidenten des Landes stellen werden. Ihr Anwärter für den Cotroceni-Palast, Ion Iliescu, schon zweimal seit 1990 in dem einst königlichen Haus residierend, hat zwar die besten Chancen, obschon gerade in letzter Zeit parteiintern auch andere Alternativen im Gespräch sind.
Iliescus Herausforderer bei einer voraussichtlichen Stichwahl am 10. Dezember steht desgleichen noch nicht fest. Mugur Isarescu, der Premier, musste jüngst seinen bisherigen Spitzenplatz unter den Stichwahlkandidaten in einer Umfrage an Theodor Stolojan von den Nationalliberalen (PNL) abtreten, selbst der allgemein als Nationalist eingestufte Corneliu Vadim Tudor von der Großrumänienpartei (PMR) wurde bei einer anderen Befragung der Wähler als möglicher Kandidat gehandelt. Alle drei bewegen sich jeweils um die 12 Prozent der Wählerstimmen. Insgesamt zwölf Kandidaten wetteifern um das Präsidialamt, unter ihnen Paul Filip von Hohenzollern seitens der Partei der Nationalen Aussöhnung (PRN) und die Unabhängigen und Unbekannten Manole George Eduard sowie Gratiela Barla, die einizge Frau im Rennen. Aussichtslos, aber dennoch besser gestellt als die vorhin Genannten, sind laut letzten Umfragen György Frunda vom Ungarnverband (UDMR) mit zeitweise über fünf Prozent der Stimmen, meist unter diesem Prozentsatz rangierten Petre Roman von der Demokratischen Partei (PD) und Ex-Außenminister Teodor Melescanu von der Allianz für Rumänien (ApR). Politologen gehen davon aus, dass nach den Wahlen eine Regierungskoalition von PDSR, PNL und UDRM am wahrscheinlichsten sei.
Auch beim Deutschen Forum steht einiges noch offen. Wenn man aber die Wahlergebnisse von 1996 berücksichtigt, so hat der Temescher Kreis mit seinem Spitzenkandidaten Ovidiu Gant, Direktor der Lenau-Schule, die besten Chancen, gefolgt vom Kronstädter Bezirk, mit seinem Spitzenkandidaten Dieter Drotleff, dem Schriftleiter der "Karpatenrundschau", und nicht zuletzt von Hermannstadt, wo wieder der gebürtiger Kronstädter und DFDR-Abgeordnete sowie DFDR-Landesvorsitzende Wolfgang Wittstock kandidiert. Die Foren landesweit haben übrigens in 18 von insgesamt 42 Wahlkreisen mehr als 70 Kandidaten für das Bukarester "Unterhaus" aufgestellt, im Jahre 1996 waren es bloß 15 Wahlkreise. Doch nur ein einziger Kandidat wird verfassungsgemäß das Rennen machen.
Erneut jedoch nahm das Forum Abstand von einem eigenen Anwärter für den Senat. Die Nationalliberale Partei (PNL) hatte hingegen, wie berichtet, den Hermannstädter Architekten Hermann Fabini auf ihre Liste gesetzt. Und Fabini erklärte gegenüber unserem Mitarbeiter vor Ort, dass er durchaus eine Chance habe, in das "Oberhaus" einzuziehen. Seine Kandidatur habe er nicht bereut und hochkarätige Unterstützung von seiner Partei erhalten. Beklagen werde er allerdings auch eine Wahlniederlage nicht: "Dann kann ich mich eben auf meine Aufträge in der Firma konzentrieren, deren Zahl in letzter Zeit erheblich zugenommen hat", so Fabini.

Martin Ohnweiler

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