1. Oktober 2002

AKSL-Tagung in München: Dokumentation der Schulgeschichte

Zu einer Tagung über das Schulwesen in Siebenbürgen, besonders in der Zeit nach 1944, lädt die Sektion Pädagogik und Schulgeschichte im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) für den 26. und 27. Oktober ins Haus des Deutschen Ostens in München ein. Die Veranstaltung steht auch Interessenten offen, die keine Einladung erhalten haben.
Die Sektion berät nach 1995 und 2000 zum dritten Mal über Wege und Möglichkeiten der Dokumentation zum genannten Thema. Der Arbeitskreis sammelt dazu Dokumente aller Art: Berichte, Erinnerungen, autobiographische Aufzeichnungen, Briefe, Zeugnisse, Schulfotos. Interessant sind vor allem Quellen, die über die Qualität der Schularbeit Auskunft geben, gerade das, was man nicht ohne weiteres in Schulgesetzen, Erlassen, Lehrplänen und Zeitungsberichten findet. Speziell aus der Zeit von 1944 bis 1990 gibt es dazu verhältnismäßig wenig ungeschminkte Unterlagen.

Bei der Dokumentation und Aufbereitung der Schulgeschichte dieser Zeit bemüht sich die Sektion um Differenzierung. Es soll weder vom Ende der Ceausescu-Zeit alles eingeebnet, noch sollen im Rückblick die Ereignisse und Situationen beschönigt werden. Es gab in Rumänien Diskriminierung, aber auch Freiraum für deutschsprachigen Unterricht. Trotz ideologischer Gängelung und Diskriminierung gab es im Blick auf deutschsprachigen Unterricht nichts Vergleichbares in Ost- und Südosteuropa. Schule und Unterricht trugen in Rumänien wesentlich dazu bei, dass Kinder und Jugendliche ihre sprachlich-kulturelle Identität bewahren konnten, und viele Schulen waren phasenweise Zentren eines beachtlichen kulturellen Lebens. Es muss unterschieden werden zwischen einem System und dem, was Menschen trotz dieses Systems geleistet haben. Die Zwiespältigkeit der Situation, die Ambivalenz und die Gratwanderung der Beteiligten machen das Thema besonders interessant. Bei den letzten beiden Tagungen wurden den Seminarteilnehmern bestimmte Leitfragen vorgegeben, u.a.: „Wie wurde dem politischen Druck und der politischen Einflussnahme begegnet? Wie wurden Begriffe, Parolen und Intentionen aufgegriffen, umgedeutet und genutzt? (Beispiele für Konfliktsituationen und für die schwierige Gratwanderung beim Vertreten der Interessen der deutschen Schulen.) Welche Erfahrungen machten Lehrerinnen und Lehrer in bestimmten Funktionen als Direktoren/Rektoren, Schulinspektoren, Klassenlehrer, Fachlehrer in bestimmten Fächern, als Schulbuchautoren, in der Lehrerbildung und -fortbildung? Wie sah das Schulleben in einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit aus? Wie wirkte die Tradition unter völlig veränderten Bedingungen nach? Wie verhielten sich die rumänische Schule (bzw. die rumänische Abteilung), die rumänischen Kolleginnen und Kollegen in bestimmten Situationen?“

Auf der Tagung in München werden in Berichten, Referaten und Diskussionen verschiedene Aspekte des Themas behandelt. Außerdem ist es wieder gelungen, Referenten aus Siebenbürgen zu gewinnen, die über die aktuelle Schulsituation vor Ort informieren werden.

Interessenten an dieser Tagung werden gebeten, sich schriftlich bei Prof. Walter König, Hermann-Ehlers-Straße 48/93, 72762 Reutlingen, anzumelden. Sie erhalten dann detailliertere Informationen und das genaue Programm. Die Übernachtung in München muss von jedem Teilnehmer selbst organisiert werden.

Walter König


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 15 vom 30. September 2002, Seite 7)

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