25. Januar 2003

Bundesregierung fördert deutsch-rumänische Städtepartnerschaften

Die Jahresplanungskonferenz des Bundesministeriums des Inneren (BMI) fand am 18. und 19. Januar in Hermannstadt unter Beteiligung des BMI, des Bundesverwaltungsamtes (BVA) sowie führender Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), der Landsmannschaften aus Deutschland und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest statt.
Die Förderung für deutsche Minderheit wird mit dem EU-Beitritt voraussichtlich ab 2007 stufenweise abgebaut, erklärte BMI-Delegationsleiter Frank Reuter. Die Bundesregierungen bekenne sich zu ihrer besonderen Verantwortung für das Schicksal der deutschen Minderheiten in Ost- und Südosteuropa. Trotz angespannter Haushaltslage werden viele soziale und Jugendprojekte in Rumänien sowie neue deutsch-rumänische Städtepartnerschaften gefördert.

Die Landsmannschaft und das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen waren durch den stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft, Rechtsanwalt Bernd B. Fabritius, vertreten. Beraten wurde über die Vergabe von BMI-Gelder für Hilfsprojekte in Siebenbürgen, dem Banat, im Sathmarland, dem Altreich und der Bukowina. BMI-Delegationsleiter Dr. Frank Reuter und der DFDR-Vorsitzende Klaus Johannis zeigten sich gegenüber den Medien insgesamt zufrieden mit den Ergebnissen der Konferenz. "Wir haben an diesen Tagen ein sehr gutes, aber auch ein sehr schwieriges Gespräch geführt", räumte BMI-Referatsleiter Reuter zu Beginn der Pressekonferenz ein. "Schwierig deshalb, weil wir - wie in allen vergangenen Jahren - wieder mit einem etwas geringeren Mittelansatz die Projekte durchführen müssen. Ein gutes Gespräch war es deswegen, weil wir trotz dieser knappen Finanzlage sehr konstruktiv und solidarisch miteinander gesprochen haben."

Frank Reuter und Bürgermeister Klaus Johannis bei der Jahresplanungskonferenz in Hermannstadt. Foto: Beatrice Ungar
Frank Reuter und Bürgermeister Klaus Johannis bei der Jahresplanungskonferenz in Hermannstadt. Foto: Beatrice Ungar

Die Bundesregierung wird ihre Hilfsmittel für die deutsche Minderheit in Rumänien gegenüber dem Vorjahr leicht kürzen, so dass in diesem Jahr voraussichtlich 2,3 Millionen Euro zur Verfügung stehen werden. Dies stünde allerdings unter Vorbehalt; es handele sich lediglich um Planungszahlen, denn der Bundeshaushalt 2003 werde voraussichtlich nicht vor Ende April beschlossen und damit erst in rund dreieinhalb Monaten verbindlich sein, unterstrich Reuter, der für die Hilfen an die deutschen Minderheiten in der Ukraine, in Rumänien und der Republik Moldau zuständig ist.

Rund 40 Prozent der Hilfen werden für den Betrieb der deutschen Altenheime in Siebenbürgen und dem Banat veranschlagt. Diese Posten konnten trotz angespannter Haushaltslage dank des Einsatzes der BMI-Vertreter von Kürzungen ausgenommen und auf dem Jahresniveau 2002 "eingefroren" werden. Zudem soll eine "Budgetierung" erfolgen, in deren Rahmen die Altenheime eigenverantwortlich wirtschaften können. Weitere Mittel stehen für materielle Hilfen zur Förderung von Kleinprojekten aus Handwerk und Gewerbe zur Verfügung. Die Arbeiten am Übernachtungshaus des Lehrerfortbildungszentrums in Mediasch können gleichfalls fortgesetzt werden, auch wenn Investitionen in Immobilien als Begegnungsstätten schon wegen drohender Folgelasten gekürzt werden mussten. Einen besonderen Stellenwert hatte die Förderung der Jugendprojekte. Dieses unterstrich Dr. Reuter durch den Appell: "Wir müssen in Köpfe investieren, nicht in Steine!"

Erweiterungsbau der Friedrich-Müller-Fachschule in Hermannstadt, vorwiegend finanziert durch das Bundesinnenministerium und das bayerische Sozialministerium. Foto: Fred Nuss
Erweiterungsbau der Friedrich-Müller-Fachschule in Hermannstadt, vorwiegend finanziert durch das Bundesinnenministerium und das bayerische Sozialministerium. Foto: Fred Nuss

Zur gerechten Förderung aller Regionen, in welchen die deutsche Minderheit noch lebt, wird erstmals ein neuer Verteilerschlüssel angewendet. Wie auf der letzten DFDR-Vertreterversammlung beschlossen, werden die fünf Regionalforen nach dem jeweiligen Anteil der deutschen Bevölkerung gefördert. 40 Prozent gehen mithin ins Banat, 30 Prozent fließen nach Siebenbürgen, 16 Prozent nach Nordsiebenbürgen, neun Prozent ins Altreich und fünf Prozent in die Bukowina. "Allerdings wurden zunächst wichtige überregionale Projekte berücksichtigt, lediglich die Restposten wurden nach dem neuen Schlüssel vergeben", erklärte Klaus Johannis. Zwar waren nicht alle Vertreter der Regionalforen damit zufrieden, aber keiner fühlte sich benachteiligt.

Auch die Vertreter der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien sahen das ähnlich. Bischof D. Dr. Christoph Klein erklärte gegenüber unserem Mitarbeiter: "Wir sind froh, dass die Hilfen Für unsere Diakonie auf den Stand von 2002 eingefroren wurden." Hauptanwalt Friedrich Gunesch begrüßte es, dass die von seinem Amt vorgeschlagenen Projekte trotz knapper Mittel als Hilfsmaßnahmen aufgenommen wurden. Das Friedrich-Teutsch-Begegnungszentrum in Hermannstadt wird demnach noch heuer aus BMI-Geldern ausgestattet, in Seligstadt bei Fogarasch werden die Jugendstätte und in Großau ein ähnliches Vorhaben in Angriff genommen.

Dr. Reuter äußerte sich positiv über die Beteiligung der Landsmannschaften: "Sie haben konstruktiv mitdiskutiert und nach Lösungen gesucht, wenn wir in Schwierigkeiten waren. Denn sie übernehmen ja auch einen Großteil der Projekte als Durchführungsorganisationen."

"Besondere Verantwortung für deutsche Minderheit"

Besonders bei den einleitenden grundsätzlichen Debatten war argumentative Unterstützung erforderlich. Dr. Reuter stellte gleich zu Beginn fest: "Alle Bundesregierungen haben die besondere historisch-politische Verantwortung Deutschlands für das Schicksal der deutschen Minderheiten in Ost- und Südosteuropa, einschließlich der nichteuropäischen Nachfolgestaaten der UdSSR, anerkannt. Aus diesem Grund wurden seit 1990 die verschiedensten Hilfen gewährt, um den Nachteil, den die deutschen Minderheiten in diesen Staaten als Kriegsfolgenschicksal durch viele Formen von Zwangsmaßnahmen wie Deportation, Zwangsarbeit, Diskriminierung und Enteignung erlitten haben, auszugleichen und ihnen eine Perspektive zum Bleiben in ihren Herkunftsgebieten zu schaffen. Auch die jetzige Bundesregierung bekennt sich weiter zu dieser Verantwortung. Der Nachteilsausgleich besteht aber nicht für alle Ewigkeit und für alle nachfolgenden Generationen fort. Von Anfang an war deshalb klar, dass auch die Hilfenpolitik nicht für immer Bestand haben kann. Offen ist der Zeitpunkt, zu dem mit einem Abbau der Förderung gerechnet werden muss. Sicher ist, dass er mit jedem Jahr näher rückt." Konkret verwies Dr. Reuter auf den voraussichtlichen Beitrittstermin Rumäniens zur Europäischen Union, der laut EU-Gipfel im Dezember 2002 in Kopenhagen am l. Januar 2007 erfolgen soll. Denn es sei davon auszugehen, dass sich mittelfristig die wirtschaftliche und soziale Lage der deutschen Minderheit in Rumänien wegen der Annäherung an die EU weiter stabilisieren werde: "Der verstärkte stufenweise Abbau der Förderung setzt mit dem Beitrittstermin ein. Darauf sich rechtzeitig einzustellen, muss von jetzt ab für Sie oberstes Gebot sein. Sie haben jetzt nur noch vier bis fünf Jahre Zeit, sich eine Konzeption für den Förderungsabbau zu überlegen. Vielleicht können wir in kleiner Runde in einem ersten gemeinsamen Strategiegespräch noch in diesem Jahr einen Anfang setzen. Das ist die wichtigste Botschaft, die ich Ihnen in dieser Jahresplanungskonferenz 2003 überbringen möchte. Sie ist ernst zu nehmen. Alles andere ist unrealistisch." Weiter wies Reuter darauf hin, dass nach dem Prinzip der Subsidiarität grundsätzlich die "Titularnation" - damit Rumänien - zuerst für die Förderung der Minderheiten zuständig sei. "Denn die Angehörigen der Minderheit sind Staatsbürger des Heimatstaates. Verantwortlich für seine Staatsbürger ist jeder Staat selbst. Dass die Bundesrepublik überhaupt Unterstützung gewährt, hat mit der besonderen historisch-politischen Verantwortung zu tun. Die Hilfen der Bundesregierung werden aber nur insoweit gewährt, wie die Unterstützung durch die Titularnation nicht ausreicht, keine Eigenmittel vorhanden sind und gegebenenfalls keine Unterstützung aus anderen Förderprogrammen Dritter erfolgt."

Zum schrittweisen Auslaufen der BMI-Förderung und einem Abnehmen des Nachteilsausgleichs als Kriegsfolgelast erwiderte Fabritius, dass dieser nur eines der Argumente für die Unterstützung der deutschen Minderheit in Rumänien sei. Mit der Förderung der deutschen Minderheiten im Ausland werde auch eine notwendige Solidarität innerhalb der deutschen Kulturgemeinschaft wahrgenommen. Die Verantwortung der Titularnation könne nur eine Mit- und nicht eine Alleinverantwortung sein, besonders wenn man bedenke, dass Europa sich nicht auf dem Weg zu einem Europa der Nationalstaaten, sondern zu einem Europa der Regionen und der Kulturen befinde, betonte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft.

Trotzdem sei es verkehrt, die Zeichen der Zeit zu verkennen und den angepeilten Zeitrahmen nicht ernst zu nehmen. Die Mittel zur Förderung von Städtepartnerschaften seien in den vergangenen Haushaltsansätzen nicht ausgeschöpft worden. Dazu erklärte Fabritius "Das heißt nicht, dass zu viel Geld für diese Zwecke veranschlagt wurde, sondern dass wir alle die Hausaufgaben vielleicht nicht ausreichend gemacht haben. Bemühen Sie sich mit uns um die Förderung und Anbahnung von Städtepartnerschaften. Geben Sie das dafür veranschlagte Geld zweckentsprechend aus. Damit investieren Sie in zukünftige Partner." Die Landsmannschaft werde sich in die politische Debatte zwecks Fortführung der Hilfen für die deutsche Minderheit in Rumänien argumentativ einbringen, betonte der Münchner Jurist. Als pragmatisches Argument für die Bleibehilfen zugunsten der deutschen Minderheit In Rumänien diene auch der Hinweis auf die neueste Gesetzgebung (z.B. das Grundsicherungsgesetz) und deren Folgen für die bundesdeutschen Haushalte.

Die Planungskonferenz klang mit einem Besuch der Vertreter aus Deutschland in Michelsberg und Heltau aus. Hier konnten sich die Gäste bei einer Wanderung vom Reiz des Hermannstädter Umlandes überzeugen.

S. B.


(Siebenbürgisache Zeitung, Folge 2 vom 31. Januar 2003, Leitartikel)

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