27. Februar 2003

Leschkircher Erbe der Brekner von Brukenthal lokalisiert

Die aufmerksame Lektüre der Berichte in der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien vom 17. Dezember 2002, der Hermannstädter Zeitung vom 13. Dezember 2002, der Romania Libera vom 13. Dezember 2002 sowie der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 13. Mai 2001 und vom 22. Januar 2003, über das Geburtshaus Samuel von Brukenthals (1721-1803) in Leschkirch zeigt, dass sich einige rumänische Staatsbürger Europa offenbar nicht zuwenden wollen. Sie denken noch kommunistisch, was das Privateigentum anbelangt. Im Folgenden widerlegt der Heimatforscher Michael Edling aufgrund von Fakten und Urkunden die strittigen Argumente.
Samuel von Brukenthals Geburtshaus in Leschkirch: obere Reihe, erstes Haus von rechts.
Samuel von Brukenthals Geburtshaus in Leschkirch: obere Reihe, erstes Haus von rechts.

1. Aurel Irod, stellvertretender Bürgermeister und "Käufer" des betreffenden Hofbesitzes (Hofbesitz in Leschkirch: Parzellennummer l50, 151, 152), „ist auch heute noch der Meinung, dass (Samuel von) Brukenthal nicht in dem besagten Haus [Hausnummer (ab 1785) 2, (ab 1903) 3, (ab 1950) 94 / Liste von denkmalgeschützten Immobilien Nr. 33B-405 – Anmerkung der Redaktion], sondern nebenan das Licht der Welt erblickte". Diese unbegründete Annahme stammt von dem ehemaligen Leiter des Agnethler Museums, Dr. Erhard Andree, der dem Verfasser dieser Zeilen 1970 erzählt hatte: Samuel von Brukenthal sei am 21. Juli 1721 in dem kleinen Haus gegen den Hof Nr. 4/95 geboren worden; er habe die Wetterfahne des Gebäudes im Agnethler Museum aufbewahrt. 1973 wurde dieses kleinere Haus allerdings gründlich untersucht und festgestellt: Das Gebäude ist erst 1760 erbaut worden, was man heute noch am rückwärtigen Giebel und am Schornstein ablesen kann. Das ebenerdige Parterregebäude mit Satteldach und Stutzgiebel steht zu je einer Hälfte auf Brukenthal'schem bzw. Kißling'schem (Nr.4/95) Hof. Die Trennwand ist von Anfang an aufgezogen worden, was man heute noch in der Verbindung Trenn- gleich Giebelmauer sowie dem zweigeteilten massiven Schornstein feststellen kann. Der Brukenthal'sche Teil besitzt ein Gewölbe, der Kißling'sche dagegen Holzbalken und Decke („Gebinnt") und man kann nirgends eine zugemauerte Türöffnung in der Trennwand erkennen. Dieses Haus hat beiden Beamtenfamilien - die auch Landwirtschaft betrieben - als Gesindewohnung gedient, keine Seltenheit in der damaligen Zeit. Die Behauptung im Neuen Weg vom 24. Juli 1984: „Brukenthal, der in dem kleineren Haus geboren wurde", hat der Verfasser dieser Zeilen im Neuen Weg vom 17. August 1984 widerlegt.

2. Dieses Haus soll "laut Aktenlage im Leschkircher Bürgermeisteramt nie im Besitz der Familie Brukenthal gewesen" sein. Diese irrige Annahme resultiert aus Unkenntnis der Tatsachen. Von den sechs Kindern des Michael Brekner von Brukenthal (1676-1736) - vier Töchter und zwei Söhne - ist nur Michael von Brukenthal (1716-1773) in Leschkirchs Stuhlsdienst (Notar, Stuhls-, dann Königsrichter) gestanden, folglich hat er auch den elterlichen Hofbesitz übernommen, auch nachdem er 1767 zum Oberkapitän des Fogarascher Distriktes ernannt worden war. Die von der evangelischen Kirchengemeinde Leschkirch ausgestellten Sterbematrikeln belegen dies: Michael (gestorben am 12. Mai 1773) und seine Ehegattin Agnetha, geborene Brenner (geboren 1724, verstorben am 27. Mai 1783). Außer dem Sohn Friedrich Samuel von Brukenthal (1749-1809) sind alle Geschwister von Leschkirch weggezogen: Michael Gottlieb (1746-1813, Sachsenkomes) und Peter Karl (1753-1807) nach Hermannstadt sowie Georg Martin (1757-1823) auf das landwirtschaftliche Erbe in Bägendorf (Benești). Friedrich Samuel von Brukenthal, in Leschkirchs Stuhlsdienst geblieben, seit 1776 mit Johanna Regina Conrad (1754-1830) verheiratet, hatte nur eine Tochter, Sophia Regina von Brukenthal (1779-1854), die 1799 den aus Hermannstadt gebürtigen Michael Bran(d)sch (1774-1837) ehelichte, der ebenfalls in Leschkirchs Stuhlsdienst bis zum Königsrichter emporgestiegen war. Die Kinder von Michael Bran(d)sch und Sophia Regina von Brukenthal: Johanna Maria Regina (geboren 1799), Sophia Ludovica (geboren 1806), Joseph Michael (geboren 1808), Josepha (geboren 1811) sowie drei früh verstorbene Kinder. Sowohl in den Tauf- als auch in den Sterbematrikeln dieser Jahre ist die Haus-Nr. 2 eingetragen, was die Besitzer eindeutig ausweist. Weitere Belege finden sich im Familienbuch der evangelischen Kirchengemeinde.

3. Das Leschkircher Bürgermeisteramt meint, "letzter Eigentümer werde hier ein gewisser Wilhelm (laut Grundbuchauszug korrekt Gustav - Anmerkung des Verfassers) Conrad geführt." Gustav Adolph Conrad (geboren 1841) war eines der vier Kinder von Georg Friedrich Conrad (gewesener Königsrichter) und Josepha, geborene Bran(d)sch, und war nach dem Studium der Forstwirtschaft in Leschkirchs Stuhlsdienst eingetreten, dann zum Hermannstädter Bezirksforstamt gewechselt. Wundert sich das Leschkircher Bürgermeisteramt, dass der Brukenthal/Bran(d)sch'sche Hofbesitz zum Gustav-Conrad-Besitz durch Auszahlung der Erbteile der Geschwister der Mutter geworden war?

4. Noch ein interessanter Hinweis: Im Sommer 1977 sind "die Häuser (Herrschafts- und Gesindehaus – Anmerkung des Verfassers), die vom Volksrat verwaltet werden", mit vom Kreisvolksrat bereitgestellten 65 000 Lei gründlich überholt worden. Sie sollten nach Abschluss der Arbeiten "den Gemeindekindergarten beherbergen" (Die Woche vom 19. August 1977, Neuer Weg vom 20. August 1977, Karpatenrundschau vom 26. August 1977). Leider wurde danach im Erdgeschoss ein Lebensmittelladen eröffnet (Neuer Weg vom 24. Juli 1984). Angesichts der obigen Daten und Fakten, die alle überprüfbar sind, bleibt zu hoffen, dass sowohl das Leschkircher Bürgermeisteramt mit Aurel Irod als stellvertretendem Bürgermeister und "Käufer" des strittigen Hofbesitzes als auch der Leiter des Hermannstädter Kulturinspektorats, Alexiu Tatui von ihren "aus der Luft gegriffenen" Argumenten ablassen werden.

Michael Edling


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 3 vom 28. Februar 2003, Seite 3)

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