7. März 2003

Siebenbürgische Künstler nach 1945

Die in Hermannstadt lebende Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin Gudrun-Liane Ittu öffnet in einer beachtlichen Studie Bereiche zwischen nationalsozialistisch gefärbter „Heimatkunst“ und „Sozialistischem Realismus“, die von der kunstgeschichtlichen Forschung bisher kaum oder nur zögernd betreten wurden.
In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Studii si comunicari" (Studien und Mitteilungen), Nr. 7/2002, einer wissenschaftlichen Publikation des Arader Museums, veröffentlichte die bekannte, in Hermannstadt lebende Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin Gudrun-Liane Ittu eine beachtliche Studie über „Die bildende Kunst der deutschen Minderheit in der Zeitspanne von 1945 bis 1989 anhand deutschsprachiger Publikationen“.

Zum ersten Mal wird so das Schaffen von Malern, Grafikern und Bildhauern aus Siebenbürgen, dem Banat und aus dem Altreich in den ersten Jahren der Nachkriegszeit - oft mit kurzen, doch aufschlussreichen Rückblenden auf die „Volksgruppen“-Ära - und der danach folgenden Periode des „Sozialistischen Realismus“ untersucht. Ittu stellt fest, dass es siebenbürgische Maler gegeben hat, die in den fünfziger Jahren ihren Blut-und-Boden-Gemälden einfach einen neuen „sozialistischen“ Titel gaben und sich damit erfolgreich auf den thematisch ausgerichteten Regionsausstellungen präsentierten.

Die Autorin beginnt ihre Untersuchungen mit der so genannten „Heimatkunst“, um dann besonders auf die Periode des „Proletkultismus“ einzugehen, wobei sie als Beispiel „kreativer Verirrung“ zwei Skulpturen aus Zucker nennt, die ein Kronstädter Künstler zum 70. Geburtstag Josef Stalins im Auftrag der Zuckerfabrik Brenndorf schuf. Schon allein diese bisher unbekannten Details machen Ittus Studie lesenswert. Ausführlich werden auch die nachfolgenden Etappen der ideologisch gelenkten Kulturpolitik behandelt – das „Große Tauwetter“, 1964-1968, sowie die „Neue Periode der Isolierung“, die in den Bereichen Kunst und Literatur ab 1973 einsetzte.

Von insgesamt 40 rumäniendeutschen Künstlern, deren Werk veranschaulicht wird, stammen 30 aus Siebenbürgen – von Hans Adam, Helmut von Arz, Friedrich von Bömches und Sieglinde Bottesch bis Helfried Weiß und Walter Widmann – und zehn aus dem Banat. Einige bekannte siebenbürgische Maler, wie Eduard Morres, Gustav Kollar, Adele Goosch, Silvia Porsche, Josef Tellmann, Arthur Leitner, Conrad Vollrath sowie der Bildhauer Hans Guggenberger werden jedoch aus unerklärlichen Gründen nicht genannt.

Wie im Titel angedeutet stützt sich die Autorin auf Beiträge, die in den rumäniendeutschen Periodika jener Zeit, in den Zeitschriften Neue Literatur, Volk und Kultur und Forschungen zur Volks- und Landeskunde sowie in der Tageszeitung Neuer Weg erschienen sind. Dabei werden auch zahlreiche Veröffentlichungen von siebenbürgischen Kunstkritikern und Publizisten zitiert, so von Wolf v. Aichelburg (3), Karin Bertalan (2), Paul Schuster (2), Claus Stephani (15) und je ein Titel von Erhard Andrée, Juliana Fabritius-Dancu, Herbert Grünwald, Gerhard Hügel, Brigitte Nussbächer und Else Radler-Schmidt. Es ist bedauerlich, dass hier nicht auch kunstkritische Aufsätze, die in der Volkszeitung (Karpatenrundschau), Hermannstädter Zeitung (Die Woche) und in der Neuen Banater Zeitung erschienen sind, berücksichtigt werden konnten.

Diese ausführliche Studie von Gudrun-Liane Ittu vermittelt jedoch einen ersten umfassenden Überblick über das Schaffen deutscher Künstler in Rumänien in einer Zeitspanne von über 44 Jahren. Sie bringt wichtige Erkenntnisse und Einsichten in die neuere Entwicklung rumäniendeutscher und insbesondere siebenbürgischer Kunstbestrebungen im 20. Jahrhundert und öffnet so Bereiche zwischen nationalsozialistisch gefärbter „Heimatkunst“ und „Sozialistischem Realismus“, die von der kunstgeschichtlichen Forschung bisher kaum oder nur zögernd betreten wurden.

C. St.

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