2. Juni 2003

Getragen vom Enthusiasmus der Musiker

Ungeachtet der Sparmaßnahmen in öffentlichen Haushalten, die auch zahlreiche Träger siebenbürgisch-sächsischer, Banater und donauschwäbischer Kultur zur Zurückhaltung zwingen, wächst die Musikwoche der Gesellschaft für deutsche Musikkultur im Südöstlichen Europa (GDMSE) weiter. An der 18. Auflage der Musikwoche im württembergischen Löwenstein nahmen vom 21. bis 27. April über 100 Personen teil - ein neuer Rekord. Konzerte in Gundelsheim und Weinsberg wurden vom Publikum begeistert aufgenommen.
Freilich leidet auch die GDMSE, die sich um die Aufführung und wissenschaftliche Aufarbeitung von Musik deutscher Komponisten aus dem Südosten Europas bemüht, darunter, dass es Bundesmittel für ihre Projekte möglicherweise nicht mehr geben wird. Und auch die Finanzierung der Musikwoche als wichtigstes Forum der Gesellschaft ist jedes Jahr aufs Neue ein Problem. Doch hat sich der Schritt in die oft unsichere Selbstständigkeit eines Vereins, der 1997 vollzogen wurde, inzwischen bezahlt gemacht. 1997 hatte sich die für Südosteuropa zuständige Sektion Südost im Institut für Deutsche Musik im Osten (IDMO) in Bergisch Glabdbach aufgelöst, ihre Mitglieder gründeten die GDMSE. Das Institut für Deutsche Musikkultur im Östlichen Europa (IME), das unabhängig davon in Bonn ins Leben gerufen wurde und quasi die Aufgaben des IDMO übernahm, steht mangels öffentlicher Unterstützung nun hingegen vor dem Aus.

Die 18. Musikwoche der GDMSE wurde getragen vom Enthusiasmus aller Organisatoren und Dozenten, die für ein kaum nennenswertes Honorar viel Arbeit und Eifer investierten. Zudem halfen projektgebundene Mittel verschiedener Sponsoren: Durch die Unterstützung des Instituts für Auslandsbeziehungen (IFA) in Stuttgart konnten sieben Schüler und Studenten aus Klausenburg, Temeswar und Hermannstadt an der Musikwoche teilnehmen, von ihr profitieren, mit instrumentaler Kunst jedoch auch wesentlich zu ihrem Gelingen beitragen. Weitere - schon bewährte - Förderer waren die Heimatortsgemeinschaften Kronstadt und Hermannstadt sowie die Donauschwäbische Kulturstiftung.

Zwei Konzerte dominierten die Musikwoche, die wie immer inmitten von Weinbergen in der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein nahe Heilbronn ihr Quartier aufgeschlagen hatte. Im mehr als vollen Festsaal auf Schloss Horneck in Gundelsheim gestalteten die Dozenten ein facettenreiches Konzert, das mitgetragen wurde von der Sektion Musik des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde und unterstützt von der Stadt Gundelsheim. In Anwesenheit des Komponisten führten Bettina Finke (Ahaus), Harald Christian (Augsburg) und Ilse Herbert (Klausenburg) Helmut Sadlers meditative Dialogszenen für Flöte, Viola und Cello auf; es gab ein Streichquartett von Michael Haydn zu hören und zwei phänomenale "westeuropäische" Einlagen der jungen Geigerin Sara Christian: Sie spielte Beethovens F-Dur-Romanze und Wienawskis Scherzo Tarantella.

Zum Abschluss des klassischen Programms trugen Renate Dasch (Gesang, Berlin) und Liane Christian (Klavier, Augsburg) sechs Lieder nach Texten des im Banat geborenen Dichters Nikolaus Lenau vor. Dann wurde die Bühne frei gegeben für das Ensemble Lídertrun (mit Karl Heinz Piringer, Kurt Wagner, Hans Seiwerth und Michael Gewölb) und seine auf unzähligen Instrumenten vorgetragenen Balladen in siebenbürgisch-sächsischer Mundart. Der Applaus wollte kein Ende nehmen.

Zum Abschluss leitete dann Marco Lechler (Öhringen) in der Johanniskirche Weinsberg eine packende Aufführung des dramatischen Requiems von Franz Limmer (1808-1857), einem Banater Komponisten, der als Domkapellmeister in Temeswar wirkte. Neben Chor und Orchester der Musikwoche glänzten als Solisten Johanna Boehme (Sopran), Renate Dasch (Alt), Hans Straub (Tenor) und Hans Dasch (Bariton). Höchst interessant auch ein Werk von Karl Georg Wisner von Morgenstern (1783-1855), der um 1825 den Musikverein in Zagreb gegründet hatte: In seiner konzertanten Serenade, die erstmals seit Wisners Zeiten aufgeführt wurde, sind nicht nur solistische Bläser und Streicher, sondern auch Gitarre und Pauken besetzt. Das Programm wurde eingeleitet von Johann Sebastian Bachs Trio-Sonate F-Dur, schließlich kam die Ballade für drei Querflöten von Helmut Sadler zur Aufführung.

Damit wären nur die offiziellen Konzerte der Musikwoche angesprochen. Mehrere interne Vorspiele prägten zudem die Abende, in deren Verlauf die Teilnehmer aus Rumänien eine komplette Veranstaltung bestritten. Besonders die Pianistin Georgiana Teohari aus Temeswar brillierte in Liszts h-Moll-Ballade. Und im Hauskonzert brachte die Gesangsklasse der Dozentin Renate Dasch gleich Mozarts "Zauberflöte" zur Aufführung - wenn auch in abgespeckter Form. Bewährte Dozenten der Musikwoche waren außerdem Harald Christian (hohe Streicher, Orchester), Ilse Herbert (Cello), Liane Christian (Klavier), Bettina Finke (Holzbläser), Hannah König (Blockflöten), Gertraud Winter-Sailer (musikalische Früherziehung und Jugendchor), Antje Neumann (Tanz) und Johannes Killyen (Blechbläser). Die Organisation lag in den Händen von Wolfgang Meschendörfer und Johannes Killyen.

Angesichts des Erfolges dieser Musikwoche steht im Jahr 2004, wieder in der Woche nach Ostern, ein großes Projekt an: Johann Lukas Hedwigs Oratorium "Der Allmacht Wunder", das kürzlich auch der Kronstädter Bach Chor gemeinsam mit dem Astra-Chor und der Kronstädter Philharmonie unter Leitung von Hans Eckart Schlandt aufgeführt hat. Informationen zur Musikwoche erteilen Wolfgang Meschendörfer, Telefon: (0 25 41) 69 93), Franz Metz, E-Mail: GDMSE2001@aol.com, oder Johannes Killyen, E-Mail: killyen@gmx.de.

Neben der Musikwoche hat die GDMSE im vergangenen Jahr u.a. eine Ausgabe einer Musikzeitung herausgegeben, gefüllt mit musikalischen Informationen aus und über Südosteuropa. An Publikationen wird (mit Hilfe des Bundes) demnächst im Gehann-Musikverlag ein weiterer Band zur siebenbürgischen Musikgeschichte erscheinen; Karl Teutsch hat darin eine Bestandsaufnahme siebenbürgisch-sächsischer Interpreten vorgenommen. Der Schneider-Verlag gibt für die GDMSE, unterstützt von der Donauschwäbischen Kulturstiftung, einen Band mit den Referaten heraus, die 1998 beim Kirchenmusik-Kongress der GDMSE in Temeswar gehalten wurden.

Johannes Killyen


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 31. Mai 2003, Seite 12)

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