1. August 2003

Premiere in München mit Christín Mollnar

Die siebenbürgische Sopranistin Christín Mollnar tritt am 5. August 2003 in der Uraufführung des Musicals "Lola Montez" am 5. August im Deutschen Theater in München auf. Ihre Gesangs- und Schauspielkunst setzt sie höchst vielseitig ein. Die 1972 in Fogarasch geborene Opern- und Konzertsängerin mit Wohnsitz in München absolvierte nach ihrer Aussiedlung 1988 in die Bundesrepublik ein Gesangsstudium an der Musikhochschule München. Im Zuge ihrer regen Konzerttätigkeit bei Lieder-, Oratorien-, Operetten- und Opernabenden im In- und Ausland gelang es Christín Mollnar, sich an vielen Bühnen "klanghaltig" zu profilieren. Die Künstlerin trat auch in Funk und Fernsehen (ORB, ZDF und SWR) auf und ist auf vier CDs zu hören. Mit der Sopranistin unterhielt sich Robert Sonnleitner rund um das Thema professionelles Singen, über ihre Karriere, über Disziplin und Lampenfieber.
Auf der Bühne und in Funk und Fernsehen erfolgreich: die junge Sopranistin Christin Mollnar aus Fogarasch.
Auf der Bühne und in Funk und Fernsehen erfolgreich: die junge Sopranistin Christin Mollnar aus Fogarasch.

Auf Ihrer Homepage www.christinmollnar.de bezeichnen Sie sich als Siebenbürgen-Ungarn-Deutsche.

Oh ja, das tue ich sehr gerne, weil ich sehr glücklich über diese Promenadenmischung bin. Mein Blut ist ruhig (deutsch?), aber auch sehr feurig (ungarisch?). Ich bin ja in Siebenbürgen geboren, wie auch mein Vater, der rein deutscher Abstammung ist. Meine Mutter ist Banaterin, aus Vinga, meine Oma auch. Und jetzt der springende Punkt: Mein Großvater mütterlicherseits, George Pongracz, ist Budapester und war Cellist. Ach, und etwas slawisches Blut ist auch dabei, aber das liegt zu weit zurück.

Wie kamen Sie dann zum Singen?

Die Begeisterung und die Liebe zur Musik wurden mir sozusagen in die Wiege gelegt. Meine Mutter hat mir vor einer Weile erzählt, dass ich als 5- oder 6-Jährige eine schwere Laryngitis hatte und den Arzt als Erstes fragte, ob ich denn, wenn ich gesund sei, wieder singen könnte. Ich kann ohne Singen nicht leben, man kann es sich wie eine Droge vorstellen. Ich habe schwere Entzugserscheinungen, wenn ich mal einige Tage nicht üben kann.
Mit 6 musste ich Klavier lernen, das war nicht so mein Ding. Später dann mit 9 Jahren lernte ich Cello in Kronstadt auf der Musikschule, wo ich im Internat war. Dann, in der 8. Klasse, wechselte ich nach bestandener Aufnahmeprüfung nach Bukarest. Anfang der 9. Klasse reisten wir aus nach Deutschland; ich kam auf das musische Gymnasium nach Nürnberg, wo ich mich das erste Mal aus dem Haus, zunächst heimlich, zum Gesangsunterricht schlich. Meine Eltern wollten das anfangs nicht. Ich sollte Cellistin werden. Jedoch alle, die meine Stimme hörten, waren von ihr sehr angetan. Irgendwann überzeugten meine Lehrer meine Eltern, dass ich es mit dem Singen einstweilen parallel zur Schulzeit und zum Cellospielen probieren und später entscheiden könnte.

Welches Verhältnis haben Sie zur Musik Ihrer Heimat, zur Musik Osteuropas?

Zwischen der 8. und 9. Klasse, als wir auf die Ausreise warteten und ich das musische Gymnasium verlassen musste, verbrachte ich viel Zeit in Fogarasch mit meinen alten Freundinnen und Freunden aus der Grundschule. Wir sangen oft siebenbürgische Lieder, an die ich mich heute kaum mehr erinnere. Ich habe nur ein sehr wohliges Gefühl, wenn ich daran denke. - Musik Osteuropas, welche Art von Musik meinen Sie? Enescu, Bartók, Dvoøák, Smetana oder Rachmaninoff, ja, die liebe ich heiß und innig. Ich habe ständig Liederabende mit Werken dieser Komponisten. Eine tief ergreifende Musik ist das, anders als ein Verdi oder Rossini, ein Mozart oder Beethoven – mit viel Schwermut,Tiefe, Melancholie und Liebe.

Angeboren oder erlernt: In welchem Maße beruht eine gute Stimme auf Gesangstechnik und Trainingsfleiß?

Es hängt davon ab, wohin du mit deiner Stimme willst. Wer an die Weltspitze will, muss viel Naturbegabung mitbringen. Es darf auch keine Allerweltsstimme sein, sie muss etwas Unverkennbares haben, so, dass man die Stimme gleich bei den ersten Tönen erkennt. Dann muss der Rohdiamant geschliffen werden. Das ist eine Heidenarbeit, egal ob man eine Stimme hat oder nicht. Nur sind da die Prioritäten etwas anders gelagert.

Inwiefern?

Die besondere Stimme arbeitet akribisch am Ausdruck, am Gefühl, was faszinierenderweise auch schon die Technik ausmacht. Die andere müht sich zu ergründen, woher überhaupt die Stimme ihren Klang hat. Es erfordert eine sehr hohe Musikalität, um all das umzusetzen, was muskulär, jedoch ohne Kraft, atemtechnisch zu verstehen ist. Es ist wie Spitzentanz auf dem Drahtseil in großer Höhe, eine Form von Hochleistungssport. Die Stimmen sind so oder so unterschiedlich, nur eine wirklich gute Stimme kann das Publikum begeistern. Alles andere ist Geschmackssache.

Der Sängerberuf erfordert ein gehöriges Maß an Disziplin. Belastet Sie das nicht manchmal?

Nein, das liegt einfach in der Natur der Sache. Wenn man sich zur Disziplin quälen muss, sollte man diesen Beruf sein lassen. Es braucht ehrliche Freude, sich anzustrengen, immer wieder neu zu lernen, wenn es sein muss Note für Note, bis es in der Kehle sitzt. Eine Belastung ist nur die Nervosität, und das auch nur manchmal. Es hängt wohl mit der körperlichen Verfassung zusammen, wir sind ja keine Maschinen. Das kann man mit einer bombensicheren Technik aber kaschieren. Es gab Momente, da war ich hypernervös, z. B. bei einem Casting. Das ist jedesmal wie eine Prüfung, ich mag es nicht. Und da passierte es auch schon, dass ich mich gefragt habe: "Warum machst du das bloß?" Aber da muss man durch.

Im ZDF lief über Ostern der Dreiteiler "In der Mitte eines Lebens". In diesem Melodram aus dem Musikermilieu verdreht die bezaubernde Opernsängerin Laura Orlandini (Elena Arvigo) dem Musiker Andreas Ambach (Heiner Lauterbach) den Kopf. Bei den Bühnenauftritten der Orlandini war aber nicht die Stimme der Elena Arvigo zu hören, sondern Ihre. Wie das?

Ich habe vorgesungen und wurde ausgewählt. Eine Agentur hat mich mal irgendwo gehört, verschaffte mir dann bei Konstantin Wecker, der die Musik zum Teil schrieb, den Vorstellungstermin und es klappte. Das ist das Harte am Beruf, anzukommen, wo man gerne sein möchte. Dieses ewige Massenvorsingen, wo du dann die Dreißigste bist und sie schon nicht mehr zuhören. Ach übrigens, Orlandini verdreht dem Musiker nicht nur den Kopf, sondern rettet auch sein Leben.

Wo sind Sie zurzeit zu sehen und hören?

Ich probe im Moment sehr viel, hatte gerade einen Liederabend mit meiner Harfinestin Silke Aichhorn (Ensemble "ArpaCantabile" als Duo) im Schloss Öhringen bei Heilbronn. Nebenbei laufen die Voraufführungen des Musicals "Lola Montez", das am 5. August im Deutschen Theater in München uraufgeführt wird. Nach drei Konzerten mit "ArpaCantabile" (als Trio: Sopran, Mezzosopran – Elisabeth Neuhäusler – und Harfe) in Traunstein am Chiemsee, in München und Hannover arbeite ich für ein Avantgarde-Musiktheaterstück, ein Projekt für Wien und München, das im Oktober in Wien Premiere hat und im November nach München kommt. Für die nächste Spielzeit 2004 im Freien Landestheater Bayern hatte ich ein Vorsingen für die "Saffi" aus dem "Zigeunerbaron" und werde diese auch singen. Und nebenbei unterrichte ich auch, da sind auch des Öfteren Zuhörer.

Vielen Dank für das Gespräch.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 12 vom 31. Juli 2003, Seite 6)

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