5. Oktober 2003

Musikkultur und ethnische Vielfalt Südosteuropas

Vom 6. bis 9. September 2003 fand in Hermannstadt ein internationales musikwissenschaftliches Symposium statt, das bei zahlreichen in- und ausländischen Musikwissenschaftlern auf großes Interesse stieß. Vorträge, Konzerte, Ausstellungen, Stadtführungen und Gespräche wechselten sich gegenseitig ab.
Im Mittelpunkt der Tagung stand die Musikkultur und ethnische Vielfalt im Südosteuropa des 19. und 20. Jahrhunderts wie auch die Einflüsse deutscher Musik. Schon der erste Tag führte die Teilnehmer und Interessenten in den Schwerpunkt der Tagung ein. Winfried Ziegler (Hermannstadt) sprach über die Geschichte Südosteuropas im 19. und 20. Jahrhundert, Prof. Dr. Hartmut Krones (Wien) ging auf "Das Musikleben in Hermannstadt im Spiegel der österreichischen Presse 1812-1914" ein. Monica Vlaicu (Hermannstadt), eine Expertin der Hermannstädter Archive und Sammlungen, sprach über den Briefwechsel des Komponisten und Kirchenmusikers Johann Leopold Bella mit Ranko Burmas.

Referenten beim internationalen musikwissenschaftlichen Symposium in Hermannstadt. Foto: Peter Szaunig
Referenten beim internationalen musikwissenschaftlichen Symposium in Hermannstadt. Foto: Peter Szaunig

Die aus Klausenburg angereiste Klavierpädagogin Prof. Dr. Ninuca Osanu-Pop referierte über die erste große Bach-Interpretin Rumäniens, Ana Voileanu-Nicoara. Alexandru Gutoiu aus Kronstadt stellte das Kompositionsprojekt "Tryptichon" vor, bei dem Komponisten und Interpreten verschiedener Ethnien und Religionen Rumäniens mitwirkten.
Der aus Siebenbürgen stammende Organist, Dirigent und Verleger Horst Gehann (Kludenbach) beleuchtete in seinem Vortrag die kirchenmusikalischen Wechselbeziehungen zwischen Südost- und Mitteleuropa. Aus der slowenischen Hauptstadt Ljubljana/Laibach angereist, sprach Prof. Dr. Primoz Kuret über die städtische Multikultur in den Zeiten der Donaumonarchie sprach.

Wie vielfältig das Musikleben in Zagreb ist, bewies die kroatische Musikwissenschaftlerin Snjezana Miklausic-Ceran aus Zagreb/Agram in ihrem Vortrag. Richard Witsch (Bonn) ging in seinem Vortrag auf ungarische und serbische Elemente in dem Werk des donauschwäbischen Komponisten Anton Schoendlinger ein. Dr. Elena Sorban von der Klausenburger Musikhochschule würdigte den siebenbürgischen zeitgenössischen Komponisten Hans Peter Türk.

Die Musikkultur der deutschen Minderheiten Südosteuropas gehört zu den wenigen Zweigen der europäischen Kulturgeschichte, mit deren Erforschung erst reichlich spät begonnen wurde. Dr. Franz Metz (München) stellte den Teilnehmern eine Zeitschrift vor, die vor 70 Jahren zum ersten Mal erschienen ist und betitelte seinen Vortrag: "Musikforschung und Südosteuropa. Die Wiederentdeckung deutscher Musikkultur in Südosteuropa durch die ,Deutsche Musik' (gegründet 1933). Ein Intermezzo mit Folgen". Prof. Dr. Nice Fracile (Novi Sad) sprach über "Prinsu-n joc, Brauchtum der Rumänen aus der Wojwodina".

Dass in der südosteuropäischen Musikkultur die Organisten und Orgelbauer eine wichtige Rolle spielten, belegte Dr. Pal Enyedi (Budapest) in seinem Vortrag über den ungarndeutschen Orgelbauer Josef Angster. Dr. Lucian Schiwitz (Bonn) referierte über die "Musik aus dem südöstlichen Europa im deutschen und österreichischen Heimatfilm. Phänomene und Funktionen". Dr. Alexander Schwab (Bonn) betitelte seinen Vortrag: "Aktuelle Tendenzen im musikkulturellen Austausch zwischen Südost- und Mitteleuropa". Prof. Dr. Octavian Lazar Cosma (Bukarest) würdigte das Schaffen des zu Unrecht fast vergessenen Komponisten Georg Wilhelm Berger.

Kein minderes Ensemble als das Tiberius-Quartett aus Klausenburg gab am ersten Abend des Musikfestes ein fulminantes Konzert mit Werken von Rudolf Wagner-Régeny, Johannes Brahms und Antonin Dvorak. Am zweiten Abend bot die bekannte Organistin der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche, Ursula Philippi, an der Sauer-Orgel ein Konzert mit Werken von Rudolf Lassel, Waldemar von Bausznern, Sigismund Toduta, Dieter Acker und Hans Peter Türk. Zum Abschluss der Musiktage in Hermannstadt dirigierte Horst Gehann ein Konzert mit Werken von Valentin Greff-Bakfark und die Kammersinfonie "Himmlische Idylle" von Waldemar von Bausznern. Franz Metz spielte die Orgelsonate des in Broos geborenen und in Temeswar tätigen Komponisten Guido von Pogatschnigg. Abgerundet wurde das Symposium durch die Eröffnung der Ausstellung "Musiktradition in Hermannstadt". Diesem Ereignis wohnten viele Musikliebhaber bei, auch Vertreter des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschlands, die diese Musiktage mit größtem Interesse verfolgten. Das Demokratische Forum der Deutschen in Hermannstadt (DFDH) will die Publikation sämtlicher Referate dieses Symposiums in einem Sammelband ermöglichen.

Dr. Franz Metz


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