11. Mai 2001

Blumenauer Altenheim in Kronstadt eingeweiht

„Hier wird es einmal eine wahre, echte Blumenau geben“, kündigte Ing. Erwin Hellmann mit dem Hinweis auf den Innenhof des sogenannten „Blumenauer Altenheims“ an bei dessen Einweihung eine Woche nach Ostern in der Kronstädter Bahngasse. Jetzt allerdings sind noch gewaltige Spuren baulicher Tätigkeit zu sehen, gestand der gleiche Vorsitzende des Trägervereins ein, der praktisch in letzter Stunde das Gebäude in einen Ort lebendiger Hoffnung umgewandelt hat. In den nächsten Tagen wird hier ein weiterer tiefer Graben ausgehoben für das Gehäuse des Aufzugs, der demnächst noch eintreffen soll.
Das Geld dafür, umgerechnet rund 30 000 D-Mark, haben übrigens die Landsleute aus Amerika gespendet und über das Münchner Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen dem bundesdeutschen Verein "Honterushilfe", von Familie Falk unter anderem auch für diesen Zweck gegründet, bereitgestellt. Peter Pastior, der Vorsitzende des Sozialwerks war denn auch anwesend bei dem Festakt der Einweihung und überreichte bei dieser Gelegenheit den Blumenauern eine weitere Spende.
Überhaupt waren Landsleute von überall neben anderen Spendern mit Herz und offenen Händen dabei, als es hieß, dass sich die Kronstädter eigeninitiativ den langjährigen Wunsch erfüllen wollten, der etwa den Hermannstädtern und auch Temeswarern mit maßgeblicher Unterstützung des deutschen Bundesministeriums des Innern bereits erfüllt worden war, indem sie, praktisch schlüsselfertig, je ein Altenheim vorgesetzt bekommen hatten. Dazu hatte es in Kronstadt nicht mehr gereicht, und so erwies sich die Föderation der Siebenbürger Sachsen, wie es Jürgen Porr, der Vorsitzende des Siebenbürgenforums, formulierte, als das, was sie zu sein habe: nicht nur "ein theoretischer Begriff", sondern eben als eine real existierende und hilfsbereite Vereinigung.
Allerdings, die umfangreichste Spende bislang kam von der Liechtensteiner Stiftung "Propter Homines" aus Vaduz, und auch der Diakonieverband der Evangelischen Kirche Württembergs gehörte neben den vielen anderen „Mosaiksteinen der hilfsbereiten Art“ zu den Förderern. Sein theologischer Geschäftsführer Henry von Bose, am Sonntag Quasimodogeniti in Kronstadt ebenfalls anwesend, versprach, wie Bezirksdechant Klaus Daniel den zahlreichen Gästen im Blumenauer Innehof mitteilte, sich zusätzlich über das Diakonische Werk als Erster an den Folgekosten des Altenheims zu beteiligen.
Auffallend viele Gäste wohnten dem Festakt der Einweihung bei. Von Hermannstadt bis Bukarest waren sie angereist, aus dem Kronstädter Bezirk waren Pfarrer und Kirchgänger ohnehin fast vollzählig präsent neben weiteren Forums- oder geistlichen Oberhäuptern aus ganz Siebenbürgen, ferner Freunde und Freundeskreise der Kronstädter sowie künftige Anwärter für einen Heimplatz in der Blumenau. Das Mittelschiff der Schwarzen Kirche war bei dem Festgottesdienst bis auf den letzten Platz besetzt, im Innenhof des Altenheims konnte man danach nur schwer zwischen den Burzenländer Bläsern und den jugendlichen Trachtenträgern in der noch aufgeweichten und vorerst von Schutt übersäten Baustelle einen Stehplatz unter der Plantane oder dem schattenspendenden Nussbaum ergattern. Bei der Besichtigung des Altenheims wurde es dann erst recht eng.
Ursprünglich für gut über 60 Insassen gedacht, musste das Heim notgedrungen und eben an die Kronstädter Möglichkeiten sowie die rumänischen Verhältnisse angepasst werden. 16 Zweibettzimmer im Rohbau konnte man erst bei dieser Gelegenheit einweihen und nur mit dem geistigen Auge voraussehen, was hier einmal als eine "Insel der Seligen", wie Bischof D. Dr. Christoph Klein die Kronstädter Initiative "auf der Flucht nach einer Osterinsel" in seiner Festpredigt und in Anspielung an Rose Ausländer nannte. Denn mit dem Bau dieses Altenheims, so das Oberhaupt der Heimatkirche, sei ein für die Gemeinschaft wichtiges Zeichen inmitten von Unglauben und Resignation aufgerichtet worden, das in Richtung jener „Osterinsel“ weise, von der die Czernowitzer Dichterin, deren 100. Geburtstag man heuer begeht, in ihrem gleichnamigen Gedicht gesprochen habe.
Eine Flucht nach vorne war er auf alle Fälle, dieser Entschluss der Kronstädter, in Eigenregie ein Alten- und Pflegeheim zu errichten. Schon 1990 nämlich stand ein entsprechendes Projekt auf der Wunschliste der Burzenländer und mithin auf jener, die auch die Hermannstädter und Temeswarer dem Bundesministerium des Inneren damals vorlegten. Allein für die Kronstädter blieb das Vorhaben ein Wunschtraum, 1999 wurde es vom bundesdeutschen Geldgeber endgültig von der Projektliste gestrichen. Die Folgekosten seien zu hoch, hieß es aus Bonn, derartige Langzeitprojekte für die Stabilisierung der Deutschen in Rumänien seien für das Bundesministerium des Innern nicht mehr tragbar. Resignation kam zunächst am Fuße der Zinne auf, doch bald schon stellte man ihr Gottvertrauen und Zeichen der Hoffnung entgegen. Es lag tatsächlich "in der Konsequenz eures Glaubens, eurer Liebe, eurer Hoffnung, liebe Kronstädter - als Gemeinde und Bezirk -, dass ihr unter großem Aufwand und mit viel Mut dieses Heim gebaut habt, das wir heute einweihen", unterstrich der Bischof nachdrücklich bei der Einweihung.
Hier nachträglich und kurz die Geschichte des mutig gegangenen Wegs. Sofort nach der Absage aus Bonn, schon 1999, wurde mit Hilfe des Hamburger Rotarier-Klubs eben ein neues Projekt ins Auge gefasst, im gleichen Jahr der Trägerverein "Blumenau" von der Honterusgemeinde, dem Kronstädter Krichenbezirk und dem Deutschen Forum gegründet, mit Ing. Erwin Hellmann sein Vorsitzender bestimmt, und ein Jahr darauf schon lagen die kostenlose Baugenehmigung seitens der Stadt, abzüglich selbst der Mehrwertsteuer, sowie der Bauvertrag mit einer Szekler Firma vor. "Zahlreiche finanzielle Quellen öffneten sich", fügt Erwin Hellmann hinzu und freut sich dabei, dass bereits zu dieser Stunde die Folgekosten für das Heim zu 85 Prozent gedeckt sind, von dem bisherigen Bau- und Instandhaltungsaufwand abgesehen, den man zwischenzeitlich auf ein Zehntel des ursprünglichen Entwurfs reduzieren musste, damit aber immerhin noch die Hälfte der vorgesehenen Plätze einrichten werde.
Ab nun denkt man hier nurmehr in Kategorien der Zukunft, weil man partout das haben will, wofür man sich entschlossen hatte: im ersten Geschoss 16 Zweibettzimmer, jeweils mit Nasszelle, ferner hier ein größerer Aufenthaltsraum, ein geräumiges Pflegebad mit entsprechender Ausstattung sowie ein Bad für das Heimpersonal. Im Erdgeschoss sollen die Verwaltungs- und andere Wirtschaftsräume untergebracht werden, die Nebengebäude rund um das künftige Heim will man zur Deckung der Nebenkosten vermieten. Ein weiteres Viertel der Aufwendungen wird aus den Mitteln der Honterusgemeinde oder den Eigenbeträgen der Heimbewohner gedeckt, mit dem üblichen Zuschuss des rumänischen Staates wird desgleichen gerechnet. "Aber auch mit weiteren Spenden", so der Motor dieser Aktion, Ing. Erwin Hellmann. Denn die Kücheneinrichtung ist nur zum Teil finanziert, mit der Innenausstattung der Zimmer hat man erst gar nicht begonnen. Wann die ersten Insassen hier einziehen werden, ist daher noch ungewiss.
Trotzdem hat man das Blumenauer Altenheim - "aus Termingründen unserer zahlreichen Gäste", wie es hieß - eingeweiht und sich damit dorthin eingereiht, wo auch die Hermannstädter einst mit der Einweihung ihres Carl-Wolff-Altenheims standen: vor einer Noch-Baustelle, mit der Hoffnung aber, dass sie bald ihren Zweck erfüllen werde. Denn ein Volk, das baut, zeigt Lebenswillen, meinte der Bischofsvikar der reformierten ungarischen Bruderkirche, die übrigens aus ähnlichem Willen eine Stiftung gründete mit einem Bauunternehmen, das heute im umliegenden Szeklerland ganze Kinderheime aufzieht. Nun hat das gleiche Bauunternehmen eben das sächsische Altenheim in Kronstadt fast schon bezugsreif übergeben, wird aber mit dem daraus erzielten Reingewinn auch wieder den Bau eines weiteren Kinderheims vorantreiben können. So also werden in dieser unserer armen und elenden Welt auch "Ströme des Segens fließen, immer wieder und immer weiter - jetzt und auch in der Zukunft", sagte abschließend in seiner Predigt Bischof Klein.
Zuletzt, beim Festessen im Kronstädter "Karpatenhirsch", musste der nach alter sächsischer Tradition bestimmte Festherold, Pfarrer Lothar Schullerus, noch eine ganze Reihe von weiteren Festrednern auf seine Liste setzten. Doch im Prinzip waren sich alle darin einig: Es war ein Fest des großen Dankes nach einer schweren Zeit, aber mit viel Segen.

Martin Ohnweiler

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