12. März 2004

"Eine besondere Pioniertat"

Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften bot am 25. Februar den festlichen Rahmen für die diesjährige Verleihung des Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises. Bereits zum 19. Mal vergab die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den mit 1,55 Millionen Euro höchstdotierten deutschen Förderpreis. Zu den elf Preisträgern, die im Leibniz-Saal im Beisein der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, geehrt wurden, gehörte auch die in Heidelberg forschende Neurobiologin Hannah Monyer. Die Spitzenwissenschaftlerin wurde, wie in dieser Zeitung berichtet, am 3. Oktober 1957 in Großlasseln geboren.
Professor Dr. Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, gratulierte den Preisträgern des Jahres 2004 für diese hohe Auszeichnung. Den Geldgebern aus Bund und Ländern, vor Ort vertreten durch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn sowie den Staatsminister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz, Prof. Jürgen Zöllner, dankte Winnacker nachdrücklich. Deren Kommen sei ein Signal an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieses Landes dafür, dass ihre Leistungen auch an höchster Stelle Anerkennung fänden. Der Mitte Januar von der Bundesregierung organisierte Innovationskongress habe gezeigt, dass die effizientere Förderung von Spitzenleistungen an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf der Agenda der rot-grünen Regierungskoalition stehe. Freilich könne der Etat der DFG, obschon in den letzten Jahren immer wieder angehoben, "die langanhaltende Unterfinanzierung der Hochschulen in Deutschland nicht ausgleichen".

Gruppenbild mit hochkarätigen Forschern, die mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet wurden, in der vorderen Reihe die Siebenbürger Sächsin Hannah Monyer (1. von rechts), Ministerin Bulmahn (3. von rechts). Foto: DFG.
Gruppenbild mit hochkarätigen Forschern, die mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet wurden, in der vorderen Reihe die Siebenbürger Sächsin Hannah Monyer (1. von rechts), Ministerin Bulmahn (3. von rechts). Foto: DFG.

In ihrem nachfolgenden Grußwort hob Bundesministerin Bulmahn den außerordentlichen Stellenwert des Leibniz-Preises hervor als eine "Auszeichnung für absolute Spitzenforschung in den Natur- und Geisteswissenschaften, für disziplinübergreifendes Denken und internationale Ausrichtung". Mit seiner Verleihung würden exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geehrt, deren Forschung es ermöglicht habe, Barrieren des technologisch Machbaren zu überwinden, beispielsweise Barrieren beim Verständnis von Gehirnfunktionen, womit die Bundesbildungsministerin explizit auf Prof. Monyers Forschungsleistung verwies. Vor dem Hintergrund der aktuellen bildungspolitischen Reformdebatten appellierte Bulmahn, noch innovativer, forschungsorientierter und wissensbasierter zu arbeiten, denn "nur mit innovativen Produkten, Dienstleistungen und technischen Verfahren werden wir unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern, neue Märkte erschließen und zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen können".

Auch der rheinland-pfälzische Staatsminister Prof. Jürgen Zöllner unterstrich die Notwendigkeit des nationalen wie internationalen Wettbewerbs um Märkte und Zukunftschancen, dem sich das deutsche Wissenschaftssystem im Zuge der Globalisierung nachgerade stellen müsse: "Ohne exzellente Ausbildung, ohne wegweisende Ideen, ohne brillante Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird dieses Land keine Zukunft haben." Zöllner plädierte dafür, künftig Bildungs- und Wissenschaftsinvestitionen gegenüber Sachinvestitionen zu privilegieren, mehr in Köpfe als in Beton zu investieren. Insbesondere die Leibniz-Preisträger würden von der Spitzenförderung profitieren, im Hinblick auf ihre Forschungstätigkeit, und überdies, indem sie ehrgeizigen Nachwuchs unterstützen könnten.

Die Laudatio auf die Leibniz-Preisträgerin Prof. Dr. Hannah Monyer hielt Professor Dr. Ernst-Ludwig Winnacker. "Das Wort der Systembiologie", so der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, "ist heute in aller Munde. Frau Monyer gehört zu den wenigen, die diesen interdisziplinären Weg in ihrer Person auf exemplarische Weise verbindet." Die Neurobiologin untersucht, wie sich Nervenzellen im Verbund zeitlich aufeinander abstimmen, so dass im Gehirn zusammenhängende sinnvolle Bilder der Außenwelt entstehen. Monyer sei "dank der Verknüpfung modernster molekularbiologischer, mathematischer und systemphysiologischer Methoden" der Nachweis neuronaler Aktivität gelungen. Dazu habe sie ein gentechnisches Verfahren eingeführt, durch das bestimmte Nervenzellen ein fluoreszierendes Eiweiß abgeben. Dies sei "eine besondere Pioniertat". Winnacker stellte abschließend die verschiedenen Stationen der wissenschaftlichen Karriere der Leibniz-Preisträgerin vor, "die aus Siebenbürgen gebürtig ist".

Seit Mai 1999 leitet Prof. Dr. Hannah Monyer als Ärztliche Direktorin die Abteilung Klinische Neurobiologie der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg. Die ihr als Leibniz-Preisträgerin zuerkannte Fördersumme von 1,55 Millionen Euro beabsichtigt Monyer in den Aufbau zweier Nachwuchsgruppen mit jeweils fünf bis sechs Wissenschaftlern (Elektrophysiologen und Verhaltensforscher) zu investieren.

Christian Schoger

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 15. März 2004, Seite 3)

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