13. April 2004

Siebenbürgisches Museum im Umbruch

Heribert Rech, Staatssekretär im baden-württembergischen Innenministerium, und der Landtagsabgeordnete Dr. Bernhard Lasotta setzen sich für den Erhalt der siebenbürgisch-sächsischen Kultureinrichtungen in Gundelsheim ein. Bei einem Pressegespräch am 29. März in Gundelsheim wiesen die beiden Landespolitiker auf die Möglichkeit hin, Projektmittel in Baden-Württemberg für die Kultureinrichtungen einzuwerben. Rech zeigte sich erfreut, dass die siebenbürgische Seite den Erhalt des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim erreicht habe und die Forderung der Bundesregierung nach einem Umzug nach Ulm endgültig vom Tisch sei. Die Autonomie der Einrichtung sei eine wichtige Voraussetzung für die Identifikation der Siebenbürger Sachsen mit dem Museum.
Heribert Rech, Baden-Württembergs Landesbeauftragter für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, würdigte die Spitzenleistungen, die in Gundelsheim erbracht werden, und die beispielgebende Kulturarbeit der siebenbürgischen Landsmannschaft. Viele junge Siebenbürger seien in diesem Bereich engagiert. Laut Rech werde das Interesse der jungen Generation an den eigenen Herkunft in Zukunft wachsen. Daher müssten Institutionen da sein, die diesem Interesse entgegenkommen. Auch Bernhard Lasotta, CDU-Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Neckarsulm, sprach sich dezidiert für den Erhalt der siebenbürgischen Kultureinrichtungen in Gundelsheim aus. „Wir dürfen jetzt nicht etwas kaputt machen, was später nicht mehr eingefangen werden kann.“

Vor dem Alten Rathaus in Gundelsheim, von links: Karin Servatius-Speck, stellvertretende Bundesvorsitzende, Innenstaatssekretär Heribert Rech, Josef Laboranowitsch, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Gundelsheim, Dr. Bernhard Lasotta, CDU-Landtagsabgeordneter, Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum, Alfred Mrass, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg, Lothar Oheim, Gundelsheimer Bürgermeister, und Marius Joachim Tataru, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Siebenbürgischen Museums. Foto: Petra Reiner
Vor dem Alten Rathaus in Gundelsheim, von links: Karin Servatius-Speck, stellvertretende Bundesvorsitzende, Innenstaatssekretär Heribert Rech, Josef Laboranowitsch, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Gundelsheim, Dr. Bernhard Lasotta, CDU-Landtagsabgeordneter, Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum, Alfred Mrass, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg, Lothar Oheim, Gundelsheimer Bürgermeister, und Marius Joachim Tataru, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Siebenbürgischen Museums. Foto: Petra Reiner

Wie in dieser Zeitung berichtet, fördert die Bundesregierung weiterhin institutionell das Siebenbürgische Museum. Das hatte Kulturstaatsministerin Dr. Christina Weiss, die Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien (BKM), bei einem Treffen am 18. Juni 2003 im Bundeskanzleramt in Berlin mit Bundesinnenminister Otto Schily und dem landsmannschaftlichen Bundesvorsitzenden Volker Dürr zugesichert. Ministerialdirektor Dr. Knut Nevermann hatte die konkreten Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung des Museums am 4. September 2003 in Gundelsheim mit Vertretern der siebenbürgischen Seite abgestimmt.

Positiv seien auch jüngst die Gespräche mit Wolfgang Käppler, Ministerialrat beim Beauftragten für Angelegenheiten der Kultur und Medien (BKM), in Bonn verlaufen. Das Siebenbürgische Museum strebe gemeinsame Vorhaben mit dem Museum für Europäische Kulturen in Berlin an und öffne seine Bestände durch befristete Leihgaben für museale Kooperationen, erklärte Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum, beim Pressegespräch am 29. März. Am Gespräch beteiligten sich zudem Lothar Oheim, Bürgermeister der Stadt Gundelsheim, Josef Laboranowitsch, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Gundelsheim, Karin Servatius-Speck, stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Alfred Mrass, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg der Landsmannschaft, und Marius Joachim Tataru, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Siebenbürgischen Museums.

„Für viele Siebenbürger Sachsen ist Gundelsheim ein Stück kultureller Ersatzheimat geworden“, sagte Sedler. Von herausragender Bedeutung sei der Forschungsaustausch mit Osteuropa. Das Siebenbürgen-Institut sei im letzten Jahr an die Universität Heidelberg angebunden worden, die Kooperation mit bedeutenden Museen, auch grenzüberschreitend, sei eingeleitet worden, Gundelsheim habe seinen Ruf als Ort der Wissenschaft dadurch gestärkt, führte Karin Servatius-Speck aus. Die Redner würdigten das ehrenamtliche und finanzielle Engagement der Siebenbürger Sachsen für die Kultureinrichtungen in Gundelsheim. Für den Erhalt des Museums in Gundelsheim hatten sich die Stadt Gundelsheim und baden-württembergische Landespolitiker eingesetzt, wofür Bürgermeister Oheim und Staatssekretär Rech ausdrücklich gedankt wurde.

Das Siebenbürgische Museums sei gesichert, was ein „wichtiger Etappensieg“ bedeute, erklärte Alfred Mrass, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg. In einer zweiten Etappe müsse nun der Umzug ins Alte Rathaus und der Ausbau auf Schloss Horneck vollzogen werden. Ende September 2004 läuft der Mietvertrag für die ehemalige Tabakfabrik in der Heilbronner Straße 13 aus. Die Stadt Gundelsheim ist eingesprungen und bietet als neue Dependance das Alten Rathaus, ein historisches Gebäude in der Schlossstraße in der Nähe des Instituts und des Schlosses. Dies ist eine Geste der besonderen Wertschätzung, die die Siebenbürger im Ort genießen. Zudem wird sich die Stadt beim Umbau engagieren. Das BKM bezuschusst den Umzug ins Alte Rathaus mit 80 000 Euro.

Die knapp 400 Quadratmeter große Ausstellungsfläche auf Schloss Horneck soll um 180 Quadratmeter erweitert werden. Den Ausbau will der Bund mit einer „ansehnlichen Summe“ fördern, der Betrag sei allerdings noch nicht spruchreif, erklärte BKM-Ministerialrat Käppler gegenüber der Lokalpresse.

Lothar Oheim erklärte: „Es ist ein Glücksfall für die Stadt Gundelsheim, dass die Siebenbürger im Jahr 1960 Schloss Horneck gekauft haben.“ Die siebenbürgischen Einrichtungen hätten eine positive Wirkung auf Wirtschaft und Gastronomie. Allein im Altenheim mit 120 Plätzen seien rund 50 Arbeitnehmer beschäftigt. Bei einer Führung durch Heimleiter Gerhard Schmidt gewannen die Gäste Einblick in die Bemühungen auch um kulturelle Aktivitäten für das Wohlbefinden der Senioren. Spontan brachte Heribert Rech einen bravourösen Beitrag auf dem Flügel mit ein.

Besorgt zeigten sich die Teilnehmer des Pressegespräches über die finanzielle Notlage des Siebenbürgen-Instituts. Gustav Binder, Geschäftsführer des Siebenbürgen-Instituts, nahm eine interssante Führung durch den Bibliothekskomplex auf Schloss Horneck vor, wobei er auf die bedrohliche Lage des Instituts hinwies. Das Patenland Nordrhein-Westfalen beabsichtigt, die institutionelle Förderung für den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat, den Träger des Siebenbürgen-Instituts mit Bibliothek und Archiv, ab 2005 ganz zu streichen. Vielen Mitarbeitern wurde bereits gekündigt. Staatssekretär Heribert Rech sicherte zu, dass Baden-Württemberg „trotz katastrophaler Haushaltsverhältnisse“ die Förderung für den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat von derzeit 58 500 Euro in drei Jahren zwar stufenweise auf rund 50 000 Euro kürzen, aber diesen Betrag auch künftig zahlen werde. Schließlich fühle sich auch Ministerpräsident Erwin Teufel den Vertriebenen stark verpflichtet, die die Kultur Baden-Württembergs erheblich bereichert hätten.

Siegbert Bruss

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 6 vom 15. April 2004, Seite 1 und 5)

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.