12. September 2004

Wolf von Aichelburg: "Pontus Echtinos"

Gedicht des vor zehn Jahren verunglückten siebenbürgisch-sächsischen Dichters Wolf von Aichelburg
Zum Meer hin schwingt ein wunderbares Rund
von weißen Felsen. Wüßte man die Richtung
nur ungefähr, man landete gesund
am Abhang des Parnaß im Reich der Dichtung.

Doch lauert nah ein Wächterturm im Sand.
Im Abstand hört man die Soldaten rufen.
Dein Spaten sticht die anbefohlnen Stufen
im Lehm und harten Gras im Mittagsbrand.

Die Wogen an den Klippen siehst du nicht,
doch lässt du dich im Traume kühl umschlingen.
Hältst du die Augen zu, hörst du sie singen
und siehst wie unter Wasser grünes Licht.

Wärst du ein Vogel nur für einen Tag,
so meinst du, wärst du hoch der Haft entronnen.
Doch als Delphin in grün versunknen Sonnen
kämst du an Lemnos Strand im Brandungsschlag.

Zum Meer hin schwingt ein wunderbares Rund
von weißen Felsen. Überm Wasser schweben!
Der Würger Ohnmacht schlüge sie zu Grund.
Schaumkämme höben rauschend dich ins Leben.

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