27. Oktober 2004

Öko-High-Tech aus Südwest für Rumänien

Mit Hochtechnologie aus Baden-Württemberg soll der Umweltschutz in Rumänien verbessert werden. Dies sieht ein Abkommen vor, das der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) und der rumänische Wirtschaftsminister Dan Ioan Popescu in Bukarest unterzeichneten. Konkret ist ein Projekt zur Gewässerreinhaltung und zur umweltgerechten Abfallentsorgung in Hermannstadt angedacht, dessen Investitionssumme sich voraussichtlich in zweistelliger Millionenhöhe bewegen wird.
"Neben der Autoindustrie und dem Anlagenbau ist gerade die Umwelttechnologie bei uns im Land sehr stark", so Wirtschaftsminister Pfister in Bukarest, der mit einer 30-köpfigen Unternehmerdelegation die rumänische Hauptstadt besuchte. Der Anlass: Erstmals tagte die gemeinsame baden-württembergisch-rumänische Regierungsdelegation, deren Gründung im Vorjahr in Stuttgart beschlossen worden war.
Will den Umweltschutz in Rumänien verbessern: Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst  Pfister (links) im Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Rumänien, Wilfried Gruber, der aus Überlingen am Bodensee stammt. Bild: Wagner
Will den Umweltschutz in Rumänien verbessern: Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (links) im Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Rumänien, Wilfried Gruber, der aus Überlingen am Bodensee stammt. Bild: Wagner

Die Delegation soll als erstes konkretes Projekt den Bau einer umweltschonenden Abfallentsorgung und eines modernen Klärwerkes in Hermannstadt auf den Weg bringen. Für die Finanzierung soll ein Bankenkonsortium sorgen. Wirtschaftsminister Pfister verspricht sich von solch einer Modellanlage eine "Initialzündung" auch für andere Regionen Rumäniens.

Die hat das Land, das im Januar 2007 der EU beitreten will, auch bitter nötig: Denn gerade im Umweltschutz haben die EU-Vertreter in Rumänien noch schwere Defizite ausgemacht.

Darüber hinaus soll die gemischte Regierungskommission weitere Hochschulpartnerschaften auf den Weg bringen und bestehende Verbindungen (beispielsweise zwischen der Uni Konstanz und der rumänischen Universität Jassy oder zwischen der Fachhochschule Konstanz und der Universität Kronstadt) unterstützen. Eine weitere Aufgabe sieht Minister Pfister in der Intensivierung baden-württembergisch - rumänischer Städtepartnerschaften, wie sie seit sechs Jahren zwischen Karlsruhe und Temeswar besteht.

In erster Linie ist dem Minister allerdings an einer Intensivierung des Handels mit Rumänien gelegen; Baden-württembergische Investoren, die ein Unternehmen in Rumänien gründen, werden seit fünf Jahren von der landeseigenen L-Bank unterstützt, die ein "Verbindungsbüro Rumänien" unterhält.

Südwest-Unternehmer wittern Goldgräber-Stimmung

15 Jahre nach der politischen Wende in Rumänien wittern dort Unternehmer aus dem Südwesten immer noch Goldgräberstimmung: Vor fünf Jahren sei er "nur mit ein paar Koffer und einem Laptop" nach Bukarest gekommen, erinnert sich Michael Schröder von der Burda-Verlagsgruppe (Offenburg). Zwischenzeitlich hat sich "Burda Romania" mit seinen zahlreichen Hochglanzmagazinen zu einer der erfolgreichsten Verlagsgruppen entwickelt. Der gebürtige Ravensburger Gunter Grieb arbeitet seit 1996 in Bukarest. Gerade eben hat er im Auftrag der Kaufland-Gruppe 20 Grundstücke im Land gekauft, auf denen demnächst große Einkaufsmärkte entstehen: "Hier boomt es richtig!" Und Alfred Barth, Unternehmer aus Binswangen im Landkreis Biberach, stellt seit über zehn Jahren in seiner Temeswarer Tochterfirma Metalldrehteile her. Für ihn ist die Möglichkeit, besonders arbeitsintensive Teile in Rumänien produzieren zu lassen, auch ein Stück Arbeitsplatzsicherung für seinen Betrieb in Biberach. "Ohne unsere rumänische Fertigung hätten wir die Arbeitsplätze zu Hause in dieser Form nicht halten können", so der 60-jährige Geschäftsmann, der mittlerweile fließend Rumänisch spricht und sich "in diesem schönen Land" durchaus wohlfühlt.

Goldgräberstimmung in Rumänien - das schlägt sich auch in Zahlen nieder: Auf 730 Millionen Euro jährlich beläuft sich das baden-württembergisch - rumänische Handelsvolumen. "Eine Summe, die sich seit 2001 glatt verdoppelt hat", freut sich Minister Pfister. Deutschland ist mit einem Volumen von 6 Milliarden Euro nach Italien zweitwichtigster Handelspartner Rumäniens. "Und so wie ich Sie Deutsche kenne, haben Sie den Ehrgeiz, bald auf Platz eins zu kommen", flunkerte der rumänische Wirtschaftsminister Popescu am Rande des Treffens.

Verbesserung der Ausbildung

Dazu muss Rumänien aber, wie bei den Gesprächen deutlich wurde, noch ein paar Probleme aus dem Weg räumen: Allseits wird zwar die Qualität der Lehre an den Hochschulen gelobt. Mit der Ausbildung von Handwerkern und Facharbeitern hapere es aber noch erheblich, klagt Brigitte Eble von Bosch Bukarest: "Wenn wir KfZ-Mechaniker suchen, dann müssen wir die Leute erst einmal entsprechend schulen!" Viele befürchten zudem, dass mit dem EU-Beitritt Rumäniens Anfang 2007 auch dort die Lohnkosten in die Höhe schnellen: "So heftig wie in Ungarn und Tschechien wird es wohl nicht werden", meint Dirk Rütze von der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Bukarest, "aber eigentlich ist es gut, wenn es bis zum EU-Beitritt noch ein wenig dauert..."

Thomas Wagner


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