28. August 2001

Vor 60 Jahren: Stalin ließ Deutsche deportieren

Am 28. August 1941 erließ Stalin die Dekrete zur Deportation der Deutschen in der Sowjetunion. Bei einer Gedenkveranstaltung in Berlin sprachen sich Vertreter der Russlanddeutschen und des BdV dagegen aus, die Anforderungen bei der Anerkennung als Spätaussiedler weiter zu verschärften.
Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, MdB, forderte bei der Gedenkfeier am letzten Sonntag in Berlin, die Anerkennung dürfe nicht stärker als bisher an deutsche Sprachkenntnisse geknüpft werden. „Die deutsche Sprache war in Russland lange nach dem Krieg verboten, deutsche Schulen wurden gesperrt, und Bildung von Deutschen in Russland war nicht gewollt“, sagte die CDU-Politikerin einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge. Deshalb dürfe man die Spätaussiedler nicht für ihre Sprachkenntnisse verantwortlich machen. „Es kann nicht sein, dass Familien durch die Sprachanforderungen auseinandergerissen werden“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Adolf Fetsch, vor rund 500 Menschen am Reichstag in Berlin.
Der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Jochen Welt, sicherte zu, dass sich auch nach einer Neuregelung der Zuwanderungsrechts nichts an der Quote und dem Verfahren für Aussiedler ändern werde. Allerdings müssten die oft mangelhaften Deutschkenntnisse der Spätaussiedler verbessert werden. Sonst drohe ihnen in Deutschland ein Akzeptanzverlust, zitiert die FAZ den SPD-Politiker.

Historischer Hintergrund

In einer Presseerklärung vom 24. August erinnerte die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, an die historischen Hintergründe der Stalin-Dekrete. Am 28. August 1941 habe der Oberste Sowjet den "Erlass zur Übersiedlung der Deutschen, die in den Wolgarayons wohnten" verabschiedet. Damit habe die Deportation aller Deutschen in der Sowjetunion nach Sibirien begonnen, eine Vertreibung aus ihrer bisherigen Heimat und eine Diskriminierung als Volksgruppe, die bis heute anhalte. 1941 wurden die Deutschen von der Wolga und aus der Südukraine durch die kommunistische Führung in Moskau gleichsam über Nacht verschleppt und in die asiatischen Teile der ehemaligen Sowjetunion verbannt. Jahrzehntelang durften sie unter Androhung von bis zu 20 Jahren Zwangsarbeit die geschlossenen Städte, in denen sie unterdrückt wurden, nicht verlassen. Zweimal monatlich mussten sie sich bei den örtlichen Behörden melden. Statt eines Personalausweises führten sie einen Deportiertenausweis. Männer und Frauen wurden in der so genannten Trudarmee zur Arbeit gezwungen. Diese sei eine „Mischung aus Arbeits- und Konzentrationslager“ gewesen, erklärte Steinbach. Von 1941 bis 1955 waren alle Schulen für Deutsche gesperrt. Deutsch wurde nur in den Wohnungen gesprochen. Papiere in deutscher Sprache waren verboten. Ebenso war die Ausübung der Religion untersagt. Auch später gab es kein Rückkehrrecht an die früheren Wohnorte, geschweige denn eine Entschädigung für ihr konfisziertes Eigentum.
„Unter den im Ausland lebenden deutschen Volksgruppen hatten die Deutschen aus Russland wegen ihres deutschen Volkstums am längsten und schwersten zu leiden gehabt und dieses Kriegsfolgenschicksal wirkt bis heute fort“. Heute würden noch viele von ihnen und ihre Kinder an den Folgen von Verbannung und Zwangsarbeit und Not, die ihnen die kommunistische Diktatur auferlegt habe, leiden. Deshalb seien Forderungen, die den Deutschen aus Russland das Kriegsfolgenschicksal absprechen und ihre Aufnahme in Deutschland begrenzen wollen, „unmenschlich und ungerecht“. „Es sind und bleiben Deutsche, die ein Recht darauf haben, in ihr Mutterland zurückzukehren“, betonte Erika Steinbach in der Pressemitteilung.

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