29. April 2005

Heimattag: Zeitzeugen lesen über Deportation

Drei Zeitzeugenberichte erinnern in der Veranstaltung Wir müssen weg" - Die Deportation 1945 in die Sowjetunion beim Heimattag in Dinkelsbühl (Pfingstsonntag, den 15. Mai, 15.30 Uhr, Konzertsaal im Spitalhof, Dr.-Martin-Luther-Straße 6) an die Deportation in die Sowjetunion vor 60 Jahren. In die Lesung einführen und moderieren wird Bundesfrauenreferentin Enni Janesch.
Christa Andree liest "Eine lange Heimreise" vor. Es handelt sich um Aufzeichnungen ihrer Tante, die im Alter von 28 Jahren mit ihrer jüngeren Schwester (26 Jahre) am 14. Januar 1945 aus Jakobsdorf deportiert wurde. Beide Schwestern mussten ihre drei kleinen Kinder in der Obhut der Großmutter zurücklassen. Die Tochter der jüngeren Schwester hat ihre Mutter nicht mehr gesehen: diese verstarb auf der Heimreise.

Anneliese Teutsch aus Kronstadt hatte als junge Lehrerin am 7. Januar 1945 gerade eine neue Stelle in Weidenbach angetreten. Am 16. Januar musste sie in Kronstadt von ihren Eltern Abschied nehmen. Sie kam ins Sammellager nach Petersberg, von wo die Rekrutierten in der Nacht zum 20. Januar in Waggons verladen wurden, mit denen sie am 1. Februar Dnjepropetrowsk erreichten. Frau Teutsch wird aus dem Tagebuch vorlesen, das sie als junge Frau während der Zeit der Deportation geführt hat.

Die aus Schweischer stammende Rose Schmidt wurde im Alter von 23 Jahren nach Russland verschleppt. Erst nach fünf schweren Arbeitsjahren konnte sie nach Hause zurückkehren. Sie hat 1995 ein Buch "Das große Leid" mit Erlebnisberichten von Lagerinsassen aus dem Lager Petrowka herausgegeben, das schon in zwei weiteren Auflagen 1996 und 1999 erschienen ist. In dem Nachwort zu dem Buch heißt es: "Die Berichte wurden von Frauen und Männern verschiedenen Alters, von 66 bis über 90 Jahren, geschrieben. In ihrem Erzählen treten nun, nach 50 Jahren verdrängter Vergangenheit, die in Petrowka erlebten schweren Tage lebhaft hervor. Sie alle haben denen gegenüber, welche sie und ihre Angehörigen vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, unrechtmäßig verschleppten, enteigneten, entrechteten, Hassgefühle abgebaut und bemühen sich, denen allen gegenüber heute Toleranz zu üben. Doch auch das Gefühl der Anerkennung, das Gefühl der Dankbarkeit, gegenüber ihren Helfern und Freunden in Rumänien und in der Sowjetunion spricht aus den Berichten der einst leidtragenden Deportierten Petrowkas. Das erlittene große Leid und Leiden in der fünfjährigen Zwangsverschleppung überwiegt in den Erlebnisberichten der einstigen Lagerinsassen. Die frohen und schönen erlebten Stunden in Petrowka werden nur zaghaft angedeutet. Das freundliche, kameradschaftliche und warme Verhältnis zwischen Lagerinsassen, und der russischen Bevölkerung klingt in Berichten an. Grauen und Angst des Erzählers empfindet man im Nachhinein beim Lesen von Gewalttaten und unmenschlichen erlittenen Strafen seitens der Obrigkeit, im Lager und in der Arbeit. Nicht zuletzt wird immer wieder in den Berichten der Hilfe Gottes in schweren Stunden während der fünfjährigen Deportation gedacht." Rose Schmidt wird ihre "Erinnerungen" aus dem Buch lesen.

E. J.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 7 vom 30. April 2005, Seite 3)

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