16. Mai 2005

Über 100 begeisterte Musiker bei Jubiläumswoche in Löwenstein

"Unsere Musikwoche, wie all die anderen Aktivitäten, beweisen, dass wir es geschafft haben, in der für uns nicht einfacher gewordenen Welt zu überleben.", sagte der GDMSE-Vorsitzende Dr. Franz Metz. Das waren Worte der Genugtuung zu einer regulären und doch außergewöhnlichen Mitgliederversammlung der Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa (GDMSE). In der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein (nahe Heilbronn), wo die GDMSE fast schon ein zweites Zuhause hat, wurde Anfang April die 20. Auflage ihrer Musikwoche gefeiert.
Die Löwensteiner Musikwoche ist seit vielen Jahren das Herzstück der GDMSE-Aktivitäten: Hier erklingt über eine ganze Woche hinweg Musik deutscher Komponisten aus Südosteuropa, hier verschmelzen wissenschaftliche Ziele mit der Begeisterung von weit über 100 Laien- und Profimusikern. Und hier ist auch Raum für den Austausch von Ideen und Erfahrungen in der jährlichen Mitgliederversammlung.

Im Jubiläumsjahr 2005 erhielt diese Sitzung zusätzlichen Glanz durch Ehrungen für Mitglieder und musikalische Wegbegleiter der Musikwoche: Zu Ehrenmitgliedern der GDMSE wurden die Komponisten Hans Peter Türk und Helmut Sadler sowie die Musikwissenschaftler Karl Teutsch, Robert Rohr und Helmut Loos ernannt. Franz Metz dankte Antje Neumann (als ehemaliger Leiterin), Wolfgang Meschendörfer (als jetzigem Leiter), Horst Gehann und Peter Szaunig mit einem Diplom für die viele Arbeit, die Planung und Organisation der Musikwoche in den vergangenen 20 Jahren mit sich gebracht haben. Die Erinnerung galt aber nicht nur den Erfolgen und Verdiensten, sondern auch den Verlusten: Mit Prof. Gotthard Speer (verstorben im März 2005), Wolf von Aichelburg, Konrad Scheierling, Anneliese Barthmes, Wilhelm Georg Berger und Hans Dasch hat die GDMSE im Laufe der Jahre sechs wichtige Persönlichkeiten verloren.

Zum Abschluss eines Vortrags, der unter anderem die aktuelle Lage der deutschen Musikkultur in Südosteuropa in den Blick nahm, formulierte Franz Metz mehrere Anliegen: Er wünsche sich, dass die Musikwoche weiterhin eine zentrale Rolle in den vielen Aktivitäten des Vereins einnehmen und dass die musikwissenschaftliche Arbeit der Gesellschaft eine immer weitere Verbreitung und Wahrnehmung finden möge. "Und nicht zuletzt, dass wir auch weiterhin in guten Aufführungen die Musik unserer siebenbürgischen oder Banater Komponisten so wiedergeben, dass sie Einzug finden kann in das Konzertleben unserer Zeit."

Der Komponist Helmut Sadler, bei der Mitgliederversammlung persönlich mit Frau und Tochter zugegen, ist der GDMSE und der Musikwoche seit vielen Jahren verbunden. Er hat noch in jedem Jahr Werke zugesteuert - und konnte am 2. April erleben, wie der von Marco Lechler geleitete Chor der Musikwoche in der prächtigen Stiftskirche zu Öhringen seine in den 1970er Jahren entstandene Cäcilienmesse aufführte. Ihr Widmungsträger ist der katholische Kirchenchor "Cäcilia" in der Gemeinde Mauer bei Heidelberg. Ihrer unmittelbaren, unverstellten Wirkung konnten sich weder die Zuhörer in Öhringen noch die Choristen und Instrumentalisten entziehen. Viel Applaus nach einer guten Leistung der Musikwochen-Ensembles - die freilich froh waren, mit diesem Werk weniger an die Grenzen des Machbaren gekommen zu sein als im Jahr 2004 mit dem gewaltigen Oratorium "Der Allmacht Wunder" von Johann Lukas Hedwig.

Ein ausgesprochen erfolgreiches Experiment war die Verlegung des traditionellen Dozentenkonzertes der Musikwoche in Gundelsheim vom Festsaal auf Schloss Horneck in die nahe Deutschmeisterhalle. Schön, dass die Leitung des Altenheimes im Schloss Horneck die Werbung für den Abend unterstützte - schön auch, dass die Stadt Gundelsheim wie in den vergangenen Jahren die Gema-Gebühren übernahm. 200 Zuhörerinnen und Zuhörer erlebten ein buntes, wenngleich nie beliebiges, dabei exquisit musiziertes Programm. Hannah König (Blockflöte), Harald Christian (Violine), Ilse Herbert (Cello) und Liane Christian (Klavier) boten auf modernen Instrumenten mit viel barockem Gespür eine Triosonate von Telemann. Renate Dasch (Mezzosopran) und Johanna Boehme (Sopran) sangen, begleitet von Liane Christian, traurig-schöne Lieder von Paul Richter und dem unbekannten, keineswegs zu vernachlässigenden Banater Komponisten Heinrich Weidt (1824-1901). Emotionale Spannungspole waren die stark von rumänischer Volksmusik beeinflusste Flötensonate Nr. 2 von Sigismund Toduta (mit Wolfgang Meschendörfer und Liane Christian) und das brillante, teuflisch schwere Virtuosenstück Navarra für zwei Violinen und Klavier. Der Geiger Harald Christian und seine 15-jährige Tochter Sarah, Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe, heimsten dafür den wohl größten Applaus des Abends ein.
Musikalischer Höhepunkt war zum Abschluss Paul Richters Klavierquartett d-Moll, wiederum mit Harald, Sarah und Liane Christian sowie Ilse Herbert.

Ein drittes öffentliches Konzert bot in der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein die junge Banater Pianistin Susanna Bartál - ein kraftvoller, kluger Beweis hervorragenden Könnens und großer Disziplin bei nicht weniger als sieben verschiedenen Komponisten. Von Susanna Bartál wird man noch hören. Demnächst studiert sie in Paris.

Am vorletzten Abend ließ die langjährige Leiterin der Woche, Antje Neumann, 20 Jahre Musikwoche Revue passieren; zuvor hatten sie und Bettina Meltzer eine kleine Ausstellung mit Bildern und Programmen der Woche von 1986 bis 2004 zusammengestellt.

Drei interne Konzerte boten den über 100 Teilnehmern der Musikwoche genügend Raum, um während der Woche eingeübte oder vorher einstudierte Werke aufzuführen. Doch war Musik hier ebenso ein Gemeinschaftserlebnis, ein Fest der Generationen, die vom Kleinkind bis zur Großmutter in gleichmäßiger Verteilung vertreten waren. Vermittelt durch die Klausenburger Pianistin Gerda Türk waren wieder vier junge Musiker aus Rumänien Gast bei der Musikwoche: eine Bereicherung für sie selbst wie für die anderen Teilnehmer und die musikalische Qualität. All das wäre nicht denkbar ohne den Einsatz der Dozenten der Musikwoche, die Garanten für Stabilität und Weiterentwicklung sind. In ihrem Vortrag zur Mitgliederversammlung hatte die langjährige Teilnehmerin Hildegard Barth zurecht betont: "Die jetzige Dozentenbesetzung hat eine solche Zugkraft entwickelt und die Musikwoche ist ein solcher Selbstläufer geworden, dass man sich um neue Interessenten nicht sorgen muss."

Die Leitung des Chors und Gesamtleitung des Ensembles lag in den Händen von Marco Lechler (Öhringen), für die Sänger war Renate Dasch (Berlin) zuständig, für die Bläser Bärbel und Thomas Tirler (Marl). Harald Christian (Augsburg) leitete die hohen und Ilse Herbert (Klausenburg) die tiefen Streicher an, Liane Christian (Augsburg) die Pianisten, Hannah König (München) die Blockflöten, Gertraud Winter-Sailer (Augsburg) den Jugendchor und die Kindergruppe, Antje Neumann und Bettina Meltzer schließlich die Tänzer. Für die Gesamtleitung waren Wolfgang Meschendörfer und Johannes Killyen verantwortlich.

Ebenfalls eine Unmöglichkeit: die Löwensteiner Musikwoche - mittlerweile ein logistisches Großunternehmen - ohne die Unterstützung von treuen Sponsoren auf die Beine zu stellen. Der Woche zur Seite standen das Kulturreferat der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung, das Kulturreferat für Südosteuropa im Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm, die HOG Kronstadt, die HG Hermannstadt - und nicht zuletzt die Evangelische Tagungsstätte Löwenstein.

Johannes Killyen


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