13. Juni 2005

Walter König: Herausragender Schulexperte und Kulturvermittler

Mit Walter König hat man immer einen interessanten und interessierten Gesprächspartner, der sich auf Person und Sache höchst konzentriert einlässt. Seine besondere Gabe der Kommunikationsfähigkeit hat ihn bis heute zum gefragten und gesuchten Gesprächspartner gemacht, innerhalb und außerhalb der siebenbürgisch-sächsischen community. Und es ist immer wieder beeindruckend, wie er es trotz Krankheit und der damit verbundenen Einschränkungen schafft, ein zuversichtlicher, den aktuellen Fragen und Problemhorizonten gegenüber offener, mit Klugheit und Sachverstand ratender Mensch zu sein und zu bleiben, der in keiner Weise von dem weit verbreiteten sächsischen Gebrechen angekränkelt ist, Sachliches mit Persönlichem zu verquicken und unnötige Probleme geradezu heraufzubeschwören.
Walter König kam am 25. Mai 1925 in Hermannstadt zur Welt. Nach dem Besuch des Landeskirchenseminars in seiner Geburtsstadt mit dem Abschluss 1944, nach Kriegsdienst und sieben Jahren im Schuldienst in Österreich, Norwegen und Deutschland begann er 1953 mit dem Studium der Pädagogik, Philosophie und Geschichte in Tübingen und Berlin, das er 1958 erfolgreich beendete. 1962 erhielt König den Ruf an die Pädagogische Hochschule in Reutlingen und lehrte hier sowie anschließend an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg das Fach Schulpädagogik bis zur Emeritierung 1990.

Prof. Dr. h.c. Walter König bei der Verleihung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises am 19. Mai 2002. Foto: Josef Balazs
Prof. Dr. h.c. Walter König bei der Verleihung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises am 19. Mai 2002. Foto: Josef Balazs
Neben der Lehre, die er mit begeisterndem Engagement gestaltete, widmete sich König der wissenschaftlichen Forschung mit drei Schwerpunkten: Schulpädagogik, Geschichte der siebenbürgisch-sächsischen Schule und aktuelle Entwicklungen des deutschen Unterrichtswesens in Rumänien sowie schließlich Zeitgeschichte der Siebenbürger Sachsen. Die Verbindung von Allgemeinem, von Erfahrungen im bundesdeutschen Unterrichtswesen mit den speziellen Verhältnissen in der siebenbürgischen Geschichte und der rumänischen, kommunistisch geprägten Gegenwart der sechziger bis neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts verleiht seinen zahlreichen Aufsätzen und den von ihm herausgegebenen Büchern zur siebenbürgisch-sächsischen Schulgeschichte eine überregionale Bedeutung. Siebenbürgens Schulen wurden dank seiner Arbeiten, seines Einsatzes und seiner intensiven Kontakte nach Rumänien schon Jahrzehnte vor der Wende 1989/90 wie auch danach in der deutschen und europäischen Forschung bekannt.

Er galt und gilt als Experte, als derzeit bester Kenner des Minderheitenschulwesens in Rumänien, was nicht zuletzt seine wiederholte Konsultation durch das Georg-Eckert-Institut für Schulbuchforschung in Braunschweig sowie seine Berufung (seit 1972) in die Deutsch-Rumänische Schulbuchkommission zur Folge hatte. In der baden-württembergischen "Lehrergilde" war er über zwei Jahrzehnte lang stellvertretender Obmann und organisierte für sie Bildungsreisen nach Siebenbürgen, die der Verbreitung von Kenntnissen über seine Heimat ebenso dienten wie der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Lehrenden in Ost und West.

Königs umfangreiches publizistisches Werk hat seinen Schwerpunkt in der Schultradition der Siebenbürger Sachsen, aus der Erkenntnis heraus, dass Schulfragen Existenzfragen für eine ethnisch-kulturelle Minderheit sind. Darum war er auch während unzähliger Reisen nach Rumänien bestrebt, das deutschsprachige Schulwesen nach Kräften zu unterstützen. Er vermittelte Bücher und Lehrmaterial - seinen Wahlspruch "Auch Bücher sind Lebensmittel" setzte er konsequent, auch mit persönlichen Opfern um -, er gab und gibt Erfahrungen weiter, war und ist der gesuchte Ratgeber zahlreicher Schulleiter aus Siebenbürgen, einer großen Zahl von Lehrerinnen und Lehrern aller Ausbildungsstufen, ja selbst deutscher und rumänischer Behördenvertreter. Umgekehrt flossen die vor Ort gesammelten Erfahrungen und Informationen in das wissenschaftliche Werk Königs ein, das neben dem Bestreben um größtmögliche Objektivität auch durch das engagierte, bewusst formulierte Plädoyer im zeitgenössischen politischen Kontext gekennzeichnet ist. Insbesondere der Titel des zum 80. Geburtstag von Walter König überreichten Vorabexemplars des Sammelbandes "Schola Seminarium Rei Publicae" - ein Zitat aus der Schulrede des Sachsengrafen Albert Huet von 1602 - macht dies deutlich, weil gerade im Blick auf die in den vergangenen Jahrzehnten in Rumänien massiv beschnittene politische Partizipationsmöglichkeit die Schule als unentbehrliche Instanz zur Ausbildung einer Zivilgesellschaft weitgehend auszufallen drohte. Die Erinnerung an die wertvollen Bestandteile der eigenen Tradition stellt auf diesem Hintergrund eine klare Position dar.

In anderen Beiträgen setzte sich König, als Mitglied der von den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs geprägten Generation, aber auch unter dem tiefen Eindruck, den sein Lehrer Hans Rothfels auf ihn ausgeübt hat, mit der siebenbürgisch-sächsischen Zeitgeschichte auseinander - sachlich, kritisch und distanziert, aber doch voller Engagement der Frage nachgehend, wie es zum Auseinanderbrechen der traditionellen Lebenswelt der Deutschen in Siebenbürgen kommen konnte. Das von ihm herausgegebene Buch "Siebenbürgen zwischen den beiden Weltkriegen" leistet einen wertvollen Beitrag zur Aufarbeitung dieser Zeitgeschichte.

Königs Hinwendung zur Siebenbürgen-Forschung ist eng mit der Entwicklung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde verbunden, dessen Gründungsmitglied er ist. Seit 1978 in dessen Vorstand tätig, hatte er zwischen 1984 und 1994 das Amt des Vorsitzenden dieser "kleinen Akademie der Wissenschaften" der Siebenbürger Sachsen inne, wie sein Mentor, der Gelehrte Karl Kurt Klein, diesen Verein bezeichnet hat. König hat dazu beigetragen, dass sich diese Gesellschaft mit heute rund 800 Mitgliedern (einschließlich jener in Rumänien) zu einer angesehenen wissenschaftlichen Einrichtung entwickelt hat, was sich unter anderem in der Anbindung des vom Arbeitskreis 1992 begründeten Siebenbürgen-Instituts 2003 an die Universität Heidelberg manifestiert. Die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Arbeitskreises, der einzigen und höchsten Auszeichnung, die dieser vergeben kann, anerkennt symbolisch diesen Beitrag. Im Jahre 2002 wurde er zudem mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis der Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen Deutschlands und Österreichs geehrt.

Auch wenn der "Landeskundeverein" als die geistige Heimat Walter Königs bezeichnet werden kann, hat er darüber hinaus durch die Wahrnehmung von Ehrenämtern sein persönliches und wissenschaftliches Engagement für die Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa unter Beweis gestellt: 1989-1992 Vorsitzender, 1992-1995 stellvertretender Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats, außerdem stellvertretender Vorsitzender des Vereins Siebenbürgisches Museum sowie Mitglied in den Stiftungskuratorien der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat und Stiftung Deutsches Kulturerbe in Rumänien. In Anerkennung seiner herausragenden Leistung als Wissenschaftler, als Wissenschaftsorganisator, als Hochschullehrer und Kulturvermittler, nicht zuletzt für seinen Beitrag zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und zur Integration Rumäniens in die europäische Wertegemeinschaft, wurden Walter König unter anderem das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und die Ehrendoktorwürde der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt verliehen.

Mit der Feierstunde in Gundelsheim am 28. Mai haben wir versucht, unseren großen Dank an den begabten Kommunikator über den Tag hinaus zurückzugeben. Ihm und seiner Gattin wünschen wir weiterhin die Parrhesia und Gottes Geleit in der kommenden Zeit.

Dr. Ulrich A. Wien

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 15. Juni 2005, Seite 5)

Bewerten:

1 Bewertung: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.