1. September 2005

Aufbauleistung der deutschen Minderheit in Rumänien gewürdigt

Rund 60 000 Deutsche leben heute in Rumänien. Die große Ausreisewelle zu Beginn der neunziger Jahre macht die Kulturpflege an manchen Orten heute sehr schwierig. Umso mehr war die Arbeitsgruppe „Vertriebene und Flüchtlinge“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beeindruckt von der „umtriebigen Aufbauarbeit der verhältnismäßig wenigen verbliebenen Deutschen“. Bei einem Besuch in Bukarest und Siebenbürgen, in dessen Vorbereitung der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland eingebunden war, sprachen die Unionsabgeordneten die Anliegen der deutschen Minderheit offensiv an.
Ziel der fünftägigen Delegationsreise an der Spitze mit Erwin Marschewski, dem Vorsitzenden der Arbeitsgruppe "Vertriebene und Flüchtlinge" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, war es aktuelle Fragen des angestrebten EU-Beitritts Rumäniens und Anliegen der deutschen Minderheit zu erörtern. Bezüglich der deutschen Minderheit wurde der Vorschlag der Union unterbreitet, ein europäisches Programm zur Pflege der Kultur der Vertreibungsgebiete zu schaffen.

CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete sprachen die Anliegen der deutschen Minderheit in Rumänien offensiv an, von links nach rechts: Erwin Marschewski MdB, Rumäniens Innenminister Vasile Blaga, Christa Reichard, MdB, und Prof. Dr. Egon Jüttner, MdB.
CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete sprachen die Anliegen der deutschen Minderheit in Rumänien offensiv an, von links nach rechts: Erwin Marschewski MdB, Rumäniens Innenminister Vasile Blaga, Christa Reichard, MdB, und Prof. Dr. Egon Jüttner, MdB.

Mit dem rumänischen Minister für Integration, Ene Dinga, sprach die Arbeitsgruppe über den Stand der Vorbereitungen Rumäniens im Hinblick auf einen Beitritt zur Europäischen Union. Dabei wurden Aspekte des bevorstehenden Fortschrittsberichts der Europäischen Kommission ebenso besprochen wie der Justizreform, die ein wichtiges Beitrittskriterium ist und teilweise vom rumänischen Verfassungsgericht abgelehnt wurde. Über die in diesem Zusammenhang entstandene Regierungskrise in Rumänien wurde mit Minister Ene diskutiert, der übrigens nach einer Regierungsumbildung am 22. August seinen Hut nehmen musste.

Wie die Arbeitsgruppe der Presse mitteilte, wurden mit dem rumänischen Innenminister Vasile Blaga Fragen der inneren Sicherheit und des Schutzes vor Terrorismus und illegaler Migration diskutiert, aber auch wichtige Anliegen der deutschen Minderheit vorgetragen, etwa die Frage der Umsetzung der Gesetzgebung zur Rückgabe von Gemeinschaftseigentum. Vor allem auf dem Wege der Rechtsanwendung auf Verwaltungsebene gebe es noch häufig Schwierigkeiten, sagten die deutschen Parlamentarier. Im Hinblick auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit komme es auf die korrekte Anwendung von Recht an, wobei die "unzureichende Kooperation auf der Ebene der örtlichen Behörden" zu Problemen bei der Rückgabe von kirchlichem Eigentum führe, betonten die Unionspolitiker. Konkret angesprochen wurde die möglichst baldige Rückgabe von 19 Gemälden an das Brukenthal-Museum in Hermannstadt, die sich zurzeit in Bukarest befinden. Innenminister Blaga sagte im Gespräch zu, die Angelegenheit im Kabinett zu besprechen, mit dem Ziel, die Rückgabe zu beschleunigen.

In Bukarest traf die Delegation zudem mit dem für Minderheitenfragen zuständigen Unterstaatssekretär, Zeno Pinter, und dem Abgeordneten der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament, Ovidiu Gant, zusammen. Bezüglich der Hilfen, die die Bundesregierung der deutschen Minderheit in Rumänien gewährt, wurden vor allem Anregungen zur Verbesserung der regionalen Kulturförderung aufgenommen. Die Gespräche wurden auch dazu genutzt, um von rumänischer Seite ein stärkeres Engagement für den Erhalt der deutschen Kulturgüter einzufordern. "Hier besteht ein noch zu geringes Interesse", stellten die Parlamentarier fest.

In Siebenbürgen besuchte die Delegation die Saxonia-Stiftung in Rosenau (Rasnov), ein Sozialprojekt, das vom Bundesinnenministerium, den kirchlichen Hilfswerken und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland gefördert wird. In Kronstadt (Brasov) und Hermannstadt (Sibiu) wurden jahrhundertealte Zeugnisse der deutschen Kultur in Siebenbürgen besucht und Fragen zu deren Erhalt erörtert, darunter die Schwarze Kirche in Kronstadt und die Altstadt von Hermannstadt. In beiden Städten fanden Gespräche mit Vertretern der deutschen Minderheit statt.

"Es ist erfreulich, festzustellen, wie viel sich in Hermannstadt und Umgebung in den letzen Jahren bewegt hat", erklärte Erwin Marschewski mit Verweis auf die im Vergleich zu anderen Teilen Rumäniens zahlreichen Direktinvestitionen aus Deutschland und dem europäischen Ausland. Ein Treffen mit dem Deutschen Wirtschaftsclub in Siebenbürgen vermittelte eine Aufbruchstimmung, die vor allem in Hermannstadt greifbar sei. So zählt der Wirtschaftclub rund 100 Mitglieder, nicht wenige der Investoren haben im Rahmen der Ausreisewelle oder bereits Anfang der 80er Jahre Rumänien verlassen und kehren heute in ihre Heimat zurück, um sich unternehmerisch zu engagieren.

Zum Abschluss des Besuches in Hermannstadt fand ein Gespräch mit dem deutschen Bürgermeister Klaus Johannis und dem Präfekten des Landkreises, Ion Ariton, statt. "Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer beeindruckenden Leistungsbilanz", lobte Erwin Marschewski den Bürgermeister von Hermannstadt in Rumänien, Klaus Johannis. Voll des Lobes war der Delegationsleiter mit dem Blick auf die Entwicklung, die Hermannstadt mit seinen rund 170 000 Einwohnern in den letzten Jahren genommen hat. Seit dem Jahr 2000 bestimmt Klaus Johannis, Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, als Bürgermeister die Geschicke der Stadt.

"Sehr beherzt" habe Klaus Johannis in dieser Zeit die Infrastrukturprobleme und das in Rumänien weit verbreitete Problem der Korruption angefasst. Der Erfolg sei nicht ausgeblieben. "Ein gutes Investitionsklima wurde geschaffen, das zu zahlreichen Neuansiedlungen geführt hat", erklärte Marschewski nach dem Besuch am Zibin. Ein besonderer Coup sei dem Bürgermeister durch die gezielte Pflege internationaler Kontakte gelungen: Hermannstadt wird 2007 zusammen mit Luxemburg Kulturhauptstadt Europas.

Der Bischof der Evangelischen Kirche in Rumänien A.B., Dr. Christoph Klein, stellte im Gespräch mit der deutschen Delegation fest, dass die Gemeinden, bedingt durch die Ausreisewelle, zwar klein, die Mitglieder aber ausgesprochen rege seien und dadurch eine sehr lebendige Gemeindearbeit gepflegt werden könne. Die Kirche sei in Rumänien durch die Ökumene ein überkonfessioneller Integrationsfaktor über ethnische Grenzen hinweg. Viele Menschen suchten in Rumänien Orientierung in der Kirche.

Die Gespräche über kirchliche Fragen wurden in Birthälm (Biertan) und in Schäßburg (Sighisoara) fortgesetzt.

Auf ein besonderes Anliegen der deutschen Minderheit wurden die Abgeordneten des Deutschen Bundestages im Rahmen einer Diskussionsrunde beim Hermannstädter Bürgermeister und ebenso in Kronstadt aufmerksam gemacht. Die Finanzierung der vor allem von Angehörigen der deutschen Minderheit frequentierten Altenheime. Während die Einrichtung in Hermannstadt aus Bundesmitteln gefördert wird, sind der Einrichtung in Kronstadt solche Mittel bisher nicht zuteil geworden. In diesem Zusammenhang wurde vor allem auch eine finanzielle Beteiligung des rumänischen Staates angefragt.

In Hermannstadt wurden auch das Teutsch-Haus und zum Abschluss die Brukenthalschule. Sehr umfassend erläuterte deren Direktor Gerold Hermann die Philosophie der Einrichtung und das pädagogische Konzept. Den CDU/CSU-Abgeordneten übermittelte er den Wunsch nach einem deutschen Stipendienprogramm für Absolventen des Lyzeums.

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