4. Dezember 2005

Michelsberg am Silberbach: Ortsmonografie erschienen

Beim 10. Michelsberger Treffen am 1. Oktober in Schweigern wurde das erste Heimatbuch des einstmals einzigen deutschen Dorfes Rumäniens vom Verfasser und Herausgeber Georg Krauss vorgestellt. Die 480-seitige, in bester Qualität gedruckte umfassende Monografie enthält in 15 Kapiteln eine Fülle von Informationen, ergänzt mit 252 Farb- und Schwarzweißfotos, Karten und Plänen.
Georg Krauss, ein im Jahr 1961 ausgewanderter Michelsberger, der auch in der Ceausescu-Zeit immer wieder die alte Heimat besuchte, sammelte und dokumentierte über 10 Jahre leidenschaftlich, intensiv und mit viel Zeit- und Geldaufwand Unterlagen, Beweise, Dokumentationen, persönliche Erinnerungen und Berichte von Michelsbergern aller Generationen. Wie der Verfasser in seinem Geleitwort bekennt, „sollte das Buch keine wissenschaftliche Arbeit sein“, sondern ein Buch, „das für jeden Interessierten etwas Wissenswertes bringt“. Und ich bin sicher, dass jede Michelsberger Familie in diesem Buch noch unbekannte und nie gesehene Bilder und Dokumente, Fakten über ihre eigene Identität findet, die ohne die aufwendige Mühe des Georg Krauss für immer vergessen und verloren gegangen wären.

Mitverfasser von Georg Krauss ist Roland Hönig. Er hat das Manuskript verfasst, Karten und Pläne bearbeitet und die Bilddokumentation erstellt und war außerdem für das Layout und die hochwertige Druckqualität verantwortlich.

Michelsberg, „trautes Plätzchen auf dieser Welt“, war ein wegen seiner Bräuche und Sitten, Geschichte und Sprache, Lage und Kirschblüte über die Grenzen hinweg bekanntes Dorf. Auf die Frage eines ARD-Journalisten beim Heimattreffen 2000 in Michelsberg, warum trotz der Auswanderung noch jährlich so viele Michelsberger – auch Patcharutzen genannt – die alte Heimat besuchen, antwortete der damalige Pfarrer Binder: „Wer hier geboren ist, liebt seine Heimat und kann sie nie vergessen, kommt dann von Zeit zu Zeit zurück um hier aufzutanken, damit er die Fremde ertragen kann.“


Auch wenn nach 15 Jahren für die meisten Deutschland die zweite Heimat geworden ist: Dieses Buch spricht besonders diejenigen an, die bei der Auswanderung noch Kinder oder Jugendliche waren und sich nicht mehr persönlich an „die Höhen und Tiefen im Leben der Gemeinde“ erinnern, und die über die wirtschaftliche, geografische, geschichtliche, kulturelle, kirchliche und verwandtschaftliche Situation nur spärliche Kenntnisse besitzen. Das Buch will aber auch Erwachsenen in Erinnerung rufen, dass in der alten Heimat mehr als nur die „Pitzenkirschen“ und das „Geflichsel“ Einkünfte boten, dass man „in Freud und Not, bei Hochzeit und Tod“ immer zusammen gehalten hat, in schweren Zeiten nie allein war.

Wer hätte ohne dieses Buch noch gewusst, dass es jemals in Michelsberg eine Bank, einen Frauenverein, einen Landwirtschaftsverein, den Gustav-Adolf Verein, drei Mühlen – eine von Strom und zwei von Wasser betriebene – gab? Oder bezüglich der Baugeschichte, dass 1865 die „Schwimmschule“, das Michelsberger Freibad, in Betrieb genommen wurde, 1866 das Feuerwehrhaus, 1885 der Schlauchturm, 1870 der „Schuppen“ genannte Tanzpavillon neben der Schwimmschule (1966 abgerissen), 1873 die Schule, 1878 die Gaststätte, 1892 die auch „Allee“ genannte Konrad-Promenade, 1907 das als „Geschäft“ bekannte Gebäude für Spar, Vorschuss und Konsumverein, 1923 die Gemeindekanzlei, das jetzige Heimatmuseum, 1941 der lang ersehnte Saal? Oder dass 1902 das erste Telefon installiert und 1928 Michelsberg elektrifiziert wurde? Dass es bis zur Wende 1990 sechs funktionierende Nachbarschaften gab und dass bis zur Wende noch jeder Michelsberger die eigene Tracht besaß, wissen noch etliche. Aber wie Schwestern- und Bruderschaft funktionierten, weiß kaum noch einer meines Alters. Wie einzigartig unsere Feste waren, egal ob Konfirmation, Taufe, Hochzeit, Nachbarschaftszugang oder „Mächelsberjer Fuesenicht“, daran erinnert sich jeder noch so spät geborene Michelsberger mit Wehmut und Nostalgie.

„Besseres kann kein Volk vererben
Als der Väter eigner Brauch.
Wenn des Volkes Bräuche sterben,
Stirbt des Volkes Seele auch“.

Dieses „Erbe“ will das wunderbare Buch bewahren, uns immer wieder in Erinnerung rufen. Und da wir Michelsberg verlassen haben, unsere Michelsberger Identität samt Bräuchen, Sitten, Tracht und bald auch Dialekt allmählich verlieren, empfehle ich jedem Michelsberger und allen Michelsberg Liebenden dieses einmalige Buch.

Puiu Bara


Georg Krauss: Michelsberg am Silberbach. Heimatbuch einer deutschen Gemeinde in Siebenbürgen. 2005, 480 Seiten, 252 Farb- und Schwarzweißfotos. Für 45,00 Euro, zuzüglich Versandkosten, zu bestellen bei Georg Krauss, Rosenweg 17, 63165 Mühlheim/Main, Telefon: (0 61 08) 99 01 65.

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