12. November 2001

Geschichten rund um den Handball in Siebenbürgen (II)

Sieben Jahre nach Austragung des ersten Handballländerspiels in Berlin ist die neue Sportart in weiten Teilen Europas, aber auch schon in Amerika verbreitet. Die Handballer haben das Bedürfnis, sich zu organisieren. Eine gute Gelegenheit dazu bieten die Olympischen Spiele 1928 in Amsterdam.
Am Rande der Spiele wird die Internationale Amateur-Handball-Föderation (IAHF) gegründet. Ihr gehören elf Verbände an: Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Kanada, Österreich, die Tschechoslowakei, Schweden und die USA. Das Regelwerk des deutschen Verbandes ist inzwischen international anerkannt.
Der Deutsche Handlungsgehilfen-Verband (DHV), die Mannschaft der Hermannstädter Handelsschule, vor einem Spiel gegen den Hermannstädter Turnverein (HTV), das 4:6 endet. Von links: Kapeller, Edwin Steilner, Wilhelm Morres, Rudi Schlecht, Fritz Halmen (Olympiateilnehmer 1936), Wilhelm Heidel (Olympiateilnehmer 1936), Szegedy, unbekannt, Fritz Haffner, Stefan Zoller und Karl Haffer (die drei letzten ebenfalls Olympiateilnehmer 1936). Zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele in Berlin sind die Olympiateilnehmer bereits beim DHV-Rivalen THV verpflichtet.
Der Deutsche Handlungsgehilfen-Verband (DHV), die Mannschaft der Hermannstädter Handelsschule, vor einem Spiel gegen den Hermannstädter Turnverein (HTV), das 4:6 endet. Von links: Kapeller, Edwin Steilner, Wilhelm Morres, Rudi Schlecht, Fritz Halmen (Olympiateilnehmer 1936), Wilhelm Heidel (Olympiateilnehmer 1936), Szegedy, unbekannt, Fritz Haffner, Stefan Zoller und Karl Haffer (die drei letzten ebenfalls Olympiateilnehmer 1936). Zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele in Berlin sind die Olympiateilnehmer bereits beim DHV-Rivalen THV verpflichtet.

Ebenfalls 1928 wird in Hermannstadt die erste Schiedsrichter-Schule für Handball eingerichtet. Am 7. April 1933 wird der Rumänische Handball-Verband gegründet und zunächst dem Basketball- und Volleyball-Verband angegliedert, drei Jahre später erlangt er Selbstständigkeit. Das erste Länderspiel trägt die rumänische Nationalmannschaft am 7. April 1936 anlässlich der Gründung des eigenständigen Rumänischen Handball-Verbandes aus. Sie besiegt Polen 6:4. In einem zweiten Spiel gegen die polnische Elf unterliegt sie 3:7.
Dänemark und Schweden führen als Ersatzspiel für die langen Wintermonate das Spiel in der Halle ein. Bereits 1934 werden auf dem III. IAHF-Kongress in Stockholm die schwedischen Regeln für die Halle akzeptiert, die diesem Sport ein völlig neues Gesicht geben werden. Hallenhandball ist vorerst noch ein Ersatz, der Feldhandball bleibt weiter mit seinem Ausflug ins olympische Programm 1936 in Berlin der König dieser Disziplin. 1938 findet die erste Großfeldhandball-WM ebenfalls in Berlin statt.
Doch die erste Hallenhandball-WM, die im gleichen Jahr am gleichen Ort ausgetragen wird, setzt auch erste Zeichen der neuen Entwicklung. Das erste Hallenhandballspiel in Rumänien wird vermutlich 1934 in Obor ausgetragen, das erste in Siebenbürgen vermutlich 1936 in der Hermannstädter Messehalle: Das Lehrerseminar unterliegt dem HTV-Meisterteam 8:17. Der tschechische Vorläufer des Kleinfeldhandballs, Hasena, ist bereits Mitte der zwanziger Jahre im Banat gespielt worden, hauptsächlich von Frauenmannschaften. Verzeichnet ist ein 1924 ausgetragenes Spiel zwischen Temeswar und Hatzfeld. Mannschaften aus dem Banat, es gibt sie auch in Arad, Lugosch und Reschitza, treten in jenen Jahren auch gegen Teams aus Jugoslawien und der Tschechoslowakei an.
Der Krieg wirft den Handball wie manch andere Sportart zurück. Der internationale Verband ist zerschlagen. Doch Dänemark und Schweden ergreifen 1946 die Initiative und gründen in Kopenhagen zusammen mit Finnland, Frankreich, Holland, Norwegen, Polen und der Schweiz die neue Internationale Handball-Föderation (IHF). Ihre erste Amtshandlung: Die Hallenhandballtore werden genormt auf drei mal zwei Meter. Jetzt setzt sich der „kleine Bruder“ gegenüber dem Großfeld durch, weil er einige Vorteile bietet: Er wird in seiner Entwicklung immer attraktiver, schneller, artistischer und ist von der Witterung unabhängig. Außerdem sind weniger Spieler notwendig.
In Rumänien verläuft die Entwicklung ähnlich. Nachdem Binder die Regeln nach Siebenbügen gebracht hatte, beginnt sich das Handballspiel allmählich zu verbreiten. In allen großen Städten mit deutschen Einwohnern entstehen Handballmannschafen. Der Siegeszug des Handballspiels nimmt von Hermannstadt aus seinen Lauf über Kronstadt, Mediasch, Schäßburg, Agnetheln, Reschitza, Temeswar, Lugosch und Hatzfeld. Bald gibt es kaum ein deutsches Dorf mehr im Banat und Siebenbürgen, keinen größeren Ort ohne Handballmannschaft. Das ändert sich, abgesehen von den Kriegsjahren, bis Ende der siebziger Jahre kaum.
1924 führt der Sportlehrer Franz Ulrich den Handball an der Stephan-Ludwig-Roth-Schule ein. Ulrich ist von Direktor Dr. Hermann Jekeli, der die Schule von 1912 bis 1933 leitet, aus Deutschland nach Mediasch geholt worden. Der neue Turnlehrer ist selbst aktiver Sportler, verlegt das Schwergewicht seiner Lehrtätigkeit auf Geräteturnen und Leichtathletik und führt das Handballspiel ein. An freien Nachmittagen baut er zusammen mit den Schülern einen neuen Sportplatz. Wie Hans Zikeli, von 1940 bis 1944 Mediascher Bürgermeister, berichtet, hat höchstwahrscheinlich Ulrich den aufgeschlossenen Schuldirektor Jekeli inspiriert, sportliche Schülerwettkämpfe zu veranstalten. Die ersten finden zu Ostern 1925 statt. Die Schülermannschaft des Stephan-Ludwig-Roth-Gymnasiums ist in den ersten Jahren unschlagbar. Wie Zikeli ferner in seinem Buch „Die siebenbürgischsächsische Freistadt Mediasch“ berichtet, wird Mitte der zwanziger Jahre an den übrigen deutschen Schulen des Landes nur wenig Leichtathletik, Geräteturnen und Handball gepflegt.
Sportlehrer Ulrich geht nach Deutschland zurück, sein Nachfolger wird Georg Zielke. Auf ihn folgt bald Rudi Liehr, und schließlich wird Hans Breckner, ein Mediascher, Sportlehrer an der Stephan-Ludwig-Roth-Schule. Er hat die Hochschule für Leibesübungen in Bukarest absolviert und wird so manchen jungen Mann für den Sport und den Handball begeistern.
In Temeswar wird das erste Handballspiel am 25. Mai 1931 anlässlich des Ersten Deutschen Pfingstsportfestes ausgetragen. Die Mannschaft des Realgymnasiums besiegt die der Lehrerbildungsanstalt 4:2. Nach Hatzfeld bringen Studenten die Regeln aus Siebenbürgen mit. 1930 wird mit Hertha die erste Handballmannschaft Hatzfelds gegründet. Erste Freundschaftsspiele trägt die Hertha gegen Rapid Temeswar, Germania Lugosch oder Perjamosch aus. In Reschitza stellt der Arbeiterjugendverband 1934 die erste Handballmannschaft auf, die sich dem Arbeitersportklub SSMR anschließt. Erster Gegner ist die Lokalmannschaft SSUDR, ferner der Arbeitersportklub Lugosch. Zu den besten Handballern Reschitzas zählen in jener Zeit Hans Hauptmann, Eugen Fekete, Franz Krassnek, Josef Gedeon und Ernst Wist. Nach dem Krieg wagen Hauptmann und Wist den Neuanfang mit Spielern wie dem Schäßburger Paul Petri, dem Mühlbacher Hans Krassner, den Dettaern Hans Schütz und Dieter Jochmann und den Reschitzaern Eduard Töpfer, Hans Jendl und Johann Kudlimay. Trainer ist in jener Anfangsphase Szucsik. Zweimal, 1959 und 1962, greifen die Reschitzaer ASK-Handballer nach dem Meistertitel. Beide Male werden sie Vizemeister. Auf dem Kleinfeld läuft es weniger gut. Nach mehreren vergeblichen Anläufen steigen die ASK-Handballer unter Trainer Dieter Jochmann 1973 in die erste Liga auf.

Johann Steiner



(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 16 vom 15. Oktober 2001, Seite 15)

Geschichten rund um den Handball in Siebenbürgen (I), Siebenbürgische Zeitung-Online, 18. Oktober 2001

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