31. Oktober 2000

Problemfälle bei Aussiedleraufnahme erörtert

Ein landsmannschaftlicherseits bereits seit längerem angestrebtes Gespräch mit der Spitze des Bundesverwaltungsamtes zu aktuellen Fragen der Aussiedleraufnahme konnte kürzlich realisiert werden: Am 17. Oktober hatten Bundesvorsitzender Volker E. Dürr und Bundesrechtsreferent Dr. Johann Schmidt in Köln Gelegenheit, mit dem Präsidenten des Bundesverwaltungsamtes, Dr. Jürgen Hensen, und dem in der Behörde zuständigen Referatsleiter Sehmsdorf anhand von konkreten Fallbeispielen eine Reihe einschlägiger Probleme zu erörtern, die sich vor allem nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 1998 ergeben haben.
Durch dieses nämlich wird bei Spätaussiedlern die "volkstumsmäßige Vereinsamung" nicht mehr als Benachteiligung oder Nachwirkung früherer Benachteiligungen anerkannt und gilt somit nicht als hinreichender Aussiedlungsgrund. Dies hat dazu geführt, dass behördlicherseits - wie mehrfach in dieser Zeitung berichtet - die Aufnahme von Antragstellern verweigert wird, die keine anderen Benachteiligungen bzw. Nachwirkungsgesichtspunkte aufgrund ihrer deutschen Volkszugehörigkeit vortragen,. Das Bundesverwaltungsamt räumte denn auch ein, dass die Ablehnungsquote bei Neuanträgen in der Tat sehr hoch sei. Demgegenüber wurde dem Präsidenten und seinem Referatsleiter eine Stellungnahme der Münchner Heimatauskunftsstelle für Rumänien ausgehändigt, in der das Ergebnis einer Recherche vertreten wird, rumäniendeutsche Aufnahmeberber unterlägen auch heute noch generell Benachteiligungen im Sinne des Paragraphen 4 Abs. 2 des BVFG. Präsident Hensen beauftragte seinen Referatsleiter, die im Papier gemachten Feststellungen zu überprüfen. Das Ergebnis der Überprüfung und insbesondere die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Aufnahmepraxis des Bundesverwaltungamts und der zuständigen Landesbehörden bleiben abzuwarten.
Angesprochen wurde bei Hensen auch ein allerdings noch nicht rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom Mai dieses Jahres, in dem die lange Verfahrensdauer beim Bundesverwaltungsamt gerügt und in dessen Folge ein Spätaussiedlerbewerber, der seinen Aufnahmebescheid zwar nach 1993 erhalten hatte und vom Ausgleichsamt wegen Nichtanerkennung der "volkstumsmäßigen Vereinsamung" abgelehnt wurde, im Ergebnis so gestellt wurde, als wenn er den Aufnahmebescheid vor dem 31. Dezember 1992 erhalten habe. Dagegen freilich hat der Freistaat Bayern Rechtsmittel beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München eingelegt, so dass der Fall noch offen ist.
Ausdrücklich bestätigt hat das Bundesverwaltungsamt noch einmal, dass Aufnahmebewerber, die vor dem 21.12.1992 ihren Aufnahmebescheid erhalten haben, von Gesetzes wegen auch weiterhin und trotz des Urteils vom März 1998 Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG der neuen Fassung nicht darlegen bzw. glaubhaft machen müssen. Sie werden also anerkannt, wenn sie deutsche Volkszugehörige im Sinne des § 6 BVFG sind.
Erörtert wurden mit Präsident Hensen und seinem Referatsleiter auch die Schwierigkeiten, mit denen Spätaussiedlerbewerber zu kämpfen haben, die aufgrund der Behördenpraxis nach dem 1. Januar 1993 und vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts einen Aufnahmebescheid erhalten haben, nunmehr aber von den zuständigen Landesstellen im Spätaussiedlerbescheinigungsverfahren abgelehnt werden. Damit im Zusammenhang legten Dürr und Schmidt mehrere Fälle von ausgesprochener Härte vor. Hier verwies der Präsident des Bundesverwaltungsamtes auf die Härtefallregelung, wonach mindestens der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet grundsätzlich gesichert sei.
Als "Minimum" ist das zweifellos erfreulich, vom Endergebnis jedoch unbefriedigend und auch nicht akzeptabel. Insoweit wurde angedeutet, dass in geeigneten Fällen auch weiterhin der Rechtsweg beschritten werde. Bundesrechtsreferent Schmidt wies damit im Zusammenhang ausdrücklich auf die in seiner Anwaltskanzlei geführten Fälle hin, zu denen Verwaltungsgerichte bereits mehrere Urteile zugunsten der Betroffenen gefällt haben. Es bleibe zu hoffen, dass in den Fällen, die insbesondere von Freistaat Bayern in nächster Instanz angegriffen wurden, entweder die Rechtsmittel zurückgenommen werden oder der zuständige Verwaltungsgerichtshof in München ebenfalls positiv entscheiden wird. Sollte dies nicht der Fall sein, müsse ans Bundesverwaltungsgericht nach Berlin gegangen werden. Im Sinne des Gewaltenteilungsgrundsatzes gaben die Spitzenvertreter des Bundesverwaltungsamtes selbstverständlich zu erkennen, dass man positive obergerichtliche Entscheidungen, in denen die volkstumsmäßige Vereinsamung als Benachteiligung wieder anerkannt werde, sollten sich diese ergeben, in der weiteren Anerkennungspraxis ohne Vorbehalt berücksichtigen werde.
Im Gespräch in Köln sicherte Präsident Hensen zudem in einzelnen Härtefällen wohlwollende Prüfung und Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu. Im Übrigen verwies er auf die insgesamt gelungene Aufnahmepraxis und Integration der Aussiedler und Spätaussiedler siebenbürgischer Herkunft.

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