29. April 2002

Das Wesen einer Landschaft

Eine Ausstellung zum Thema „Farbholzschnitte & Materialdrucke“ zeigt der siebenbürgische Künstler Heinz Schunn bis zum 12. Mai in der Villa Maria in Bad Aibling, Rosenheimer Straße 43. Die Schau ist samstags und sonntags, 14.00 bis 18.00 Uhr, geöffnet.
Zur elitären Reihe jener Künstler Siebenbürgens, deren Wiege einst in der „Stadt im Osten“ stand und deren Werk Jahrzehnte später weit aus dem regionalen Bereich herausragt und seither im westlichen Europa angesiedelt ist, wie z.B. Hans Mattis-Teutsch, Henri Nouveau, Walther Teutsch, Grete Csaky-Copony, Jules Brassai, gehört auch der Maler und Grafiker Heinz Schunn.


Nach Kriegsende und Gefangenschaft führte ihn der Weg nach München, wo er zwischen 1948-1952 an der Akademie der Bildenden Künste studierte. Sein Lehrer war damals Walther Teutsch, ebenfalls ein Kronstädter, den die Nationalsozialisten 1939 zwangsweise in den Ruhestand versetzt und mit Ausstellungsverbot belegt hatten; ein Teil seiner Bilder in öffentlichen Sammlungen wurde als „entartete Kunst“ vernichtet. Nach seiner Rehabilitierung, 1946, erhielt Walther Teutsch wieder eine Berufung an die Kunstakademie. „Walther Teutsch war ein ungewöhnlich liebenswerter und pflichtbewusster Lehrer, er war wohlwollend, verständnisvoll und hilfsbereit und kam pünktlich jeden Tag ‚zur Korrektur‘ in seine Malklasse. Er war außerdem ein sehr guter Kolorist und 1947 trat er dann auch mit eigenen Arbeiten im Rahmen einer Ausstellung der „Neuen Gruppe“, München, wieder an die Öffentlichkeit. Meine Farben und die Farbgebung habe ich jedoch nicht von ihm erhalten, sondern die stammen aus den siebenbürgischen Wurzeln“, erinnert sich der Künstler bei einem Gespräch.
Seit Beendigung des Studiums ist Heinz Schunn regelmäßig in der „Großen Münchner Kunstausstellung“ vertreten und zeigte seine Arbeiten bisher in über 90 Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen. Gegenwärtig zeigt er in der geräumigen Galerie „Villa Maria. Kunst & Wein“, Bad Aibling, eine umfangreiche Eigenausstellung, die dreißig Farbholzschnitte, acht Materialdrucke mit Holz und elf Materialdrucke mit Holz und Metall umfasst.
„Die Werke Schunns tragen den Stempel des Endgültigen,“ stellte OstD Karl Rester in seiner Einführung am Abend der Vernissage fest, „weil sie durch ein Geflecht von Erinnerungen, Vorstudien, Probedrucken, Veränderungen in Farbe und Komposition zum erreichten Endzustand hin regelrecht entwickelt und dabei von allem Zufälligen, Skizzenhaften und Ungefähren gereinigt wurden.“
So wie einst André Derain und Georges Braque in ihrer fauvistisch zusammenfassenden Methode der Farbgebung einen eigenen Stil schufen, so hat Schunn durch die Vitalität seines ausgewogenen, stufenlosen und doch sensiblen Kolorits und durch die Vereinfachung der Formen zu reinen Flächen eine Harmonie sinnlicher, farblicher und kreativer Erfahrungen gestaltet. Dabei wird eine Stimmung vermittelt, die man auch als stille Farbmusik bezeichnen könnte – z.B. in den Bildern „See in Valdres“, „Küste bei Kusadasi“, „Am Chapala-See“ –, wobei die Komposition, die Bildarchitektur, ausgewogen, harmonisch und gleichzeitig schlicht und sparsam aufgebaut wurde.
Manchmal lässt sich eine weitläufige, geistige Beziehung zu Henri Matisse, Gabriele Münter, Grete Csaky-Copony und vielleicht auch zu den französischen Fauves erkennen, obwohl Heinz Schunn mit diesen Künstlern keine unmittelbaren Berührungsmomente hatte. Auch er erfasst mit wenigen Linien und Farbflächen das Wesen einer Landschaft, die durch ein sorgfältig gestaltetes Gefüge von Kolorit und Form zu leben beginnt, auch dann, wenn keine Menschen sie bevölkern.
Während in den Holzschnitten die Landschaften und Ansichten in Farben und Formen übertragen werden und die Schwerpunkte sich auf koloristische Symbolwerte verlagern, haben wir es bei den Materialdrucken mit Objekten des banalen Alltags zu tun, die vom Künstler, sozusagen als Kinder des Zufalls, entdeckt und zu aussageträchtigen Formationen umgestaltet wurden. Diese fantasievolle Transformation eines Metallteils – beispielsweise von einem Bügeleisen, einer Radplatte u.ä. – ergibt dann, behandelt man sie wie eine Druckplatte, expressive, hintergründige Kompositionen, wie z.B. der „Materialdruck Nr. 31“, wo zwei reine Formen sich in einer vielsinnigen Anordnung gegenüberstehen.
Die Ausstellung „Farbholzschnitte & Materialdrucke“ in der Galerie „Villa Maria. Kunst & Wein“, Bad Aibling, Rosenheimer Straße 43, ist bis zum 12. Mai, Samstag und Sonntag, von 14.00 bis 18.00 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet.

Claus Stephani


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 7 vom 30. April 2002, Seite 6)

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