7. Januar 2010

Naturprophet Gusto Gräser in Freimann

Nach der Ausstellung im Haus des Deutschen Ostens von 2008 und nach Beteiligungen an der Monte Verità-Ausstellung der Monacensia und der Diefenbach-Ausstellung in der Villa Stuck im vergangenen Jahr wird Gusto Gräser nun zum vierten Mal in Münchner Räumen vorgestellt. Dieses Mal vom 8. Januar bis 28. Februar 2010 an jenem Ort, wo er die letzten sechzehn Jahre seines Lebens verbracht und seine Hauptwerke geschaffen hat: im Münchner Vorort Freimann.
München war ein zentraler Bezugspunkt in seinem Leben. Von hier aus ist er im Herbst 1900 mit Freunden losgezogen, um im Süden eine Kolonie freieren Lebens zu gründen. Es entstand die Aussteigersiedlung Monte Verità bei Ascona, an der Menschen aus Siebenbürgen überwiegenden Anteil hatten. Gräser spielte aber auch eine Hauptrolle im Schwabing der Blütezeit, wo er als Tänzer, Dichter und Redner an die Öffentlichkeit trat. Von München aus begann er 1911 seine Werbefahrt im Pferdewagen quer durch Deutschland, mit Weib und sieben Kindern unter dem Planendach. 1919, wiederum in München, trat er während der Revolution als Mahner zu Gewaltlosigkeit auf. Nach mehrfachen Verhaftungen rettete den „staatsgefährlichen Rumänen“ der Protest Münchner Schriftsteller, unter ihnen Thomas Mann, vor der Ausweisung aus dem ganzen Deutschen Reich. Wiederum wurde ihm 1942, nachdem dem mehrfach Verhafteten der Boden in Berlin zu heiß geworden war, München zur Zuflucht und zur letzten Heimat. In einer Dachkammer des Bildhauers Schwegerle in Freimann fand er Unterschlupf. Heute noch erinnern sich ältere Bürger mit Hochachtung an den seltsamen Alten, der gern mit Kindern sprach und der in der Astgabel eines Baumes auf dem Freimanner Grohplatz seinen dichterischen Arbeitsplatz hatte. Als der Dichter im Baum ist er in Fotos und in Erinnerungen eingegangen, und so, als Geist im Baum, als „Baumgeist“ wollte er auch gesehen werden. Denn dies war seine Botschaft, dies sein dichterisch-prophetisches Wollen: das Urbild des Lebens- oder Weltbaumes wieder aufzurichten als Gegenkraft gegen die Zerstörungswut menschlichen Machtwillens und Beherrschungswahns.
Gusto Gräser 1942 in Stuttgart. Skizze von Ernst ...
Gusto Gräser 1942 in Stuttgart. Skizze von Ernst Graeser.
Neben Gusto Gräser, der den Hauptraum einnehmen wird, soll in der Münchner Ausstellung der geistesverwandte Maler Bruno Wersig ins Bild kommen, der sich ebenfalls in Freimann niedergelassen hatte und wie Gräser ein Schüler des Malers und Kulturreformers Karl Wilhelm Diefenbach war. Die Kuratorin der Diefenbach-Ausstellung in der Villa Stuck, Dr. Wagner, wird zu diesem Pionier eine Einführung geben. Alle drei Künstler, zugleich Vorkämpfer für eine neue Haltung gegenüber der Natur, werden unter dem Titel „Naturpropheten in Freimann“ in Wort und Bild vorgestellt.

Die Ausstellung im Kulturzentrum Mohr-Villa von Freimann, Situlistraße 75, wird am 8. Januar um 19 Uhr eröffnet und dauert bis zum 28. Februar. Am 5. Februar wird Hermann Müller, der Nachlassverwalter Gusto Gräsers, einen Vortrag halten; am 19. Februar wird der Schweizer Filmautor Christoph Kühn sein Porträt des Dichters vorführen.
Das Bayrische Fernsehen (Bayern 3) zeigt am 16. Januar um 18.05 einen Kurzfilm über den großen Siebenbürger in der Reihe „Zwischen Spessart und Karwendel“. Ein Preview dieses Films soll auch am Eröffnungsabend gezeigt werden.

Hermann Müller

Schlagwörter: Gräser, München

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