12. Februar 2003

Das Ende einer Siedlungsgeschichte

Mit dem neuen Band „Wo sind sie geblieben . . .? Das Banat und die Banater Deutschen im Wandel der Zeit“ legt Franz Marschang in geballter Form das Schicksal einer Gemeinschaft dar.
„Warum soll ich trauern um verfallne Mauern, die mir nie gehört?“ Drei Verse aus einem Gedicht von Jakob Wolf, das Franz Marschang an den Anfang eines 118 Seiten starken Geschichtsabrisses stellt, der vor kurzem erschienen ist. Diese Verse sind mit einem Foto hinterlegt, das einen Schwengelbrunnen in der Banater Tiefebene zeigt. Marschang lässt den Dichter weiter sprechen: „Wer die Heimat kannte, die ich Heimat nannte, der verlor sie nie, tief ins Herz geschrieben ist sie geblieben – eine Herzensmelodie.“ Das Gedicht nimmt bereits vorweg, was Marschang im letzten Kapitel, dem Epilog, sagt: „Die Siedlungsgeschichte der Banater Deutschen ist zu Ende.“ Auch wenn einige das nicht wahr haben wollen.

Auch wenn es absurd klingen mag, so Marschang, es war ein Ende mit Schrecken, das aber mit der Aufnahme in Deutschland einen guten Ausklang gefunden hat. Der Autor hält den Rumänen vor, die Deutschen „in entwürdigender, ja infamer Weise aus dem Land hinausgeekelt“ zu haben. Sie haben die arbeitsfähigen Deutschen in sowjetische Lager geschickt, haben Tausende Banater Familien in die Donautiefebene verbannt. Folge: Zehntausende von Toten. Die Deutschen haben Erschossene an den Grenzen und in Gefängnissen Umgekommene zu beklagen. Sie wurden in vielfältiger Weise entwurzelt und vor der Freilassung in den Westen abgezockt. Angesichts all dessen „kann man Rumänien keinen humanitären Umgang mit seinen deutschen Siedlungsgruppen zuerkennen.“ Im Gegenteil: Auch Rumänien hat wie andere Staaten die Deutschen vertrieben, „wenngleich auf orientalisch-schlitzohrige Art.“

Das Rad der Geschichte hebt Imperien, Völker und Volksstämme empor und reißt sie früher oder später in die Tiefe. Wer auch immer untergeht, schreibt Marschang , „muss nicht verschwinden, als hätte es ihn nicht gegeben. Schrift und Bild können von seinem Tun und Lassen Zeugnis ablegen... Dieser Gedanke liegt nachstehendem Bande zu Grunde...“

Marschang stellt in dem Band dem Leser die Naturgegebenheiten und Lage des ungeteilten Banat vor, weist auf Märchen der nationalistischen rumänischen Geschichtsschreibung hin. Von den Türkenkriegen, über die Besiedlung, die Schaffung der Militärgrenze, die Dreiteilung des Gebiets nach dem Ersten Weltkrieg, den wirtschaftlichen Aufschwung der Montanindustrie, der Landwirtschaft, des Banken- und Genossenschaftswesens, der Schulen und Kultur schlägt der Autor einen Bogen bis zu den tragischen Ereignissen am Ende des Zweiten Weltkriegs und danach. Er legt ein reich bebildertes, gut geschriebenes und deshalb leicht lesbares Buch vor, aus dem keineswegs Hass spricht. Es ist ein Buch, aus dem Wahrheit spricht, die wahrscheinlich manchem Rumänen, würde er lesen, gegen den Strich ginge. Marschang meint: Verzicht auf Vergeltung und Rache, in der Charta der deutschen Vertriebenen festgelegt, sei richtig, doch dürfte dieser Verzicht nicht mit Totschweigen der Wahrheit gleichgesetzt werden.

Johann Steiner


Franz Marschang, Wo sind sie geblieben...? Das Banat und die Banater Deutschen im Wandel der Zeit, Karlsruhe: Heinz-W.-Holler-Verlag, 2002, 118 Seiten, ISBN 3-929431-15-7. Zu bestellen zum Preis von 17 Euro, zuzüglich 3 Euro Versandkosten, bei Peter Fliegl, Telefon und Fax: (07 21) 86 15 96.

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