30. Oktober 2005

Neue Biografie über den Raketenpionier Conrad Haas

Es sei gleich vorweg gesagt: Das Büchlein über den Raketenpionier Conrad Haas bietet, auf seriösem Fachwissen fußend, eine allgemeine, für einen großen Leserkreis verständliche und interessante Lektüre. Der Verfasser Hans Barth besitzt als Hermann-Oberth-Biograf und Weltraumfahrt-Forscher die aus heutiger Sicht erforderliche kritische Distanz, um die Schrift über den Bau von Raketen von Haas komparativistisch einzuschätzen.
Conrad Haas wird als schöpferisches Produkt der Renaissance betrachtet, die auf so vielen Gebieten bahnbrechende Beobachtungen, Entdeckungen und Erfindungen hervorgebracht hat. Siebenbürgen bot desgleichen ein entsprechendes wissenschaftliches und wirtschaftliches Umfeld und Anstöße für „das fruchtbare Wirken eines Waffentechnikers und Raketenkonstrukteurs vom Format eine Conrad Haas“.

Haas war kein Siebenbürger Sachse. Er ist wahrscheinlich 1551 mit den österreichischen Truppen General Castaldos nach Hermannstadt gelangt, wo er die Leitung des Kriegsarsenals (Zeughaus) übernahm und bis zu seinem Lebensabend (1579) behielt. Vorher war er in Dornbach bei Wien tätig gewesen, stammte aber vom „Geschlecht aus dem Haasenhof bei Landshut“ in Bayern ab. Im Hermanstädter Zeughaus fand er folgende Waffen vor: 22 große Geschosse mit Rädern, 137 große Hakenbüchsen, 108 kleine und Handhakenbüchsen, 39 679 Kugeln für die verschiedenen Geschütze und 463 Fass Pulver. Die militärischen Einrichtungen entsprachen jedoch nicht seinen Vorstellungen und Ansprüchen und er veranlasste den Bau einer neuen „Großhütte“ und eines neuen Zeughauses, für deren Errichtung er der Stadt Geld lieh.

Haas war nicht nur Zeugwart sondern ein schöpferischer Raketenerfinder und -konstrukteur. Um sein Werk einordnen zu können, weist Barth auf den Entwicklungsstand der damaligen Raketentechnik hin. Ob die ersten Raketen in China oder Europa erfunden wurden, ist nicht geklärt. Raketen dienten entweder zu militärischen Zwecken oder als Feuerwerk. Solche Raketen waren im 16. Jahrhundert bekannt und es sind aus diesem und dem folgenden Jahrhundert etliche Raketenbauer bekannt. Welchen Platz nimmt Haas in deren Reihen ein? Aufschluss darüber gibt uns eine im Staatsarchiv von Hermannstadt aufbewahrte Handschrift, die nicht erst jetzt bekannt wurde, deren Bedeutung aber erst im Zeitalter des Weltraumfluges eingeschätzt werden kann. Die 392 Blätter und 203 Zeichnungen umfassende Handschrift besteht aus drei Teilen: Der erste Teil („Feuerwerksbuch“) wurde nach 1417 von Hans Haasenwein verfasst; der Verfasser der zweiten pyrotechnischen Abhandlung, mit „Kunstbuch“ überschrieben, ist nicht bekannt; der dritte Teil, ebenfalls „Kunstbuch“ genannt, ist in der Zeit von 1529 bis 1569 ab Blatt 112 von Conrad Haas „gerissen, zusammengetragen und erfunden worden“. Haas hat seine Schrift zwar vor seiner Niederlassung in Hermannstadt begonnen, ihr aber erst hier die Endfassung und den letzten Schliff gegeben. Diesem Teil der Schrift gilt die eigentliche Untersuchung von H. Barth. Dabei werden gegenüber anderen Raketenpionieren 13 absolute raketentechnische Erstleistungen (Prioritäten) von Haas namhaft gemacht. Die wichtigsten davon sind die Varianten der Mehrstufenrakete, die Verwendung von flüssigen Treibstoffkomponenten, die Anbringung eines „fliegenden Häuschens“ als Nutzlast an der Raketenspitze, was als eine naive Vorwegnahme der späteren Raumschiffe betrachtet werden kann.

Der Verfasser H. Barth unterstreicht, dass die Raketenprojekte der Frühpioniere keineswegs die moderne Raketentechnik und Weltraumfahrt unmittelbar beeinflusst haben. Trotzdem wird die erfinderische und experimentelle Leistung von Conrad Haas ein wichtiger Bezugspunkt bleiben, und das vor allem deswegen, weil er als Erster eine Mehrstufenrakete beschrieben und gebaut hat, nach deren Prinzip heute alle weltraumtüchtigen Großraketen gebaut werden. Haas ist und bleibt daher ein verdienstvoller Vorläufer der Weltraumrakete. Von Barth wird er auch auch als Gelehrter und Humanist gewertet, vor allem angesichts seiner Haltung, wonach Waffen und Raketen nicht für militärische Zwecke angewendet werden sollten.

Michael Kroner




Hans Barth: Conrad Haas. Raketenpionier und Humanist. Johannis Reeg Verlag, Heilbronn 2005, 94 Seiten, gebunden, 33 Abbildungen. ISBN: 3-937320-55-5. Zum Preis von 9,90 Euro (zuzüglich Versand) zu erwerben beim Johannis Reeg Verlag, Michael-Vehe-Straße 19/1, 74078 Heilbronn (0 70 66) 9 11 80 89, Fax: (0 70 66) 91 20 59, E-Mail.
Conrad Haas: Raktenpionier und
Hans Barth
Conrad Haas: Raktenpionier und Humanist

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