23. Mai 2022

Vortrag in Düsseldorf: Ist Rumänien anders?

Nach mehr als zweijähriger Pause nahm die Kreisgruppe Düsseldorf des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland in Kooperation mit dem Gerhart Hauptmann Haus ihre Aktivitäten am 26. April mit dem Bildvortrag „Rumänien: Treffpunkt Okzident – Orient“ wieder auf. Der passionierte Fotograf und Autor Peter von Kapri, den wir als Vortragenden gewinnen konnten, hat seine Wurzeln in der Bukowina, ist studierter Ökonom mit langjähriger Erfahrung in der Finanzbranche und als Journalist.
Natürlich zeichnet sich Rumänien durch Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen Ländern aus. Liegt es aber nicht unter vielerlei Gesichtspunkten weiter weg als andere europäische Länder von dem, was man als europäisches Mittel oder als relative Normalität bezeichnet? Der Bildvortrag mit qualifizierten Kommentaren des Vortragenden sowie die anschließende Diskussion sollten hierzu in mehrfacher Hinsicht Antworten geben und Analyseansätze bieten.

Der Vortrag bot eine schöne, aber leider zu kurze Rückkehr in die alte Heimat Rumänien. Viele der Orte waren bekannt, riefen aber süße, manchmal auch weniger süße Erinnerungen wach. Peter von Kapri nahm uns auf eine Rundreise durch das ganze Land mit. Wir fingen in der Hauptstadt Bukarest an, die während des Krieges nicht zerstört wurde. Dadurch haben sich die vielfältigen Architekturstile der Vergangenheit erhalten. Einen Besuch wert ist das Freilichtmuseum, wo alte Bauernhäuser aus ganz Rumänien wieder aufgebaut wurden. Sehr bewegend sind die Grabmäler auf dem alten Stadtfriedhof Bellu. Mit gemischten Gefühlen kann man das „Haus des Volkes“, das zweitgrößte Gebäude der Welt nach dem Pentagon, betrachten, das sich Ceauşescu zu seinem ewigen Ruhm erbauen ließ. Ein Ausdruck des Größenwahns!

Von Bukarest ging es direkt in unser geliebtes Siebenbürgen. Mit den Wahrzeichen von Hermannstadt und Kronstadt sind wir vertraut. Auch die Kirchenburgen kennen wir aus unserer Kindheit. Sie zerfallen und wir müssen alles tun, um sie zu retten. Lieblich waren der Anblick von rumänischen Mädels aus der Maramuresch, Szeklerinnen und unsere feschen Sächsinnen in ihren Volkstrachten. Das zeigt, dass Rumänien ein Vielvölkerstaat war und ist.

Die Holzkirchen im Norden Rumäniens, der Maramuresch, mit ihren hohen spitzen Türmen, die an die norwegischen Stabkirchen erinnern, sind Weltkulturerbe. Auch ein Abstecher zum lustigen Friedhof mit den fröhlichen Grabtafeln, die an die Verstorbenen erinnern, ist erfrischend. Auf dem Weg in die Bukowina konnten wir die riesigen neu erbauten Romahäuser bestaunen. Diese Häuser sind farbenfroh und die Blechdächer einfallsreich verziert. Bekanntlich waren die Roma früher sehr arm und lebten in Lehmhütten. Woher kommt der Drang, auf diese Weise zu bauen, die gar nicht der sonstigen Bauweise entspricht?

In der Bukowina erfreuen die außen bemalten Klöstern, die auch zum Weltkulturerbe gehören. Sie wurden von Stefan dem Großen, Herrscher des Fürstentums Moldau, erbaut, um seinen Dank für seine Siege über die Türken auszudrücken. Er schoss einen Pfeil. Wo dieser landete, wurde die Kirche gebaut. Die Malereien schildern bewegende Szenen aus der Bibel. Es ist überraschend, dass die lebendigen Farben dem rauen Klima 500 Jahre widerstanden haben.

Einige imposante Bilder aus den Karpaten (Moldoveanu 2.543 m, die Felsformation „Sphinx“, Transfăgărăşan – die Überquerungsstraße der Karpaten) zeigen diese mächtige Bergkette, die ganz Rumänien durchquert und unser Siebenbürgen einschließt. Ein Blick auf unsere Nachbarn, die Banater Schwaben, ist auch interessant. Sie bauten ganz anderes als wir. Aus dem Banat bricht die Donau durch die Südkarpaten. Sie fließt durch enge Schluchten und bildet dann breite Fjorde. Wunderschön! Ganz eigenartig ist auch das Donaudelta mit seiner reichen Vogelwelt.

In der anschließenden Diskussion konnten wir viele Fragen besprechen. Am spannendsten: Warum haben wir Siebenbürgen, wo wir mehr als 800 Jahre gelebt haben, gerade als wir die Freiheit von der Diktatur erreicht hatten, verlassen? Waren es noch die vielen bestehenden Einschränkungen oder die Verlockungen der goldenen Bundesrepublik? Als Quintessenz konnte festgehalten werden, dass die meisten Siebenbürger Sachsen nicht das Land selbst, sondern die miserablen Zustände im Land ihrer Vorfahren verlassen haben, und das bei fehlendem Vertrauen in eine gute Zukunft. Dazu kam die spannende Frage über die Gegenwart und die Zukunft Rumäniens. Seit dessen Beitritt zur EU am 1. Januar 2007 vollzieht sich im Land nach und nach eine positive Wende, auch wenn die Transformationsphase noch nicht beendet ist. Trotz der massiven Emigration von Arbeitskräften nahm Rumänien vor der Pandemie einen Spitzenplatz beim wirtschaftlichen Wachstum in der EU ein. Nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet, sondern auch sonst gibt es in Rumänien positive Zeichen mit Blick auf die Zukunft.

Am Ende der Diskussion konnte festgehalten werden, dass Rumänien ein faszinierendes und in vielerlei Hinsicht attraktives Land ist, das in Zukunft eine breite Masse von Interessenten anziehen wird.

Der Vorstand der Kreisgruppe Düsseldorf

Schlagwörter: Rumänien, Düsseldorf, Gerhart-Hauptmann-Haus

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