19. November 2023

Herta Müller 70: Hommage an eine politische Schriftstellerin/Seminar im Heiligenhof

Herta Müller wurde am 13. August 1953 in Nitzkydorf im schwäbischen Banat in Rumänien geboren. Sie besuchte das Lenau-Lyzeum in Temeswar und studierte an der dortigen Universität Rumänistik und Germanistik. Danach arbeitete sie drei Jahre bis zu ihrer Entlassung 1979 als Übersetzerin in einem Industriebetrieb. Bereits dort wurde vergeblich versucht, sie als Mitarbeiterin des rumänischen Geheimdienstes anzuwerben. Anschließend arbeitete sie als Lehrerin und gab Nachhilfestunden. Bereits als Schülerin und Mitglied des Literaturkreises Adam-Müller-Guttenbrunn verfasste sie literarische Texte. 1982 erschien ihr erster Erzählband „Niederungen“.
In ihren Werken kritisierte sie die schuldhaften Verstrickungen der Rumäniendeutschen im Nationalsozialismus, aber auch die Unterdrückung der Frauen in der bäuerlich-schwäbischen Gesellschaft. Es folgten kritische literarische Werke über den Sozialismus, die zu Veröffentlichungsverboten, Belästigungen und Bedrohungen führten und sie zur Ausreise als Aussiedlerin bewegten. Der Unterdrückungsapparat in Rumänien war fortan in zahlreichen Werken ihr nahezu allein bestimmendes Thema. Mit Akribie schilderte sie die Mechanismen der totalitären Diktaturen, das Zerstören der Persönlichkeit. Gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Richard Wagner wies sie permanent auf die Despotie und Menschenrechtsverletzungen in Rumänien hin und fand auch in der bundesdeutschen Gesellschaft damit Gehör. Bereits für ihr Debüt „Niederungen“ erhielt sie Preise, so nach Veröffentlichung auch in der Bundesrepublik den Aspekte-Literaturpreis. 1988 verließ sie Rumänien und führte in West-Berlin eine Existenz als freie Schriftstellerin. Sie erhielt zahlreiche Literaturpreise. Mit dem Roman „Atemschaukel“, der die Deportation der Rumäniendeutschen in die Sowjetunion thematisiert, bekam sie nur wenige Wochen nach dessen Erscheinen 2009 zunächst den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis und als Krönung den Literaturnobelpreis, der zuvor erst an zwölf deutschsprachige Autoren vergeben worden war. Häufig wird beim Literaturnobelpreis auch das politische Engagement des Preisträgers gewürdigt.

Herta Müller ist eine extrem politische Schriftstellerin, die unzählige Initiativen und Aufrufe unterstützt, sich mit verfolgten und oppositionellen Journalisten und Schriftstellern solidarisiert, Menschenrechte eingeklagt, Verbrechen angeprangert und Diktatoren aller Art nicht geschont hat. Sie hat als Schriftstellerin ein eminent wichtiges Wächteramt ausgeübt und ein untrügliches Gespür für Recht und Unrecht entwickelt. Sie ist eine unbequeme moralische Instanz. Es soll im Seminar vom 8. bis 10. Dezember ihr weltweit beachtetes politisches und literarisches Schaffen beleuchtet werden. Neben analysierenden Vorträgen werden auch zahlreiche Selbstzeugnisse der Autorin in Form von Filmsequenzen gezeigt.

Als Referenten haben ihre Teilnahme zugesagt: Peter Miroschnikoff zeigt seinen 1988 gedrehten Dokumentarfilm über Herta Müller: Die Frau, die aus der Kälte kam; Prof. Dr. Anton Sterbling: Die Erfahrungen der Diktatur in Herta Müllers literarischen Arbeiten; Dr. Orsolya Tamássy-Lénárt: De- und Rekonstruktion des Raumes bei Herta Müller; Dr. Eszter János: Überlebensstrategien in der Deportation und Diktatur bei Herta Müller; Dr. János Szabolcs: Herta Müllers ungarische Rezeption zwischen Politik und Ästhetik; Dr. Marion Acker: Dynamiken von Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit im Werk der Autorin; Katharina Kilzer: Der Nobelpreis 2009 für Herta Müller im Spiegel der deutschen Presse; Dr. Markus Bauer: Die Images der Herta Müller – Gesellschaftliche Einflüsse auf die Rezeption einer südosteuropäischen Autorin.

Der Tagungsbeitrag beträgt 80 Euro pro Person (inkl. Programm und Verpflegung sowie Unterbringung im Doppelzimmer für zwei Tage) bzw. 100 Euro im Einzelzimmer plus 3,90 Euro ermäßigte Kurtaxe. Die Anmeldungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt und sind zu richten an: „Der Heiligenhof“, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Fax: (0971) 714747 oder E-Mail: hoertler[ät]heiligenhof.de

Schlagwörter: Seminar, Herta Müller, Heiligenhof

Bewerten:

48 Bewertungen: ––

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.