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7. September 2011

Verbandspolitik

Fiktivabzug unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt

Am 11. Mai 2011 hat das Bundessozialgericht entschieden: Die Rentenbehörden dürfen keinerlei fiktiven Abzug von der deutschen Rente gemäß § 31 Fremdrentengesetz (FRG) vornehmen, wenn Antragsteller im Falle von Altersrenten erklären, die Rente aus Rumänien aufzuschieben (siehe „Rentenkürzung durch Aufschuberklärung vermeidbar“ in Folge 12 vom 31. Juli 2011, Seite 1). In dem nunmehr zugestellten Urteil hat das Bundessozialgericht als höchstes Gericht der Sozialgerichtsbarkeit in Deutschland gleich mehrere Grundsätze allgemein klargestellt und damit alle von den Klägern vorgetragenen Positionen bestätigt (Urteil B 5 R 8/10 R vom 11. Mai 2011). mehr...

Kommentare

Artikel wurde 9 mal kommentiert.

  • Schreiber

    1Schreiber schrieb am 07.09.2011, 13:55 Uhr:
    Gratuliere zu dem durchgesetzten Urteil.

    Eine Frage zu der Empfehlung, keinen vorschnellen Verzicht zu erklären: bedeutet dieses Urteil nun, dass man auf eine Rente vom rumänischen Staat auch verzichten darf, es aber wegen Komplikationen nicht tun soll - obwohl man laut Gericht darf?

    So klar ist mir das nicht.
  • Fabritius

    2Fabritius schrieb am 08.09.2011, 01:35 Uhr:
    Das Urteil bedeutet, dass ein Verzicht auf die ausländische Rente nicht so gewertet werden darf, wie ein Verzicht auf eine Leistung in Deutschland. Die Rentenbehörde in Deutschland wird vermutlich nach der Mitteilung eines Verzichtes auf die Leistung aus Rumänien (dieser müsste der rumänischen Behörde mitgeteilt werden und führt zu einem Wegfall der dortigen Rente ab dem Folgemonat) zuerst weiter anrechnen und es auf einen Streit ankommen lassen. Einen solchen würde ich vermeiden, wenn die Unterschiede zwischen Zahlung aus Rumänien und der Anrechnung in Deutschland gering sind. Wenn aber der Unterschied deutlich ausfällt, würde ich den Verzicht erklären und mich auf einen Streit mit der Rentenbehörde einlassen. Das Urteil des Bundessozialgerichtes stärkt insoweit unsere Position als es im Ergebnis eine Altersversorgung auf Höhe der in Deutschland berechneten Rente unter Einbeziehung der Anwartschaften nach dem FRG als Ziel vorgibt und eine Rechtsanwendung der Behörden ablehnt, die zu einer Versorgungsminderung führt.

    Praktischer Tip: den Verzicht würde ich - wenn ich mich dazu entschließe - in rumänischer Sprache an die rumänische Rentenbehörde senden, dort um Bestätigung bitten und diese dann gleich der deutschen Rentenbehörde mitteilen, damit diese die Kürzung (der nicht mehr zugehenden Rente aus Rumänien) gem. § 31 FRG beendet.

    Grüße
  • Erhard Graeff

    3Erhard Graeff schrieb am 08.09.2011, 08:34 Uhr:
    Und noch eine Frage:
    Rentner, die bereits seit längerer Zeit (z.B. ein Jahr) deutsche Rente beziehen - aus Rumänien noch nichts - und jetzt Unterlagen (Formblätter) der rumänischen Rentenbehörde oder die Aufforderung der deutschen Rentenbehörde erhalten, das Arbeitsbuch vorzulegen, sind verunsichert. Können/dürfen/sollen sie die Antragsgleichstellung aufschieben?
    Beste Grüße
  • DegDi

    4 • DegDi schrieb am 08.09.2011, 11:22 Uhr (um 11:24 Uhr geändert):
    Nach langer Durststrecke endlich mal wieder eine gute Meldung. Bin neugierig wie der DRV-Bund darauf reagieren wird. Gratulation allen Beteiligten!
    Grüße DegDi
  • Fabritius

    5Fabritius schrieb am 08.09.2011, 17:17 Uhr:
    1) Die Anforderung des Arbeitsbuches hat mit der Antragsgleichstellung und dem möglichen Aufschub gar nichts zu tun. Dieses benötigt die Rentenbehörde, damit die Berechnung der Rente in Deutschland nach den EU-Vorschriften möglich wird (Anforderungsverfahren E205, Pro-Rata-Berechnung). Hier muss nur "zumutbarer" Aufwand getrieben werden, um es zu beschaffen. Das sind Briefe zur Anforderung an mögliche Stellen (Arbeitgeber, sofern noch bekannt). Mehr muss man nicht machen, auch wenn die Rentenbehörden manchmal unzulässigen Druck machen. Ein Sachbearbeiter hat mal geschrieben, er würde die Rente nicht feststellen, bis das Arbeitsbuch nicht vorgelegt wird. Das ist absolut unzulässig und hier sollte mit Beschwerde und Untätigkeitsklage entgegengewirkt werden. Besonders wenn alle Zeiten schon einmal anerkannt wurden, dann geht es nur um eine Aktualisierung und Anpassung, hier dürfen Rentenbehörden ihre eigene Ermittlungsverpflichtung nicht auf die Betroffenen überwälzen.

    2) etwas anderes ist es, wenn bei laufendem Rentenbezug neue Formulare ausgefüllt werden sollen. Meistens kommen die Formulare von der deutschen Rentenbehörde. Dafür gibt es meist keinen normalen Grund, wenn die Rente schon läuft (Ausnahmen wären Einkommensprüfungen bei einkommensabhängigen Renten oder Gesundheitsprüfungen bei Zeitrenten wegen Erwerbsminderung). Wenn es nicht diese Fälle sind, müssten die Beweggründe der Rentenbehörde geprüft werden. Manchmal versucht die Behörde, "Altfälle" in das neue Recht einzubeziehen, ohne dass dazu ein gesetzlicher Auftrag oder gar ein Zwang besteht. Hier kann man sich durchaus weigern und mitteilen, dass man schon vor dem Stichtag (für das neue EU- und Abkommensrecht im Bezug zu Rumänien ist das der 1.6.2006) in Rente ist. Füllt jemand trotz dem die neuen EU-Formulare aus, spricht man von einer "gewillkürten Einbeziehung", also auf "Antrag des Betroffenen", selbst wenn ihm dieser "untergejubelt" wurde.

    Hier empfielt es sich, genau zu prüfen, was die Behörde von einem will und warum.

    Wenn es ein neuerer Fall ist oder die üblichen Formulare für das Rentenverfahren in Deutschland nachgefordert werden, soll man die natürlich ausfüllen.

    Kommen die Formulare aus Rumänien, kann es eigentlich nur die Lebensbescheinigung oder die Abfrage des Beleges zur Krankenversicherung sein. Diese soll man ausgefüllt und bestätigt zurücksenden. Bei anderen Formularen würde ich eine Abklärung empfehlen.

    Grüße
  • Misch 39

    6Misch 39 schrieb am 09.09.2011, 11:48 Uhr:
    Herr Fabritius,
    Wie ist es mit den Fällen, die nach 2007-2008 die Aufschubserklärung gemäß Art.44VO(EWG)1408/71 der DRV mitgeteilt hatten und gegen den Fiktivabzug Widerspruch, und nach dessen Ablehnung, Klage beim Sozialgericht eingereicht hatten. Aber nach dem Vergleichsangebot zwischen der DRV und dem Verband der Siebenbürger Sachsen, in dem beide Verbände zusicherten, es würden keine Nachteile entstehen und der Grund der Aufschiebung sei nicht mehr zu rechtfertigen, haben diese Leute (auf ihren Rat kooperativ zu sein) das Vergleichsangebot angenommen und die Klage beim Sozialgericht zurück gezogen. Darauf hin haben sie den Rentenbescheid erhalten und kriegen laufend die deutsche Rente, da von der rumänischen Rentenversicherung noch kein Rentenbescheid und kein Geld eingegangen ist.
    Nun meine Frage: müssen oder sollen diese Personen (um keine Nachteile zu erfahren, wenn die Rente aus Rumänien irgendwann überwiesen wird), jetzt nocheinmal aufschieben und das ganze Getue (mit Widerspruch und Klage) nochmals wiederholen?
    Zweitens: aus ihren vorigen Beiträgen ist zu entnehmen, daß nur bei einer Höhe der rumänischen Rente von 740 RON Krankenbeiträge und einer Höhe von 1000 RON Steuern fällig werden. Wie ist es in dem Fall, wenn man nicht aufschiebt und den rumänischen Bescheid abwartet, in der Hoffnung, daß die Rente nicht höher als die Freibeträge ausfällt. Und wenn sie doch höher sein sollte und Abzüge fällig werden, kann man im nachhinein noch etwas tun?

    Danke für die Antworten.
  • mms

    7mms schrieb am 14.09.2011, 20:28 Uhr:
    Sehr geehrter Herr Dr. Fabritius,

    vielen Dank für die guten Ratschläge die Sie wiederholt erklärt haben. Ich hätte aber noch einige weitere Fragen.

    Kann ein Verzicht auf die rumänischen Rente dazu führen, dass die entsprechenden Zeiten nicht mehr von der DRV anerkannt werden, d.h. die DRV wird für diese Zeiten auch nicht mehr bezahlen?

    Sie betonen den Unterschied zwischen alte Renten (vor 1996), und „neue“. Wie wird von DVR eine neue Witwenrente, die prozentual auf eine alte Rente basiert, angesehen?
    Darf die zugrunde liegende Altersrente des verstorbenen Ehemannes durch neue Gesetze nachträglich geändert werden? Zum Beispiel: die 40% Kürzung wurde damals (1994) nicht angewendet, aber in der Berechnung der Witwenrente werden nur 60% anerkannt.
    Dazu kommt auch die Forderung von DRV, die Rente für die in Rumänien geleisteten Zeiten, von Rumänien bezahlen lassen.

    Herzliche Grüße
    mms

  • getkiss

    8 • getkiss schrieb am 15.09.2011, 15:19 Uhr (um 15:21 Uhr geändert):
    Aus den vielen Fragen und Antworten kann man eins sicher sein:
    "Die Rente ist sicher" (N. Blüm)
    Aber ihre Höhe, nicht unbedingt.....
  • Fabritius

    9Fabritius schrieb am 19.10.2011, 09:34 Uhr:
    @ Misch:
    Wenn sich bei jemandem durch den Bezug der Rente aus Rumänien wegen der Anwendung des § 31 FRG ein Nachteil ergibt (weil mehr abgezogen wird, als er netto bekommt), dann kann er der deutschen und rumänischen Behörde mitteilen, dass er die rumänische Leistung (deswegen) nicht mehr möchte. Das Bundessozialgericht hat bestätigt, dass in diesen Fällen nicht von einem "rentenschädlichen Verzicht" im Sinne des Sozialgesetzbuches auszugehen ist.

    @ mms: nein, es besteht keine Gefahr, dass die deutsche Rentenbehörde die FRG-Leistung nicht mehr erbringt. Es gibt keine Rechtsgrundlage für einen Leistungswegfall sondern nur die Ruhensvorschrift des §31 FRG mit den oft beschriebenen Wirkungen.

    In diesem Kontext gibt es keinen Stichzeitpunkt 1996 (wo soll ich das betont haben?) sondern Juni 2006. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde die erste Antragsgleichstellung und die Aufschubregelung geschaffen. Die Hinterbliebenenrente ist insoweit eine "neue" Rente, bei der das neue Recht auch Anwendung findet. Da es eine "abgeleitete Rente" ist, unterliegen die Entgeltpunkte der Ausgangsrente einem Besitzschutz. Diese werden nach neuem Recht in eine Berechnung eingestellt. Mit der Frage der Anrechnung nach § 31 FRG hat das aber nichts zu tun.
    Die 40%-Kürzung hingegen wird vom Besitzschutz aufgefangen. Beispiel: in der alten Rente sind 36 Entgeltpunkte drinnen, bei der Berechnung der Entgeltpunkte der Hinterbliebenenrente kommen wegen der 40%-Regelung nur noch 30 EP raus. Dann werden in die weitere Rentenberechnung trotzdem die 36 aus der Vorrente eingesetzt.

    Hoffe, ich konnte etwas weiterhelfen.

    Grüße

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