Lebensweise

Bauernstube aus Neppendorf ...
Bauernstube aus Neppendorf
Wohl auch durch die offene oder latente Distanzierung der sächsischen Gemeinschaft zu den Neuankömmlingen entwickelten die Nachkommen der Transmigranten in den Orten, in denen sie zahlenmäßig am größten gesiedelt hatten – Neppendorf, Großau und später Großpold – ein eigenes, starkes Gruppenbewusstsein. Es äußert sich im Namen „Landler“, der ursprünglich als Herkunftsname nur für eine kleine Gruppe von Transmigranten galt. Zugleich aber prägte die kommenden „Landler“-Generationen eine starke Bindung an die Orte, in denen sie gesiedelt hatten.

Übersicht

„Landler“-Kultur

Die „Landler“-Kultur ist von einem starken lokalen Bezug gekennzeichnet, das überdachende Landlerische ist nur fassbar in seiner jeweiligen Neppendorfer, Großauer oder Großpolder Variante. Eine Erklärung hierfür ist die ausgeprägte Autarkie der vorindustriellen dörflichen Gesellschaft in Siebenbürgen, die bis zum Zweiten Weltkrieg hier die Lebensweise bestimmte. Auch nachdem sich Sachsen und Transmigranten-Nachfahren durch Heirat verbanden, kam es in der jeweiligen Dorfgemeinschaft zu keiner Verschmelzung der beiden kulturellen Lebensäußerungen. Das Landlerische war in der Dorfgesellschaft derart stark verankert, dass sich hier ein vielschichtiges kulturelles Regelwerk entwickeln konnte, dessen Mechanismen ein Nebeneinander beider Lebensarten – des Landlerischen wie des Sächsischen – über mehr als 250 Jahre garantierten. Hierzu seien beispielhaft die Heiratsregeln in Neppendorf erwähnt. Die den Transmigranten ursprünglich zugewie­senen Hofstellen galten ab da als „landlerisch“. Alles andere war „sächsisch“. Heiratete man von einem „sächsischen“ Hof auf einen „landlerischen“ ein, galt man ab da als „Landler“ oder „Landlerin“. Dementsprechend hatten vor allem die Frauen ihre Tracht „landlerisch“ auszurichten und sich der landlerischen Mundart zu bedienen. In dieser Mundart hatten die Kinder erzogen zu werden im Bewusstsein, sie seinen Landler. Dasselbe Regelwerk galt auch in Richtung des Sächsischen.

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Alltags- und Festtagskultur

"Ich habe Lust / vom Herrn zu nehn / und auch Freud / an die Arbeit zu gehn". Diese Worte stickte die Landlerin Elisabeth Nutz 1903 mit schwarzem Garn auf weißes Tuch. Sie drückte damit aus, was die altösterreichische Minderheit in Siebenbürgen, die Landler, über Jahrhunderte im Karpatenbogen formte und zusammenhielt: Gottesfurcht und Arbeitsfleiß.

Die Schausammlungen im Landler Museum in Bad Goisern präsentiert die Zeugnisse landlerischer Alltags- und Festtagskultur in einem neuen Zeit- und einem vielschichtigen Sinnzusammenhang. Am Beispiel der "Guten Stube" und der von Tradition genormten Kirchentracht werden lebensgeschichtliche Bezüge und landlerische Eigenart sichtbar und erfahrbar gemacht.
Schwerpunkte der Sammlung im Heimatmuseum von Bad Goisern am Hallstättersee sind die Siedlungslandschaft Goiserertal, das Schützenwesen in Goisern, der Goiserer Schuhmacher, berühmte Goiserer, der Beinrichter Gottl. Oberhauser, Maler von Goisern, Volkskultur und Volkskunst, eine ausführliche Konrad-Deubler-Sammlung und Bilder vom ersten Fotograf von Goisern. Im Landlermuseum steht die Landlerische Alltags- und Festkultur im Mittelpunkt. Weiteres finden Sie ausstellungsstücke zu den Themen: Arbeitswelt der Landler, Zimmerleute, Weinbauern, Blumenhändlerinnen u. Hausfrauen, Brauchgeschehen sowie Kirche und Schule. Natürlich darf die „Gute Stube" und die Kirchentracht nicht fehlen.

Im Museum werden Erinnerungen einer kleinen Volksgemeinschaft gesammelt, die über Jahrhunderte hinweg über einen strengen Sozialkodex, ihre nationale und kulturelle Identität bewahrte.
Der Sammlungsbestand ist ein Spiegelbild landlerischer Kulturgeschichte von den Anfängen (Mitte des 18. Jhrdt.) bis zur Gegenwart; der Großteil der Objekte belegt den Zeitraum 1850-1930. Darunter Zeugnisse und Dokumente aus der Zeit der Deportation und Aussiedlung, Sachzeugen für die vorbildliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration in Siebenbürgen, dazu die Bereiche Wohnkultur, Textilverarbeitung und Hausfleiß, Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe, Belege für die heutige Desintegration dieser ethnischen Gruppe.

Ein großer Teil der Stücke - so Trachten und Handtextilien - sind durch die aufwendige Art der Verzierung auch künstlerisch wertvoll. Doch liegt der Wert der Sammlung in ihrer Einmaligkeit. Die Landler, als kleinste ethnische Gruppe in einem multinationalen Siebenbürgen sind von der rumänischen Forschung kaum beachtet worden, es gibt in den dortigen Museen kaum Objekte landlerischer Herkunft. Heute ist die Gemeinschaft im Auflösen begriffen. Weiterlesen bei Institutionen ...

Frau: Kindererziehung, Gestaltung der Wohnräume, Hausarbeit, Essenzubereitung, Wäsche textile Techniken (Spinnen, Weben, Nähen, Verzieren)

Mann: Feldarbeit (Getreideanbau, Weinbau, Heu- und Grummeternte, Pflügen) Handwerk (Wagen und Karren, Keramik, Seile, Ziegel) Hanfverarbeitung.
Die Neppendorfer Bauernstube der Familie ...
Die Neppendorfer Bauernstube der Familie Grieshober.
Stickerei aus Neppendorf. ...
Stickerei aus Neppendorf.
"Gute Stube" in Großpold im Jahre 1977. ...
"Gute Stube" in Großpold im Jahre 1977.
Schlafzimmer in Großpold ...
Schlafzimmer in Großpold
Brot bähen und Speck braten am offenen Feuer am ...
Brot bähen und Speck braten am offenen Feuer am Wildbach in Großpold (Juli 1977).
Die Leute wollen im August 1987 per Anhalter nach ...
Die Leute wollen im August 1987 per Anhalter nach Hermannstadt. Damals sagte man: warten auf Gelegenheit (rum. ocazie oder "ia ma nene"). Auf die öffentlichen Verkehrsmittel (zB. Bus) konnte man sich nicht verlassen. Oft sind sie ausgefallen oder waren total überfüllt. Es gab noch die Möglichkeit mit dem Zug (C.F.R.) nach Hermannstadt zu fahren. Bis zum Bahnhof musste man 30 Minuten einen unbefestigten Feldweg entlang laufen.
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Kirchlich begleitetes Leben

Erst im Jahr 1766 übernahm die Sächsische Nationsuniversität auch die Rechtsprechung über die Landler. Als freie Bauern und Handwerker, den Sachsen auf „Königsboden“ endlich rechtlich gleichgestellt, gelang es ihnen und ihren Nachkommen allmählich, sich in die Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen (Nachbarschaften, Bruder- und Schwesternschaften) sowie in das kirchliche Leben (mit den entsprechenden Sitzplätzen im landlerischen oder sächsischen Seitenschiff der Kirche) des sächsischen Dorfes einzufügen.

Die österreichischen Transmigranten lebten zwar mit lutherischen Glaubensgenossen zusammen, doch sprachen diese einen für sie zunächst unverständlichen Dialekt, das Siebenbürgisch-Sächsische. Auch waren die Sachsen von den habsburgischen Behörden in Wien nicht gefragt worden, ob sie österreichische Protestanten aufnehmen wollen, und deshalb wurden diese erst nach einer strengen Glaubensprüfung in ihrer Mitte akzeptiert. Während sich die verstreut lebenden Landler innerhalb von ein bis zwei Generationen zu Siebenbürger Sachsen assimilierten, waren sie in den drei Dörfern Neppendorf, Großau und Großpold so zahlreich, dass sie dort ihre aus Österreich mitgebrachte Mundart behielten. Dies führte zu der einmaligen Situation, dass in ein und demselben Dorf zwei deutsche, linguistisch aber relativ weit voneinander entfernte, Dialekte über Generationen nebeneinander existierten, wobei sich natürlich Spannungen ergaben. Die Situation war jedoch in den drei Dörfern höchst unterschiedlich.

Die Verkündigungssprache im Gottesdienst der drei Ortschaften war Sächsisch und auch die Pfarrer waren durchwegs Siebenbürger Sachsen, weshalb es in Neppendorf bis ins 20. Jahrhundert immer wieder zu Konflikten zwischen beiden Gruppen kam. Da die Pfarrer allerdings kein oder nur schlecht Landlerisch sprachen, die Landler hier jedoch die Mehrheit ausmachten, einigte man sich schließlich auf Hochdeutsch als Gottesdienstsprache. Im familiären Bereich und auch in den Nachbarschaften sprachen beide Gruppen weiterhin ihre eigene Sprache und saßen in der Kirche getrennt voneinander.

Hochdeutsch wurde in Großau erst Anfang des 20. Jahrhunderts als Verkündigungssprache in der Kirche eingeführt und selbst danach bestanden die Sachsen noch darauf, sächsische Taufen, Hochzeiten und Begräbnisse auf Sächsisch abzuhalten. In den Nachbarschaftsversammlungen wurde ebenfalls nur Sächsisch gesprochen. Insgesamt waren die Konflikte zwischen den beiden Sprachgruppen in Großau am intensivsten und dauerten bis in die Zeit Ceaușescus an. Das Großauer Landlerisch behielt dadurch zahlreiche altertümliche Formen und gilt insgesamt als das konservativste.

In Großpold waren die Landler die weitaus frommere Gruppe, die den Sachsen Sittenverfall vorwarf und auf getrennte Jugendvereine (Bruder- und Schwesternschaft) bestand. Es kam aber bald zu zahlreichen Mischehen, bei denen jedoch tendenziell die Landler die Sachsen assimilierten, was sich auf Grund von zahlreichen eigentlich sächsischen Nachnamen in landlerischen Familien feststellen lässt, wie Pitter, Bottesch, Kirr, Nietsch, Theil und Glatz. Dennoch beherrschten auch alle Landler das Sächsische fließend, da das Dorf enge Kontakte zum benachbarten sächsischen Urwegen pflegte.
Der Altar der Kirche in Neppendorf wird auf das ...
Der Altar der Kirche in Neppendorf wird auf das Jahr 1759 datiert und die Kanzel auf 1782.
Erntedankgottesdienst mit Pfarrer Galter in ...
Erntedankgottesdienst mit Pfarrer Galter in Neppendorf
Barockaltar von 1729 der Kirche in Großau.  ...
Barockaltar von 1729 der Kirche in Großau.
Altar von 1751 in der Kirche von Großpold. ...
Altar von 1751 in der Kirche von Großpold.
Nach dem Gottesdienst in Großpold ...
Nach dem Gottesdienst in Großpold
Neppendorfer im Kirchengwand auf dem Weg in die ...
Neppendorfer im Kirchengwand auf dem Weg in die Kirche.
Spruch am  Eingang zum Friedhof in Großpold. ...
Spruch am Eingang zum Friedhof in Großpold.
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Brauchtum der Landler

Kreuzstichmuster der Landler aus Neppendorf. ...
Kreuzstichmuster der Landler aus Neppendorf.
Hier wird versucht die landlerischen Kulturäußerungen in Siebenbürgen monographisch zu erfassen und wissenschaftlich zu sichern.
Die altösterreichischen Landler, als kleine Gruppe von maximal 5000 Seelen auf drei Ortschaften verteilt, sind ein Modellfall für zwei deutsche, regional geprägte, überlieferte Lebens- und Kulturformen nebeneinander, über etwa 8 - 9 Generationen hinweg.
Der teilweise Integrationsprozess der Landler in die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft nach der Deportation aus den österreichischen Erblanden ab 1734 bis hin zur Spätaussiedlung aus Siebenbürgen (heutige Rumänien) ab 1990, wieder in den süddeutschen Raum bzw. nach Österreich zurück, wird dokumentiert.

Die über 250-jährige Geschichte und Lebensweise der Landler als eine ethnische Gruppe in Siebenbürgen, deren Selbstverständnis gleichwohl von ihrer altösterreichischen Herkunft als auch dem Miteinander mit anderen Völkergruppen ihrer siebenbürgischen Heimat geprägt wurde.

Die von den Landler Frauen angefertigten Stickarbeiten hatten im häuslichen Leben einen festen Platz inne. Die von der Mutter oder Großmutter ererbten Stücke wurden und werden geehrt und geschätzt. Bei selbst gefertigten Stickereien wurde auf saubere Ausführung und gediegene Arbeit geachtet. Ein möglichst hohes Himmelbett, schöne Tischdecken und Kastentücher, so wie ansprechende Wandbehänge waren der Stolz einer Hausfrau und eine Zierde der Wohnräume. Darüber hinaus haben die Stickereien das Leben der Menschen von der Taufe bis zur Beerdigung begleitet.

Quelle: Galter, Inge (Hrsg.), Kreuzstichmuster der Landler aus Neppendorf.

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Die Trachten der "Landler" in der Hermannstädter Gegend und im Unterwald

Neppendorf und Großau
Wem fielen sie nicht auf, die Landfrauen aus Neppendorf, wenn sie in ihrer netten, auf blau abgestimmten Alltagstracht mit den grün angestrichenen zweirädrigen Milchwägelchen schon am frühen Morgen durch die Straßen Hermannstadts eilen, oder die hübschen Landlermädchen, wenn sie am Sonntag zusammen mit ihren Burschen im Zentrum der Stadt umherschlendern. Rund viereinhalbtausend Landler gibt es in den drei Gemeinden Neppendorf, Großau und Großpold, anders in der Sprache und Kleidung, Sitte und Brauch als die mit ihnen zusammenwohnenden Sachsen, und doch hat sich, seit sie aus sozialen und Glaubensnöten nach Siebenbürgen auswanderten, bisher noch niemand mit ihrer Tracht eingehender beschäftigt, so daß dieser Aufsatz der erste Versuch ist, diese einmal zusammenfassend darzustellen.

In Neppendorf, das heute Hermannstadt eingegliedert ist, macht dieser fleißige und fortschrittliche deutsche Volkssplitter, der sich 1734 hier niederließ, gegenwärtig rund 80 Prozent der deutschen Bevölkerung aus. Ernst und schwer wirkt neben der sächsischen die Landlertracht in ihrem strengen Schwarz bei Männern und Frauen, Jungen und Alten.

Johanna und Georg Kramer aus Großpold als junges ...
Johanna und Georg Kramer aus Großpold als junges Brautpaar in Landlertracht.
Die Männer tragen zur Sonntagstracht über den schwarzen Stiefelhosen und den schwarzen Westen den schlichten, langen, schwarzen Tuchmantel; der schwarze Hut beschattet ihr Antlitz, und nur die von manchen noch getragene bunt bestickte Samtkrawatte, entschieden nach sächsischem Muster gefertigt, bringt in diesen feierlichen Ernst etwas Frohes.

Die Frauen zeigen sich auch sommers nicht wie die Sächsinnen in den leuchtenden weißen Trachtenhemden, sondern bedecken es mit einer schwarzen Schößchenjacke, zu dem ein schwarzer gereihter oder gefältelter Rock gehört, und nur die weiße, schön gezierte Schürze lockert diese fast schwermütige Feierlichkeit etwas auf, sowie das nie fehlende Halstüchel, das aus der Jacke hervorguckt und kunstvoll bestickt ist, und die bestickten Haubenbänder, die offenbar auf sächsischen Einfluß zurückzuführen sind. Der schönste Schmuck der Landlerfrau ist die kostbare Otterfellmütze, die in dieser Gemeinde vom oberen Fellrand bis zum Scheitel mit vier weithin glitzernden, symmetrisch angebrachten Goldschnüren geziert ist, die sich auf dem Scheitel zusammen mit den Fellquästchen zu einem Bündel vereinigen. Unter dieser Mütze wird stets noch ein vorne geschlossenes Häubchen getragen, dessen farbige Zipfen sichtbar bleiben.

Das langärmelige Trachtenhemd, von dem man infolge der darüberliegenden Jacke, wie gesagt, nichts sieht, zeigt einen anderen Schnitt als das sächsische und ist mit schöner Weißstickerei geschmückt. In der letzten Zeit werden von der jüngeren Generation bei Hochzeiten und anderen Unterhaltungen auch kurzärmelige Hemdchen getragen. Dann schmückt sie das vorne zu schließende "rechte" Leibl, das den alten Landlerschnitt zeigt, oder der sächsische Brustlatz, der bekanntlich seitlich geschlossen wird. Das Landler Halstüchlein fehlt aber in beiden Fällen nie und gibt der Tracht das charakteristische Gepräge.

Sehr eigenartig ist der Kopfschmuck der Bräute. Während sonst die erwachsenen Mädchen den hängenden Zopf tragen, der mit einer großen Masche gebunden wird, ist das Haar der Braut,in zwei Zöpfe geflochten, auf der Mitte des Hinterhauptes hochgesteckt und "aufgenäht". Das geschieht so, daß man auf dem Hinterkopf den "Riegel", einen ovalen Kranz, aus festem Stoff befestigt und dann die beiden Zöpfe um ihn herumlegt. Dann werden an diesem mit einer großen gekrümmten Nadel die Zöpfe buchstäblich mit Hilfe einer Schnur angenäht.

Frau in Großau am Webstuhl ...
Frau in Großau am Webstuhl
Nachher wird der Haarkranz mit einem rosa Seidenband so dicht umnäht, dass nicht ein Härchen mehr hervorguckt. In das Oval des Riegels wird ein Sträußchen aus künstlichen Blüten befestigt, und nun bindet man um den Haarkranz das "Fissier", ein spitzen besetztes, schwarzes, breites Seidenband, das den Rest der Haare völlig bedeckt und mit der schwarzen Tracht der Braut in Einklang steht.

Gerade weil diese alte Landlertracht von einem so schwermütigen Ernst beherrscht wird, will ein Teil der heutigen jungen Mädchen sie nicht mehr tragen. Auch die männliche Jugend lehnt die Tracht ab und geht bereits völlig städtisch gekleidet. So dunkel wie die Tracht sind auch alle Erzeugnisse des Hausfleißes: alles ist schwarz bestickt, die Kissen des hohen "Himmelbettes", der Überzug über dem "Tuchet" (Abb.5), die Tischdecken, die Wandbehänge usw. Die Tracht der Neppendörfer Landler zeugt aber in jedem Fall von einem alten, reichen Brauchtum, das den Bedarf an den verschiedenen Kleidungsstücken in seinen Abstufungen nach Alter, Jahreszeit und Gelegenheit genau vorschreibt und das auch heute noch eingehalten wird.

Die andere Gemeinde, in der Landler wohnen, die ungefähr zur gleichen Zeit die alte Heimat verließen, ist Großau, nur sechs Kilometer von Neppendorf entfernt. Daher ist auch die Tracht dieser Landler ungefähr die gleiche, nur macht sich hier der sächsische Einfluss stärker geltend. Nicht nur darin, daß in Großau sozusagen alle Landler fließend sächsisch sprechen, während in Neppendorf die Verkehrssprache vorwiegend das Landlerische ist, sondern auch in Tracht und Wohngestaltung bemerkt man das. Die Landlerfrauen tragen in Großau die Flechten im Kranz um das Haupt gelegt wie die Sächsinnen. Das Frauenhemd hat den sächsischen Schnitt mit der sächsischen Faltenreihung ("Gereihsel") an Vorderteilen und Rücken, und die Hemdärmel haben die sächsischen "Preisen" (Ärmelbündchen), nur sind die Reihmuster bedeutend schmäler und einfacher. Die schwarzen Tuchkittel werden nach sächsischem Muster unten mit einem schwarzen Samtstreifen besetzt, während die echten Landlerkittel diesen Schmuck nicht kennen. Hier gehen auch die Landlerfrauen im Sommer sonntags gleich den Sächsinnen mit den weiten Hemdärmeln und tragen sommers zur Leibchentracht das Michelsberger genetzte weiße Häubchen.

Das "Kurtechen"(eine Jackenart) wird von Landlerinnen und Sächsinnen in gleicher Weise getragen. Die Otternfellmütze zieren hier nicht goldene, sondern nur schwarze Schnüre. Das "Aufnähen" der Braut ist hier ganz abgekommen. In Großau sieht man dafür ganz besonders schön gestickte Halstüchel, sei es aus Samt oder Seide. Die Männer tragen den langen schwarzen Feiertagsmantel, dem die Neppendörfer noch treu bleiben, nicht mehr. Den schwarzen Männerhut schmückt hier eine blaue Schnur über dem schwarzen Band, und die Burschen tragen rote "Tschucker" (Quasten). Das Bräutigamsträußchen wird hier nicht wie in Großpold vorne auf dem Hut befestigt, sondern nur seitlich. Aber Sträußchen tragen auch die anderen zur Hochzeit geladenen Burschen, und so unterscheidet sich der Bräutigam in nichts von seinen noch ledigen Kameraden! Im übrigen legen auch hier die jungen Leute die Tracht schon ab und gehen bereits in städtischer Kleidung zur Hochzeit. Ganz anders stehen in dieser Beziehung die Dinge in der dritten von Landlern bewohnten Gemeinde, in Großpold.

Großpold
Sechsunddreißig Kilometer von Großau entfernt, jenseits der Wasserscheide, die die Hermanstädter Gegend vom Unterwald trennt, liegt die dritte der drei von Landlern bewohnten Gemeinden: Großpold, wohin die österreichischen Transmigranten rund zwanzig Jahre später kamen als nach Neppendorf und Großau, zwischen 1752 bis 1757; ja der letzte Zustrom erfolgte noch bis zum Jahre 1777. Während in Neppendorf und in Großau Heiraten zwischen Sachsen und Landlern eine Seltenheit sind, fand in dieser Gemeinde nahezu ein völliges Verschmelzen der beiden deutschen Stämme statt. Infoltgedessen sind sie auch trachtlich kaum voneinander zu unterscheiden, und zwar hat die Tracht der Landler den Sieg davongetragen! Man sieht in diesem Dorf keine "gebockelte" Frau mehr und kein "Bortenmädchen". Trotzdem weisen einige Merkmale der Großpolder Tracht deutlich auf Unterwälder sächsischen Einfluß hin; liegt doch Urwegen mit seinen schönen, gut erhaltenen Trachten ganz nahe an Großpold. Die Großpolder Tracht zeichnet sich aber auch durch gewisse Eigentümlichkeiten aus, die wir in den anderen beiden Landlergemeinden nicht finden, und dieses hängt vermutlich mit ihrer später erfolgten Einwanderung zusammen. Jedenfalls ist der Trachtenreichtum in Großpold so groß, daß er den Neppendorfs womöglich noch übertrifft! Gerade deshalb ist auch hier der Gebrauch der einzelnen Trachtenstücke nach Alter, Gelegenheit und Jahreszeit genau geregelt und wird aufs einheitlichste durchgeführt. Niemand trägt z.B. vor dem 1. November die pelzverbrämte Wintertracht (Abb.9), und niemand legt sie eigenmächtig vor der vorgeschriebenen Zeit ab, mag das Wetter sein, wie es wolle.

Das Trachtenhemd der Frauen, das einen vom Neppendörfer und Großauer Hemdchen abweichenden Schnitt hat, ist nach Untewälder Art mit perlenbestickten "Preiseln" versehen; früher war diese Perlenstickerei sehr bunt, heute wire lieber nur eine einzige Farbe verwendet, aber in zwei Schattierungen, hell- und dunkelblau, hellgrün und dunkelgrün usw. Auf das Hemd wird im Sommer entweder das "rechte" Leibl, d.h. das echte vorne durchgeknöpfte Landler-Leibchen mit tiefem Ausschnitt und unten ausgezackten Rand getragen oder der seitlich geschlossene sächsische "Brustlatz". Das Halstüchel darf in beiden Fällen nicht fehlen; es wird von Alten und Jungen in gleicher Weise getragen und gehört zur Wochen- und Sonntagstracht. Der schwarze weite Rock, die weiße Schürze (bei Alten die schwarze) vervollständigen diese Sommertracht. Natürlich darf eine entsprechende Kopfbedeckung bzw. ein Kopfschmuck nicht fehlen, und darin gibt es eine reiche Auswahl! Die erwachsenen Mädchen tragen den Zopf auf dem Rücken hängend und schmücken ihn mit einem langen Band. Ist dieses rot, und zwar auch wochentags, so haben wir es mit einer Verlobten zu tun. Am Hochzeittage tauscht die Braut es in ein schwarzes Samtband ein, das bunt bestickt ist. Es ist das einzige Zeichen, das sie an ihrem Hochzeitstage von ihren unverheirateten Gespielinnen unterscheidet!

Die junge Frau trägt im ersten Jahr ihrer Ehe eine weißseidene "Spitzlhaube", die eine feingefältelte, steif in die Höhe ragende, ebenfalls weiße Spitze schmückt. Alle anderen jungen Frauen setzen die schwarze "Spitzlhaube" auf. Ältere Frauen bedienen sich des weißleinenen Kopftuches, das sie "über den Mund" tragen, d.h., sie verschlingen die beiden Zipfen unter dem Kinn und binden sie im Nacken festl. Der dritte Zipf hängt entweder frei über den Rücken, oder er wird unter die Jacke gesteckt. In diesem Falle ist das Aussehen der Frauen, zusammen mit der sonst ganz schwarzen Kleidung, nahezu nonnenhaft. Ganz alte Frauen nehmen das schwarze Kopftuch. Der kleidsamste Kopfputz ist das hauchdünne, schön bestickte Kopftuch aus weißem Organdi, das den Hals freiläßt und gerade dadurch zusammen mit der Leibchentracht sehr jugendlich wirkt. Es wird hinten so gebunden, daß von den zwei großen "Kokosch" genannten Zipfen von vorne wenigstens der eine gut sichtbar ist. Es wird vor allem bei Hochzeiten von den jungen Frauen getragen und geht entschieden auf Unterwälder sächsischen Einfluß zurück, denn auch in Urwegen wird dieses Kopftuch benützt. Unter jedem Kopftuch wird noch ein spitzenbesetztes Häubchen getragen, dessen Spitzen unter dem Tuch hervorlugen. Es gehören dazu stets noch die bestickten Haubenbänder, sogar wochentags. Die Haartracht der Großpolder Frauen weicht von denen der anderen Landlerfrauen ab. Sie tragen keinen Scheitel in der Mitte, sondern kämmen ihr Haar glatt zurück, binden den im Nacken geflochtenen, hochgeschlagenen Zopf auf dem Scheitel mit einem Band fest und biegen dessen Ende um. Es ist im wesentlichen eine Haartracht, wie wir sie auch in einigen deutschen Gemeinden des Banates finden.
Die Männertracht unterscheidet sich von der der anderen Landlergemeinden dadurch, daß die "Guip" (der Rock) und das "Leibl" (die Weste), das über die Guip angezogen wird, mit großen Messingknöpfen versehen ist, aber nur bei den jüngeren Leuten. Dreireihig leuchten dann die funkelnden Knöpfe und hellen die sonst ganz schwarze Kleidung lustig auf. Die Krawatte, je nach Alter und Gelegenheit aus heller oder dunkler Seide gefertigt und mit Perlenstickerei geschmückt, ist heute so winzig klein,daß sie als belebender Farbfleck kaum mehr in Erscheinung tritt. Der lange, schwarze, innen mit weißem Schafwollstoff gefütterte Landlermantel, wie er in Neppendorf noch zu sehen ist, wird hier nicht mehr getragen. Im Winter wird ein dreiviertellanger Übermantel, "Ruck" genannt benützt. Als Winterschutz diente früher noch die "Sarik", ein- wie schon der Name sagt - von den Rumänen übernommenes Trachtenstück (sarica). Den großen runden Bauernhut aus schwarzem Filz schmückt außer dem schmalen schwarzen Samtband eine grüne Schnur, die keck über den Hutrand fällt. Der Bräutigam hat auf dem Hut den "Puschen", einen steilaufragenden, mächtigen Blumenstrauß, aus künstlichen Blumen gefertigt, der lebhaft an den Urweger Bräutigamsstrauß erinnert. Auch die Brautführer haben einen ähnlichen Strauß, aber nur kleiner. Früher wurden diese Hochzeitbuschen aus der Stadt gekauft; heute legen die Großpolder Mädchen einen großen Wert darauf, sie selbst anzufertigen. Sind sie es doch gewöhnt, auch das Namenstagskränzel für den Herzallerliebsten selber herzustellen, der ihn dann, wenn er mit dem Mädchen die Ehe eingehen will, am nächsten Morgen ins Fenster hängt, so daß ihn alle Leute bewundern können. Lehnt er das Mädchen jedoch ab oder ist seine Mutter mit der Wahl nicht einverstanden, so muß man das "Kränzl" -- auf der Stalltür suchen! Die verheirateten Männer tragen als Abzeichen ihrer Würde als Hochzeitsväter und Hochzeitsgäste je nach Alter rosa oder weiße Papierrosen, ebenfalls von den Mädchen zierlich gearbeitet, im Knopfloch. Es ist ein eindrucksvolles Bild, wenn man einen Hochzeitszug wohlgeordnet und doch in fröhlicher Stimmung durch die Straßen Großpolds schreiten sieht. Eine Trachtenschau ohnegleichen!
Es wäre natürlich norwendig, dem genau nachzuforschen, wie die Kleidung der österreichischen Transmigranten war, als sie vor zweihundert Jahren in ihre neue Heimat kamen, und inwiefern die heutige Landlertracht noch der österreichischen als Ganzes und im Einzelnen gleicht. Dieses ist gegenwärtig aber ein noch völlig unerforschtes Problem und muß einer später zu erfolgenden Forschung vorbehalten bleiben.

Von Luise Treiber-Netoliczka

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Lebenslauf

  • Geburt und Taufe
  • Kindergarten
  • ev. bzw. deutsche Schule
  • Konfirmation
  • Verlöbnis und Heirat
  • Familie und Sippe
  • Haus und Garten
  • Küche und Keller
  • Tod und Begräbnis
Großpolder Hochzeitszug schreitet an der Schule ...
Großpolder Hochzeitszug schreitet an der Schule vorbei auf dem Weg zum Haus der Braut. (Juli 1977)
Hochzeitsgesellschaft in der Großpolder Kirche im ...
Hochzeitsgesellschaft in der Großpolder Kirche im Juli 1977.
Großpolder Hochzeitszug im Juli 1977. ...
Großpolder Hochzeitszug im Juli 1977.
Vorratskammer und Küche im Gemeindesaal von ...
Vorratskammer und Küche im Gemeindesaal von Großpold, während im Saal eine Hochzeit gefeiert wird. (Juli 1977)
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Jahreslauf

  • Neujahr und Fastnacht
  • Ostern und Pfingsten
  • Der Majalus
  • Saure Wochen - frohe Feste
  • Ernten und Weinlese
  • Advent und Weihnachten
Blick von der Empore der Großpolder Kirche auf ...
Blick von der Empore der Großpolder Kirche auf Altar und Kanzel.
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Textile Techniken

  • Hanf- und Flachsverarbeitung
  • Spinnen
  • Weben
  • Nähen
  • Verzieren
Die Neppendorfer Bauernstube der Familie ...
Die Neppendorfer Bauernstube der Familie Grieshober in Landsberg.
Siebenbürgen, süße Heimat. ...
Siebenbürgen, süße Heimat.
Wandschoner aus Neppendorf. ...
Wandschoner aus Neppendorf.
Neppendorfer Bauernstube der Familie Grieshober. ...
Neppendorfer Bauernstube der Familie Grieshober.
Wandschoner aus Neppendorf ...
Wandschoner aus Neppendorf
Stickerei aus Großpold ...
Stickerei aus Großpold
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