10. Juni 2003

Abkommen zum Erhalt siebenbürgisch-sächsischer Kultur

Der Siebenbüergisch-Sächsische Kulturrat und das rumänische Ministerium für Kultur und Kultus haben beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen am 7. Juni in Dinkelsbühl ein Kulturabkommen unterzeichnet. Die beiden Seiten bekräftigen ihren Wunsch, die Kontakte auszubauen und die Zusammenarbeit auf allen Gebieten der Kultur zu vertiefen und zu intensivieren.
Das Kulturabkommen bestätige die bisherigen Tätigkeiten und sei ein Fundament der künftigen Zusammenarbeit, betonte Dr. Christoph Machat, der Vorsitzende des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates e.V. Als herausragendes Beispiel der bisherigen Zusammenarbeit nannte Machat das Dokumentationsprojekt der siebenbürgisch-sächsischen Kulturgüter, das in den neunziger Jahren vom Bundesinnenministerium gefördert und gemeinsam mit rumänischen Fachkollegen durchgeführt worden sei. Das Dokumentationsprojekt hatte die Grundlagen dafür geschaffen, dass Ende 1999 sieben Kirchenburgen und Städte Siebenbürgens auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurden. Machat äußerte die Hoffnung, dass das Abkommen auch Richtung Gundelsheim Früchte tragen werde. Die gewachsene Einheit der kulturellen Einrichtungen auf Schloss Horneck in Gundelsheim dürfe nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, mahnte der Denkmalpfleger. Ähnlich wie Weimar sei auch Gundelsheim ein „geistiges Erbe“, das schützens- und erhaltenswert sei.

Staatssekretär Ioan Opris (links) und Christoph Machat bei der Unterzeichnung des Kulturabkommens in der St. Paulskirche zu Dinkelsbühl. Foto: Josef Balazs
Staatssekretär Ioan Opris (links) und Christoph Machat bei der Unterzeichnung des Kulturabkommens in der St. Paulskirche zu Dinkelsbühl. Foto: Josef Balazs

Das Abkommen wurde rumänischerseits von Staatssekretär Dr. Ioan Opris und seitens des Kulturrats vom Vorsitzenden Dr. Christoph Machat in feierlichem Rahmen in der St. Paulskirche in Dinkelsbühl unterzeichnet. Opris wies in seiner Festrede auf das wertvolle siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe in Rumänien hin, das man in gemeinsamer Anstrengung erhalten wolle. Der rumänische Staat führe diesbezügliche Tätigkeiten mit großer Sympathie durch, sei aber auch auf die Hilfe der ausgesiedelten Siebenbürger Sachsen angewiesen. Das Kulturabkommen schaffe den Rahmen und die Sicherheit für die beidseititige Zusammenarbeit, die man weiterhin mit Leben füllen wolle. Der Kultursstaatssekretär kündigte an, dass die siebenbürgisch-sächsische und banat-schwäbischer Kultur demnächst auch angemessen im Museum für Nationalgeschichte in Bukarest vertreten sein werde. In vier Bauernmuseen (Bukarest, Temeswar, Hermannstadt und Sighet) werden in Kürze auch deutsche Häuser ausgestellt.

Im Kulturabkommen heißt es unter anderem: „Die Besinnung auf die Vielfalt und den Reichtum der regionalen Kulturen als Bestandteil und Wesensmerkmal des gesamteuropäischen Kulturerbes ist eines der wichtigen Ergebnisse des europäischen Einigungsprozesses. Siebenbürgen ist ein Musterbeispiel einer regionalen Kulturlandschaft, deren kulturelles Erbe aus dem historischen Beitrag der hier zusammenlebenden rumänischen, ungarischen und deutschen Bevölkerung erwachsen ist. Zum Verständnis und langfristigen Erhalt ihrer Eigenart ist die Sicherung und Pflege des jeweils spezifischen Kulturgutes ebenso unabdingbar wie der kulturelle Austausch untereinander, der die Zusammenarbeit zwischen den Völkern und das Verständnis für die Kultur, das Geistesleben und die Lebensformen anderer Völker fördert.“

Grundlage aller gemeinsamer Bestrebungen sei die Förderung und Pflege der deutschen Kultur und Tradition in Rumänien ebenso wie die Erhaltung der kulturellen Identität der deutschen Minderheit, die nur gewährleistet sei, wenn sie Hand in Hand gehe mit der Integration in Gesellschaft und Staat, heißt es im Kulturabkommen.

Deshalb bekunden der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat e.V. und das Kulturministerium Rumäniens in dem Protokoll - unter Bezugnahme auf den zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien geschlossenen "Vertrag über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa" vom 21. April 1992, auf der Grundlage des "Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Rumänien über kulturelle Zusammenarbeit" vom 16. Mai 1995 und im Bewusstsein der gemeinsamen Verantwortung für die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft Siebenbürgen - den gemeinsamen Wunsch, die beiderseitigen Kontakte auszubauen und die Zusammenarbeit auf allen Gebieten der Kultur zu vertiefen und intensivieren.

Als Schwerpunkte der Zusammenarbeit werden in der Anlage zum Protokoll die Dokumentation und Sicherung des siebenbürgisch-sächsischen, ortsfesten und mobilen Kulturerbes, die Restaurierung der Baudenkmäler der deutschen Bevölkerung in Rumänien, die Zusammenarbeit bei der Sicherung des beweglichen Kulturgutes und des Archivgutes, wissenschaftliche Tätigkeiten, die Erhaltung und Förderung der deutschen Kultur in Rumänien, die Förderung der rumänischen Kultur in Deutschland und internationale Zusammenarbeit aufgeführt.

Wie intensiv die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist, verdeutlicht die Anlage 2 des Protokolls. Sie enthält neben der Mitgliederliste des Kulturrates eine Aufstellung der bestehenden Kooperationsabkommen zwischen Mitgliedern des Kulturrates und Fachinstitutionen in Rumänien.

Kurzbiographien der Unterzeichnenden:
Prof. Dr. IOAN OPRIS
Der Historiker und Denkmalpfleger, Jahrgang 1942, entstammt einer Familie aus Urwegen (Gârbova). Nach dem Studium der Geschichte in Klausenburg und Bukarest ist er im Lehramt tätig. Er wirkt in dem 1974 aufgebauten Amt für Denkmalpflege und setzt seine denkmalpflegerisch-konservatorische Tätigkeit auch nach dessen Auflösung 1977 fort, als Referent der Denkmaldirektion des Kulturministeriums. Von dort wird er 1981 beseitigt und kommt beim Wissenschaftsverlag unter. Nach der Wende baut er das Nationalmuseum Cotroceni auf, das er bis 1994 leitet, lehrt ab 1991 an der Universität Bukarest, ab 1994 als Professor an der Universität Târgoviste, wird 1994 Abteilungsleiter der "Fundatia România" und ist seit 2000 Staatssekretär für Kulturerbe im Ministerium für Kultur und Kultus. Für seine wissenschaftlichen Leistungen, darunter 20 selbstständige Werke, wurde er u.a. mit dem "George-Oprescu-Preis" der Rumänischen Akademie ausgezeichnet sowie mit zahlreichen Mitgliedschaften in internationalen Gesellschaften und Institutionen.

Dr. Dr. h.c. CHRISTOPH MACHAT
Der Kunsthistoriker und Denkmalpfleger wird 1946 in Schäßburg (Sighisoara) geboren. Nach dem Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und Literaturwissenschaft an der Kunstakademie Bukarest ist er bis zur Ausreise 1973 Gebietsreferent für Siebenbürgen im rumänischen Denkmalamt. Denkmalpfleger bleibt er auch nach der Promotion in Köln: zuerst in Bayern und seit 1980 im Rheinischen Amt für Denkmalpflege. Seine Kenntnisse und Fertigkeiten - auch jene als Autor und Herausgeber -, aber ebenso seine guten Beziehungen als Mitglied vieler Gesellschaften und Institutionen (so ist er Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, Präsident des Internationalen Komitees für ländliche Architektur von ICOMOS, des Internationaler Rats für Denkmalpflege der UNESCO) setzt er wiederholt für die Dokumentation und die Bewahrung siebenbürgisch-sächsischer Kultur ein.

Siegbert Bruss
Hans-Werner Schuster

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