19. Juli 2013

Alte Meister als junge Umweltbotschafter: "Die Grüne Sendelbinde"

Rumänien ist nicht nur aufgrund seiner faszinierenden Völkervielfalt und Naturschönheiten berühmt, sondern auch durch schwerwiegende Umweltsünden in die Schlagzeilen geraten. Die siebenbürgische Kleinstadt Kleinkopisch galt in der Zeit vor der politischen Wende als eine der weltweit am höchsten mit Umweltgiften belasteten Städte. Erst im Jahr 2000 ereignete sich im Nordwesten Rumäniens eine der größten Umweltkatastrophen Europas, als der Damm einer Golderz-Aufbereitungsanlage brach und eine ungeheure Menge von mit Schwermetallen versetzter Natriumcyanidlauge in die Gewässer des Landes gelangte. Die seit der Wirtschaftskrise verschärften wirtschaftlichen Probleme des Landes erhöhen das Risiko einer Marginalisierung von Umweltproblemen, eine Gefahr, der das in Hermannstadt angelaufene Kommunikationsprojekt „Die Grüne Sendelbinde“ mit innovativen Mitteln entgegenwirken will.
Das Projektlogo lehnt sich augenzwinkernd an den Titel des berühmtesten Gemäldes des Brukenthalmuseums, den „Mann mit der blauen Sendelbinde” des niederländischen Malers Jan van Eyck, an. Er hat sich bereit gefunden, seine blaue Sendelbinde gegen eine grüne einzutauschen, um auf das Projekt aufmerksam zu machen. Besondere Unterstützung hat das Projekt von Seiten der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und des rumänischen Ministeriums für Umwelt und Klimawandel. Am 21. Juni ist es der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz am Brukenthalmuseum vorgestellt worden.

Das Projektlogo, angelehnt an den „Mann mit der ...
Das Projektlogo, angelehnt an den „Mann mit der blauen Sendelbinde“.
Das auf 36 Monate angelegte Projekt sieht vor, umweltrelevante Themen in die Vermittlungsmaßnahmen – Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik – der drei im Projekt zusammengeschlossenen Institutionen aufzunehmen. Die Evangelische Kirchengemeinde A. B. kann in dieser Hinsicht bereits auf einige Erfahrung verweisen, da sie bereits seit 2007 ein umweltbewusstes Management umsetzt und ihr Engagement permanent kommuniziert. Die Idee zur „Grünen Sendelbinde” ist ein Kind dieser positiven Erfahrung, zeichnet sich nun aber durch einen größeren Innovationssprung aus. Die größte Herausforderung besteht darin, dass diesmal nicht ein naturwissenschaftliches Museum, sondern ein Museum mit einzigartigen Kunst- und kulturhistorischen Sammlungen die Aufgabe übernehmen wird, umweltrelevante Anliegen anhand seiner Bestände zu vermitteln. Über einen abgesteckten Zeitraum von drei Jahren hinweg werden deshalb auf Ebene der Museumskuratoren und -pädagogen im Rahmen von interdisziplinären Workshops neue Vermittlungskonzepte erarbeitet, die die Verbindung von kunsthistorischen Inhalten mit solchen der Umweltbildung zum Ziel haben.

Die neu erarbeiteten Vermittlungsstrategien werden zwischen Herbst 2013 und 2015 im Rahmen von vier Ausstellungen erprobt, die die Entwicklungen, die das Verhältnis Mensch – Natur im Laufe der Jahrhunderte durchlief, anhand der Ausstellungsobjekte in den Blick nehmen. Den Auftakt macht eine Ausstellung, die im Oktober 2013 eröffnet wird und den Titel „Bestiarium Brukenthalium - Tierschicksale in zoologischen und botanischen Buchillustrationen des 16. - 21. Jahrhunderts” tragen wird. Die für 2014 und 2015 geplanten Ausstellungen spüren anderen Themen in der Kunst nach: „Sanfter Tourismus - Reisen in der Kunst des 16. - 21. Jahrhunderts”; „Sine Cerere et Baccho friget Venus. Ernährung und Komfort in der Kunst des 16. - 21. Jahrhunderts” und „Samuel von Brukenthal als Unternehmer”.

Jan van Eyck: „Der Mann mit der blauen ...
Jan van Eyck: „Der Mann mit der blauen Sendelbinde”, Öl auf Holz, um 1430. Brukenthalmuseum Hermannstadt
Am Brukenthalmuseum zeigt der Umweltschutz seine spannende Seite. Die systematische Evaluierung der Besucher- und Mitarbeiterresonanz wird operationale Daten über den Effekt der vier Ausstellungen und der dabei erprobten Ansätze bereitstellen. Erweist sich das Experiment als erfolgreich, so werden umweltrelevante Perspektiven dauerhaft in die Museumsdidaktik einfließen.

Die Rolle des Umweltbotschafters, die die drei Projektpartner übernehmen möchten, setzt allerdings auch den Nachweis einer umweltbewussten Gestaltung des eigenen Lebens voraus. Aus diesem Grund sieht die „Grüne Sendelbinde” auch die Einführung von sogenannten Umweltmanagementsystemen an den Standorten der drei Partnerinstitutionen vor. Es handelt sich dabei um systematische Maßnahmen zur Reduzierung negativer Umwelteinflüsse wie Energieverbrauch, Müllaufkommen und Schadstoffausstoß. Als dritter Projektpartner konnte das staatliche Umweltamt Hermannstadt gewonnen werden, dessen Expertenwissen auf diesem Gebiet einen essentiellen Beitrag darstellt. Die Umweltbelastung, die von den alltäglichen Aktivitäten der drei Projektpartner derzeit ausgeht, wird dadurch in koordinierter Weise eingeschränkt und kontrolliert; gleichzeitig werden die aus den praktischen Erfahrungen hervorgehenden Kenntnisse in die Vermittlungsmaßnahmen des Museums eingespeist.

Um die Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen zu unterstreichen, streben die Projektpartner die Zertifizierung ihrer Umweltmanagementsysteme durch das europäische Gütesiegel EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) an.

Frank-Thomas Ziegler

Schlagwörter: Brukenthal, Museum, Hermannstadt, Brukenthalmuseum

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