6. Juni 2017

Debütband des Banater Dichters und Journalisten Marius Koity

Schon vor fast dreißig Jahren wollte Franz Hodjak die Gedichte – damals im Dacia Verlag in Klausenburg – herausbringen, aber die Unwägbarkeiten der Geschichte, Revolution und Ausreise des Lektors und des Autors, kamen dazwischen. Nun aber ist der erste Lyrikband des Banater Dichters und Journalisten bei der Ostthüringer Zeitung, Marius Koity, im Pop Verlag erschienen: „Eine unvermeidliche Collage. Gedichte, meine alten Tagebücher und Papiere“. Bei der Leipziger Buchmesse erhielt er den Debütpreis des Verlags.
Bereits in Temeswar wurde Koity, unter anderem Mitarbeiter der Neuen Banater Zeitung und Mitglied des Adam Müller Guttenbrunn-Kreises, 1986 mit dem Förderpreis und 1987 mit dem Literaturpreis bedacht. Nicht nur deswegen lohnt es sich, dass es nach dem dritten Anlauf doch noch mit diesem Band geklappt hat.

Die Gedichte stammen größtenteils noch aus der Zeit in Rumänien in den 1980er Jahren und wurden vom Autor überarbeitet, einige spätere wurden hinzugefügt. Sie sind wunderbar lakonisch und selbstironisch, was zum Beispiel das schwäbische Volksgut betrifft: Beim „schwabenfasching“ (9) ritt der neue Tag auf einem weißen Esel – oder aber das gängige Schönheitsideal: „Unter der Dusche / im Vorstadtbad ist /auch sie schön“ (26). In der Passion wird Jesus wie in einem Polizeibericht zu einem Jesus C. kriminalisiert und immer wieder leuchtet eine durch Ironie gebrochene Tragik auf, etwa in den Seriengedichten: „Tragik eines beliebigen Tages“. Mit zehn Worten samt „Titel“ kommt auch das Gedicht „ohne titel“ aus, „in dir / das messer // vor dir/ das brot (11), bestechend herzerweichend durch seine Knappheit.

Die Gedichte sind nur zum Teil kleingeschrieben und knapp, zum Teil wirken sie etwas gesprächiger. Ihre Botschaften sind dezent politisch. Losungen drücken dem Vater Falten in die Stirn, die Mailieder strömen aus dem Rundfunk in direkter Nachbarschaft zum Blöken der Schafe. Für die Mächtigen reicht der knappe Begriff „Mächtige“ (16). Und auch die Selbstkritik ist nicht weit, wenn das lyrische Ich sich zuweilen zu wichtig nimmt: In „Die Freunde“ bombardiert es selbige mit Briefen „in/ denen ich meist von mir schreibe“ (19). Manchmal driftet die Knappheit ins Kreatürliche ab, wenn die Großmütter über die Ärsche der Mädchen tuscheln und die Sätze schwitzen (53), aber auch da lugt die „beliebige Tragik“ hervor, manchmal wird’s gruslig wie beim Epitaph für einen Gequälten mit „Moos / im Mund“ (58).

Koity schrieb in Rumänien Gedichte, weil nur das Gedichteschreiben als Kritik möglich war: „Was ist mit den Gedichten? / Wir verabreden uns im nächsten“ (63). Dass dieses Anschreiben gegen die Realität nicht ungefährlich war, beweisen die Tagebuchaufzeichnungen, die im Anhang zusammengefasst sind. Darin zeigt sich, dass sich die Securitate auch Jugendliche vorknöpfte.

Mit Illustrationen von Dieter Beck abgerundet ist es ein schmuckes Bändchen geworden, in dem der Dichter nicht nur „einen kahlen acker“ besingt, während sein Seiko die große Ewigkeit misst.

Edith Ottschofski




Marius Koity: „Eine unvermeidliche Collage. Gedichte, meine alten Tagebücher und andere Papiere“, Ludwigsburg: Pop Verlag, 2016, 88 Seiten, Preis: 15,50 Euro ISBN: 978-3-86356-142-0.

Schlagwörter: Buchvorstellung, Dichter, Banat

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