12. November 2020

Mit etwas Glück und eisernem Willen: Vortrag von Heinke Fabritius in München

Den meisten Besucherinnen und Besuchern ist an diesem 27. Oktober 2020 klar, dass der Vortrag „Grete Csaki-Copony und Margarete Depner. Künstlerische Selbstentwürfe in den politischen Wirren des 20. Jahrhunderts“ im Haus des Deutschen Ostens in München die letzte kulturelle Veranstaltung mit Publikumsbesuch für die nächsten Wochen sein wird. Der Teil-Lockdown steht in wenigen Tagen bevor, Glück gehabt.
Der spannende Vortrag ließ die ungewöhnlichen ...
Der spannende Vortrag ließ die ungewöhnlichen Bedingungen im Saal schnell vergessen. Foto: Florian Kührer-Wielach
Genauso viel trägt aber auch der eiserne Wille des Veranstalters (Haus des Deutschen Ostens), des Gastes (Dr. Heinke Fabritius), der Kooperationspartner (Kulturreferentin für Siebenbürgen und Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland) und des Publikums zum Gelingen des Abends bei. Man lässt sich nicht unterkriegen, so lange es sinnvoll und erlaubt ist.

An das Setting hat man sich mittlerweile gewöhnt: Die Abstände zwischen den Stühlen sind groß, die Luftfilteranlage brummt und man braucht eine Weile, bis man sein Gegenüber hinter der Maske erkennt. Doch kaum geht das Raumlicht aus, sind diese äußeren Umstände, die das Corona-Jahr 2020 prägen, vergessen.

Nach der Begrüßung der Anwesenden durch die Kulturreferentin des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dagmar Seck, übernimmt die Kulturreferentin für Siebenbürgen, Dr. Heinke Fabritius, das Wort. Neben den aktuellen Projekten, die sie kurz vorstellt, ist es ihr schon seit einer Weile ein Anliegen, siebenbürgische Künstlerinnen aus dem Schatten ihrer männlichen Kollegen heraustreten zu lassen, an diesem Abend ganz konkret: Margarete Depner (1885-1970) und Grete Csaki-Copony (1893-1990).

Die Namen sind vielen bekannt, historisches und biographisches Material zu beiden Frauen liegt vor, aus kunstwissenschaftlicher Perspektive jedoch gibt es noch einiges zu erforschen. Wie nähert man sich diesen Künstlerinnen also an? Frau Dr. Fabritius wählt den aufschlussreichen und lohnenswerten Umweg über Käthe Kollwitz (1867–1945). Kollwitz war zwar knapp eine Generation älter, lebte aber in jener (Zwischenkriegs-)Zeit in Berlin, in der auch Depner und Csaki-Copony dort wichtige künstlerische Stationen durchliefen. Insbesondere für Margarete Depner war die (persönliche) Begegnung mit Kollwitz und deren Werk prägend – über die Kunst hinaus mutmaßlich auch in Bezug auf ihr Selbstverständnis als Künstlerin.

Während Depners Lebensmittelpunkt ansonsten stets Kronstadt war und sie sich dort – ähnlich Käthe Kollwitz – sozialpolitisch engagierte, zog Grete Csaki-Copony mit ihrer Familie nach Stuttgart, wo ihr Mann Richard Csaki 1934 Leiter des Deutschen Auslands-Institutes wurde. Während er als linientreu galt, wurden einige ihrer Werke 1935 als „entartet“ aus einer Ausstellung verbannt. Wie sich ihre private Beziehung wohl gestaltet hat?

Dass die Beziehung zum Partner und auch dessen Einkommen für die eigene künstlerische Selbstentwicklung eine entscheidende Rolle spielen können, daran hat sich bis heute nichts geändert. Neu an der Generation Depners und Csaki-Coponys war jedoch, dass sie von ihren Ehemännern als Künstlerinnen aktiv gefördert wurden. Auch hatten beide das Glück, bereits als Mädchen von ihren Eltern in der künstlerischen Entwicklung unterstützt worden zu sein.

Nichtsdestotrotz brauchten beide eisernen Willen, um neben ihrer Rolle als Mutter, Ehefrau und (im Fall Csaki-Coponys nach dem Tod des Gatten) als Ernährerin auch schöpferisch tätig zu sein – den politischen Wirren des 20. Jahrhunderts und den damit verbundenen Einschränkungen zum Trotz. Am Willen hat es auch ihr nicht gemangelt, doch muss sich erst das Rad der Fortuna wieder drehen, bevor Frau Dr. Fabritius ihr ursprüngliches Vorhaben umsetzen und wieder Forschungsreisen nach Rumänien unternehmen kann, um vor Ort noch mehr über Margarete Depner und Grete Csaki-Copony herauszufinden. Mit etwas Glück können Sie den nächsten spannenden Vortrag dann vielleicht auch in Ihrer Stadt erleben.

Dagmar Seck

Schlagwörter: Vortrag, HDO, München, Heinke Fabritius, Kulturreferentin, Künstlerinnen, Margarete Depner, Grete Csaki-Copony

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