14. November 2022

Oswald Kessler: Härwestlied mät Saksentrefen Meschen 2022

Gewidmet: Dem Hugo Schneider, HOG Meschen,/ allen Würdenträgern, Honoratioren,/ Geschichtlern und Professoren, der Theatergruppe aus Landshut und/ allen, die noch dabei „woren“. Die Audiodatei zu diesem Gedicht, gelesen vom Autor in Kerzer Mundart, finden Sie am Ende dieses Artikels.
Oswald Kessler liest sein Gedicht "Härwestlied ...
Oswald Kessler liest sein Gedicht "Härwestlied mät Saksentrefen Meschen 2022" in der Bundesgeschäftsstelle des Verbandes in München. Foto: Siegbert Bruss
O wih, ir Letch! O wih, dess Zetch!
De Zetch der Sanneblommen äs verbai,
ich säcke meng däck Klieder,
um Sangtich wor uch niche‘ Kirch,
ze wennich Farr sen, lieder.

En wevel Sommersaksen se’ noch hai,
ich sooch var ofa’ Jalousienen,
no detscher Gewunnhiet ware‘ sich dai
än ären Heïsern fest verbinnen,
em hot se letztens net vill gesahn.

De Kennengan, däi äs na duid,
as Härrgott mej er är Såindjen verzuëihen,
der nuëi Kenneng, die Siweberjen gat kennt,
die sol na uch long liëwen!
Hië wid dro boold, no senger Uërt,
munch Affenhiet deser Wält behiëwen.

Kultursommer gow et heïer genach,
der S. Thomas uch der B. Martin vum Forum,
dai haden dess Sach gat erfangden,
vill Saksen se´ wedder iest uewe´ gefuëhren,
und haden är avergeßlich Stangden.

Uch Såksentrefen gow et derza,
et feïerten dettmol de Mäschen!
De Kircheburch, der Saal und uch det Zält,
dai wore´ bestolt mät Binken uch Däschen!

Der Hugo, der Schneider, erzohlt mät Humor,
wai et vuir hangdert vu´ Gohren do wor,
se haden det Rothes glech un den Turren gepickt,
dätt nicher beschummelt, oder mät Råffen folsch tickt.

De Stien zem Baan wore´ suundich uch hart,
norr wore´ se lieder uch schwer,
den Lapiciden-Oinz ois Härmestadt
als Baamiester kämmert dot nemmel,
af var Ruihrboindeln, schrech gestoolt,
haw e det Spännegewälw bäs än den Hemmel!

Um Hemmel dertois, zem Saksentrefen,
do flecht e Reenescherm-Drachen,
dertän än der Kirch prädicht as Bäschef
vu‘ chrästlicher Klaģhiet uch gadem Verhoolden
und schinkt der Frä Baier, zwo Stangden dernoh,
diër verdainter, gäldaner Noolden.

As Farr, der Stephan, der Ludwig, der Roth,
die hat de Geschicht äm vuirois gesahn,
dot wor damols schwierich, de Zetch äm Ämwälzen,
se haden et ellich, em wul em net traan.

Nana, laiwer Oswald, git et nest zem lachen,
de Reklich Med ois der Landeshut
sen alle gorr straff uch hortich uch gruëd,
dai mochen uch äm Duunzen nichen halwich Sachen!

De „Trio Saxones“ mät em Plus noch derza –
Säch duer, wuër as Farr sich versteechen!
Se ställe sich af än er Rend af der Bühn,
spille Stäcker zem Duunzen uch zem Fesszebreechen!
Und schwiëwst te äm Duunz duch de‘ Saal mättlerwell,
geness et wai en Kattner und holt der det Mell!

Na git norr gat Uëcht än iren Detschlund-Stuwwen,
dätt er dese Wängter net glåt gefraist,
dro feïern mer nechst Gohr villicht wedder
bai em Glas Weng af der Burch vu Kaisd!

12. September – 16. Oktober 2022
Kerz, Meschen und München

Zum Autor

Der bekennende „Sommersachse“ Oswald Kessler betont im Gespräch, dass das in Siebenbürgen Erlebte ihn das ganze Jahr hindurch beschäftige und zu dichterischer Verarbeitung dränge. Schon im Jahr 1960 begann er als Schüler der 5. Klasse Gedichte in hochdeutscher Sprache zu schreiben, acht Jahre später dann auch in siebenbürgisch-sächsischer Mundart. 1977 erschien erstmals eines seiner Gedichte in der Karpatenrundschau und in der Folge schrieb er laufend im Blick auf die jährlich stattfindenden Treffen der Mundartautoren in Siebenbürgen, an denen er regelmäßig teilgenommen hat. Nach der Aussiedlung ließ eine Art Kulturschock ihn um die Jahrtausendwende für eine Weile verstummen. Häufige Siebenbürgenbesuche verhalfen ihm zu neuer Schaffenskraft. Da für Oswald Kessler nach eigenem Bekunden das Schriftbild Teil seiner Aussage ist, wird die vom Autor verwendete Schreibweise unverändert wiedergegeben, auch wenn sie sich von der für diese Rubrik erarbeiteten stellenweise unterscheidet.

Sachliches zum Text

verbinnen: sich mit einem (Bretter-) Verschlag umgeben; vgl. Gebinn = Bohlendecke
Affenhiet: Neubildung zu åffij
S. Thomas und B. Martin: Namenskürzel für Personen im öffentlichen Leben der Siebenbürger Sachsen
Mäschen: Eine Ortssage führt den Namen Meschen auf die Bezeichnung eines kleinen Vogels, de Mäsch = Sperling, zurück.
Trio Saxones: Eine von Pfarrern gegründete Musik-Band in Siebenbürgen
Stephan Ludwig Roth: War 1837-1847 Pfarrer in Nimesch und Meschen, Lexikon der Siebenbürger Sachsen, Thaur bei Innsbruck 1993. Das Festabzeichen zum 32. Sachsentreffen 2022 in Meschen enthielt unter dem Porträt von St. L. Roth das folgende Zitat von ihm: „Zu Rat und Tat die Hände reichen.“ Mit diesem ermutigenden Spruch grüßen auch wir

Hanni Markel
Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Mundart, Kerz, Audiodatei

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